1 Anwendungsbereich (DIN ISO 45001:2018)
Dieses Dokument legt Anforderungen an ein Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA-MS) fest und gibt eine Anleitung zur Anwendung, um Organisationen in die Lage zu versetzen, sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsplätze bereitzustellen, indem arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen vermieden werden und ihre SGA-Leistung proaktiv verbessert wird.[22]
Dieses Dokument gilt für jede Organisation, die beabsichtigt, ein SGA-Managementsystem festzulegen, zu verwirklichen und aufrechtzuerhalten, um die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu verbessern, Gefahren zu beseitigen, SGA-Risiken (einschließlich Systemschwachstellen) auf ein Mindestmaß zu beschränken, Nutzen aus SGA-Chancen zu ziehen und mit Nichtkonformitäten bezüglich des SGA-Managementsystems umzugehen, die in Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten stehen.
Dieses Dokument unterstützt eine Organisation dabei, die beabsichtigten Ergebnisse ihres SGA-Managementsystems zu erreichen. In Übereinstimmung mit der SGA-Politik der Organisation schließen die beabsichtigten Ergebnisse eines SGA-Managementsystems Folgendes ein:
fortlaufende Verbesserung der SGA-Leistung;
Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen und anderer Anforderungen;
Erreichen von SGA-Zielen.
Dieses Dokument gilt für jede Organisation, ungeachtet ihrer Größe, Art und Tätigkeiten. Es gilt für die SGA-Risiken im Einflussbereich der Organisation, wobei Faktoren wie dem Kontext, in dem die Organisation tätig ist, sowie den Erfordernissen und Erwartungen ihrer Beschäftigten und anderer interessierter Parteien Rechnung getragen wird.
Dieses Dokument legt weder spezifische Kriterien für die SGA-Leistung fest noch enthält es Vorschriften für die Gestaltung eines SGA-Managementsystems.[23]
Dieses Dokument versetzt eine Organisation in die Lage, durch ihr SGA-Managementsystem weitere Aspekte der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, wie arbeitsbezogenes Wohlbefinden/Wohlfühlen von Beschäftigten, einzubeziehen.
Dieses Dokument behandelt Themen wie Produktsicherheit, Sachschäden oder Umweltauswirkungen nicht über die Risiken für Beschäftigte und andere relevante interessierte Parteien hinaus.
Dieses Dokument kann im Ganzen oder in Teilen für die systematische Verbesserung des SGA-Managements genutzt werden. Es ist allerdings nicht zulässig, Konformität mit diesem Dokument zu beanspruchen, sofern nicht alle seine Anforderungen in das SGA-Managementsystem einer Organisation aufgenommen und ohne Ausnahme erfüllt sind.
Leitfrage: Ist das SGAMS für die gesamte Organisation gültig?
Das SGAMS sollte generell für die gesamte Organisation gelten. Es ist jedoch im Detail zu klären, worum es im Speziellen geht, worum nicht, wo die Grenzen liegen und worum es im Wesentlichen geht.
In Spezialfällen können auch Bereiche von der Anwendung des SGAMS ausgeschlossen werden: Zum Beispiel betreibt ein Bauunternehmen eine Zinkereianlage durch eine Tochterfirma auf einem anderen Grundstück. Die Wäscherei des Pflegeheims wäscht an einem anderen Standort. Oder der Vertrieb für ein Kommunikationsunternehmen agiert auch an Standorten in anderen Ländern.
Durch die Definition des Anwendungsbereichs soll jedoch nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Organisation SGA-Risiken bewusst ausklammern möchte. Ein Bauunternehmen soll also die gefährlichen Arbeiten an der Fassade oder den Abbruch von asbestverseuchtem Material nicht bewusst outsourcen, um sich mit diesen Gefährdungen nicht auseinandersetzen zu müssen.[24]
Alle SGA-Risiken, die in der Verantwortung der Organisation liegen, müssen berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Maßnahmen können und dürfen wirtschaftliche, technische und/oder organisatorische Aspekte beachtet werden.
Der Schutz vor Arbeitsunfällen und Erkrankungen ist im Anwendungsbereich zu berücksichtigen. Die Sicherheit und Gesundheit der hergestellten Produkte oder zur Verfügung gestellten Dienstleistungen ist zwar wichtig, nicht aber Teil des Anwendungsbereichs der hier vorliegenden Norm. Sie wird in der Produktsicherheit und damit verbundenen Haftung geregelt. Also wird im SGAMS nicht geprüft, inwieweit der hergestellte Keller eines Gebäudes sicher ist und keine Stolperstellen aufweist oder ob eine Dienstleistung in der Pflege gesund für den Bewohner ist. Wünschenswert wäre dies und man kann davon ausgehen, dass sich das sichere und gesunde Arbeiten auf die Sicherheit und Gesundheit von Produkten und Dienstleistungen überträgt. Berücksichtigung im Anwendungsbereich und damit im SGAMS findet dies jedoch nicht.
Die Förderung von Gesundheit im Arbeitskontext ist sehr wohl Anforderungsaspekt im SGAMS und Teil des Anwendungsbereichs. Die Norm verlangt aber keine Aktivitäten zur Gesundheitsförderung im privaten Bereich. Werden im Callcenter Stimmtrainings durchgeführt, um Beschwerden und Erkrankungen des Stimmapparats zu minimieren, kann dies eine geeignete Maßnahme sein. Eine Ernährungsberatung muss jedoch nicht zwingend aufgrund der Norm stattfinden, wenn kein Bezug zum Arbeitssystem im Sinne eines Risikos oder einer Chance erkennbar ist.[25]
Um den Anwendungsbereich des SGAMS in der Organisation festzulegen, könnten externe interessierte Parteien (wie z. B. Kunden, Lieferanten, Wirtschaftsberater, Berufsgenossenschaft, Anrainer) befragt werden. Anschließend kann in einem Workshop mit Führungskräften, ggf. Vertretern der Beschäftigten, externen und internen Beratern (also der Fachkraft für Arbeitssicherheit (FASI), dem Betriebsarzt (BA)) und/oder dem Beauftragten für das SGAMS (MB)) der Anwendungsbereich definiert werden.
Folgenden Fragen können dabei helfen:
Worum geht es im Wesentlichen?
Worum geht es nicht?
Was sind die wesentlichen und größten SGA-Risiken?
Welche SGA-Risiken werden ausgeklammert, weil sie nicht im Einflussbereich der Organisation stehen?
Welche anderen Themen werden ausgeklammert?
Welche Bereiche oder Zielgruppen werden ausgeklammert?
Auditfragen
Ist das SGAMS für die gesamte Organisation gültig?
Welche SGA-Risiken liegen im Einflussbereich?
Wo sind die Grenzen des SGAMS insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit der hergestellten Produkte, Umweltauswirkungen der Organisation und die Gesundheitsförderung bei der Arbeit und im privaten Bereich?
Zusammenhänge mit anderen Normkapiteln
[26]Die Definition des Anwendungsbereichs ist notwendig, um den Kontext der Organisation (Kap. 4.1, 4.2 und 4.3) zu bearbeiten und zu bestimmen.
2 Normative Verweisungen (DIN ISO 45001:2018)
Es gibt keine normativen Verweisungen in diesem Dokument.
Es gibt keine Verweisungen, die notwendigerweise berücksichtigt werden müssen, um DIN ISO 45001:2018 zu erfüllen. Verschiedene andere Normen helfen jedoch, die Norm zu verstehen, um so das SGAMS passend zu entwickeln und an den Schnittstellen folgerichtig anzuknüpfen. Hier sind folgenden Normen zu nennen:
DIN EN 31010 | Risikomanagement |
DIN EN ISO 9000 | Qualitätsmanagementsysteme, Grundlagen und Begriffe |
DIN EN ISO 9001 | Qualitätsmanagementsysteme |
DIN EN ISO 14001 | Umweltmanagementsysteme |
DIN EN ISO 19011 | Leitfaden zur Auditierung von Managementsysteme |
DIN ISO 26000 | Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung |
DIN ISO 37500 | Leitfaden Outsourcing |
Abb. 7: Weitere Normen zum erweiterten Verständnis von DIN ISO 45001:2018
Verschiedene andere Regularien müssen bei der Umsetzung der Norm in Deutschland berücksichtigt werden und z. B. in einem Rechtskataster zusammengefasst, eingeordnet und dargestellt werden.
Die rechtlichen Verpflichtungen sind i. d. R. mindestens die Abb. 8 „Einige zentrale Regularien im dualen Arbeitsschutz – rechtliche Verpflichtungen” dargestellten und werden in den Normkapiteln 4.2, 5.1, 6.1...