Bei Lady Molly
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Ein Tanz zur Musik der Zeit – Band 4

  1. 264 Seiten
  2. German
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Ein Tanz zur Musik der Zeit – Band 4

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Über dieses Buch

Der zwölfbändige Zyklus »Ein Tanz zur Musik der Zeit« —­ aufgrund­ seiner inhaltlichen­ wie formalen Gestaltung immer wieder mit Mar­cel Prousts »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« verglichen —­ gilt­ als­ das­ Hauptwerk des­ britischen Schriftstellers Anthony Powell und gehört zu den bedeutendsten Romanwerken des 20. Jahrhunderts. Inspiriert von ­dem ­gleichnamigen Bild des französischen Barockmalers Nicolas Poussin, zeichnet der Zyklus ein facettenreiches Bild der englischen Upperclass vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die späten sechziger Jahre. Aus der Perspektive des mit typisch britischem Humor und Understatement ausgestatteten Ich­-Erzählers Jenkins — der durch so­ manche­ biografische­ Parallele­ wie­ Powells­ Alter ­Ego­ anmutet — bietet der »Tanz« eine Fülle von Figuren, Ereignissen, Beobachtungen und Erinnerungen, die einen einzigartigen und auf­schlussreichen Einblick geben in die Gedanken­welt der in England nach wie vor tonangebenden Gesellschaftsschicht mit ihren durchaus merkwürdigen Lebensgewohnheiten. Im vierten Band besucht der Erzähler während eines Wochenendaufenthalts ein Schloss, wo er seine zukünftige Frau kennenlernt. Der historische Hintergrund scheint dabei immer wieder überraschend schlaglichtartig auf.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783941184794
1

Wir waren mit General Conyers seit undenklichen Zeiten bekannt gewesen – nicht etwa, weil mein Vater je unter ihm gedient hätte, sondern durch eine lang vergessene Verbindung mit den Eltern meiner Mutter, mit denen er sogar entfernt verwandt gewesen sein mochte. Wie auch immer, es stand fest, dass er in jener weit zurückliegenden Ära, als man Linienregimenter noch mit einer Nummer statt mit dem Namen einer Grafschaft bezeichnete, wenn auch damals Offiziers­patente wohl nicht länger käuflich waren, in ihrem Hause zu verkehren pflegte. Obwohl er dieser dunklen, archaischen Periode zugehörte, von der sich auch manchmal Spuren in seiner Kleidung und seiner Sprechweise offenbarten – er war zum Beispiel einer der Letzten, die von der Gardekavallerie als »die Hüpfer« sprachen –, hatte er in unseren Familiengeschichten einen Platz nicht nur als ein Soldat, dessen Interessen über seinen Beruf hinausgingen, sondern auch als ein Mann von Welt, der immer »mit den neuesten Entwicklungen Schritt hielt«. Diese Neigung, mit der Mode zu gehen und zu jedem Thema seine Meinung beizusteuern, wurde ihm von einigen Leuten übelgenommen – besonders von Onkel Giles, der zeitnahes Den­ken nie liebte und aus Prinzip misstrauisch gegenüber jedem weltlichen Erfolg war, wie bescheiden dieser auch sein mochte.
»Aylmer Conyers hatte ein Gespür dafür, Karriere zu machen«, pflegte er zu sagen. »Das ist eigentlich nichts Schlimmes, meine ich. Jemand muss ja die Befehle geben. Ich persönlich hab mir nie viel daraus gemacht, im Mittelpunkt zu stehen. Es gab genug andere, die sich nach vorn drängten. Hatte ne hohe Meinung von sich selbst, Conyers. Stattlicher Mann, sagten die Leute immer, neigt ein bisschen zu sehr dazu, sich aufzutakeln. Ist auch nicht ganz ohne Freunde in hohen Stellen. Ganz im Gegenteil, ob im Krieg oder im Frieden, Conyers kannte immer die richtigen Leute.«
Ich hatte mich einmal bei ihm über die Feldzüge des Generals erkundigt.
»Afghanistan, Burma – als Leutnant. Ich hab mal gehört, wie er groß über Zululand angegeben hat. Er war eine Zeitlang im Sudan, als der Khalifa dort Ärger machte. Übernahm gerne Aufgaben im Ausland. Angeblich soll er einem Eingeborenenherrscher bei irgendeinem lokalen Krawall das Leben gerettet haben. Rüstete die Palasteunuchen mit Vogelflinten aus. Der Mann schenkte ihm dann einen mit Juwelen besetzten Krummsäbel – Halbedelsteine natürlich.«
»Ich hab den Krummsäbel gesehen, die Geschichte kannte ich noch nicht.«
Onkel Giles, der diese Unterbrechung ignorierte, erzählte mir dann, wie Aylmer Conyers Südafrika, das Grab so vieler militärischer Reputationen, zu seinem Vorteil genutzt hatte. Da mein Onkel selbst, infolge eigener Unbedachtsamkeiten, kurz vor Ausbruch des Krieges in Transvaal seinen Abschied von der Armee genommen hatte und da er zudem, wie es für einen Mann, der sich für »so etwas wie einen Radikalen« hielt, angemessen war, pro-burische Ansichten vertrat, sprach er immer mit einer zweifellos in großem Maße berechtigten Schärfe von der Art, wie die Operationen des Feldzugs geführt worden waren.
»Nachdem French den Modder-Fluss überquert hatte, erhielt die gesamte Kavalleriedivision den Befehl zum Angriff. Etwas noch nie Dagewesenes. Wie ein Reitsportfest.«
»Ja?«
Er verlor für ein oder zwei Minuten den Faden, versunken in die Vorstellung, wie staubige Reiterschwadronen auf dem Veldt von der Kolonne in die Linien schwenkten; oder, was wahrscheinlicher war, geplagt von eigenen Erinnerungen, weniger dramatisch, wenn auch bitterer.
»Was passierte?«
»Was?«
»Was passierte, als sie angriffen?«
»Cronje beurteilte ausnahmsweise die Lage falsch. Er schickte nur einige Abteilungen los. Wir brachen durch bis Kimberley, mit mehr Glück als Verstand.«
»Aber was war mit General Conyers?«
»Irgendwie gelang es ihm, die Attacke mitzumachen. Eigentlich hatte er bei den Kavalleriebrigaden nichts zu suchen; er erfand irgendeinen Vorwand. Dann, ein oder zwei Tage später, ging er dahin zurück, wo er von Anfang an hätte gewesen sein sollen. Er machte sich bei den Transportwagen äußerst wichtig. Bei der Marschkolonne sah es aus wie zur Hochsaison im Hyde Park, weißt du: Kutsche an Kutsche am Albert Gate – das sagte mir jemand, der beim Vormarsch dabei war; und Conyers rannte herum und fluchte und schimpfte, als ob er der Besitzer des Ganzen sei.«
»Hat nicht Lord Roberts etwas über seine Arbeit im Stab gesagt?«
»Bobs?«
»Ja.«
»Wer hat das gesagt, dein Vater?«
»Ich glaube, ja.«
Onkel Giles schüttelte den Kopf.
»Vielleicht hat Bobs was gesagt. Wäre nicht das erste Mal, dass ein General die Zusammenhänge falsch verstanden hätte. Man sagt, Conyers sei auch ganz schön hinter den Frauen her gewesen. Manche Leute dachten, er würde deiner Großtante Harriet einen Heiratsantrag machen.«
Andere, im Allgemeinen verlässlichere Erinnerungen wider­sprechen dieser letzteren Mutmaßung. In der Tat, Conyers blieb Junggeselle, bis er fast fünfzig war. Er war inzwischen Bri­gadegeneral geworden, und alle erwarteten, dass er noch weit höher aufsteigen werde, als er – zur Überraschung seiner Freunde – eine fast zwanzig Jahre jüngere Frau heiratete und achtzehn Monate danach seinen Abschied nahm. Vielleicht war er es müde, auf den Krieg gegen Deutschland zu warten, den er so oft prophezeit hatte und in dem ihm, wäre er früher ausgebrochen, gewiss ein hohes Kommando angeboten worden wäre. Möglicherweise gefiel seiner Frau das Nomadendasein des Soldaten nicht, auch nicht als Frau eines Generals. Es ist unwahrscheinlich, dass sie dem Armeeleben viel Geschmack abgewonnen hatte. Andererseits mag der General selbst vielleicht der militärischen Routine müde gewesen sein. Wie viele fähige Soldaten besaß er eine exzentrische Seite. Obwohl nicht gerade ein Virtuose, hatte er immer sehr gern Cello gespielt, und nach seiner Pensionierung nahm die Musik einen großen Teil seiner Zeit ein; außerdem experimentierte er mit seiner Lieblingstheorie, dass Pudel wegen ihrer angeborenen scharfen Intelligenz sehr gut zu Jagdhunden abgerichtet werden könnten. Er begann auch, ein reges gesellschaftliches Leben zu führen und wurde zum Mitglied der Leibgarde ernannt – eine Rolle, in der ich ihn mir aufgrund früher Gedankenassozia­tionen immer vorstelle.
»Komisch, dass ein Mann Gefallen daran findet, eine Art Hoflakai zu sein«, pflegte Onkel Giles zu sagen. »Für mich wäre es undenkbar, mich mit ner Menge Purpur und Gold aufzutakeln, in königlichen Palästen herumzuhängen und mit Scharen junger Damen mit Straußenfedern zusammenzuhocken. Er hat es seiner Frau zuliebe getan, nehme ich an.«
Mrs. Conyers mochte in der Tat eine indirekte Rolle bei dieser Ernennung gespielt haben. Sie war die älteste Tochter Lord Vowchurchs, des Freundes von König Edward VII., und hatte zur Zeit der Hochzeit ihren dreißigsten Geburtstag bereits hinter sich. Von ihrem Vater, einem jener in der viktorianischen Zeit so seltsam häufig anzutreffenden Männer, die durch Clownerien persönlich Macht zu erreichen suchten, werden – oder wurden – endlos viele, nicht immer erbauliche Geschichten erzählt. Die bleibendste Erinnerung an ihn (sie hängt zusammen mit Bildern anderer Honoratioren der siebziger Jahre in dem feuchten, verlassenen Billardzimmer auf Thrubworth) ist Leslie Ward Spys Karikatur in der »Vanity Fair«-Serie, die diesen spaßigen Lord in grauem Gehrock und grauem Zylinder zeigt: die Übellaunigkeit, für die er zu Hause so berüchtigt war wie für seinen sprühenden Witz in der Gesellschaft, geschickt angedeutet durch die Linien des Mundes unter dem Backenbart. In späteren Jahren wurde Lord Vowchurch dann ruhiger, besonders nach einem ziemlich ernsthaften Unfall, den er, als ein Pionier auf diesem Gebiet, in den frühen Tagen des Automobils hatte. Nach diesem Missgeschick hinkte er. Dies und die übrigen Verletzungen, die er davontrug, scheinen jenen gewohnheitsmäßigen, selten gutmütigen Schabernack angespornt zu haben, der ihn bei König Edward, als dieser noch Prince of Wales war, so oft in Schwi...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titelseite
  2. Impressum
  3. Kapitel 1
  4. Kapitel 2
  5. Kapitel 3
  6. Kapitel 4
  7. Kapitel 5
  8. Editionsplan