1.3.1 Allgemein
Während Art. 11 CRR festlegt, dass Institute und Finanzholdinggruppen bestimmte Regelungen der CRR zusätzlich zur Einhaltung auf Einzelinstitutsebene auch auf »Basis der konsolidierten Lage« zu erfüllen haben, verweist der Artikel bzgl. »des vorgesehenen Umfangs« und der »vorgesehenen Weise« der konsolidierten Lage auf die Regelungen des Art. 18 CRR. Dieser bildet die wesentliche Grundlage für die Festlegung der in die Konsolidierung einzubeziehenden Unternehmen sowie die in verschiedenen Konstellationen von Kapitalbeziehungen und anderen Verflechtungen vorgegebenen Methoden der Konsolidierung. Art. 18 CRR enthält jedoch keine konkreten Regelungen bezüglich der anzuwendenden Konsolidierungsverfahren und delegiert für einige Konstellationen die Festlegung der Konsolidierungsmethoden an die zuständigen Behörden. Vor diesem Hintergrund werden die europarechtlichen Regelungen für deutsche Institute durch § 10a KWG ergänzt und konkretisiert.
Der vorliegende Abschnitt des Artikels soll dazu dienen, das Zusammenspiel von CRR und KWG zu erläutern, einen Überblick über die im Rahmen der aufsichtlichen Konsolidierung in Deutschland relevantesten Begrifflichkeiten zu geben und die für deutsche Institute relevanten Konsolidierungsmethoden9, -verfahren10 und -sachverhalte11 darzustellen.
1.3.2 Aufsichtlicher Konsolidierungskreis
Anders als im Rahmen der Konsolidierung für Zwecke der Konzernrechnungslegung sind für die Bestimmung, ob ein Unternehmen für aufsichtliche Zwecke zu konsolidieren ist, nicht allein die Beteiligungs- oder Stimmrechtsverhältnisse bzw. die Möglichkeit der Ausübung von Kontrolle von Bedeutung, sondern zusätzlich auch die ausgeübte Tätigkeit der Unternehmen. Somit unterscheidet sich der sog. »aufsichtliche Konsolidierungskreis«12 konzeptionell vom handelsrechtlichen Konsolidierungskreis, da nur bestimmte Unternehmen einer Gruppe im Rahmen der aufsichtlichen Konsolidierung zu berücksichtigen sind. Die maßgebliche Regelung zur Bestimmung der Unternehmen des aufsichtlichen Konsolidierungskreises ist Art. 18 CRR. Die verschiedenen dort
[20]genannten Konsolidierungssachverhalte betreffen grundsätzlich nur Institute, Finanzinstitute13, Anbieter von Nebendienstleistungen14 sowie Vermögensverwaltungsgesellschaften (nachfolgend als »Unternehmen des Bankensektors«15 bezeichnet). Unternehmen, die nicht Unternehmen des Bankensektors sind (auch als »sonstige Unternehmen« bezeichnet), sind nach derzeitiger Rechtslage – unabhängig von der Beteiligungshöhe – aufsichtlich nicht zu konsolidieren.16
Wie eingangs erwähnt werden die Regelungen der CRR zur aufsichtlichen Konsolidierung in Deutschland durch § 10a KWG ergänzt und konkretisiert. Dabei werden in Fortführung der Vorgängerregelungen des KWG eigene Begrifflichkeiten in Bezug auf die Konsolidierung geprägt, die im Nachfolgenden kurz dargestellt werden sollen.
Der Begriff der Gruppe umfasst gem. § 10a (1) S. 1 KWG Institutsgruppen, Finanzholdinggruppen sowie gemischte Finanzholdinggruppen. Eine Gruppe besteht demgemäß jeweils aus einem übergeordneten und einem oder mehreren nachgeordneten Unternehmen.17
Übergeordnete Unternehmen sind gem. § 10a (1) S. 3 KWG CRR-Institute18, die gem. Art. 11 CRR bzw. § 1a KWG19 i. V. m. Art. 11 die Konsolidierung vorzunehmen haben. In § 10a (2) KWG wird geregelt, welches Institut als übergeordnetes Unternehmen einer (gemischten) Finanzholdinggruppe gilt, wenn einer (gemischten) Finanzholdinggesellschaft mehr als ein inländisches Institut nachgeordnet ist. In der Regel ist dies das Institut mit der höchsten Bilanzsumme, wobei die BaFin auf Antrag ein anderes Institut oder die Finanzholdinggesellschaft selbst als übergeordnetes Unternehmen bestimmen kann.
[21]Nachgeordnete Unternehmen sind gem. § 10a (1) S. 3 KWG »Unternehmen, die nach Art. 18 CRR zu konsolidieren sind oder freiwillig konsolidiert20 werden«. Dies umfasst somit Unternehmen des Bankensektors, die aufgrund eines in Art. 18 CRR genannten Sachverhalts aufsichtlich zu konsolidieren sind.
1.3.3 Konsolidierungsmethoden und -verfahren
Dieser Abschnitt gibt zunächst einen Überblick über die im Rahmen der aufsichtlichen Konsolidierung bestehenden Konsolidierungsmethoden. Im Anschluss daran werden die gem. § 10a KWG i. V. m. mit SolvV für deutsche Institute maßgeblichen Konsolidierungsverfahren näher beschrieben.
Als Konsolidierungsmethoden kommen für Zwecke der aufsichtlichen Konsolidierung die Voll- und Quotenkonsolidierung sowie die Äquivalenzmethode in Betracht.
Bei der Vollkonsolidierung erfolgt eine vollständige Zusammenfassung der Risikopositionen und Eigenmittel von zwei oder mehr Unternehmen – auch wenn die Beteiligungsquote an dem zu konsolidierenden Unternehmen < 100 % ist.21
Im Gegensatz hierzu erfolgt bei der Quotenkonsolidierung (auch proportionale oder anteilmäßige Konsolidierung bezeichnet) eine Einbeziehung der Risikopositionen und Eigenmittel des Beteiligungsunternehmens nur in Höhe der (durchgerechneten) Kapitalbeteiligung.22
Anders als bei den beiden vorgenannten Methoden erfolgt bei der Anwendung der Äquivalenzmethode23 keine Berücksichtigung einzelner Risikopositionen des betreffenden Beteiligungsunternehmens. Stattdessen beschreibt die Equity-Methode ein Verfahren zur Bestimmung des Beteiligungswerts eines Unternehmens ausgehend von seinen historischen Anschaffungskosten und der Berücksichtigung der Eigenkapitalveränderungen. Die nach der Äquivalenzmethode bewerteten Anteile stellen aus Sicht der aufsichtsrechtlichen Gruppe eine Beteiligung dar.
[22]Obgleich Art. 18 CRR regelt, in welchen Fällen eine Voll- bzw. Quotenkonsolidierung zu erfolgen hat oder die Anwendung der Äquivalenzmethode in Betracht kommt, macht die Verordnung keine Vorgaben darüber, welche Verfahren dabei zur Anwendung kommen sollen bzw. wie die jeweilige Konsolidierung konkret vorzunehmen ist. Vor diesem Hintergrund hat sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Regelungen im Zuge der CRR-Einführung seinerzeit dazu entschieden, die bereits zuvor in Deutschland verwendeten Verfahren im Wesentlichen fortzuführen.24 Das KWG unterscheidet dabei für die Voll- und Quotenkonsolidierung zwischen dem Aggregationsverfahren gem. § 10a (4) KWG und dem Konzernabschlussverfahren gem. § 10a (5) KWG. Der Anwendungsbereich und die Umsetzung der Äquivalenzmethode ist für deutsche Institute durch § 32 SolvV geregelt.
Aggregationsverfahren
Das KWG sieht vor, dass für die aufsichtliche Konsolidierung grundsätzlich das Aggregationsverfahren i. S. d. § 10a (4) KWG zur Anwendung kommt. Beim Aggregationsverfahren werden zum einen die Eigenmittel und zum anderen die maßgeblichen Risikopositionen »zusammengefasst«. Die Grundlage für die Zusammenfassung bilden dabei die Einzelabschlüsse der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen.
Bei der Zusammenfassung der Eigenmittel werden die Eigenmittel der einzelnen Gesellschaften zunächst aufaddiert, wobei nur solche Kapitalbestandteile berücksichtigt werden können, die auch nach Teil 2 CRR als Eigenmittel anerkannt würden.25 Von den zusammengefassten Eigenmitteln sind in einem zweiten Schritt die Buchwerte der auf die gruppenangehörigen entfallenden Kapitalinstrumente abzuziehen.26 Bei Beteiligungen, die über nicht gruppenangehörige Unternehmen, d. h. Tochterunternehmen des Nicht-Bankensektors, gehalten werden, erfolgt der Abzug in Höhe des durchgerechneten Werts der Kapitalbeteiligung. Ist der Buchwert einer Beteiligung höher als das in die Zusammenfassung einbezogene harte Kernkapital, ist der Unterschiedsbetrag vom harten Kernkapital der Gruppe abzuziehen.27
Die Zusammenfassung der maßgeblichen Risikopositionen erfolgt durch Addition der für die einzelnen Unternehmen ermittelten Risikobeträge für die einzelnen Risikoarten28. Die Ermittlung der Risikobeträge hat im Einklang mit den Regelungen des Teils 3 CRR zu erfolgen. Bei der Zusammenfassung der Kreditrisikopositionen ist gem. § 10a (4) S. 5 KWG zu beachten, dass [23]zwischen den Gruppenunternehmen wechselseitig bestehende Risikopositionen, z. B. Beteiligungen oder Forderungen und Kredite, nicht zu berücksichtigen sind.
Bei nachgeordneten Unternehmen, die keine Tochterunternehmen sind, schreibt § 10a (4) KW...