Streitbeilegung in der Wohnungswirtschaft - inklusive Arbeitshilfen online
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Streitbeilegung in der Wohnungswirtschaft - inklusive Arbeitshilfen online

Einvernehmliche Lösungen finden bei Gewerbeansiedlung, Nachverdichtung, Sanierungsvorhaben

  1. 259 Seiten
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Streitbeilegung in der Wohnungswirtschaft - inklusive Arbeitshilfen online

Einvernehmliche Lösungen finden bei Gewerbeansiedlung, Nachverdichtung, Sanierungsvorhaben

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Über dieses Buch

In Deutschland leben 82, 5 Millionen Menschen in 41, 3 Millionen Haushalten, davon 22, 5 Millionen in Mietverhältnissen. Das lässt erahnen, dass Streitigkeiten in Wohnungsbeständen nicht immer vermeidbar sind. Dieses Buch beschreibt die Beilegung von Streitfällen in Mehrfamilienhäusern, Wohnanlagen und -siedlungen. Es zeigt die Möglichkeiten einvernehmlicher, außer- und vorgerichtlicher Streitbeilegung durch angeleitete Verhandlungen. Die zahlreichen Fallbeispiele sind tatsächlichen Fällen nachempfunden oder beschreiben häufig vorkommende Streitigkeiten.Inhalte: - Streitgegenstände und Beschwerdegründe- Mediation: Grundlagen, Begrifflichkeiten, Einsatzgebiete, Phasenmodell- Fallentwicklung und -vorbereitung- Ergebnisse und Vereinbarungen- Handlungsempfehlungen für das richtige Vorgehen bei der VermittlungArbeitshilfen online: - Checklisten zur Mediation- Musterdienstleistungsrichtlinien für Wohnungsunternehmen- Zahlreiche Übungen zur Kommunikation und Mediation

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Information

Verlag
Haufe
Jahr
2019
ISBN
9783648130315

1 Einleitung

1.1 Wohnungs- und Grundstückswirtschaft in Deutschland

Die Wohnungs- und Grundstückswirtschaft ist in Deutschland – neben beispielsweise dem Gesundheitswesen, dem Bildungswesen oder der Rechtspflege – eines der großen Funktionssysteme. Dies sind nach der Lehre des »Herrn der Zettelkästen« und Begründers der gesellschaftlichen Systemtheorie, Niklas Luhmann, nicht ausschließlich staatliche Einrichtungen; der Begriff umfasst vielmehr alle Sozialsysteme mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung (Datenbasis aus Destatis 2018a, 2018b, Deutscher Bundestag 2017, Kofner 2010).
Hauptzweck ist die Versorgung der Bevölkerung, in diesem Fall mit Wohnraum: In Deutschland leben > 82,5 Millionen Menschen in etwa 41,3 Millionen Haushalten. Von diesen beruhen knapp 22,5 Millionen auf Mietverhältnissen (in Berlin sechs von sieben, in den Flächenländern drei bis fünf von sieben). Es gibt etwa 42 Millionen Wohnungen, davon knapp 19 Millionen in Gebäuden mit 1–2 Wohnungen (einschließlich selbstgenutzter Eigenheime und vermieteter Einliegerwohnungen). Die durchschnittliche Wohnungsgröße beträgt knapp 92 m2, die Wohnungsfläche je Haushaltsmitglied 46,5 m2 (in Großstädten oft deutlich weniger).
Es geschehen ständige Veränderungen als Teil gesamtgesellschaftlicher Entwicklung, die sich in der Differenzierung örtlicher Wohnlagen und der Segmentierung des Wohnungsmarktes zeigt. Ein knappes Viertel der Haushalte bestand in Gemeinden mit < 10.000, gut 41 % in Gemeinden mit 10.000–100.000, 16 % in Gemeinden mit 100.000–500.000 und 18,5 % in Großstädten und Ballungsräumen mit > 500.000 Menschen; die Bevölkerungsdichte verschiebt sich weiterhin von Ersteren zu Letzteren. Deutschland ist nach der Schweiz der zweitgrößte europäische Mietwohnungsmarkt. Tatsächlich gibt es nicht den einen Markt, sondern eine Vielzahl örtlicher, sehr unterschiedlicher Teilmärkte; Berlin ist der größte von ihnen.
Dies ist begleitet von einer Verrechtlichung als einem Charakteristikum der Moderne: Die immer weitere Durchdringung aller Lebensbereiche mit Rechtsnormen ist im Mietrecht Jahr für Jahr gut zu verfolgen.
Ursprüngliche Nebenzwecke gewinnen immer größere Bedeutung. So ist die Wohnungs- und Grundstückwirtschaft ein wichtiger Arbeitsmarkt (die Branche hat etwa eine halbe Million Erwerbstätige) und verbunden mit mehreren Wertschöpfungsketten und Wirtschaftskreisläufen: Erwerb und Veräußerung von Grundstücken und Liegenschaften, die Vermögensbildung oder die Beteiligung an Maßnahmen der Stadt- und Raumentwicklung sind Beispiele. Gebäude (8 Billionen Euro) sowie Grund und Boden (3,8 Billionen Euro) bilden 87 % des volkswirtschaftlichen Sachvermögens in Deutschland. Etwa 32,3 Millionen Wohnungen befinden sich in Einzeleigentum – davon 17,3 Millionen zur Selbstnutzung, 13,5 Millionen zur Vermietung. Die Bruttowertschöpfung der Wohnungs- und Grundstückswirtschaft beträgt derzeit jährlich > 300 Milliarden Euro.
Wichtig ist die Vernetzung von Funktionssystemen untereinander: Die Wohnungs- und Grundstückswirtschaft hat, teils aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften, Schnittmengen mit der Rechtspflege (Mietrecht, Arbeitsrecht, Vertragsrecht bei Bau, Kauf, Vermietung, Verpachtung …), dem Banken- und Versicherungswesen (Zahlungsverkehr, Gebäudeversicherung, Kreditwesen, …) oder den öffentlichen Verwaltungen (Steuererhebung, Überwachung von »Fehlbelegung«, Gewährung von Wohngeld, …).
Da Funktionssysteme in Privatsphären hineinwirken, sie teils erst ermöglichen, sind Spannungen nicht vermeidbar: Die Passgenauigkeit von Angeboten lässt sich nicht immer garantieren, weder mit Rechtsansprüchen noch über Marktbewegungen; es gibt nicht »die« Wohnung für jeden. Und gerade die Unternehmen der Wohnungs- und Grundstückswirtschaft erfahren im Tagesgeschäft sehr viel über die Befindlichkeiten und Bedürfnisse der Bevölkerung in den jeweiligen Einzugsgebieten.
1863 notierte Adolph Wagner (* 1835, † 1917), Professor an der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin, erstmals das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben, heute als Wagner’sches Gesetz bekannt: Zunehmender Wohlstand einer Gesellschaft bewirkt immer stärkere staatliche Regelungsbemühungen; so entstehen nach und nach der allzuständige Wohlfahrtsstaat und mit ihm die Verrechtlichung. Diese Gesetzmäßigkeit wurde – bemerkenswert – noch vor den Bismarck’schen Reformen entdeckt und hat sich bis heute als gültig erwiesen. In der Wohnungswirtschaft geschah dies bald darauf, in der Regierungszeit Bismarcks, vor allem durch die neuen Ansätze von Stadtplanung und Baurecht, die damalige staatliche Förderung genossenschaftlichen Wohnens oder die in Unternehmen ausgelagerte Erschließungen von Siedlungsräumen zur Erweiterung der Städte (Parzellierung und Vermarktung von Bauland durch Terraingesellschaften; Versorgung mit Wasser, Strom und Gas; Nahverkehr): Public Private Partnership ist kein wirklich neuer Ansatz. Mögen heutige Wohnungsunternehmen auch marktwirtschaftlich aufgestellt sein, die Verbindungen zu Staat und Rechtspflege sind in Deutschland vom Beginn der Moderne bis heute immer stärker geworden. Dies ist letztlich auch notwendig, denn kein Funktionssystem kann sich hinreichend selbst begrenzend steuern; es neigt zur Expansion durch Differenzierung und regelt sich nur über die Schnittmengen zu anderen Sozialsystemen.
Das ist bei der Bearbeitung von Streitfällen zu beachten, wie noch gezeigt wird. Schon die skizzierten Größenordnungen lassen es verständlich erscheinen, dass Streitigkeiten in Wohnungsbeständen nicht vermeidbar sind. Sie geschehen heute in zwei Maßstäben: So gibt es seit jeher »kleine«, alltägliche Streitigkeiten mit überwiegender Nahwirkung zwischen
  • Mietparteien im Wohnungsbestand,
  • Wohnungsunternehmen/Hausverwaltungen und Mietparteien,
  • Mietparteien und Beteiligten im weiteren Wohnumfeld,
  • Beschäftigten eines Wohnungsunternehmens oder auch
  • Wohnungsunternehmen und Dienstleistern (Bau, Handwerk, Gebäudereinigung).
Solche Fälle entfalten über die Rechtsprechung oder Gesetzgebung eine sachlich begrenzte Fernwirkung, zumal wenn es um verbreitete Streitgegenstände geht (Stichworte: Lärmbelästigung, Schäden an der Mietsache, Instandsetzung, Mieterhöhungen, Nebenkosten, …). Doch zunehmend wirken in Siedlungsräumen Spannungsfelder, die schon von Anfang an Fernwirkung haben: Der Wandel deutscher Städte beeinflusst alle Lebensbereiche der Bevölkerung. Streitträchtig sind dabei insbesondere
  • Übernachfragen in örtlichen Wohnungsmärkten, verbunden mit Mietsteigerungen, die zum Bevölkerungswandel beitragen,
  • Konzentrationsprozesse in der Wohnungswirtschaft (Aufkauf von Wohnungsbeständen durch bundesweit tätige, teils börsennotierte Wohnungsunternehmen),
  • Nachverdichtungen von Siedlungsräumen, mitunter begleitet durch umfassende Sanierungsmaßnahmen an Bestandsbauten,
  • Neuordnungen und Umwandlungen von Gewerbe- und Verkehrsflächen (auch Umwidmung von Kleingartenanlagen), ggf. mit weiträumigen Erschließungen, oder die
  • Ansiedlung von Unternehmen und Schaffung neuer Verkehrswege.
Nun obliegt es Unternehmen der Wohnungswirtschaft im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht, der Fürsorgepflicht und der Vertragserfüllung, die Mietsache in einem vertragsgemäßen und nutzungsfähigen Zustand zu erhalten und überdies ihre jeweiligen wirtschaftlichen Ziele zu erfüllen. Streitaufkommen und Störungen im Tagesgeschäft laufen dem zuwider und müssen daher mit sinnvollen Mitteln behoben werden. Das führt nicht selten an die Grenzen der wohnungswirtschaftlichen Zuständigkeiten – einerseits wenn es um die Privatsphären von Mietern geht, andererseits um die genannten Entwicklungen, die ganze Siedlungsgebiete betreffen. Frühzeitiges und geplantes Vorgehen ist angezeigt.
In den letzten 20–30 Jahren wurden in Deutschland verschiedene Anwendungsbereiche für Mediation erschlossen; von einem Trend, den es mitzumachen gilt, kann also nicht mehr gesprochen werden. Zahlreiche Wohnungsunternehmen haben Verfahren zur einvernehmlichen Streitbeilegung erprobt. Langfristig sinnvoll sind diese nur mit klaren betrieblichen und unternehmerischen Zielen wie
  • dem Erarbeiten einer sachgerechten, umsetzbaren und rechtssicheren Lösung für den einzelnen Streitfall, damit der Verbesserung des nachbarschaftlichen Miteinander (Stichwort: Hausfrieden),
  • dem Aufrechterhalten von Mietverhältnissen, um streitbedingtem Leerstand und Mietausfall vorzubeugen (was im Einzelfall nicht die Kündigung eines Vertrags oder ein neues Wohnungsangebot ausschließt),
  • der Befriedung insbesondere mehrfachbelasteter Wohnlagen (somit auch eine Minderung von Vandalismus oder Fluktuation),
  • dem Entlasten der Bestandsbetreuung als Teil eines Qualitätskonzepts (Ausnutzung von Zeit- und Kostenvorteilen gegenüber gerichtlichen Verfahren, Schaffung von Prozessroutinen für ähnliche Fälle),
  • dem Sichern einer langfristigen Bestandsentwicklung, damit auch der Förderung einer guten Außenwirkung des Unternehmens.
Nachfolgend wird beschrieben, welche Streitfälle für eine einvernehmliche Einigung geeignet sind, wie Verhandlungen geführt werden können, wie Rahmenbedingungen zu wählen sind und welche Rechtsgrundlagen gelten. Es wird jedoch auch gezeigt, wann Vermittlungsversuche nicht sinnvoll erscheinen. Die beschriebenen Verfahrensweisen gelten im Übrigen für »kleine« und »große« Streitfälle.

1.2 Entwicklungen in Siedlungsräumen

Oswald Spengler erwies sich mit seinem grundlegenden Werk »Untergang des Abendlandes« vor über 100 Jahren in vielerlei Hinsicht als weitsichtig (Spengler 2007/1923: 675): »Ich sehe – lange nach 2000 – Stadtanlagen für 10 bis 20 Millionen Menschen, die sich über weite Landschaften verteilen, mit Bauten, gegen welche die größten der Gegenwart zwergenhaft wirken, und mit Verkehrsgedanken, die uns heute als Wahnsinn erscheinen würden.«
2050 werden nach Berechnungen der UNO wohl 9–10 Milliarden Menschen auf der Erde leben – zu zwei Dritteln in städtischen Siedlungsräumen. Der Zuwachs geschieht zwar überwiegend in Asien und Afrika, betrifft Europa und damit Deutschland jedoch schon heute; Stichworte wie Ressourcenkonkurrenz, Nachhaltigkeit, Zuwanderung oder die Verschiebung weltweiter Machtverhältnisse bestimmen bereits die öffentlichen Debatten. Die spannungsreiche Entwicklung einer Weltgesellschaft lässt sich durch das Begriffsfeld der Globalisierung nicht allein beschreiben. Eines der wichtigen Merkmale ist die Verstädterung (Urbanisierung) von Siedlungsräumen und Lebensweisen, die wiederum mehrere Entwicklungen umfasst: Ländliche Gegenden werden zugunsten wachsender Großstädte und Ballungsräume »ausgedünnt« (Konzentration); in diesen werden Wohnungen stark nachgefragt, während auf dem Lande Leerstand verbreitet ist. Gleichzeitig übersetzen sich in den verdichteten Siedlungsräumen die Lebenslagen in Wohnlagen; dies führt zur Entmischung der Bevölkerung (Segregation) anhand von Merkmalen wie Einkommen/Vermögen, Erwerbstätigkeit, Herkunft oder Alter. Ohnehin verändert sich die Bevölkerung durch Geburten und Todesfälle oder Zu- und Abwanderung: Eine Stadt wandelt sich etwa alle 15–20 Jahre grundlegend, wirtschaftliche Umbrüche wirken beschleunigend. In Deutschland herrscht eine vergleichsweise stabile Rechtsordnung, die auch unter diesen Umständen noch eine weitgehende Befriedung der Verhältnisse sichert.
Nun sind gesellschaftliche Verhältnisse nicht mit einfachen Einteilungen (»Ober-«, »Mittel-«, »Unterschicht«) erklärbar, doch bewirken die skizzierten Entwicklungen eine Segmentierung der Siedlungsräume und damit der Wohnungsmärkte: »Gute«, »mittlere« und »einfache« Wohnlagen scheiden sich voneinander; »was« oder »wer« man ist, zeigt man auch damit, »wo« man ist. Eine oft freiwillige Selbstabgrenzung der höherwertigen Wohnlagen, die Veränderungen des Arbeitsmarktes und die örtliche Knappheit von Wohnraum bewirken, dass Menschen in schwierigen Lebenslagen, deren Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Lebensgestaltung ohnehin eingeschränkt sind, sich mancherorts in belasteten Wohnlagen sammeln. Doch gibt es »die Armen« oder »die Arbeitslosen« ebenso wenig wie »die Benachteiligten« oder »die Bedürftigen«. Betroffen sind viele Menschen, aber nicht gleichermaßen, gleichzeitig oder gleichenorts. Neben denen, die sich gestaltend einbringen können und wollen, gibt es die – zufriedene oder entmutigte? – »schweigende« Mehrheit. Gerade städtisches Leben wird nicht durch einen »Gesellschaftsvertrag« geformt, sondern durch wechselnde Machtverhältnisse, gute Gelegenheiten, Zufälle und Trends. Es ist eine Wechselbeziehung vieler Einzelner, die sich in verschiedenen, immer wieder überlagerten Lebensverhältnissen zusammenfinden und deren Gesamtheit ein nur bedingt beherrschbares Gemeinwesen bildet. Für die Wohnungs- und Grundstückswirtschaft ist all dies nicht neu.
Verschiedene Gruppen der Bevölkerung haben bekanntlich verschiedene Bedürfnisse hinsichtlich der Wohnverhältnisse (städtisch, grün, ruhig, verkehrsgünstig, billig, komfortabel, …) oder auch des Umfelds (Einkaufsgelegenheiten, Erwerbsmöglichkeiten, Sicherheitsempfinden, …). Vor dem Hintergrund der jeweiligen Wirtschaftslage ergeben sich Markt- und Preisentwicklungen. Jede Gruppe bedarf annähernd passgenauer Angebote, deren Verfügbarkeit aber nicht zuletzt von der Kaufkraft und der Planungssicherheit in den Lebensverhältnissen abhängig ist. Dabei können große Wohnungsunternehmen eher Verluste aus den einen mit Gewinnen aus den anderen Lagen ausgleichen, auch zusätzlich Leistungen der Bestandsentwicklung erproben, während kleine Hausverwaltungen und einzelne Eigentümer mit den Verhältnissen irgendwie klarkommen müssen.
Aufgrund der Ansammlung »benachteiligter Gruppen in benachteiligten Gebieten durch freiwillige Umzugsentscheidungen derer, die Wahlmöglichkeiten haben« vollzogen sich über Jahrzehnte auch schwierige Entwicklungen (Häußermann u. a. 2008); es entstanden »überforderte Nachbarschaften«. Oft veranlasste die Zunahme geringverdienender oder als nachteilig wahrgenommener Bevölkerungsgruppen die noch Leistungsfähigen zum Wegzug, während andere durch die Außenwirkung der Gegenden vom Zuzug abgehalten werden. Nun ist all dies immer Sache der Einschätzung – Quartiere kann man schlechtreden; so werden aus benachteiligten Siedlungsgebieten bald benachteiligende. Streitbeilegung kann hier nur lindern, da gesel...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Streitfälle in Wohnungsbeständen
  7. 3 Grundlagen der Streitbeilegung
  8. 4 Vermittlung in Streitfällen
  9. 5 Einbindung in das Tagesgeschäft
  10. 6 Anhang
  11. Quellen/Literatur
  12. Stichwortverzeichnis
  13. Danksagung
  14. Der Autor
  15. Arbeitshilfen Online