Eine kurze Geschichte des ökonomischen Denkens
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Eine kurze Geschichte des ökonomischen Denkens

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Eine kurze Geschichte des ökonomischen Denkens

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Über dieses Buch

In unserem Alltag spielen wirtschaftliche Zusammenhänge eine sehr große Rolle - doch wieviel verstehen wir davon? Wo fängt die Geschichte Ökonomischen Denkens eigentlich an und was gehört alles dazu? Wer sind die wichtigsten Denker und welche fast vergessenen geben neue Anregungen? Welche Theorien beeinflussen uns heute?Das Buch gibt einen Überblick über einflussreiche Ökonomen und ihre Ideen. Von der Antike bis zur Gegenwart beleuchtet es die Geschichte einzelner Denkschulen und berichtet von Kontroversen. Dabei wirft es Schlaglichter nicht nur auf die wichtigsten Ideen, Wendepunkte und Denker, sondern geht auch auf Außenseiter ein und zeigt damit die Vielfalt und Tiefe der Wissenschaft vom wirtschaftlichen Handeln.

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Information

1   Der Mensch ist Mensch, weil er wirtschaftet und kooperiert – vom Ursprung des Denkens und der Kultur

„Jeder lebt davon, dass er etwas verkauft.“
Robert Louis Stevenson
„Aller Anfang ist schwer, am schwersten der Anfang der Wirtschaft.“
Johann Wolfgang von Goethe
Vermutlich entwickelten schon die ersten modernen Menschen, die Homo sapiens, Überlegungen zu dem, was wir tun und damit auch, was das Wirtschaften betrifft. Bereits vor etwa 160.000 Jahren – so alt sind die ältesten Funde – streiften kleine Gruppen von Männern, Frauen, Alten und Kindern umher und versuchten zuallererst, ihr eigenes Überleben und das ihrer Sippe zu sichern und zu gestalten. Die Gruppen mussten sich organisieren. Sie teilten ihre Kräfte ein, sie mussten ihre Versorgung planen. Sie wirtschafteten.
Wie schwer das Leben auch war, zuweilen gelang es den Menschen, sich auch aufgrund guten Wirtschaftens Freiräume im Kampf um das Überleben zu schaffen. Dann konnten sie schöpferisch sein, dachten nach, probierten aus, meist aus dem reinen Bedürfnis, Lösungen für die Anforderungen des Lebens und Überlebens zu finden und aus dem Antrieb, ihr Leben zu verbessern. So begannen sie, Symbole zu erschaffen. Wollten sie Spuren hinterlassen? Wollten sie anderen Menschen Hinweise geben? Sie ritzten Zeichen in Felsen. Sicherlich wurde auf diese Weise zum ersten Mal gezählt, Mengen festgehalten. Bis zur Schrift aber war es noch weit. Doch Kunst entstand. Die ältesten gefundenen Zeugnisse, wie die kleine Frauenskulptur der Venus vom Hohlefels, sind bis zu 40.000 Jahre alt und stammen damit aus der Zeit, in der sich beim Menschen nach und nach auch die Sprache ausgebildet hat.
Was der Anfang der Sprache war, das vermuten wir nur. Sie entstand vielleicht aus Rufen, um sich abzustimmen, aus immer feiner werdenden Lautzeichen, verbunden aber auch womöglich mit den Zusammenhalt der Gruppe fördernden musikalischen Artikulationen. Bei Anbruch der Nacht saß die Sippe um das Lagerfeuer, besprach, was als nächstes und vielleicht als übernächstes zu tun sei, und man erzählte sich Geschichten von der Jagd und berichtete von Ereignissen beim Sammeln von Holz und Beeren im Wald. Gerade in den erlebten Abenteuern suchten die Menschen nach Antworten auf ihr Dasein. Vorstellungen, gewisse Theorien über alle möglichen Dinge des Lebens hatten sie sicher auch schon, nannten diese aber wohl nicht so.
Das Denken richtete sich vornehmlich auf das Praktische des Alltags. Gingen Überlegungen darüber hinaus, stießen die Menschen auch auf Fragen zu Zusammenhängen und Hintergründen des Seins. Diese erklärten sie sich, sobald sie an die Grenzen ihres Wissens und Verstehens stießen, häufig mit dem Handeln von Geistern und Göttern.
Als die Menschen ab etwa 12.000 Jahren vor unserer Zeit nach und nach lernten, Pflanzen anzubauen und Tiere zu ihrem Nutzen an sich zu binden, hörten sie nach und nach auf, herumzuziehen und wurden sesshaft. Dieser Prozess, der in seinem Zeitablauf eher ein evolutionärer, in seiner Bedeutung im Vergleich zu der Weite der Zeit und für das Dasein des Menschen aber ein revolutionärer war und daher im Allgemeinen die neolithische Revolution genannt wird, brachte auch eine völlig neue Organisation des Alltagslebens mit sich. Die Menschen mussten für Aussaat und Ernte das Jahr nach den Jahreszeiten planen, begannen Kalender anzufertigen, sie lernten Vorräte anzulegen, sie fingen an, Haushalte zu führen.
Siedlungen entstanden und wuchsen, einhergehend mit sich ausdehnendem Handel, über Generationen zu Städten. Überhaupt war der Handel eine eng mit dem Homo sapiens verbundene Tätigkeit. Schon sehr früh ist der Transport von Muschelschalen und Feuerstein über große Entfernungen nachweisbar. Jedoch bei dem lange (etwa 130.000 Jahre) neben dem Homo sapiens lebenden Neandertaler, der sich zum Teil auch mit diesem mischte und vor etwa 30.000 Jahren ausstarb, war eine solche Tätigkeit bisher nicht nachzuweisen.
Die Neigung, Geschäfte zu machen, befand aber Adam Smith, sei „allen Menschen gemeinsam, und man findet sie nirgends in der Tierwelt ... Niemand hat je erlebt, dass ein Hund mit einem anderen einen Knochen redlich und mit Bedacht gegen einen anderen Knochen ausgetauscht hätte …“. So ging die Ausdehnung des Handels einher mit den Veränderungen vom Nomadendasein zur Sesshaftigkeit und der Ausbildung komplexerer gesellschaftlicher Strukturen. Während man immer weniger Menschen brauchte, um die reine Ernährung sicherzustellen, brauchte man immer mehr Menschen, um den sich ausweitenden Handel und die immer komplizierteren Verwaltungsaufgaben zu bewältigen. Immer mehr Wissen wurde für einzelne Aufgabenbereiche benötigt. Berufe entstanden. Dies alles geschah in noch stark hierarchischen Gesellschaften, in denen aufgrund der wachsenden Komplexität über die Jahrtausende aus Sippenführern Häuptlinge und schließlich Könige wurden, aus Schamanen und Weisen wurden Priester. Über die Zeit entwickelten sich erste Hochkulturen, in denen Macht stets mit dem Glauben zusammenspielte. Dieser manifestierte sich in den allmählich entstehenden komplexen Religionen, die frühere Kulte und Mystizismus in sich vereinten, wie zunächst dem Buddhismus und dem Judentum.
Das Wissen um die Abhängigkeit von der Natur, vor allem aber um die Endlichkeit des Daseins, hatte die Menschen schon immer über die Frage grübeln lassen, welche Mächte außerhalb ihrer Erkenntnisfähigkeit walteten. War es die Macht der Sterne, der Sonne? Waren es Götter? Sie versuchten, in Kontakt mit diesen Mächten zu treten und sie sich gewogen zu machen. Hatten sie zunächst Bilder auf Höhlenwände gemalt, bauten sie nun Tempel. Priester hatten nach wie vor die Aufgabe, mit Ritualen die Zwiesprache mit den Mächten aufrechtzuerhalten, von denen die Menschen glaubten, dass sie ihre Lebenswelt bestimmten. Soweit es den Menschen gelang, versuchten sie aber auch immer selbst, Antworten auf ihre Fragen zu finden. Zunächst aber schienen die Gesetze des Lebens und der Natur nicht schlüssig und logisch zu durchdringen zu sein, vieles schien sogar auf ewig Geheimnis der Götter zu bleiben. Aber das Leben selbst, den Alltag wussten die Menschen von Generation zu Generation zu verbessern.
In den ersten Hochkulturen, beginnend um das 4. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien und im Pharaonenreich in Ägypten, entstanden erste große Städte und damit wuchsen auch die Anforderungen an die Organisation und die Verwaltung des immer komplexer werdenden Lebens von vielen Menschen auf engem Raum. Es entstanden Wirtschaftskreisläufe um Märkte, um Tempel und um Herrscherpaläste. Bei der Vorratshaltung und im Handel wurden Zeichen auf Gefäße und Tafeln zum Nachhalten von Mengen geritzt oder gemalt. Daraus entstand eine erste Art von Buchführung und schließlich auch die Schrift, wie etwa die Keilschrift in Mesopotamien.
Wesentliche Faktoren der Wirtschaft waren die Landwirtschaft, das Handwerk und der Handel. Das Bedürfnis, in diesen wichtigen Funktionen für die Gesellschaft Sicherheit zu verankern, führte zu Regeln und Gesetzen wie dem berühmten Codex Hammurabi von etwa 1750 v. Chr., unter dessen Bestimmungen erste Handelsgesetze zu erkennen sind. Den Zins kannte die Menschheit schon vor dem Geld, so im 3. Jahrtausend v. Chr. bereits die Sumerer. Sie kannten auch den Zinseszins. Der Codex Hammurabi erlaubte den Zins. Wer ihn nicht zahlte, dem drohte Schuldknechtschaft.
Schon seit Jahrtausenden hatten Menschen bestimmte Güter als Vorformen des Geldes genutzt. Silber, Gold, Muscheln, Getreide und Salz hatten sich als sogenannte Zwischentauschmittel oder „Warengeld“ bewährt. Sie waren begehrt und konnten immer vergleichsweise leicht weiter getauscht werden. Gerade Silber und Gold nutzte man gerne. Sie wurden nach Gewicht gehandelt. Mit Gold und Silber konnte man, anders als in der Tauschwirtschaft, in der jeder der Beteiligten genau das Gut haben musste, das der Tauschpartner begehrte, jedes Gut erwerben, das angeboten wurde. Einen neuen und entscheidenden Schritt der Entwicklung des Wirtschaftens machte die Menschheit dann mit der Erfindung des Geldes.

2 Das Geld der Griechen und die Güter der Römer – das eigentliche ökonomische Denken beginnt in der Antike

„Das Geld macht also wie ein Maß die Dinge messbar und stellt eine Gleichheit her. Denn ohne Tausch wäre keine Gemeinschaft möglich, und kein Tausch ohne Gleichheit und keine Gleichheit ohne Kommensurabilität.“
Aristoteles
„Von allen den Erwerbszweigen aber, aus denen irgendein Gewinn gezogen wird, ist nichts besser als Ackerbau, nichts einträglicher, nichts angenehmer, nichts eines Menschen, nichts eines Freien würdiger.“
Marcus Tullius Cicero
Den Lydern sprechen wir im Allgemeinen das Verdienst zu, die Münze und damit das eigentliche Geld erfunden zu haben. Lydien war ein Königreich in Kleinasien auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Dort gab es Vorkommen von Elektron, einer natürlichen Legierung aus Gold und Silber. Zunächst nahmen die Lyder abgewogene kleine Klumpen und nutzten sie als Zahlungsmittel. Dann, zwischen 650 und 600 v. Chr., prägten sie Löwen- oder Bullenköpfe ein, um damit ein Garantiezeichen ihrer Herkunft und Güte zu geben. Das erste „Geld“ konnte genutzt werden, um nun Waren weit freier zu tauschen als bisher.
Die Griechen prägten etwa ein Jahrhundert später eine Münze namens Stater (dt. derjenige, der wiegt). Mit dem sprichwörtlich gewordenen Obolus kam eine Untereinheit hinzu. 6 Oboloi waren 1 Drachme, 2 Drachmen 1 Stater. Die Tetradrachme aus 14 bis 17 Gramm Silber wurde schließlich zur dominierenden Münze. Die Prägung von Herrscherporträts setzte sich erst mit Alexander dem Großen und den Diadochenherrschern um 300 v. Chr. durch.
Was das ökonomische Denken betrifft, so sind uns aus dieser Zeit nur Dokumente bekannt, mit denen lückenhaft das eine oder andere Thema behandelt wird, aber keine umfassende Sicht auf den umfangreichen Gegenstand zu erkennen ist. Der Dichter Aristophanes beschrieb in seiner vermutlich 405 v. Chr. uraufgeführten Komödie Die Frösche ein Phänomen, das später als Greshamsches Gesetz in die Geschichte des Wirtschaftsdenkens eingehen sollte: das Verdrängen guten Geldes durch schlechtes. Athen hatte seinerzeit minderwertiges Notgeld aus Kupfer ausgegeben und Aristophanes ließ in seinem Stück den Chorführer berichten, das Kupfergeld verdränge die Silbermünzen, die nun gehortet würden.
Der Handel und die Wirtschaft in der griechischen Hemisphäre der Antike waren lediglich in Athen komplexer entwickelt, was heißt, dass sich hier ein Fernhandel entwickelte, der über die griechischen Küsten hinausging und spezialisierte Kaufleute und Geldverleiher, die aber längst noch nicht Bankiers genannt werden konnten, Schiffsunternehmungen finanzierten. Auch in Athen wie im übrigen antiken Griechenland war es vor allem der Landbau vor der Stadt, der die produzierende Wirtschaft im Wesentlichen bestimmte. Meist lebten Familien und Sippen auf ihren Höfen von dem, was sie selbst produzierten, doch es gab auch Großbesitzer, die auf Feldern mehrere Dutzend Sklaven für sich arbeiten ließen. Überhaupt fußte der wesentliche Anteil an der Wirtschaftsleistung auf Sklavenarbeit. So schufteten beispielsweise in den Minen von Laureion zeitweise 20.000 Sklaven.
Da Wirtschaft bei den Griechen der Antike mehr oder minder etwas war, das von Sklaven erledigt wurde, Menschen also, über deren Rolle man glaubte, sich wenig Gedanken machen zu müssen, waren ökonomische Überlegungen auch eher dem Haushalt, dem Hof gewidmet und der Organisation und dem Auskommen des Gemeinwesens der freien Bürger, der Polis. So ist es kein Wunder, dass der Begriff Ökonomie (sinngemäß „Gesetz vom Umgang mit Haus und Besitz“) zusammengesetzt ist aus den griechischen Wörtern „Oikos“ für „Haus“, „Besitz“, und „Nomos“ für „Gesetz“.
Die Schrift Oikonomikos, um 390 bis 355 verfasst von Xenophon (ca. 430 bis ca. 345 v. Chr.), der wie Platon ein Schüler von Sokrates war, befasste sich in der damals üblichen Darstellungsform des Dialogs mit dieser Hauswirtschaft. Das Werk enthält Empfehlungen für das Hauswesen („Oikos“), gibt Ratschläge zur Bewirtschaftung der Felder, der Viehhaltung und -zucht, aber auch für den Handel und Grundstückskauf und -verkauf. Schon Xenophon empfahl Arbeitsteilung als Mittel zur Steigerung der Produktivität.
Einer der ältesten Texte mit ökonomischen Gedanken aber stammt von dem Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.), der seinen Lebensunterhalt als Ackerbauer und Viehhalter verdiente. In seinem um 700 v. Chr. verfassten Lehrgedicht „Werke und Tage“ berichtete er von der Arbeit des Bauern und des Fischers und schilderte eine Wirtschaft und Gesellschaft, die auf Wettbewerb aufgebaut war und in der es vor allem auf das tägliche Überleben auf dem Land ankam. Das Leben der Polis und die Belange der Gesellschaft hatten für ihn daher nachrangige Bedeutung.
Für die Polis, den antiken griechischen Stadtstaat, bestehend aus Stadt im Mittelpunkt und seiner Umgebung, bildete die Agora, der Marktplatz, einen wichtigen Ort nicht nur des Handels, sondern der öffentlichen Meinungsbildung. Hier verstrickte Sokrates im 5. Jahrhundert v. Chr. seine Mitbürger in philosophische Gespräche, hier hielten Bürger politische Reden. Sokrates lebte zur Blütezeit der Polis und der Agora. Seine Zeitgenossen und Mitbürger in Athen waren der Dichter Aischylos, der die Tragödie schuf, der Politiker Perikles, der das demokratische Staatswesen ausbaute, der Bildhauer und Architekt Phidias, der den Parthenon errichtete, der Gelehrte Herodot, der die Geschichtsschreibung begründete. Es war eine wahrhaft große Zeit und die Leistungen dieser Männer schlugen Pfade, aus denen Wege in die heutige Zeit entstanden. Was das ökonomische Denken betrifft, war es Sokrates’ Schüler Platon (428/427 v. Chr. bis 348/347 v. Chr.), der auch auf diesem Gebiet Prägendes beitrug, und dies aus einem völlig anderen Blickwinkel als dem der Hauswirtschaft.
Platon stammte aus einer vornehmen und wohlhabenden Familie Athens. Als er Sokrates kennenlernte, war er sofort so stark von ihm beeindruckt, dass er sich der Philosophie zuwandte und dessen Schüler wurde. In der Jugend Platons begann der Niedergang seiner Heimatstadt. Ihre Kräfte hatten sich im Kampf gegen Sparta im Peloponnesischen Krieg (431 bis 404 v. Chr.) erschöpft. In Athen wechselten die Staatsformen zwischen Tyrannis, Oligarchie und Demokratie. Es herrschte fürchterliche Unsicherheit und oft kam es zu Terror und Anarchie. Sokrates wurde während einer Phase der Demokratie durch Abstimmung zum Tode verurteilt, was Platon tief erschütterte. Er verließ Athen, bereiste den Mittelmeerraum und gründete 387 v. Chr. nach seiner Rückkehr im Hain des Akademos seine Schule, die Keimzelle aller Akademien und Universitäten.
In einer Zeit der Verwerfungen und vielfältigen Weltdeutungen wurde Platon zum Philosoph der Ideen, zum Denker des Absoluten und Umfassenden. Er stand damit auch in Opposition zu der Denkschule der Sophisten, die im Hier und Jetzt nach Antworten suchten und im rhetorischen Diskurs gleich frühen Debattierklubs die Fragen der Welt erörterten. Ihr bedeutendster Kopf Protagoras gab sogar Rhetorikunterricht und umriss mit seinem programmatischen Satz „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“ auch die Relativität menschlicher Erkenntnis. Platon hingegen suchte das Ideal, das Absolute, das, was hinter und über den Dingen zu finden ist. Wenn er über Wirtschaft redete, redete er über das Zusammenleben von Menschen in der Gesellschaft, wobei er den Staatsmann wie den Herrn eines Hauses aus einer philosophisch-aristokratischen Haltung heraus weiterhin als Hirten verstand.
Seine Idee einer gerechten Ordnung legte Platon in seiner Schrift Politeia ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Der Autor
  6. Einleitung
  7. 1   Der Mensch ist Mensch, weil er wirtschaftet und kooperiert – vom Ursprung des Denkens und der Kultur
  8. 2   Das Geld der Griechen und die Güter der Römer – das eigentliche ökonomische Denken beginnt in der Antike
  9. 3   Was hat Gott mit dem Geld gewollt? – ökonomische Positionen der Scholastik
  10. 4   Das kleine und das große Ganze – das Handwerk des Kaufmanns und die Geburt von Utopien in der Neuzeit
  11. 5   Der Staat als Unternehmer – Merkantilismus und Kameralismus
  12. 6   Kreise und Bienen – die Physiokratie und andere Ideen am Übergang zum Denken im System
  13. 7   Das Wirtschaften als System – Adam Smith und der Beginn der Klassischen Schule
  14. 8   Zwischen Skepsis und Optimismus – die Debatten der Klassischen Schule
  15. 9   Vom Inhalt und den Methoden – die Ökonomik findet ihre Wege
  16. 10   Arbeit und Gesellschaft – Marx und die Varianten des Sozialismus
  17. 11   Außergewöhnliche Blickwinkel – von Bodenreformern und Anarchisten
  18. 12   Vom Einfluss der Gesellschaft und der Geschichte – die Historische Schule
  19. 13   Der Nutzengedanke bestimmt den Markt – die Grenznutzenschule
  20. 14   Ob und wie Sozialismus funktioniert – Debatten über Theorie und Umsetzung
  21. 15   Das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage – die neoklassische Schule
  22. 16   Wenn der Markt in der Krise ist – der Keynesianismus
  23. 17   Von der Freiheit des Marktes und des Menschen – der Neoliberalismus und seine Facetten
  24. 18   Das Unternehmen, die Arbeit und das Wachstum – von Schumpeter, Samuelson, Antworten auf Keynes und dem Nobelpreis
  25. 19   Über Wechselwirkungen von Wirtschaft und Gesellschaft – Wirtschaftsgeschichte, Soziologie und Entwicklungstheorien
  26. 20   Das Wesen und die Bedeutung der Institutionen – alte und Neue Institutionenökonomik
  27. 21   Verhalten und Strategien – Finanzmarkttheorie, Spieltheorie, experimentelle Ökonomik, Glücks- und Verhaltensökonomik
  28. 22   Globalisierung und Digitalisierung – Ansätze und Anregungen für das 21. Jahrhundert
  29. Schlusswort und Ausblick
  30. Literatur und weiterführende Literatur
  31. Stichwortverzeichnis