Human Collaboration Management
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Human Collaboration Management

Personalmanager als Berater und Gestalter in einer vernetzten Arbeitswelt

  1. 241 Seiten
  2. German
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Human Collaboration Management

Personalmanager als Berater und Gestalter in einer vernetzten Arbeitswelt

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Vernetzung und Kollaboration - diese Prinzipien stehen zunehmend im Vordergrund der heutigen Unternehmenswelt. Das Buch zeigt, wie Personalmanager vor dem Hintergrund dieser Entwicklung eine neue Rolle einnehmen können: nämlich als Treiber und Begleiter des Wandels in Richtung auf mehr Kollaboration.Anhand konkreter Ideen, Anregungen und Beispiele erklärt der Autor, wie die Veränderung hin zum Human Collaboration Management gelingen kann, etwa in Bezug auf: - Kultur und Führungsstil- Prozesse wie Beurteilungs- und Vergütungssysteme- Betriebliche Strukturen

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783791040585

Teil 1 Die neue Arbeits- und Wirtschaftswelt

1 Die Grundidee wiederentdecken. Eine Einleitung

Warum tun sich Menschen zusammen, um ein Unternehmen zu gründen oder aufzubauen? Sich mit anderen abstimmen zu müssen, ist schließlich mühselig, und den (zukünftigen) Erfolg muss man auch teilen, wenn man einen oder mehrere Partner an der Seite hat. Andere Menschen können anstrengend sein, sind anders als man selbst. Sie gefährden die eigene Selbstbestimmung.
Es gibt also Gründe, Solo-Selbstständiger zu bleiben, und deren Zahl hat ja auch in den vergangenen Jahren zugenommen. Aber die Wachstumsmöglichkeiten und die Chance auf hohe Erträge sind begrenzt. Das hat mit der quantitativen Größe der Ressourcen und damit auch der Zahl der Arbeitskräfte zu tun. Aber es geht ebenfalls um die Bündelung von Talenten und Fähigkeiten. Und die ist bei der Gründung eines Unternehmens notwendig: kaufmännische Fähigkeiten zum Beispiel, kreatives Talent sowie Vertriebs- und Marketingkenntnisse. Selten bringt ein einzelner Mensch das alles alleine mit.
Menschen gründen in der Regel zusammen, weil sie von einer Idee überzeugt sind, weil sie gemeinsam etwas erreichen wollen, weil sie eine Vision haben. Und die Mitarbeiter der Anfangszeit teilen diese. Wer mit Menschen in jungen Start-ups spricht, sieht häufig diese Begeisterung, diese Überzeugung, am richtigen Ort zu sein – auch wenn es nur ein einziges Loft ist – und an der richtigen Sache zu arbeiten. Sie alle wollen ein Ziel erreichen und sie wissen, sie können es nur zusammen. Das Problem ist ein gemeinsames Problem, die Herausforderung ist eine gemeinsame Herausforderung. Die wenigsten werden auf Dauer erfolgreich sein. So ist das Spiel.
Dennoch: Der Zweck der gemeinsamen Unternehmung ist Zusammenarbeit. Die meisten Unternehmen verlieren diesen Zweck mit der Zeit und zunehmender Größe aus den Augen. Irgendwann haben Führungskräfte nicht mehr im Bewusstsein, dass ihre Unternehmen eigentlich um die Idee herum gebaut wurden, gemeinsam etwas zu erreichen. „Sie sind auf Zusammenarbeit angelegt. Unternehmen sind Kooperations-Arenen.“ (Sprenger 2012, S. 54)
Leider sind sie es aber nicht oder die Zusammenarbeit bezieht sich nur auf das eigene Team. Die Gründe hierfür sind vielfältig und ich werde später genauer darauf eingehen. Klar ist: Eine über lange Jahre gewachsene funktionale Arbeitsteilung erschwert das gemeinsame Arbeiten über Grenzen hinweg. Hinzu kommt eine Kultur, die stark das Individuum im Fokus hat. Leistung wird in der Regel eher dem Einzelnen zugerechnet als einem Team.
Gleichzeitig hat die Loyalität zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den vergangenen Jahren abgenommen. Die Beschäftigten müssen immer wieder im Blick haben, was ihrer Arbeitsmarktfähigkeit dienlich ist. Die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen ist nicht mehr so stark wie vor Jahren, als es noch hieß: „Ich schaff’ beim Daimler.“ Arbeitgeber werden – gerade von der Generation Y und jünger – schneller gewechselt, als das noch bei den Babyboomern der Fall gewesen ist. Das bedeutet auch, dass an der eigenen Marke gearbeitet werden muss – sowohl in Bezug darauf, wie der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens wahrgenommen wird, als auch auf dem externen Arbeitsmarkt. Somit besteht bei vielen Beschäftigten ein starker Fokus auf der beruflichen Selbstoptimierung.
Natürlich gibt es kaum ein Unternehmen, das sich nicht ein Wir-Gefühl auf die Fahnen schreibt oder von seinen Mitarbeitern Teamfähigkeit verlangt. Doch in der Praxis wird dieses Wir in den meisten Fällen wenig gelebt. Was schon daran zu sehen ist, dass das Postulat nicht von den Strukturen und Prozessen widergespiegelt wird. Und noch entscheidender: Die gelebte Unternehmenskultur gibt andere Signale – unausgesprochen oder nicht.
Ein produktives Wir braucht starke Ichs
Die Zusammenarbeit, die in Organisationen nötig ist, kann ohnehin keine verordnete sein. Dem großen Ganzen kann sie nur nutzen, wenn sie die Individualität der Mitarbeiter nicht nur anerkennt, sondern sie als befruchtend betrachtet. Ein produktives Wir braucht starke Ichs. Diese sind oftmals jedoch nicht gewollt. Vielen Führungskräften sind heute noch starke Mitarbeiter eher unangenehm. Sie haben nicht gelernt, sich mit ihnen – von Erwachsenem zu Erwachsenem – auseinanderzusetzen. Ein weiteres Problem ist, dass der Mehrzahl der Beschäftigten in großen Konzernen nicht klar ist, wohin die Reise geht und wer sich eigentlich noch so im Boot befindet. Welche Leute sitzen da in der Marketing-Abteilung? Was haben die eigentlich für Stärken und woran arbeiten die? Im schlimmsten Fall ist es dem Vertriebsmanager oder dem Softwareentwickler egal. Es fehlt in nicht wenigen Unternehmen an der Transparenz in Bezug auf die genauen Ziele und Strategien und noch viel mehr an Interesse und Verständnis für andere Teams und Unternehmenseinheiten.
„Die Manager und Mitarbeiter eines Teilbereichs kümmern sich nicht angemessen um die anderen Bereiche, die ihnen folglich fremd sind. Und im Endergebnis kennen sie das Ganze nicht.“
(Dueck 2015, S. 19)
Gunter Dueck, der ehemalige Chief Technology Officer von IBM, spricht von Schwarmdummheit, die in vielen Unternehmen vorherrsche. Sie entsteht, wenn das Ganze nicht klar verstanden ist und kein Ganzes das Team einigt.
Die Frage ist, wie kann dieses Ganze entstehen? Und wie kann es gelingen, dass sich Menschen mit all ihrer Energie, ihrer Kreativität und generell ihren besonderen Stärken für dieses Ganze einsetzen? Wie kann die Zusammenarbeit von Individuen gelingen? Den Blick auf heutige Start-ups zu richten, ermöglicht eine erste vielversprechende Anregung. Denn Menschen, die am Anfang einer Unternehmung stehen, mögen ihre individuellen Stärken haben - und doch übernehmen sie in der Regel auch immer Verantwortung für das Ganze, verfolgen gemeinsam eine Idee, ein Ziel und jeder gibt sein Bestes, dieses zu erreichen. In einem Start-up, das von einer Handvoll leidenschaftlicher Menschen betrieben wird, zieht sich für gewöhnlich keiner auf einen festdefinierten Aufgabenbereich zurück. Das Gefühl der Verantwortung primär für das Unternehmen ist die treibende Kraft. Deshalb diskutiert man permanent, wie die nächsten Schritte aussehen könnten, hält man sich auf dem Laufenden, woran jeder gerade arbeitet, mit welchen potenziellen Kunden man in Kontakt steht. Es gibt keine Silos in einem Start-up mit einer Handvoll Leuten. Jeder weiß meistens, was die anderen im selben Raum machen. Und jeder ist höchstwahrscheinlich motiviert, die gemeinsame Vision für das Unternehmen Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich gehe von einem Ideal aus. Natürlich gibt es etliche Fälle, die genau das Gegenteil beweisen. Dennoch sage ich ganz bewusst: In manchen Bereichen sind Start-ups die neuen Vorbilder. Große Unternehmen sollten sich von der Art, wie Menschen in Start-ups an Aufgaben herangehen, wie sie zusammenarbeiten, zumindest inspirieren lassen – und einen gewissen Start-up-Spirit wieder heraufbeschwören. „Unternehmen müssen wieder zu Unternehmungen werden: eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam eine Idee verfolgen.“ (Frank/Hübschen 2015, S. 137)
Dieser Start-up-Geist, dieses gemeinsame leidenschaftliche Verfolgen einer großen Idee, das ist auch etwas, was sich viele Firmen im Silicon Valley in Teilen bewahrt haben.
Groß denken im Silicon Valley
Seit einigen Jahren nun schon pilgern deutsche Manager an die amerikanische Westküste, um herauszufinden, was das Besondere von Google, Facebook und Co ist. Und was sie erleben, sind zum einen Gründer, die ganze Branchen verändern, ja unsere Wirtschaft und Gesellschaft verändern wollen, dieses „Think big“. Und sie erleben zum anderen Unternehmen, in denen es kein Makel ist, zu scheitern, in denen es in Ordnung ist, immer und immer wieder auszuprobieren, zu verwerfen und es wieder zu versuchen. Und das in einem Tempo, das für deutsche Führungskräfte bislang neu ist.
„Innovation entsteht durch den freien, ungehemmten Austausch von Menschen auf kleinstem Raum. Alle Firmen, die ich besuche, legen Wert auf Dichte. Physische Nähe, glauben sie, ist so wichtig wie die Abwesenheit allzu strenger Regeln. Räumliche Distanz behindert Kreativität, ebenso wie steifer gesellschaftlicher Umgang oder soziale Konvention. Vorschriften töten Ideen.“
(Keese 2014, S. 35)
Was die Innovationsfähigkeit der Unternehmen im Silicon Valley ausmacht, liegt insbesondere in ihrer Kultur begründet. Neben der Lust am Experimentieren spielt die große Autonomie der Mitarbeiter sowie die Art des Zusammenarbeitens eine große Rolle. Der ständige Austausch von intelligenten, kreativen Menschen, die Verantwortung übernehmen, führt zu Innovation. Und die Unternehmen schaffen die notwendigen Bedingungen, dass dieser Austausch, diese Zusammenarbeit bestmöglich gelingen kann.

2 Komplexe Umwelten und vernetztes Arbeiten

2.1 Das Problem der klassischen Unternehmensmodelle

In den meisten Unternehmen findet sich immer noch eine ausgeprägte funktionale Arbeitsteilung und ein damit einhergehender hoher Spezialisierungsgrad. Die dadurch existierenden Schnittstellen sind zunächst keine guten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit über Disziplinen hinweg. Nicht selten stehen auch funktionale Ziele im Widerspruch zur Unternehmensstrategie und es herrscht ein ausgeprägtes Abteilungs- und Fachbereichsdenken, was gerade in den letzten Jahren vor allem in Großunternehmen gefördert wurde. Denn viele Fachbereiche wurden darauf ausgerichtet, wie ein Profitcenter zu agieren. „Mit der aktuellen Betriebsstruktur stehen sich Unternehmen im digitalen Zeitalter nun selbst im Weg.“ (Hays/PAC 2015, S. 11)
In der klassischen pyramidalen Struktur ist das Weiterkommen auf der Karriereleiter ein wesentlicher Anreiz für viele Mitarbeiter und Führungskräfte, was zu einem (impliziten) Wettbewerb um die nach oben weniger werdenden Führungspositionen führt. Auch die meisten Instrumente des Personalmanagements wie Zielvereinbarungen und Anreizsysteme im Rahmen des Performance Management „sind auf die Aufrechterhaltung der Pyramide“ ausgerichtet (Häusling et al. 2016, S. 11). Vor allem sind sie häufig der Zusammenarbeit abträglich, insbesondere wenn sie über Abteilungsgrenzen und den originären Aufgabenbereich hinausreichen sollen. Grundsätzlich bilden Instrumente und Prozesse des durchschnittlichen Performance Management die Einstellung ab, dass Leistung in der Regel dem Einzelnen zuzurechnen ist und nicht einem Team oder einer sonstigen Gemeinschaft. Doch dort, wo schnelle kreative Problemlösungen gefragt sind, sind Anreiz- und Beurteilungssysteme, die auf die Leistungsoptimierung des Individuums zielen und dessen Motivation auf die Erreichung der individuellen, mit Boni verknüpften Ziele lenken, nicht mehr zeitgemäß (vgl. Weinberg 2015). Bosch hat beispielsweise die individuelle variable Vergütung abgeschafft, weil sie unter anderem die Zusammenarbeit mit anderen eingeschränkt habe (vgl. Kübel 2016). Nun setzt man mehr auf die intrinsische Motivation der Führungskräfte. Variable Vergütung gibt es weiterhin, allerdings nur noch gekoppelt an Unternehmens- und Bereichsziele.
Bosch ist eine der wenigen Ausnahmen. Immer noch setzen viele Unternehmen sogar auf das Gegenteil einer Zusammenarbeitskultur, nämlich auf Wettbewerb zwischen Mitarbeitern. Ausdruck davon ist insbesondere das von GE einst populär gemachte Stack Ranking oder auch die Forced Distribution, die erzwungene Normalverteilung im Rahmen von Beurteilungen. Danach muss eine Führungskraft die zu Beurteilenden in eine Reihenfolge bringen (Stack Ranking) beziehungsweise die Teammitglieder in verschiedene Leistungsklassen einordnen, wobei sich die Einordnung in der Regel nach der gaußschen Normalverteilung richtet und nicht unbedingt nach der tatsächlichen Performance des Mitarbeiters.
Auch Führungskräfte befinden sich untereinander nicht selten im Wettbewerb um Budgets und Anerkennung. Letzteres bekommt man am häufigsten für den eigenen Status im Unternehmen sowie für das Fachwissen, das man sich über Jahre erworben hat. Deshalb ist Wissen immer noch für viele ein wichtiges Instrument, um sich Einfluss und Macht zu sichern. Führungskräfte werden noch zu oft nach ihrer vorhandenen Expertise ausgewählt und weniger danach, wie gut sie Menschen führen können.
Mittlerweile wird das ausgeprägte Silo- und Konkurrenzdenken zum echten Problem für die Unternehmen. Das Bewusstsein der Führungskräfte ist diesbezüglich jedoch vorhanden. Die große Mehrheit nennt das Silo- und Konkurrenzdenken als wesentlichen Grund für die Nicht-Umsetzung notwendiger Verbesserungsmaßnahmen (vgl. Hays/PAC 2015, S. 11). Zu viele Interessengruppen verfolgen unterschiedliche Ziele. Das jeweilige Unternehmen beschäftigt sich in solchen Fällen mehr mit sich selbst als mit den Kundenbedürfnissen und dem Verfolgen einer gemeinsamen Vision.
Die Funktionssilos schränken die Potenziale der Zusammenarbeit ein und fördern vor allem die Trägheit einer Organisation. Diese kann sich zum Beispiel in mangelnden Investitionen, fehlendem Know-how oder innerem Widerstand gegen Veränderung zeigen (vgl. Häusling et al. 2016, S. 8). Träge Unternehmen haben Schwierigkeiten, sich an Veränderungen in ihrem Umfeld anzupassen, vor allem, wenn diese eine gewisse Dynamik aufweisen. Lange Zeit war das für die meisten Unternehmen kein großes Problem, weil die jeweiligen Märkte eine gewisse Übersichtlichkeit und die Geschäftsfelder klare Grenzen hatten. Veränderungen passierten, aber langsam, und sie konnten leichter vorausgesehen werden. Als Beispiel sei an dieser Stelle der Journalismus genannt. Bis zum Internet hat sich die Tageszeitungsbranche kaum verändert, die Grenzen waren eindeutig. Heute konkurrieren die Verlage im Netz mit anderen Medienunternehmen wie Fernsehanstalten, Bloggern oder sozialen Netzwerken wie Facebook, das mittlerweile das größte Medienunternehmen ist. Nachrichten können heute auf dem Handy gelesen werden, es gibt News-Aggregatoren und sogar Algorithmen, die Texte schreiben können. Diese Entwicklung hat nur wenige Jahre gedauert. Und sie geht in hohem Tempo weiter.

2.2 Veränderungen mit enormer Geschwindigkeit

Mit dem Übergang zur Wissensgesellschaft wird für die Wirtschaft der technische Fortschritt immer wichtiger. Dieser führt auch zu immer kürzeren Produktionszyklen. Dauerte es Mitte des 20. Jahrhunderts noch Jahrzehnte von der Idee bis zur Massenproduktion, wird der Zyklus heute eher in Monaten oder gar Wochen gemessen. Und die technologische Entwicklung macht immer größere Sprünge beziehungsweise geht immer schneller vonstatten. Sie wächst exponentiell (vgl. Petry 2016, S. 26). Heute ist die Digitalisierung die strukturprägende Basisinnovation, die durch die intelligente Vernetzung und Kombination bereits bestehender Technologien alle Bereiche des Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens beeinflusst (Apt et al. 2016, S. 28). Die Unternehmen agieren im digitalen Zeitalter, und Geschäftsmodelle und -prozesse werden zunehmend geprägt von digitalen Megatrends wie Social Media, Cloud Computing, Big Data, Mobile und vor allem durch das Internet der Dinge. Weiteres großes Potenzial wird bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz gesehen.
Das Besondere des digitalen Zeitalters gegenüber materiellen Technologien ist, dass digitale Produkte und Dienstleistungen sehr schnell und leicht skalierbar sind aufgrund von beinahe null Grenzkosten. Das führt zu radikalen Veränderungen auf bestehenden Märkten.
Plattformen und Disruption
Insbesondere Unternehmen aus den USA und dort im Speziellen aus dem Silicon Valley haben große Veränderungen gebracht – auch für deutsche Firmen. Dort versteht man die Grundgesetze der Digitalökonomie besser als nirgendwo sonst. Und zwei davon kann man betiteln mit: Disruption und Plattformen (vgl. Keese 2014).
Digitalunternehmen wie Facebook, Airbnb oder Uber stellen selbst keine Produkte her und mischen doch die Medien-, Hotel- und Taxibranche auf. Und sie tun das im Vergleich beispielsweise zu deutschen Unternehmen mit relativ geringen Kapitalinvestitionen: Uber besitzt keine Autos, Airbnb keine Hotels.
Die größere Gefahr besteht aber in disruptiven Innovationen, die dank der Digitalisierung heute in immer schnelleren Abständen erscheinen. Disruption ist, wie Christoph Keese in seinem Buch „Silicon Valley“ (2014) schreibt, die beliebteste Vokabel an der amerikanischen Westküste. Eine disruptive Innovation wäre beispielsweise das Aufkommen des ersten Musik-Streaming Dienstes Spotify, hingegen nicht die CD, „weil sie den Markt für physische Tonträger intakt ließ“ (ebd. S. 111). Eine disruptive Innovation war auch die Plattform für den Buchkauf von Amazon. Sie kam nicht von den Buchhändlern, genauso wie Spotify nicht von der Musikindustrie gekommen ist. Das ist normal, weil Unternehmen in der Regel nicht in der Lage sind, einander disruptiv anzugreifen. Sie treffen rationale Entscheidungen und beliefern ihre Kunden mit dem, was diese wünschen (ebd.). Für eine disruptive Innovation müssten sie fähig sein, eigene Ineffizienzen im System zu erkennen und gegenwärtige Kundenbedürfnisse ein Stück weit zu ignorieren. Disruptive Innovationen funktionieren nicht auf Basis von Marktforschung.
Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass Branchen- und Industriegrenzen immer mehr verschwimmen. Unternehmen aus der einen Branche können zunehmend auch Produkte in einer anderen anbieten. Unternehmen müssen sich deshalb anders als früher bewusst sein, dass sich mögliche Wettbewerber nicht nur in der eigenen Branche befinden. „Digitale Angreifer“ mit ganz anderen Geschäftsmodellen könnten für sie gefährlich werden. Mehr und mehr Top-Managern ist dieser Wandel klar. Das zeigt eine weltweite Befragung von IBM unter Spitzenmanagern. Auf die Frage, von wo sie zukünftig mehr Wettbewerb erwarten, aus der eigenen Industrie oder anderen Branchen, waren die Antworten 2013 diesbezüglich noch weitgehend ausgeglichen. Zwei Jahre später ist für die Befragten wesentlich eindeutiger, dass mehr Wettbewerb aus anderen Industrien droht (vgl. IBM 2015).
Für die Unternehmen ist dabei eine wesentliche Herausforderung, die technologischen Entwicklungen im Blick zu behalten, wie die Studie von IBM zeigt. Von den externen Faktoren ist Technologie derjenige, der Organisationen am meisten beeinflusst. Es ist der wesentliche Game Changer, sagen Top-Manager weltweit – knapp vor Marktentwicklungen und weit vor regulatorischen Veränderungen. Ihrer Einschätzung nach sind die drei wichtigsten Technologien für die nächsten Jahre: Cloud Computing, mobile Lösungen und das Internet der Dinge.
Technologie ist also der wichtigste Treiber für die ansteigende Dynamik und Komplexität, die die Umwelten prägen. Hinzu kommen jedoch noch andere Trends wie die Veränderungen der Demografie und ein gesellschaftlicher Wertewandel. Gerade junge Menschen legen heute tendenziell mehr Wert auf Sinnstiftung und Autonomie im Job als Beschäftigte in früheren Zeiten. Die Erwartungen der Mitarbeiter an ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Prolog
  6. Teil 1 Die neue Arbeits- und Wirtschaftswelt
  7. Teil 2 Personalmanager als Förderer von Zusammenarbeit und Autonomie
  8. Teil 3 Personalmanager als Community-Gestalter
  9. Teil 4 Personalmanager als Performance Consultants für Führungskräfte, Mitarbeiter und Teams
  10. Teil 5 Zehn Thesen zur Zukunft des Personalmanagements