1.1 Einführung
1.1.1 Rechtliche Regeln für die Erstellung von Stellenanzeigen
Bevor ein Arbeitnehmer eingestellt wird, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in irgendeiner Form zueinander finden. Ein klassischer Weg hierfür ist die Stellenanzeige, sei es in Zeitungen bzw. Zeitschriften, sei es über eine Online-Stellenbörse, sei es über die Agentur für Arbeit oder einen privaten Personalvermittler. Der Arbeitgeber erstellt aus Anlass der Bewerbersuche eine Stellenanzeige, in der er die zu besetzende Stelle beschreibt, die erforderlichen Qualifikationen nennt und ggf. sogar schon etwas zu den Anstellungsbedingungen mitteilt.
Grundsätzlich gibt es in Deutschland fast keine Regeln für die Gestaltung einer Stellenanzeige. Ausnahme ist § 7 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Dieser verlangt, dass eine Stelle auch als Teilzeitstelle ausgeschrieben wird, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet. Eine unmittelbare Sanktion bei Unterlassen dieses Hinweises besteht nicht. Im Einzelfall könnte das Fehlen des Hinweises allerdings ein Indiz dafür sein, dass keine Frauen eingestellt werden sollen, weil diese häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten. Darüber hinaus werden es eher Marketingaspekte sein, die bei der Gestaltung einer Stellenanzeige berücksichtigt werden müssen.[9]
1.1.2 Indizien für eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren
Dennoch ist das Arbeitsrecht bei der Erstellung einer Stellenanzeige zu beachten. Die Einstellung von Mitarbeitern hat diskriminierungsfrei zu erfolgen. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dürfen Bewerber nicht wegen ihrer Rasse, ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihrer Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität abgelehnt werden. Nur selten wird ein Arbeitgeber einen Bewerber ablehnen und ausdrücklich erklären, dass er ihn wegen seines Alters oder wegen seiner Behinderung nicht eingestellt hat. Die Diskriminierung findet meist subtiler statt. Um diskriminierten Bewerbern dennoch zu ihrem Recht zu verhelfen, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass es zur Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen zunächst ausreichend ist, wenn der Arbeitnehmer ein Indiz vorbringen kann, das für eine diskriminierende Auswahlentscheidung spricht. Selbst wenn es dem Arbeitgeber gelingt nachzuweisen, aus welchem zulässigen Grund die Bewerbung abgelehnt wurde, muss er dem Bewerber eine Entschädigung in Höhe von bis zu 3 Monatsgehältern zahlen.[10]
Solche Indizien finden sich oft in Stellenanzeigen.
Wird in der Anzeige nur eine männliche Bezeichnung verwendet, spricht dies für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Wird ein Mitarbeiter für ein junges Team gesucht, kann dies für eine Diskriminierung wegen des Alters sprechen, wenn ein älterer Mitarbeiter zurückgewiesen wird.
Wird ein deutscher Muttersprachler gesucht, kann eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft vermutet werden.
Ein Indiz kann aber auch sein, wenn der Arbeitgeber nur Männer, nur junge Leute, nur Deutsche zum Vorstellungsgespräch einlädt. Allerdings bekommt der abgelehnte Bewerber davon im Regelfall nichts mit. Ungeschickt ist, wenn dem abgelehnten Bewerber in der Ablehnung ausdrücklich mitgeteilt wird, dass ein Mann, ein jüngerer Bewerber, ein Deutscher etc. eingestellt wird.
Ein Indiz kann auch sein, wenn sich auf den zurückgesandten Unterlagen handschriftliche Hinweise des Arbeitgebers befinden, die auf eine Diskriminierung schließen lassen. Wird auf dem Lebenslauf „Ausländer“ notiert und erhält der Bewerber seine Unterlagen zurück, besteht ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft.
1.1.3 Gefahr von Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen
Ein Bewerber, der aufgrund seiner formellen Qualifikationen für die Stelle grundsätzlich geeignet wäre und der eines der relevanten Diskriminierungsmerkmale verwirklicht, kann nach der Ablehnung der Bewerbung ein Indiz für eine Diskriminierung vorbringen, insbesondere sich auf eine diskriminierende Stellenanzeige berufen, und einen Entschädigungsanspruch geltend machen. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht zu beweisen, dass das Diskriminierungsmerkmal keine Rolle für seine Ablehnung gespielt hat, muss er eine Entschädigung, also ein Schmerzensgeld, in angemessener Höhe leisten. Kann er allerdings nachweisen, dass der Bewerber auch bei einer diskriminierungsfreien Entscheidung abgelehnt worden wäre, ist die Entschädigung auf drei Monatsgehälter begrenzt. Dies wird dem Arbeitgeber gelingen, wenn er aufzeigen kann, dass das Profil des Bewerbers überhaupt nicht zu der Stellenausschreibung passt.[11]
Beispiel: Diskriminierende Einstellungsentscheidung
Der Arbeitgeber will die Stelle einer Erzieherin besetzen. Es bewirbt sich eine türkischstämmige Frau. Ungeschickterweise notiert der Arbeitgeber auf den Bewerbungsunterlagen „Ausländerin“ und schickt dies der Bewerberin zurück. Es liegt ein Indiz für eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft vor. Dem Arbeitgeber wird es nicht gelingen zu beweisen, dass seine Auswahlentscheidung nicht von diesem Diskriminierungsmerkmal geleitet war. Kann er allerdings nachweisen, dass die Bewerberin keine Erzieherausbildung hat und Kosmetikerin ist, sie also objektiv für die Stelle nicht geeignet ist, ist die Entschädigung auf drei Monatsgehälter begrenzt.
Aus diesem Grund ist bei der Erstellung von Stellenanzeigen peinlich darauf zu achten, dass keinerlei Formulierung eine Diskriminierung vermuten lässt. Gleiches gilt für die Durchführung von Vorstellungsgesprächen und die ...