Die Welt, die ihr nicht mehr versteht
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Die Welt, die ihr nicht mehr versteht

Inside digitale Revolution

  1. 160 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Die Welt, die ihr nicht mehr versteht

Inside digitale Revolution

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Über dieses Buch

Ein Buch über die Welt von morgen, die schon da ist, und darüber, was junge High Potentials über sie wissen, das wir nicht wissen. Der Schüler-Lobbyist und digitale Unternehmer Samuel Koch räumt mit Missverständnissen über Beschleunigung, Fortschritt und Privatsphäre auf, entwirft eine Schule für Lehrer, an der Schüler unterrichten und präsentiert eine optimistische digitale Utopie.

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Information

Verlag
edition a
Jahr
2019
ISBN
9783990013625

POLITIK

Ich habe früher nicht gelebt und tue mir deshalb vielleicht manchmal schwer, eure Welt richtig zu verstehen. Trotzdem bin ich sicher, dass unsere Welt aufregender, herausfordernder, chancenreicher und interessanter ist, als es eure je war. Zum Beispiel ist eure Welt noch geprägt von Stempeln und Vorurteilen.
Es gibt Stempel für Arm und Reich, Gebildet und Ungebildet, Inländer und Ausländer und jeweils die entsprechenden Vorurteile dazu. Unsere Welt kommt ohne Stempel und Vorurteile aus. Im Internet gibt es keine Unterscheidung zwischen sozialen Schichten und keine Kastensysteme. Es ist damit ein perfekter Raum für Demokratie.
Ihr habt eine bestimmte Sichtweise der Demokratie, die wie vieles andere in eurem Leben von bestimmten Glaubenssätzen geprägt ist. Demokratie sieht demnach Parteien vor, die für bestimmte Grundsätze stehen, und bei Wahlen übergibt jeder Bürger, der sein Wahlrecht wahrnimmt, sein Recht, zu entscheiden, für einen bestimmten Zeitraum an eine bestimmte Partei.
Dementsprechend geht es in eurer Demokratie dann nie um die Sachthemen, die ihr gerne trotzdem beschwört, sondern vor allem darum, welche Partei die Macht bekommt und welche Person welchen Posten.
Unsere Demokratie entsteht im Internet. Es ist verständlich, dass ihr verstört reagiert, wenn jemand eure Vorstellung von Demokratie antastet. In Europa haben furchtbare Kriege gewütet und dann kam die Demokratie als Heilmittel. Sie hat Ausgleich und Wohlstand gebracht. Deshalb befürchtet ihr, die Welt könnte in alte Muster zurückfallen, wenn sie nicht genauso bleibt, wie sie ist. Ihr fürchtet eine Wiederkehr feudaler Strukturen und eine Auferstehung der Diktatoren. Donald Trump. Wladimir Putin. Recep Tayyip Erdoğan. Victor Orbán. Entweder die Demokratie bleibt, wie sie ist, denkt ihr, oder sie kommen.
Weshalb ihr uns bei Wahlen anbietet, uns für die eine oder andere verstaubte Ecke eures politischen Systems zu entscheiden, niemals aber, es abzuwählen und ein neues zu schaffen. Hätten wir die zweite Möglichkeit, würden wir sie nutzen, denn wir haben trotz allem eine andere Vorstellung von Demokratie. Unsere Demokratie ist global ausgerichtet, basiert auf dem Internet und lässt sich über Online-Umfragen umsetzen.
Vielleicht habt ihr selbst schon einen ersten Eindruck von unserer Art von Demokratie gewonnen. Bestimmt sind euch die Gemeinsamkeiten zwischen den Klimademos rund um Greta Thunberg, den Gelbwesten-Protesten in Frankreich und dem amerikanischen »Marsch für unser Leben«, einem landesweiten Schülerprotest gegen die US-Waffenkultur, aufgefallen. Sie alle waren überparteilich. Sie waren keiner politischen oder zivilgesellschaftlichen Gruppierung und keiner Nichtregierungsorganisation zuzuordnen. Alle waren willkommen. Und alle drei Bewegungen entstanden im Internet.
Ihr werdet unsere Idee von Demokratie, je offensichtlicher sie zu eurer in Konkurrenz tritt, immer schlechter finden. Trotzdem wird sie die Zukunft dieses Planeten bestimmen, und sie zeigt schon jetzt, in ihren ersten, noch rohen Erscheinungsformen, wie gut sie funktionieren wird. So kündigte nach dem »Marsch für unser Leben« Donald Trumps Justizminister ein Verbot der Umrüstung von halbautomatischen Waffen auf Schnellfeuergewehre an. Manchmal spürt Trump offenbar, wann es Zeit ist, zu handeln.
Unsere Idee von Demokratie wird sich mit unserem wachsenden Machtbewusstsein als Generation immer bemerkbarer machen. Derzeit lernen wir vor allem, als Konsumenten mit dieser Macht umzugehen. Wir können uns entscheiden, WhatsApp zu verwenden oder nicht, Facebook zu verwenden oder nicht. In eurer Welt hieß es noch: Der Kunde ist König. In unserer Welt heißt es: Der Konsument ist Gott. Und wir entdecken gerade, was das bedeutet.
In New York haben Jugendliche im Alter von 14 bis 22 Jahren die Agentur JÜV (eine Abkürzung für »juvenile«, also »jugendlich«) gegründet. JÜV erklärt Firmen, wie sie die Generation Z, also die ab 1996 Geborenen, erreichen können. Zu den Kunden der Agentur gehören dreißig börsennotierte Firmen, vor allem aus der Lebensmittel- und der Kosmetikindustrie.
Nachwuchsförderung ist es nicht, wenn diese Firmen den Teenagern und jungen Twens von JÜV zwischen 10.000 und 100.000 Dollar für Aufträge bezahlen. Es ist vielmehr nüchternes Kalkül. Denn in den USA stellt die Generation Z immerhin ein Viertel der Bevölkerung und ihre Kaufkraft liegt bei jährlich rund 44 Milliarden Dollar.
Wir sind euren Politikern egal. In der Konsumwelt ist es für uns zugegeben einfacher, Macht zu erlangen. Denn immer mehr Unternehmensstrategen denken wie einst Ray Kroc, Gründer der McDonald’s Corporation: Wer die Jungen hat, hat alle. Der Politik hingegen sind wir noch ziemlich egal. Wir sind als Zielgruppe nicht interessant genug für sie, weil wir uns bei Wahlen eher spontan entscheiden, weil unsere Mobilisierung schwierig ist und weil unser Anteil an den Wahlberechtigten zu gering ist. Viel mehr als ein paar von der EU bezahlte Pseudo-Influencer, die uns via YouTube, Instagram und Snapchat zu den Wahlurnen locken sollen, ist für uns nicht drin.
Selbst wenn junge Politiker an die Macht kommen, muss sich daran nichts ändern. Der österreichische ÖVP-Chef Sebastian Kurz mag vielleicht jung denken, aber er hat keine Chance, das politisch auszudrücken. Um Wahlen zu gewinnen, muss er seine Strategie an den Interessen der Alten ausrichten, die im Hintergrund den Zauberstab schwingen. Die Analysen der Europawahlen 2019 zeigten dann auch, dass dieses politische Kalkül voll aufgeht. Zwar schnitt Kurz’ ÖVP bei uns, der jungen Generation, schlecht ab, doch die Zustimmung eurer Generation und der noch älteren reichte ihm für einen klaren Wahlsieg.
Zwar ist eines der für uns wichtigsten Themen, der Klimaschutz, jetzt groß geworden, doch bisher ist das nur viel Gerede. So konnten sich auf dem EU-Gipfel im Juni 2019 die 28 EU-Staats- und Regierungschefs nicht auf die CO2-Neutralität bis 2050 einigen. Bei dem Punkt gebe es nicht die erforderliche Einstimmigkeit, hieß es in der Abschlusserklärung. Zwar waren die meisten Länder dafür und die Einigung scheiterte vor allem an Polen, Ungarn und Tschechien, aber trotzdem: Wir reden von 2050! Da haben die jetzigen Teenager schon graue Haare.
Als die deutsche Wochenzeitung Die Zeit im Dezember 2018 über Studierende und Schüler berichtete, die sich als »Gilets Jaunes« (gelbe Westen) über eine Facebook-Gruppe an den Gelbwesten-Protesten beteiligten und unter anderem die hohen französischen Studiengebühren und mangelnde Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit kritisierten, zitierte sie eine Studentin: »Es ist, als ob die Politiker uns gar nicht sähen – dabei sind wir die Zukunft!«, sagte sie.
Genau so ist es, und auch die Zusammensetzung des europäischen Parlaments zeigt die Gleichgültigkeit der Politik gegenüber unserer Generation. Keine Generation fühlt sich europäischer als wir, dennoch sind wir für die EU nicht vorhanden. Anfang Mai 2019 waren viele der 748 EU-Abgeordneten über achtzig Jahre alt, aber nur ein Einziger war unter dreißig. Unter vierzig Jahre alt waren auch nur 77 Abgeordnete. Das Durchschnittsalter lag bei 56 Jahren. Von wegen Parlamente als Spiegel der Gesellschaft. Dementsprechend gering ist traditionell die Wahlbeteiligung unserer Generation an EU-Wahlen.
Unsere Art von Demokratie wird kommen. Manchmal sieht es für uns so aus, als würde die politische Entwicklung genau in die verkehrte Richtung verlaufen. Wie beim Brexit, einem für uns absolut mühsamen Thema. Immerhin zeigt sich dabei, wer das Problem ist. Ein paar alte Säcke, borniert und erstarrt, die überfordert im britischen Unterhaus sitzen und nicht wissen, was sie tun sollen.
Sie sind kein rein britisches Phänomen. Sie sind so etwas wie Karikaturen vieler Alter, die auch in demokratischen Institutionen anderer Länder herumsitzen, mit der Wahrheit machen, was sie wollen, und dabei letztendlich planlos sind. Würden sie alle durch Vertreter meiner Generation ausgetauscht, wäre nicht nur das Problem mit dem Brexit binnen kürzester Zeit gelöst.
Ein ähnlich düsterer Rückschritt ist die Politik Trumps, der entweder wissentlich der Welt schadet, um kurzsichtige Interessen zu bedienen, oder selbst zu kurzsichtig ist, um zu verstehen, was er tut. Was für ein Schwachsinn zum Beispiel, politisch mit dem amerikanischen Marktzugang des chinesischen Telekommunikationsausrüsters Huawei zu pokern. Was soll das anderes bringen als ein paar zustimmende Rülpser amerikanischer Rednecks?
Die chinesische Regierung würde bei der Verweigerung durch Trump die Entwicklung eigener Technologien mit Milliarden subventionieren. Gräben würden aufgehen. Trump würde damit das feine Netzwerk, das alle Konzerne, Nationen und Kulturen miteinander verbindet und dessen Entwicklung unsere beste Chance auf einen globalen Frieden durch globale wechselseitige Abhängigkeiten ist, an einer entscheidenden Stelle zerreißen.
Trotz solcher Rückschritte, zu denen zweifellos auch Putins, Erdoğans und Orbáns politische Konzepte gehören, wird diese Welt noch erleben, wie unsere Stimme mit eurem Aussterben an Gewicht gewinnt. Wie alt wir dann auch immer sein werden, es wird die Welt zu einem besseren Ort machen. Denn unsere politische Denkart ist von ganz anderen Erfahrungen geprägt als eure und deshalb auch ganz anders ausgerichtet.
Eure politische Denkart ist von der Erfahrung des Verlustes geprägt. Die Generation vor euch hatte alles verloren. Es ging ihr darum, etwas aufzubauen. Euch geht es darum, das Aufgebaute festzuhalten.
Dabei überseht ihr, dass diese drei bis vier Jahrzehnte der ökonomischen und politischen Stabilität, die Europa und Nordamerika nach dem Zweiten Weltkrieg hatten, sich so nicht einfach fortsetzen lassen. Denn ihre Ursachen, die wirtschaftliche Dynamik des Wiederaufbaus, der Marshallplan und das Übermaß an Ressourcen aus den früheren Kolonien und die Möglichkeit zur rücksichtslosen Ausbeutung derselben stehen so nicht mehr zur Verfügung.
Unsere politische Denkart ist von ganz anderen Herausforderungen geprägt. Wir sind nicht mit dem Bewusstsein des Mangels aufgewachsen. Wir denken, dass wir alles haben, was wir brauchen, und stellen uns die Frage, worum es als Nächstes geht. Als Antwort tauchen dabei einige enorm wichtige Dinge auf.
Wir sehen, dass ihr aus Profitgier, Konsumlust und Gleichgültigkeit unsere Meere in flüssige Müllkippen verwandelt, die Atmosphäre mit Abgasen versetzt, die Regenwälder zerstört und zur Verarmung hunderter Millionen von Menschen beigetragen habt. Dabei wird uns klar, dass wir noch mehr verlieren könnten, als selbst die Generationen vor euch verloren haben, und dass die Behebung der Schäden, die ihr angerichtet habt, unsere wichtigste Aufgabe ist.
Wir sind deshalb weder Alternative noch Ökofreaks, weder Pazifisten noch das, was ihr Gutmenschen nennt. Wir haben bloß im Gegensatz zu euch eine Zukunft und brauchen dafür einen Lebensraum, in dem wir gesund und in Frieden existieren können, und ihn zu erhalten oder erst zu schaffen ist auch eine politische Aufgabe.
Deshalb bringt es uns nichts, unsere Zeit für Parteipolitik und Postenvergaben zu verwenden. Es macht für uns nicht einmal besonders viel Sinn, über intelligente wirtschaftspolitische Konzepte, kulturpolitische Reformen oder verkehrspolitische Zusammenhänge zu diskutieren, solange nicht der Fortbestand unserer natürlichen Lebensgrundlage gesichert ist. Klima, Friede, Fortschritt, Migration, Integration und dazu Netzpolitik, das sind unsere Themen, und bei allen von ihnen ist klar, dass nationale Alleingänge wenig bringen.
Wir denken politisch global. Das ist die Stelle, an der ihr die Hände in den Schoß legt und sagt: »Sorry, da kann man halt nichts machen.« Wir dagegen wissen, dass wir uns mit dieser Ausrede selbst aufgeben würden. Deshalb, und weil wir es im Internet so gelernt haben, denken wir nicht mehr nur: »Austria first. Germany first. America first.« Wir denken: »Die Welt zuerst. Der Planet zuerst.« Mit links oder rechts hat das nichts mehr zu tun.
Ich glaube, dass wir als Welt kollektive Ziele haben können, haben sollen, haben werden und im Ansatz auch schon haben. Nicht Deutschland, die USA und China werden in Zukunft je ein Klimaziel haben, sondern alle Länder werden ein gemeinsames haben.
Nicht Schweden, Thailand und Australien werden je ein Bildungsziel haben, sondern es wird globale Bildungsziele geben.
Die Entwicklung dazu zeichnet sich bereits ab. So etwa haben im Frühjahr 2019 bei einem UNO-Treffen in Genf 187 Staaten ein rechtlich bindendes Rahmenabkommen unterzeichnet, wonach Länder in Zukunft den Import von Plastikmüll ablehnen können. Das soll vor allem Entwicklungsländern helfen, die von Müll aus anderen Staaten faktisch überschwemmt werden. Zudem gibt es zahlreiche Richtlinien in vielen Bereichen, zu denen sich Staatengemeinschaften bekennen. Ob sie diese Richtlinien einhalten, ist eine andere Frage, aber das ist ein Anfang und in diese Richtung wird es weitergehen.
Wir befreien die Unterdrückten. Am Ende werden sich auch die Diktaturen der starken Strömung einer sich globalisierenden Demokratie ergeben müssen. Noch geht China mit rigoroser Härte und unbeschreiblicher Akribie gegen kritische Kommentare in sozialen Netzwerken vor. Mein Onkel besuchte einen Freund in Shanghai, und wenn er dort Internetseiten öffnen wollte, dauerte es zwanzig bis dreißig Sekunden, weil der Staat jede Eingabe überprüft, ehe er sie freigibt.
Doch auch China wird seine Bevölkerung in einer sich demokratisch globalisierenden Welt nicht auf Dauer unterdrücken können. Auch dort wird das Internet irgendwann auf der Straße sein. Selbst ernannte Eliten mit egoistischen Interessen werden sich den davon ausgehenden politischen Impulsen vielleicht für eine Weile, aber bestimmt nicht für immer entgegenstellen können.
Irgendwann wird die Diktatur in China einfach nicht mehr funktionieren, so wie es jetzt schon nicht mehr funktioniert, dass China industrielle Abgase ungefiltert in die Luft bläst. Niemand hätte noch 2009 erwartet, dass China 2019 intensiver über umweltpolitische Konzepte nachdenken und beim Umstieg auf Elektromobilität konsequenter vorgehen würde als westliche Staaten.
China tut das, weil es sonst einfach erstickt und es wird auch der Punkt kommen, an dem es Gefahr läuft, politisch an seiner eigenen Diktatur zu ersticken. Denn China will an der Welt teilhaben. China will internationale Geschäfte machen. Das Land ist schon stark in Afrika, aber auch in Europa und in den USA, und das politische Konzept der Unterdrückung steht der Weiterentwicklung in diese Richtung im Weg.
Ähnliches gilt für Saudi-Arabien. Dort haben gebildete junge Menschen zunehmend genug vom traditionellen Kurs und flüchten ins Ausland oder kommen von Studienaufenthalten nicht mehr zurück – was den Kronprinzen Salman zunehmend unter Druck bringt, weil damit nicht nur die zukünftige Elite verschwindet, sondern er auch mit wachsender Kritik an seinem Regime leben muss, die er zwar daheim unterdrücken kann, nicht aber in der Diaspora.
Wir haben einen breiteren Horizont. Zu unserer, im Vergleich zu eurer, ganz anderen politischen Ausrichtung tragen auch unsere verbesserten Möglichkeiten zu reisen bei. Bei euch gab es Interrail, das war nicht schlecht, aber wir können dank günstiger Flüge und offener Grenzen fast um unser Taschengeld quer durch Europa und rund um den Globus reisen.
Wenn ich in Länder wie Tansania oder Äthiopien reise, dann treffe ich dort 16-, 17- und 18-Jährige, die genauso denken wie ich und mit denen ich sofort auf einer Wellenlänge bin. Ich glaube kaum, dass ihr in eurer Jugend vor zwanzig oder noch mehr Jahren in diese Länder fahren und mit Einheimischen auf die gleiche Art über gemeinsame Themen reden konntet wie wir.
Ihr seid vielleicht mit euren VW-Bussen nach Marokko gefahren und habt euch dort bekifft, aber ihr habt nicht zu anderen Marokkanern gesagt: »Na ja, Islam? Brauchen wir den Islam wirklich in der Politik?«
Wir können das heute. Es gibt immer auch die anderen, die von einer konservativen al...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titel
  3. Impressum
  4. INHALT
  5. Die Zukunft ist schon da, wir haben sie nur übersehen.
  6. Zitat
  7. VERANTWORTUNG
  8. BESCHLEUNIGUNG
  9. FORTSCHRITT
  10. DATEN
  11. ARBEIT
  12. POLITIK
  13. UTOPIE
  14. BILDUNG
  15. Leseempfehlungen