1.1 Sachwert statt Geldwert
Irgendwann platzte dem Kaiser der Kragen: „Ich habe satt das ewige Wie und Wann. Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn“, gab er in Goethes „Faust II“ dem Drängen des als Narr verkleideten Mephisto nach. So begann vor rund zwei Jahrhunderten am Hofe von Herzog Karl August in Weimar die Geldschöpfung aus dem Nichts. Viel hat sich seither nicht geändert, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass heute in den Wirtschaftsnationen nicht Kaiser oder Präsidenten über die im Umlauf befindliche Geldmenge entscheiden, sondern die Notenbanken, wie beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) oder die US-amerikanische Federal Reserve (Fed). Doch nicht nur die Zentralbanken, auch die Geschäftsbanken und Sparkassen wirken an der Papiergeldvermehrung mit.[8]
Viele Kunden haben eine falsche Vorstellung vom Bankgeschäft – auch weil dieses Thema an den Schulen entweder gar nicht oder nur kursorisch behandelt wird. Vielfach herrscht die Meinung vor, die Banken nähmen Spareinlagen ein und verliehen das Geld zu einem höheren Zinssatz an solvente Kreditnehmer. Von der Zinsdifferenz, so die Vorstellung, lebten die Geldinstitute. Also ganz praktisch: Kunde A zahlt 1.000 Euro auf sein Tagesgeldkonto und bekommt dafür 0,5 Prozent Zinsen. Der Banker hält als Sicherheitsreserve etwa zehn Prozent, also 100 Euro, zurück und vergibt 900 Euro als Kredit an einen Kunden, der fünf Prozent Zinsen zahlt.
1.1.1 Wie funktioniert das Bankgeschäft?
Geld aus dem Nichts
Tatsächlich aber funktioniert das Geschäft ein wenig anders, was das folgende, vereinfachte Beispiel zeigt: Für Kredite gilt in der EU eine gesetzliche Mindestreserve von einem Prozent. Das heißt, für die 1.000 Euro, die der Kunde einzahlt, könnte die Bank Kredite in einem Gesamtvolumen von 100.000 Euro vergeben (1.000 entsprechen einem Prozent Mindestreserve von 100.000 Euro ausgegebenen Krediten). Papiergeld entsteht also faktisch aus dem Nichts. Das System funktioniert dennoch, weil erstens die Menschen den Notenbanken größtenteils vertrauen, und hinter den führenden Währungen der Welt starke Volkswirtschaften stehen.[9]
Dennoch fürchten gerade deutsche Anleger aufgrund der Geschichte ihres Landes steigende Inflationsraten oder gar ein Platzen der Papiergeldblase. Die Finanzkrisen in den Jahren 2008/2009 und die Euro-Schuldenkrise 2011/2012 zeigten den Bürgern mit aller Deutlichkeit, auf welch tönernen Füßen das Papiergeldsystem steht, wenn es wirklich ernst wird.
Investition in Sachwerte
Doch unabhängig von solchen Krisen galt schon immer die Maxime, verstärkt in Sachwerte zu investieren – sei es vorhandenes Vermögen oder aber einen Teil aus regelmäßigen Einnahmen (Gehalt, Lohn, Honorar usw.). Sieht man von exotischen Sachwerten für Liebhaber einmal ab, wie z. B. Oldtimer, Antiquitäten oder Uhren, dann hat der Anleger die Wahl zwischen den folgenden drei klassischen Sachwerten:
Immobilien (selbst genutzt, als Kapitalanlage oder als Fonds)
Edelmetalle (Gold, Silber, Platin usw.)
Aktien (wer Aktien kauft, erwirbt Eigentumsrechte an einem Unternehmen. Insofern handelt es sich um Sachwerte und nicht – wie etwa bei Anleihen – um Geldwerte. Anleihen sind nämlich nichts anderes als Schuldscheine.)
1.1.2 Vor- und Nachteile der klassischen Sachwerte
Gold
Gold – keine MwSt., aber auch kein Nutzwert
Viele Vermögensberater empfehlen, einen kleinen Teil des Vermögens (maximal zehn Prozent) in physisches Gold, also in Barren oder Münzen, zu investieren. Das ist sicher sinnvoll, hat sich doch das gelbe Edelmetall trotz zum Teil erheblicher Preisschwankungen langfristig als wertstabil erwiesen. Außerdem fällt beim Erwerb von Gold in der Europäischen Union und in der Schweiz keine Mehrwertsteuer an (bei Silber, Platin und Palladium sieht es anders aus). Ein weiterer Vorteil ist die hohe Fungibilität des Goldes. Das heißt, Sie können Ihre Barren oder Münzen schnell wieder zum aktuellen Preis verkaufen, also Sachwerte in Geldwerte zurücktauschen.[10]
Der Nachteil des physischen Goldes besteht neben den zum Teil hohen Preisschwankungen in der Tatsache, dass es weder Dividenden einbringt (wie Aktien) noch Mieteinnahmen (wie vermietete Immobilien) oder eine Mietersparnis (wie bei einer selbst genutzten Immobilie).
Aktien
Aktien – langfristig erfolgreich mit Nervenprobe
Langfristig betrachtet, weisen Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien die beste Performance (Wertentwicklung) auf, wenngleich unter zum Teil heftigen Schwankungen. Wer z. B. zwischen 1991 und 2011 monatlich 100 Euro in einen deutschen Aktienfonds investierte, zahlte in zwanzig Jahren 24.000 Euro ein, verfügte am Ende aber über mehr als 45.500 Euro. Doch aufgrund der hohen Volatilität (Schwankungsbreite) zehren Aktien und Aktienfonds oft an den Nerven der Anleger. Mit zunehmender Anlagedauer relativiert sich der Nachteil der Volatilität. Ein Aktien-Engagement erfordert also einen langfristigen Anlagehorizont. Doch um den Ökonomen John Maynard Keynes (1883 –1946) zu zitieren: „Langfristig sind wir alle tot.“ Die Fungibilität von Aktien ist sehr hoch, ein Mausklick genügt und man kann Aktien oder Anteile an Aktienfonds kaufen oder verkaufen. Außerdem profitiert der Anleger meist von Dividendenzahlungen. Vorausgesetzt, die Aktiengesellschaft schüttet Dividenden aus.[11]
Immobilien
Immobilien – Sachwert mit Nutzwert
Die selbst genutzte Immobilie ist ein Sachwert-Investment von hohem Nutzwert. Sie können sofort nach Fertigstellung des Objekts in Ihrer Immobilie wohnen. Sie sind fortan unabhängig von Vermietern. Statt Miete zu zahlen, bauen Sie überdies mit Ihren regelmäßigen Tilgungsleistungen Wohneigentum auf. Plakativer ausgedrückt: Als Mieter investieren Sie in den Sachwert des Vermieters, als Eigentümer hingegen investieren Sie in Ihren eigenen Sachwert. Die weitaus meisten Immobilien werden finanziert. Der Eigentümer nimmt also hohe Darlehen auf. In der Regel handelt es sich um die größte Investition im Leben des Betreffenden, und es dauert Jahrzehnte, bis die Schuld abgetragen ist. In dieser Zeit kann viel passieren. Im schlimmsten Fall muss das Objekt verkauft oder gar zwangsversteigert werden.
Ein weiterer Nachteil der Immobilie: Wie der Begriff schon zum Ausdruck bringt, ist eine Immobilie eben immobil. Wer aus beruflichen oder privaten Gründen in eine andere Stadt oder in ein anderes Land umziehen muss, hat die Wahl: Er kann sein Objekt entweder verkaufen oder vermieten. Die Fungibilität einer Immobilie ist – von gesuchten Objekten in erstklassigen Lagen abgesehen – eingeschränkt. Es kann Monate oder in schwierigen Fällen sogar Jahre dauern, bis die Immobilie ihren Eigentümer zu einem angemessenen Preis wechselt. Außerdem: Physisches Gold oder Aktien verursachen keine laufenden Kosten, sieht man von den geringen Depot- oder Safegebühren einmal ab. Bei Immobilien fallen nach einigen Jahren vergleichsweise hohe Reparatur- und Sanierungskosten an. Darüber hinaus werden die von den Kommunen erhobene Grundsteuer sowie Beiträge für die Wohngebäudeversicherung und andere Abgaben fällig.[12]
Vor- und Nachteile von Sachwerten im Überblick |
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Sachwert | WerthaltigkeitWertzuwachs | PraktischerNutzen | Fungibilität (Möglichkeit, den Sachwert wieder schnell in Geld zu tauschen) | Prestige | Operative Kosten |
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Immobilien | gut (bei Immobilien von hoher Qualität in guter bis sehr guter Lage) | sehr gut (kann sofort bewohnt werden; Mietersparnis; Altersvorsorge) | eingeschränkt, bei starker Nachfrage am Markt aber gut | sehr gut | hoch (Instandhaltung, Steuern, Verwaltung, Versicherungen usw.) |
Aktien | langfristig gut, aber bei teilweise signifikanten Schwankungen (Volatilität) | keiner | sehr gut | wenig | gering(Depotgebühren, Spesen usw.) |
Edelmetalle | langfristig gut, aber starke Schwankungen möglich | keiner, es sei denn, Edelmetalle werden zu Schmuck verarbeitet | gut | wenig (außer Schmuck) | keine bis geringe (Safe) |
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