1.1 Die neuen Perspektiven durch das Neuromarketing
Limbic® Sales bedeutet „Verkaufen aus Sicht des Gehirns”. Nutzen Sie die neuesten Erkenntnisse aus der Gehirnforschung, speziell aus der Forschung zum Thema Neuromarketing, für Ihre Verkaufserfolge. Was bringt Neuromarketing Neues? Was ist anders im Vergleich zum klassischen Marketing? Erkenntnisse aus der Hirnforschung zeigen, dass es die bewusste Entscheidung des Kunden nicht gibt. Der rationale Kunde existiert nicht – er ist eine Illusion.
Die Neuromarketing-Forschungen werden heute von einigen engagierten Wissenschaftlern vorangetrieben. Seit Mitte der 1990er Jahre wird geforscht, getestet und den Käufern ins Gehirn geschaut. Der Grund ist, herauszufinden, wie Kunden ihre Entscheidungen treffen. Dies ist deshalb so wichtig, weil alles, was wir tun, was wir denken und wie wir uns verhalten, das Ergebnis unserer vorangegangenen Entscheidungen ist. Aber läuft dieser Prozess bewusst ab? Die Antwort der Hirnforschung ist eindeutig und lautet: Nein. Die Entscheidungsprozesse bei unseren Kaufinteressenten laufen auf einer unbewussten Ebene ab.[12]
Neuromarketing hat das Ziel, diese Entscheidungsprozesse zu erkennen, zu analysieren und die Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen.
Durch die Verbindung von wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung entstehen neue Sichtweisen. Erkenntnisse, die im Marketingbereich erfolgreich sind, können wir auf den Verkauf übertragen. Nicht nur Verkäufer profitieren davon, auch alle Menschen, die verhandeln müssen oder wollen, um Ergebnisse zu erzielen. Ganz gleich, ob es sich um Selbstständige, Freiberufler, Firmeninhaber, Führungskräfte oder Ehepaare handelt – der gemeinsame Nenner all dieser Gruppen ist, dass sie verhandeln, um etwas zu verkaufen, ihre Meinung, ihre Idee und ihr Anliegen durchzusetzen. Und selbstverständlich können die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung auch für Kundengespräche genutzt werden.
In diesem Buch werden wir uns hauptsächlich mit den Themen Verkaufen und Verhandeln beschäftigen und zeigen, welche Rolle die Emotionen dabei spielen. Pointierter ausgedrückt:
Wir wollen zeigen, wie Sie im Verkaufs- und Verhandlungsprozess die Emotionen nutzen, um für Ihre Kunden Einkaufserlebnisse zu kreieren.
1.1.1 Entscheidungen im menschlichen Gehirn
Wichtig ist immer die Kundenperspektive: Es geht nicht ums Verkaufen – das würde Ihre Sichtweise allzu sehr in den Mittelpunkt stellen. Nein, in den Vordergrund rückt das Einkaufserlebnis Ihres Kunden. Und es geht nicht ums Verhandeln, sondern darum, dass Sie Ihren Kunden und dieser dann sich selbst davon überzeugt, dass es von Vorteil ist, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung einkauft.[13]
Neuromarketing beschäftigt sich damit, wie Kauf- und Wahlentscheidungen im menschlichen Gehirn ablaufen und wie man sie beeinflussen kann. Diese Fragen werden von den Gehirnforschern beantwortet und helfen uns schneller, besser und mehr zu verkaufen. Das Ziel von Neuromarketing ist, diese neuen Erkenntnisse in die Marketingtheorie und vor allem in die Marketingpraxis zu integrieren.
Einer dieser Forscher ist Hans-Georg Häusel, Diplompsychologe und Bestsellerautor. Er zählt weltweit zu den führenden Experten in den Bereichen Marketing, Markenmanagement und Konsumverhalten. Seine Forschungsstrategie bestand darin, die aktuellen Erkenntnisse der Psychologie, Neurobiologie, Neurochemie usw. übereinander zu legen und auf gemeinsame Strukturen hin zu untersuchen. Dadurch ist es gelungen, ein verständliches und wissenschaftlich fundiertes System der Emotionen für die Marketing- und Verkaufspraxis zu entwickeln. Es wurden keine neuen Motiv- und Emotionsmuster erfunden, sondern nur die vielfältigen Erkenntnisse verschiedener Disziplinen zusammengeführt. Diesen Emotionssystemen und Motiven hat Häusel einen leicht merkbaren Namen gegeben: Dominanz, Stimulanz, Balance. Die Landkarte dieser Systeme nennt er „Limbic® Map”, die verschiedenen Käufertypen „Limbic® Types”.
In diesem Buch werden wir öfter auf diese Forschungsergebnisse eingehen und sie für die Verkaufspraxis nutzen.[14]
1.2 Neuromarketing: Welche Erkenntnisse gibt es?
Um die Abläufe im Kopf des Kunden zu verstehen, lassen Sie uns zuerst das menschliche Gehirn anschauen. Dieses kann man ganz grob in drei Zonen einteilen. Vereinfacht dargestellt hat es folgende Aufgaben:
Der älteste Teil des Gehirns ist das Stammhirn. Es ist für einfache und schnelle emotionale Reaktionen zuständig. Zudem hat es eine biologische Funktion zu erfüllen und „kümmert” sich um Dinge wie Essen, Schlafen, Atmen und Fortpflanzung.
Darüber liegt das Zwischenhirn. Hier ist das limbische System angesiedelt. Beim limbischen System handelt es sich allerdings um einen Sammelbegriff, welcher verschiedene Gehirnstrukturen zusammenfasst. Hierzu zählen alle Bereiche, die maßgeblich an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind. Da diese Emotionen Auslöser von Handlungen und somit auch von Kaufreizen und Kaufentscheidungen sind, werden wir uns mit dem limbischen System intensiv befassen.
Und schließlich das Großhirn: Der vermeintliche Sitz der Vernunft. Hier werden Informationen verarbeitet und gespeichert. Vereinfacht gesagt sitzt hier unser Bewusstsein.
1.2.1 Das „alte” Menschenbild: der rationale Mensch
Bis Mitte der 1990er Jahre waren sich die Wissenschaftler über die Gehirnfunktionen weitgehend einig. Man glaubte, dass:
das Großhirn Sitz von Verstand und Vernunft ist,
das darunter liegende limbische System das Emotionszentrum ist und
das Stammhirn für die Instinkte zuständig ist.[15]
Des Weiteren nahm man an, dass die Gehirnbereiche wie Zwiebelschalen aufeinander sitzen. Weiterhin galt als wissenschaftliche Erkenntnis, dass sie kaum miteinander verbunden sind und somit relativ unabhängig voneinander arbeiten. Das Großhirn wurde als das eigentliche Machtzentrum im menschlichen Kopf dargestellt. Dort würden auch die rationalen vernünftigen Entscheidungen getroffen.
Weiterhin glaubte man, dass Emotionen und Instinkte das vernünftige Denken stören. Die meisten Entscheidungen würden im Kopf bewusst und selbstbestimmt getroffen. Auch die Topografie des Gehirns galt als gesichert: Der klare und dominante Verstand saß im Gehirn oben und die niederen Instinkte unten – die Abbildung 1 zeigt dies.
Abb. 1: Unser Gehirn: Vernunft, Emotionen, Instinkte
1.2.2 Das „neue Menschenbild”: der emotionale Mensch
Heute gehen wir davon aus, dass unser ganzes Gehirn mehr oder weniger emotional strukturiert ist. Man hat durch Untersuchungen bei hirnverletzten Menschen erkannt, dass Emotionen keinesfalls als Störungen im Entscheidungsprozess bezeichnet werden können. Im Gegenteil: Ohne Emotionen kommen überhaupt keine guten Entscheidungen zustande. Wichtige Untersuchungen hierzu wurden in den 1990er Jahren von den Neurowissenschaftlern Antonio Damasio und Joseph LeDoux durchgeführt. Demnach kann die alte Dreiteilung des Gehirns nicht mehr aufrecht erhalten werden.
So ist an der Emotionsverarbeitung auch das Großhirn beteiligt. Heute werden große Bereiche des vorderen Großhirns zum limbischen System gezählt. In diesem Teil sitzt das emotionale Rechenzentrum. Es berechnet die Wahrscheinlichkeit und die Möglichkeiten, wie wir (und unser Kunde) ein Maximum an Lust mit einem Minimum an Einsatz bekommen können. Eingehende Signale werden vom limbischen System bewertet und mit Erfahrungen aus dem Gedächtnis abgeglichen. Schließlich wird ein Handlungsplan erstellt, der dann realisiert wird.[16]
In Abbildung 2 finden Sie die wichtigsten Aspekte des alten und neuen Denkens zusammengefasst.
Abb. 2: Das alte und das neue Denken beurteilen die Bedeutung von Emotionen höchst unterschiedlich.
Die Vormachtstellung der Emotionen ist heute naturwissenschaftlich durch die Hirnforschung bewiesen worden. Diese Erkenntnisse lassen den Verkaufsprozess in einem ganz anderen Licht erscheinen. Natürlich war nicht alles falsch, was wir bisher gemacht haben. Dennoch bietet es sich an, auf der Grundlage dessen, was im Verkaufsprozess auch früher gut und richtig war, mit den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung zu verbinden und für Verbesserungen zu nutzen. Ziel sollte sein, auf diese Weise die Verkaufspraxis auf noch sicherere Füße zu stellen und den Erfolg vom Zufall zu befreien.
1.3 Emotionen verkaufen: Wie wir Entscheidungen treffen
Die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen uns, dass die Emotionen bei den Entscheidungen eine wesentliche Rolle spielen. Auch bei jeder Kaufmöglichkeit wird eine Entscheidung getroffen: Ja oder Nein. Kaufen oder nicht kaufen. In unseren Verkaufsseminaren und in der Trainerausbildung frage ich die Teilnehmer immer, wie sie ihre Kaufentscheidungen treffen. Rational und bewusst – oder doch eher emotional. Die meisten antworten mir: „Natürlich habe ich bewusst entschieden. Ich habe Preis und Nutzen abgeglichen und dann eine rationale Entscheidung gefällt. Manchmal haben sicherlich auch die Emotionen eine Rolle gespielt, aber dann habe ich letztendlich doch bewusst entschieden.”[17]
Natürlich glauben wir daran, dass wir bewusste Entscheidungen treffen, an eine freie Entscheidung, an eine selbstbestimmte Entscheidung. Täglich treffen wir bewusst (tausende) Entscheidungen – wann wir essen, zur Arbeit gehen, mit wem wir uns treffen, was wir lesen, wie wir uns informieren usw. Wir bestimmen bewusst unser Leben.
Wir glauben, dass wir so leben, so Entscheidungen treffen und auch so kaufen. Jedoch: Die Ergebnisse der Hirnforschung lehren uns etwas anderes.
Professor Gerhard Roth, einer der bedeutendsten und anerkanntesten Gehirnforscher, und der amerikanische Neurophilosoph Daniel C. Dennett bezeichnen das bewusste „Ich” als einen Regierungssprecher, der Entscheidungen interpretieren und legitimieren muss, deren Gründe und Hintergründe er jedoch gar nicht kennt und an deren Zustandekommen er zudem nicht beteiligt war.
Was wir als freie und bewusste Entscheidung erleben, ist oft nichts anderes als eine „Benutzerillusion”. Die wirkliche Macht im Kopf haben die Emotionssysteme.
Warum aber sind wir (fast) alle der f...