Organisationen klug gestalten
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Organisationen klug gestalten

Das Handbuch fĂŒr Organisationsentwicklung und Change Management

  1. 464 Seiten
  2. German
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Organisationen klug gestalten

Das Handbuch fĂŒr Organisationsentwicklung und Change Management

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Über dieses Buch

In turbulenten Zeiten mĂŒssen sowohl alltĂ€gliche Managementprozesse als auch VerĂ€nderungsprozesse souverĂ€n begleitet werden. Jenseits reiner Tool- und Instrumentenorientierung und praxisferner Organisationstheorie gibt das Buch einen umfassenden Überblick ĂŒber den aktuellen Stand der Organisationsentwicklungund stellt neuere Methoden auf den PrĂŒfstand.Über 40 fĂŒhrende Köpfe der Organisationsforschung und Organisationsentwicklung zeigen, wo wir heute in den Bereichen Organisationsdesign, Strategieentwicklung, Change Management, FĂŒhrung, Teamentwicklung, Krisen- und Konfliktmanagement stehen und welche neuen Perspektiven sich fĂŒr Organisationen und Unternehmen daraus eröffnen.Mit BeitrĂ€gen u.a. von Rudi Wimmer, Fredmund Malik, Eckard Minx, Frank Dievernich.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783791038735

1 Was Organisationen sind

Es ist seltsam, wie wenig das Wissen ĂŒber Organisationen zum Allgemeinwissen gehört. Weite Teile der Bevölkerung leben und arbeiten mit und in Organisationen. Viele machen sich Ziele und Zwecke der Organisation zu eigen, erleiden manchmal klaglos und ĂŒber Jahre Organisationskulturen und geben sich mit den UnabĂ€nderlichkeiten organisationaler Alltage zufrieden.
Organisationen sind elementar fĂŒr das Funktionieren unserer Gesellschaft. Die globalen Fragen der Zukunft werden in und von Organisationen entschieden. Angesichts dieser Bedeutung der Organisation ist es tatsĂ€chlich eigenartig, dass wichtige Erkenntnisse der Organisationswissenschaft und ihrer Praxisfelder einem grĂ¶ĂŸeren Publikum weitgehend unbekannt sind.
Dieses Kapitel bietet eine Übersicht ĂŒber die Grundlagen eines angemessenen OrganisationsverstĂ€ndnisses. Stefan KĂŒhl zeichnet den Rahmen mit der Frage danach, was eine Organisation eigentlich ausmacht. Er stellt dar, wie die moderne Gesellschaft die Organisation hervorgebracht hat, wie sie definiert werden sollte und wie wesentlich ihre Bedeutung fĂŒr das Funktionieren der modernen Welt ist. Organisationen sind kein trivialer Forschungsgegenstand. Ihre Beforschung in den vergangenen Jahrzehnten hat immer wieder gezeigt, dass sie sich – etwa wegen ihrer grundlegenden ‚Unvernunft’ – einfachen Theorien widersetzt. Was wir ĂŒberhaupt ĂŒber Organisationen wissen, wo dieses Wissen herkommt und was es fĂŒr die Praxis der Organisation bedeutet, ist dann das Thema des Beitrags von Rob Wiechern. Und weil unsere moderne Gesellschaft lĂ€ngst zu einer Organisationsgesellschaft geworden ist, existiert eine Vielzahl von Organisationen, die ganz unterschiedliche Zwecke verfolgen. Maja Apelt ordnet diese FĂŒlle mit Bezug auf die wichtigsten Organisationstypologien. Die Gestaltung einer Organisation setzt Wissen ĂŒber ihren Zustand voraus. Harm Kuper beschreibt in seinem Beitrag auf den Ebenen Organisation und Person gleichermaßen, wie der Stand der Dinge in der Organisation ermittelt werden kann. Ob und wie die Organisation sich tatsĂ€chlich entwickelt, hĂ€ngt von ihren Lernprozessen ab. In seinem Beitrag gibt Harald Geißler Antworten auf die Fragen, warum, wie und auf welchen Ebenen Organisationen eigentlich lernen.

1.1 Organisationen: Mitgliedschaften – Zwecke – Hierarchien1

Stefan KĂŒhl
Das Wort ‚Organisation’ fĂŒhrt man schnell im Munde. Alltagssprachlich verwenden wir die Worte „Organisieren“ oder „Organisation“ dabei hĂ€ufig, um eine auf einen Zweck ausgerichtete planmĂ€ĂŸige Regelung von VorgĂ€ngen zu beschreiben (vgl. Mayntz 1963, S. 147). Von „Organisieren“ oder „Organisation“ wird auch gesprochen, wenn verschiedene, erst mal voneinander unabhĂ€ngige Handlungen in eine sinnvolle Abfolge gebracht werden und so „vernĂŒnftige Ergebnisse“ erzielt werden (vgl. Weick 1985, S. 11). Die ‚Organisation’ des Kindergeburtstages fĂŒr die sechsjĂ€hrige Martina fĂ€llt ganz selbstverstĂ€ndlich in das Ressort der bemĂŒhten MĂŒtter und VĂ€ter. Von unseren Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern wissen wir, dass man in schlechten Zeiten manchmal etwas auf dem schwarzen Markt ‚organisieren’ musste, um zu ĂŒberleben, wĂ€hrend wir uns heute höchstens noch freuen mĂŒssen, wenn ein Kollege im ĂŒberfĂŒllten Biergarten in kĂŒrzester Zeit eine Runde Bier ‚organisiert’. Fangen sich die Kicker von Arminia Bielefeld mal wieder zu viele Tore ein, dann beklagen die Kommentatoren, dass sich die Abwehr wieder neu ‚organisieren’ mĂŒsse.
In diesem breiten VerstĂ€ndnis von Organisation wird fast immer und ĂŒberall organisiert: Gesellschaften organisieren ihr Zusammenleben, Familien ihr Zusammenleben, Gruppen ihre Skatabende. Unternehmen organisieren die möglichst profitable FĂŒhrung des GeschĂ€fts, Protestbewegungen ihre Demonstrationen und Selbstmörder mehr oder minder erfolgreich ihren „langen Weg nach unten“ (Hornby 2005). Gesetze, Verkehrsregelungen, Hausordnungen, Gebrauchsanweisungen, Speisekarten, Spielregeln und NotenblĂ€tter, all das scheint in unserem VerstĂ€ndnis Ausdruck von Organisation zu sein (vgl. fĂŒr ein solches VerstĂ€ndnis Hauschildt 1987, S. 4).
Aber dieser Begriff von Organisation ist fĂŒr vertiefende Analysen ungeeignet, weil damit letztlich nichts anderes bezeichnet wird als eine Ordnung, die dazu genutzt wird, um etwas zu erreichen. Der Begriff gerĂ€t so weit, dass letztlich alles erfasst wird, was irgendwie ‚strukturartig’ oder ‚regelhaft’ ist.

1.1.1 Ein enger Begriff von Organisation

Wenn man von Organisationen spricht, dann sollte man an eine ganz besondere Form von sozialem Gebilde denken. Einige dieser Gebilde fĂŒhren das Label ‚Organisation’ bereits in ihrem Namen, um ihre Eigenart zu markieren. Man denke nur an das „O“ der United Nations Organization (UNO), der North Atlantic Treaty Organization (NATO), der Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC) oder der Organization for Economic Co-operation und Development (OECD). Andere nutzen nicht das Wort Organisation im Namen, verwenden aber Synonyme. Siehe das heute vielleicht etwas zopfig klingende Wort der ‚Anstalt’, das sich noch bei Organisationen wie der Kreditanstalt fĂŒr Wiederaufbau oder der ARD Anstalt des öffentlichen Rechts finden lĂ€sst. Wer etwas auf sich gibt, schmĂŒckt sich eher mit dem modischen Begriff der Agentur. Und so wird dann aus einer Reichsanstalt fĂŒr Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Agentur fĂŒr Arbeit.
Andere Organisationen verweisen in ihrem Namen auf den spezifischen Typus ihrer Organisation als Unternehmen, Verwaltung, Kirche, Verein, Partei oder Armee. In FĂ€llen wie der Scientology Church, dem Hamburger Sportverein oder der Rote Armee Fraktion mag dann bei Beobachtern umstritten sein, ob diese die Selbstbeschreibung als Kirche, Verein oder Armee zu Recht fĂŒhren oder ob es sich nicht eher um Wirtschaftsunternehmen oder kriminelle Vereinigungen handelt, aber den Status als Organisation spricht man diesen Gebilden kaum ab. Die meisten Organisationen verzichten bei ihrer Benennung auf eine irgendwie geartete explizite Bezeichnung als Organisation. Daimler-Benz, France TĂ©lĂ©com oder General Electric gehen wohl berechtigterweise davon aus, dass sie schon als Organisation identifiziert werden, ohne dass dies in ihrem Namen angefĂŒhrt wird.
NatĂŒrlich gibt es immer wieder FĂ€lle, bei denen wir uns nicht ganz sicher sind, ob wir es mit einer Organisation zu tun haben: Kann das Ein-Personen-Unternehmen, das sich als Marketingagentur anbietet, bereits als Organisation bezeichnet werden? Verdient das gelegentliche Zusammenkommen von Staaten zur Koordination der Klimapolitik bereits die Definition als Organisation im engeren Sinne? Ist die UniversitĂ€t eines Landes eine eigenstĂ€ndige Organisation oder doch nur eine geografisch zu bestimmende Abteilung eines Wissenschaftsministeriums? Eben diese GrenzfĂ€lle schĂ€rfen unser VerstĂ€ndnis von Organisationen eigentlich nur noch mehr.

1.1.2 Die Entstehung in der modernen Gesellschaft

Wenn wir dieses prĂ€zise VerstĂ€ndnis von Organisationen verwenden, dann sind Organisationen ein PhĂ€nomen, das sich erst in den letzten Jahrhunderten ausgebildet hat. NatĂŒrlich waren die Errichtung der Pyramiden in Ägypten oder der Aufbau einer umfassenden Wasserwirtschaft im Nildelta beeindruckende Beispiel von „Organisation“ aber eben nur im weiten Sinne des Begriffes (vgl. Weber 1976, S. 560 f., 607 f., 613, 640). Klöster wirken mit ihren Aufnahmeritualen, mit ihren Hierarchien und genauen Regelwerken auf den ersten Blick wie VorlĂ€ufer von Organisationen, waren aber doch eher Ausdruck vormoderner Gesellschaften (vgl. Treiber/Steinert 1980, S. 53 ff.). Auch der Zusammenschluss der Handwerker einer mittelalterlichen Stadt in ZĂŒnften oder Gilden mag uns vielleicht an moderne Organisationen erinnern, aber auch hier haben wir es noch eher mit Organisationen im weiten Sinne zu tun (vgl. dazu Kieser 1989, S. 540 ff.).
Zwar kann man frĂŒhe Formen von ‚Mitgliedschaft gegen Lohn’ bereits seit der Antike beobachten. Man denke nur an Söldner, die ihre Kampfkraft dem am besten zahlenden HeeresfĂŒhrer zur VerfĂŒgung stellten, oder an Tagelöhner, die ihre Arbeitskraft gegen eine VergĂŒtung anboten (vgl. Aspers/Beckert 2008, S. 229). Bis zur Ausbildung der Moderne waren jedoch andere Formen der Einbindung von Personen dominierend. Sklavenhalter verfĂŒgten ĂŒber Eigentum an der Person des Sklaven. Lehnsherren verpflichteten ihre Leibeigenen zu Abgaben und Frondiensten und setzten diese Leistungen im Notfall mit Gewalt durch. In ZĂŒnfte wurde man quasi hineingeboren, und es war selbstverstĂ€ndlich, dass man als Sohn auch den Beruf und damit auch die Zunftmitgliedschaft des Vaters ĂŒbernahm. Mitglied wurde man nicht qua eigener Entscheidung, sondern durch Geburt.
Ein zentrales Merkmal all dieser Ordnungsformen der Vormoderne ist, dass sie Personen komplett inkludierten (vgl. PrĂ€torius 1984, S. 22 ff.). Stark vereinfacht ausgedrĂŒckt: Zum Bau der Pyramiden oder der WasserkanĂ€le wurden Sklaven eingesetzt, die nicht einfach nach Feierabend nach Hause gehen oder ihre TĂ€tigkeit auf den Ă€gyptischen Baustellen aufkĂŒndigen konnten. Der Eintritt in ein Kloster war eine Lebensentscheidung, die zur Folge hatte, dass letztlich alle AktivitĂ€ten im Rahmen einer christlichen Lebensgemeinschaft stattfanden. ZĂŒnfte oder Gilden waren nicht vorrangig Einrichtungen zur Absicherung von Monopolen, sondern regulierten auch die kulturellen, politischen und rechtlichen Beziehungen ihrer Mitglieder.
Organisationen entstanden erst in der modernen Gesellschaft mit der Ausbildung bĂŒrokratischer Verwaltungen, der Bildung stehender Heere mit Berufssoldaten, der Durchsetzung der Erziehung an Schulen und UniversitĂ€ten, der Behandlung von Kranken in SpitĂ€lern und KrankenhĂ€usern, der Errichtung von ZuchthĂ€usern, der Verlagerung der Produktion in Manufakturen und Fabriken und der Ausbildung von Vereinen, VerbĂ€nden, Gewerkschaften und Parteien. Denn erst mit der Entstehung dieser Organisationen wurde es immer mehr zum Regelfall, dass die Mitgliedschaft auf einer bewussten Entscheidung sowohl des Mitglieds als auch der Organisation selbst basierte und gleichzeitig Mitglieder nicht mehr mit allen RollenbezĂŒgen in die Organisation integriert wurden.
Dieser Prozess setzte sich langsam in so unterschiedlichen Bereichen wie der Religion, der Wirtschaft oder der Politik durch. Ab dem 16. Jahrhundert wurden beispielsweise die Zwangsmitgliedschaften in Kirchen, durch die die Untergebenen zur gleichen Religion gezwungen wurden wie ihre Herrscher, zunehmend delegitimiert. Man denke zum Beispiel an die von ZĂŒrich ausgehende TĂ€uferbewegung, die eine von Staaten unabhĂ€ngige Gemeinde von GlĂ€ubigen forderte, in der die Mitglieder nicht qua Geburt zu einer Religion zwangsverpflichtet wurden, sondern sich als Erwachsene frei bekennen konnten. Eine Ă€hnliche Entwicklung zeigte sich im Bereich der Wirtschaft. Mit der Ausbildung einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung setzte sich in immer mehr Staaten die Gewerbe- und Handelsfreiheit durch, die es den ‚BĂŒrgern’ ermöglichte, verschiedene ArbeitstĂ€tigkeiten aufzugreifen. Durch Aufhebung des Zunftzwanges und die Auflösung von feudalen AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnissen entstanden die Möglichkeit und der Zwang fĂŒr Arbeiter, ihre Arbeitsleistung auf den sich entwickelnden „ArbeitsmĂ€rkten“ anzubieten (vgl. Marx 1962, S. 183). Weitgehend parallel entstanden dann auch zunehmende Möglichkeiten, sich als Mitglied Interessenorganisationen wie Vereinen, Parteien oder Gewerkschaften anzuschließen.
Was ist das Besondere von Organisationen wie Unternehmen, Verwaltungen, UniversitÀten, Schulen, Armeen oder Kirchen? Durch welche Merkmale unterscheiden sie sich von spontanen Interaktionen im Supermarkt, von Gruppen, von Familien oder von Protestbewegungen?

1.1.3 Mitgliedschaft, Zwecke und Hierarchien

Ohne je ein einziges EinfĂŒhrungsbuch ĂŒber Organisationen gelesen oder einen einzigen Kurs ĂŒber Organisationen belegt zu haben, scheinen wir zu wissen, wann wir es mit einer Organisation zu tun haben. Wir wissen intuitiv, dass uns der Einberufungsbescheid einer Armee in Kontakt mit einer Organisation bringt, dass wir mit dem Fußballclub Grasshopper Club ZĂŒrich eine Organisation mit all ihren Besonderheiten unterstĂŒtzen, wovon uns auch das gelegentliche Auswechseln des Personals nicht abbringt, und dass wir bei dem Kauf einer Flasche Olivenöl in einem Supermarkt nicht in eine Vertragsbeziehung mit der VerkĂ€uferin, sondern mit einer Organisation namens Aldi, Lidl oder Alnatura eintreten.
Aber selbst wenn wir intuitiv zu wissen scheinen, wann wir es mit einer Organisation zu tun haben, tun wir uns hÀufig schwer, zu bestimmen, was das Besondere von Organisationen im Vergleich zu anderen Gebilden wie Familien, Gruppen, Protestbewegungen oder auch nur alltÀglichen GesprÀchen ist. Der deutsche Soziologe Niklas Luhmann nutzt die drei Merkmale Mitgliedschaft, Zwecke und Hierarchien, um die Besonderheit von Organisationen in der modernen Gesellschaft deutlich zu machen.
Die moderne Gesellschaft verzichtet weitgehend darauf, ihre Mitglieder auszuschließen. Todesstrafe, Verbannung oder AusbĂŒrgerung gehören nicht mehr zum Standardrepertoire, mit dem Staaten versuchen, ein regelkonformes Verhalten ihrer BĂŒrger sicherzustellen. Ein Staat mag bei Fehlverhalten seine BĂŒrger verurteilen, bestrafen oder ins GefĂ€ngnis stecken, aber er kann sie nicht einfach ausschließen. Setzt ein Staat dennoch auf die aus dem Mittelalter bekannten Prinzipien der Tötung und Verbannung, um AufrĂŒhrer loszuwerden, setzt er sich sofort dem Vorwurf der RĂŒckstĂ€ndigkeit aus. Man schaue sich nur die heftige Kritik an der Todesstrafe in China, Nordkorea oder den USA an oder die scharfe Verurteilung von AusbĂŒrgerungen durch die DDR, den Iran oder durch Myanmar.
Ein zentrales Merkmal von Organisationen ist dagegen die Entscheidung ĂŒber Eintritt und Austritt von Personen, also die Bestimmung von Mitgliedschaften (vgl. Luhmann 1975, S. 99). Die Organisation kann darĂŒber entscheiden, wer zu einem Unternehmen, einer Verwaltung, einer Partei oder einem Sportverein gehört und wer nicht. Und folgenreicher: Sie kann darĂŒber bestimmen, wer ihr nicht mehr angehören soll, weil er oder sie den Regeln der Organisation nicht mehr folgt (vgl. Luhmann 1964, S. 44 f.). Die Organisation schafft so Grenzen, in denen sich die Mitglieder (und eben nur die Mitglieder) den Regeln der Organisation zu unterwerfen haben, und es hĂ€ngt permanent die Drohung im Raum, dass das Mitglied die Organisation zu verlassen hat, wenn es die Regeln nicht befolgt (vgl. Luhmann 1964, S. 44 f.).
Moderne Gesellschaften halten sich im Gegensatz zu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Zum Geleit
  5. 1   Was Organisationen sind
  6. 2   Was VerÀnderungen auslöst und wie sie gestaltet werden
  7. 3   Wie kluge Strategien entwickelt werden können
  8. 4   Wie AblÀufe geplant und mit Störungen umgangen werden kann
  9. 5   Wie Innovation gefördert werden kann
  10. 6   Warum es FĂŒhrung in VerĂ€nderung braucht
  11. 7   Wie der Wandel gestaltet werden kann
  12. 8   Wie man durch Personal- und Teamentwicklung gestalten kann
  13. 9   Wie sich organisatorische QualitÀt sichern lÀsst
  14. 10   Wie sich organisatorische Umwelten gestalten lassen
  15. Autorenverzeichnis
  16. Autorinnen und Autoren
  17. Stichwortverzeichnis