Für viele ist der Bau oder der Erwerb einer Immobilie eine Investition, die über sonstige Anschaffungen des täglichen Lebens deutlich hinausgeht. Die Entscheidung hierfür fällt demzufolge auch nicht so leicht, wie wenn man beispielsweise in einem Möbelgeschäft eine neue Sitzgruppe für das Wohnzimmer oder ein neues Auto kauft. Für den Bau oder den Erwerb eines Ein- oder Mehrfamilienhauses werden vielfach Fremdmittel benötigt, deren Abbezahlung mehrere Jahrzehnte andauern kann. Vielfach soll das erworbene oder erstellte Objekt, wenn es selbst genutzt wird, den Lebensmittelpunkt für viele Jahre, wenn nicht gar für das restliche Leben darstellen. Als Renditeobjekt erfüllt eine Immobilie oftmals nur dann ihre Zwecke, wenn das Vorhaben nicht überteuert und im Wesentlichen mangelfrei umgesetzt wird. Ob, wie und mit wem man baut, bedarf stets einer gründlichen Vorüberlegung und Vorplanung.[2]
1.1 Konzept zur Fehlervermeidung
Bevor Sie eine Entscheidung darüber treffen, auf welche Weise Sie das „Projekt Bau“ realisieren wollen, sollten Sie Ihre Vorstellungen und Bedürfnisse möglichst genau analysieren. In der Baubranche wird dies als Bedarfsplanung bezeichnet, das ist die methodische Ermittlung der Bedürfnisse des Bauherrn. Dafür wurde sogar eine eigene DIN entwickelt, namentlich die DIN 18205 „Bedarfsplanung im Bauwesen“. Ziel der Bedarfsplanung ist es, die Bedürfnisse, Ziele und Anforderungen des sogenannten Bedarfsträgers, hier also des Bauherrn, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in einen Lösungsrahmen für das Projekt zusammenzuführen.
1.1.1 Die zentralen Fragen vor Start eines Bauprojekts
Die Lebensplanung hat bei der Bedarfsanalyse entscheidende Bedeutung. Ein junges Ehepaar, um ein Beispiel herauszugreifen, wird vielleicht in absehbarer Zeit einen Kinderwunsch haben. Möglicherweise müssen auch nahe Verwandte aufgenommen werden. In einem ersten Schritt sollten Sie sich daher eine Vorstellung davon verschaffen, welche Personen möglicherweise - und zwar nicht nur aktuell, sondern auch später - in dem Haus leben könnten. Gerade der bereits erwähnte Kinderwunsch ist in diesem Zusammenhang ausgesprochen wichtig. Zu überlegen ist nicht nur, für wie viele Kinder möglicherweise Platz benötigt wird, sondern beispielsweise auch, ob für jedes Kind ein eigenes Zimmer geplant ist. Unter Umständen soll später zusätzlich ein Au-pair zeitlich befristet mit im Haus wohnen. Eventuell müssen in naher Zukunft zudem pflegebedürftige Eltern mit im Haus aufgenommen werden.[3]
Ob ein Mehrgenerationenhaus erstellt werden soll oder ein Objekt, dessen einzelne Wohnungen zum Vermieten gedacht sind, bestimmt darüber, welche Überlegungen im Rahmen der Bedarfsanalyse im Vordergrund stehen. Wenn klar ist, wie das zu errichtende Gebäude genutzt werden soll, denken Sie am besten gleich darüber nach, welche besonderen Anforderungen die Bewohner an die Räumlichkeiten stellen könnten. Dabei helfen diese Fragen:
Werden ein oder mehrere Arbeitszimmer benötigt?
Kommen häufig Gäste zum Übernachten?
Welche technische Ausrüstung wird für bestimmte Räume benötigt (Internet, TV, Telefonanschluss etc.)?
Sollen begehbare Schränke vorgesehen werden?
Wie viel Abstellraum wird benötigt?
Wird ein separater Funktionsraum benötigt, etwa ein Bügelzimmer?
Sind Räume für eine mögliche Doppelnutzung (Arbeitszimmer und Gästezimmer) vorgesehen?
Wie viele Sanitärräume sollen geplant werden?
Soll eine Sauna, ggf. mit Dusche, jetzt oder vielleicht später eingebaut werden?[4]
Sollen alle oder einzelne Räume barrierefrei (rollstuhlgerecht) gestaltet werden?
In welche Himmelsrichtung sollen Balkone oder Terrassen ausgerichtet werden?
Soll es möglich sein, später einzelne Bereiche (etwa zu Vermietungszwecken) räumlich abzutrennen?
Dies sind nur einige der Fragen, die vorab beantwortet werden sollten. Sie unterstützen Sie dabei, frühzeitig darüber nachzudenken, wie sich die Dinge entwickeln könnten. Schaffen Sie es, die nötige Flexibilität „einzuplanen“, kann Ihnen dies später unter Umständen teure Um- oder Anbauten ersparen.
1.1.2 Worauf von Anfang an zu achten ist
Neben den oben angeschnittenen grundsätzlichen Themen gibt es eine Reihe von Gesichtspunkten, die Sie frühzeitig in Ihre Überlegungen einbeziehen sollten, um später keine bösen Überraschungen zu erleben.
Prognose zur Entwicklung der Umgebung
Wenn bereits klar ist, welchen Bedürfnissen das zu erstellende Objekt entsprechen soll, ergeben sich daraus oftmals bereits Anforderungen an die Umgebung. Wer selbst in das zu errichtende Haus einziehen will, wird sich entschieden haben, ob er idyllisch im Grünen leben möchte oder eher den Trubel einer guten Infrastruktur um sich herum braucht.
Zu den Kriterien der Umgebung gehören beispielsweise, ob Schulen, Ärzte, Apotheken und Geschäfte in der Nähe sind. Wenn Sie Kinder haben oder später welche wollen, werden Sie sicher Wert darauf legen, dass ein Kinderhort oder Kindergarten nicht allzu weit entfernt liegt. Auch wenn die zu erstellenden Wohnungen zur Vermietung an Familien gedacht sind, wird dieser Gedanke wichtig sein. Die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Freizeitmöglichkeiten und Kulturangebote können weitere Randbedingungen sein, die bei den Überlegungen eine Rolle spielen.[5]
Eine Momentaufnahme zu erheben wäre sicherlich zu kurz gedacht. Versuchen Sie vielmehr, konkret in Erfahrung zu bringen, wie sich die Umgebung aller Voraussicht nach entwickeln wird. Erkundigungen bei der Gemeinde können hierüber oftmals ebenso Aufschluss geben wie Nachfragen bei eventuellen künftigen Nachbarn.
Gibt es einen Bebauungsplan?
Wenn Sie bauen wollen, müssen Sie - bzw. der mit der Genehmigungsplanung beauftragte Architekt - zunächst in Erfahrung bringen, ob das Baugrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der in aller Regel einen bestimmten Teil des Gemeindegebiets umfasst, liegt. Bebauungspläne werden von den Gemeinden aufgestellt mit dem Ziel, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung in der Gemeinde zu regeln. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich um Satzungen, die verbindliche Festset...