Achtsame Führung
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Achtsame Führung

Schlüsselelemente für das Management im 21. Jahrhundert

  1. 225 Seiten
  2. German
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Achtsame Führung

Schlüsselelemente für das Management im 21. Jahrhundert

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Unternehmenswelt hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Waren bereits die Generationen Y und Z kritisch gegenüber traditionellen hierarchischen Modellen, so hat die Covid 19 - Krise die Interaktion zwischen dem Management und den Mitarbeitenden noch einmal dramatisch verändert. Führung, die menschliche Orientierung, Empathie und Vertrauen aufbringt, wird sich in diesem Säkulum auf breiter Front durchsetzen.Doch was bedeutet das für die Qualifikationen des Managements? Was bedeutet achtsame Führung, und vor allem gibt es Unterschiede achtsamen Führens in den verschiedenen kulturellen Kontexten, in denen Führung stattfindet? Das Buch umfasst Geschichte, aktuelle Führungsherausforderungen und zukünftige Managementperspektiven und lädt dazu ein, Modelle bewährter Praktiken in das tägliche Arbeitsleben umzusetzen.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783791051031

1 Einleitung: Schlüsselelemente der Führung im 21. Jahrhundert

Volker Schulte, Christoph Steinebach & Klaske Veth

1.1 Digitalisierung unter den Bedingungen von Covid-19

Die Unternehmenswelt hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Waren bereits die Generationen Y und Z kritisch gegenüber traditionellen hierarchischen Modellen, so hat die Covid-19-Krise die Interaktion zwischen dem Management und den Mitarbeitenden noch einmal dramatisch verändert. In einer von den Herausgebern und Autoren dieses Buches publizierten Studie (Schulte et al., 2020) während der ersten Welle der Pandemie im April 2020 wurde nach den Voraussetzungen von Wohlbefinden im Homeoffice gefragt. Dabei zeigte sich, dass gute Führung der ausschlaggebende Faktor für ein sicheres und motivierendes Arbeiten zu Hause darstellt. Diese war wesentlich wichtiger als die Arbeitsbedingungen in den eigenen vier Wänden. Führung, die menschliche Orientierung, Empathie und Vertrauen aufbringt, wird sich in diesem Säkulum auf breiter Front durchsetzen.
In unseren konsumentenzentrierten Digitalgesellschaften vollziehen sich seit Jahren riesige Produktivitätsschritte. Repetitive Dienstleistungen sowohl bei Front- wie auch Backoffices können mittels Automatisierung wegrationalisiert werden. Mittels Algorithmen und schnellen Datenanalysen werden Unternehmensentscheidungen zunehmend von tieferen Hierarchien in immer rascherer Abfolge getroffen. Ganze Hierarchieebenen werden damit überflüssig. Welchen Sinn macht es noch, die nächste Hierarchiestufe von der Notwendigkeit einer Akquise oder Entwicklungsinvestition zu überzeugen, wenn der Projektleitende es besser weiß und kann als der Chef? Der Fokus auf selbstbestimmtes Projektmanagement schafft neue autonome Arbeitseinheiten, sich selbst organisierende Teams, in denen jede/r einzelne Mitarbeitende mehr Verantwortung trägt und einsetzt. Dieser weltweite Druck provoziert ein neues achtsames Miteinander in den Unternehmen.
Die wachsende Komplexität der Arbeitswelt lässt sich mit herkömmlichen Kontrollinstrumenten nicht mehr steuern. Ehemalige Lebenswelten, die Sicherheit und langfristige stabile Verhältnisse boten, sind einer gesellschaftlichen Fragmentierung gewichen. Oswald von Nell-Breuning nannte diese Entwicklung »Ent-Naivisierung« (Nell-Breuning, 1984, S. 27). Hingegen steigt das Bedürfnis der Mitarbeitenden wie des Managements, die eigenen Kompetenzen hinsichtlich Führung und Selbstführung zu verbessern. Wurden bisher über Weiterbildungs- wie auch über Gesundheitsmanagementprogramme vor allem die funktional- und effizienzorientierte Seite von Führung und die Aneignung von Soft Skills angesprochen, so führt der neue Fokus auf die empathische, wertschätzende Kommunikation als Teil achtsamer Führung in eine neue Dimension des menschlichen Miteinanders.
Doch was bedeutet das nun für die Qualifikationen des Managements? Was bedeutet achtsame Führung und vor allem, gibt es Unterschiede achtsamen Führens in den verschiedenen kulturellen Kontexten, in denen sie stattfindet? Hier möchte dieses Buch erste Antworten geben. Die hier zusammengetragenen Ergebnisse beruhen unter anderem auf einem Forschungsprojekt, welche die Autoren Aeschbacher, Langer, Schulte und Steinebach während des Jahreswechsels 2019/2020 in Chile erarbeitet hatten.
In diesem einleitenden Kapitel werden wir die folgenden Fragen besprechen: Warum verlangen die Menschen eine achtsame Führung, was sind ihre Voraussetzungen? Wie kann man achtsame Führung erlernen und anwenden? Welche Organisationskulturen sind notwendig, um achtsame Führung im System zu verankern? Wie kann achtsame Führung definiert werden? Schließlich werden die einzelnen Beiträge der Autorinnen und Autoren vorgestellt und mit dem Imperativ der Authentizität kontextualisiert.

1.2 Sinngebende Arbeit, sinngebendes Leben

Wir finden in den westlich geprägten Gesellschaften – und hier schließen wir die süd- und ostasiatischen Gesellschaften kapitalistischer und kryptokapitalistischer Prägung mit ein – eine Ambivalenz von unterschiedlichen Haltungen und Verhalten. Während wir in den sozialen Netzwerken eine omnipräsente Selbstkultivierungsindustrie vorfinden, die sich von Selbstdarstellungsclips, einer Frivolitätskultur und einer gewissen Infantilisierung nährt, suchen nun die jüngeren und mittleren Generationen in der Arbeitswelt und im Privatleben das Wiederentdecken eines geistigen und seelischen Kompasses, welcher auf Wiederentdeckung des Lebenssinns abzielt. Der Mensch stellt sich die Sinnfrage. Die Bandbreite der Angebote ist vielfältig. Es findet sich für alle Belange und religiöse wie areligiöse Einstellungen das passende Angebot. Die Intentionen für die Bereitschaft, einen Achtsamkeits-Weiterbildungskurs zu besuchen, ist die Suche nach dem Sinn des Lebens überhaupt, in welchem der Suchende doch meistens schon einiges erreicht hat. Es stellt sich die Sinnfrage, was uns wirklich glücklich macht und was das Essenzielle im Leben ist. Fast zwangsläufig gesellt sich dazu auch die Suche nach dem Leben überhaupt, nach Fragen der Transzendenz und des ethischen Umgangs untereinander und mit unserer Schöpfung. Gerade in der zweiten Lebenshälfte wird vielen bewusst, dass mit dem Slogan immer mehr und immer abwechslungsreicher der Grenznutzen dessen, was noch sinnstiftend ist, relativ bald erreicht ist. Mit anderen Worten, wir erkennen zunehmend, dass wir in der Gesellschaft einen Weg der Entdisziplinierung gehen, einmal uns selbst gegenüber, dann aber auch im mangelnden Dienst an unserem Nächsten. Durch die Bewusstwerdung unserer einseitigen Altruismusbilanzen erkennen wir die Notwendigkeit, in Zukunft wieder stärker Zivilisierungsaufgaben uns selbst und der Gesellschaft gegenüber wahrzunehmen. Die vorherrschende und intuitiv abgelehnte Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid der anderen treibt uns mit zunehmender Reife in Selbstfindungsprozesse, die sich aus einer Schnittmenge aus Achtsamkeit und Sozialität zusammensetzen.
Was bewegt Menschen, sich in den Kosmos eines achtsamen Lebens zu begeben? Welche Voraussetzungen und Sensibilisierungsschritte sind nötig, um diesen Schritt zu tun? Achtsamkeit zwingt uns zu allererst dazu, tief in die Selbstreflexion einzusteigen. Der Mensch befindet sich dabei immer im Spannungsverhältnis zu dem, was er sein will, und dem, wie er ist, oder um es mit Ödön von Horváth auszudrücken: »Ich bin eigentlich ein ganz anderer, ich komme nur so selten dazu« (Horváth, 1978, S. 67). Ein unstrebsamer Mensch wird die Unvollkommenheit und Beschränkungen anderer kritisieren, obwohl ihm selbst die Neigung, der gute Wille und die Fähigkeit fehlen, seine eigenen Unvollkommenheiten und Beschränkungen einzugestehen.
Häufig sind wir in dem Alter zwischen Mitte dreißig und fünfzig stark mit dem Organisieren unserer Karriere und mit dem Bereitstellen von allem Notwendigen für die Familie und unsere Nächsten beschäftigt. Was unsere geistig-seelische Entwicklung anbelangt, sind wir nachlässig, die Prioritäten sind anders gesetzt. Hier entwickeln sich nun existenzielle Sinnfragen: Soll das nun schon alles gewesen sein? Soll ich so weitermachen, ohne die Jahre, die kommen und gehen, auseinanderhalten zu können? Wie soll der Rest meines Lebens aussehen? Soll es nach demselben Muster weitergehen wie bisher? Wir entwickeln hier Ambitionen der Selbstverwirklichung mit dem Ziel der achtsamen Selbstführung. Da biografische Festlegungen beruflicher und partnerschaftlicher Art nun verstärkt hervortreten, können sie – je nach Persönlichkeit und Lebenssituation – als Anreiz zur Veränderung empfunden werden. Etwaige in der Aufbauphase des jungen Erwachsenenalters unterdrückte Aspekte des Selbst werden zunehmend manifest und stellen für viele eine Herausforderung dar. Auf jeden Fall fordert nicht zuletzt die Tatsache, dass wir eine auf Nachhaltigkeit basierende Lebensperspektive suchen, uns dazu auf, Möglichkeiten der Neuorientierung in verschiedenen Lebensbereichen auszuloten.
Viele Menschen im Erwachsenenalter befinden sich in einer scheinbar paradoxen Situation: Einerseits haben sie viele Optionen, nur wissen sie nicht mehr, was wirklich sinnstiftend ist – sie haben den inneren Kompass verloren. Anderseits fühlen sich dieselben Menschen in dermaßen vielen Zwängen und Verantwortlichkeiten gefangen, dass sie entweder langsam ausbrennen, still vor sich hin leiden, in alten Rollen ängstlich verharren oder aber abrupt ausbrechen. Oft kommen Ereignisse, gerade auch im Beziehungsbereich, gänzlich unerwartet und stellen alles Bisherige infrage. Hiermit sind auch schmerzliche Erlebnisse des Kontrollverlustes, Unsicherheiten in der Neuorientierung und Schuldgefühle verbunden. Ob daraus eine Lebenskrise entsteht und wie gut man diese übersteht, ist primär von den verfügbaren persönlichen Ressourcen und Resilienzfaktoren abhängig, wie etwa Persönlichkeit, Bildung, Partnerschaft, soziale Einbettung oder Gesundheit. Unabhängig davon, wie krisenhaft diese Umbruchphase erlebt wird, gemeinsam ist allen Betroffenen die Suche nach dem Lebenssinn bzw. die Neudefinition desselben. Es ist ein primär nach innen gerichteter Prozess, um nicht gestillte schlummernde Bedürfnisse ans Licht zu bringen.
Diese neue Perspektive vollzieht sich parallel zur erwähnten Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Lebensentwürfen bzw. ist von ihr bestimmt. Für den Arbeitskontext bedeutet dies, dass die Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit und Wertschätzung in den Arbeitsinhalten und im beruflichen Miteinander quer über alle Hierarchien suchen. Nicht der soziale Status des Vorgesetzten bestimmt seine Akzeptanz durch die Mitarbeitenden, sondern seine sozialen und achtsamkeitsorientierten Führungskompetenzen.

1.3 Achtsamkeit als neue mentale Grundkonstante gelingenden Lebens

Achtsamkeit ist ein Phänomen kollektiver Genetik, denn alle Kulturen und Religionen haben Techniken entwickelt, mit denen Achtsamkeit gepflegt, geübt und stabilisiert werden kann. Achtsamkeit ist Ausgangspunkt für den bewussten Umgang mit dem eigenen Bewusstsein in allen Lebensbezügen. Die westliche Forschung zur Achtsamkeit ist relativ jung. Seit der letzten Jahrtausendwende hat die Literatur zum Thema indes sprunghaft zugenommen. Im Jahre 2005 gab es zum Thema und zu seinen klinischen Anwendungen ca. 100 Publikationen. Zehn Jahre später sind es bereits über 1.500. Es existiert sogar eine wissenschaftliche Fachzeitschrift mit dem Namen Mindfulness (Kabat-Zinn, 2013, S. 23).
Die Wurzeln des Konzeptes sind jedoch sehr alt und gehen auf die kontemplativen Traditionen des Ostens zurück. Damit ist auch gleich gesagt, dass sich Achtsamkeit von Kontemplation nicht trennen lässt, obschon es viele säkulare Ansätze gibt, die auf Achtsamkeit aufbauen. Gerade im Buddhismus wurden spezifische Methoden der Achtsamkeitspraxis als Fundament der Meditation systematisch eingeübt und gepflegt. Achtsamkeit gilt dabei als Schlüsselparameter auf dem Weg zur Überwindung von Leiden und Tod.
Achtsamkeit lernt man nicht über einen kognitiven Prozess, sondern nur durch meditative und kontemplative Übungen. Diese können in den westlichen Gesellschaften praktisch flächendeckend angebotenen MBSR- und Achtsamkeitskursen eingeübt werden. Achtsamkeit ist eine geistige Grundeinstellung, eine Haltung, die maßgeblich dazu beiträgt, die geistigen Fähigkeiten zu stärken.
Die Schlüsselparameter einer achtsamen Haltung sind:
  • eine größtmögliche Bewusstheit und Aufmerksamkeit, Klarheit und Einsichtsfähigkeit;
  • die Förderung einer geistigen Sammlung und Ruhe;
  • die Konzentration auf das, was jetzt ist. Das Gegenwärtige bewusst erleben;
  • die Achtung des anderen als zentrale ethische Maxime. Sie fordert zum einfühlsamen und maßvollen Umgang mit anderen auf und leitet zum gewissenhaften Handeln an;
  • das harmonische Zusammenwirken von Körper, Geist und Seele;
  • die Vision des Ganzseins und der allseitigen Verbundenheit.
Weitere wichtige Merkmale der persönlichen Einstellung sind folgende:
  • Ich nehme nicht wertend wahr. Ich stelle meine Bewertungen zurück, lasse meine Vorurteile los, bin nicht voreingenommen und verurteile nicht.
  • Ich übe mich in Mäßigung.
  • Ich rede zur rechten Zeit, übe mich in weiser Zurückhaltung und im enthaltsamen Schweigen.
  • Ich übe mich in Gelassenheit. Somit verliere ich nicht die Übersicht in kritischen Situationen.

1.4 Achtsamkeitskulturen in Unternehmen aufbauen

Die zunehmende Bedeutung eines neuen Achtsamkeitstrends wird nun auch von der Wirtschaft aufgenommen. Am besten zeigt sich dieser Sinneswandel darin, dass Unternehmen das Thema Achtsamkeit systematisch in ihren Kontext und ihre Kultur inkorporieren. Das Großunternehmen Google hat ein Programm eingeführt, »Search Inside Yourself«, das auf ein achtsamkeitsbasiertes Konzept zur Förderung emotionaler Intelligenz beruht (Siyli, 2020). Grundlage des Programms sind sieben meditative Prinzipien, welche darauf abzielen, eine bewusste, fokussierte und empathische Lebenshaltung einzuüben und beizubehalten. Unterdessen wird das Programm auch von vielen anderen Firmen eingesetzt und adaptiert. Das übergeordnete Ziel ist, das Wohlbefinden jedes Einzelnen zu verbessern und damit auch die Zufriedenheit und Motivation zu erhöhen, was automatisch mit einer geringeren Fluktuation, weniger Absenzen und einer verbesserten Produktivität einhergeht. Generell kann man hier von einer Win-win-Situation sprechen, weil die Lebensqualität mit betriebswirtschaftlichen Zielen in Einklang gebracht werden kann. Doch was kann sich konkret verbessern?
  • Eine achtsame Unternehmenskultur legt auf eine verstärkte Teamresilienz Wert. Als Teamresilienz wird die Fähigkeit eines Teams bezeichnet, kritische Situationen gemeinsam erfolgreich zu bewältigen. Auch unter Druck schafft ein solches Team speditivere lösungsorientierte Ansätze.
  • Teamresilienz zeichnet sich durch eine ausgeprägte Bereitschaft zum Lernen aus. Diese Lernkultur entsteht durch offene Kommunikation, die Bereitschaft, auch über Fehler und Schwächen zu sprechen und diese gemeinsam anzugehen.
  • Der Fokus liegt auf positiven Beziehungen innerhalb des Teams, die auf einem großen Empathiebedürfnis beruhen.
  • Resiliente Teams sind fähig, pragmatisch und flexibel zu sein. Sie sind fähig, zu improvisieren und die vorhandenen Ressourcen zur Problembewältigung einzusetzen.
Das Gleiche gilt für die Organisation oder das Unternehmen als Ganzes. Resiliente Organisationen sind in der Lage, mit plötzlichen Änderungen oder dauerhaftem Wandel besser umzugehen als hierarchisch und autoritär geführte. Mitarbeitende, Teams und Führungskräfte haben eine ausgeprägte »Unité de doctrine«. Der Team- und gemeinsame Unternehmergeist ist nicht nur Bestandteil eines nicht gelesenen Mission-Statements, sondern die Organisation wird als ein organisches Ganzes angesehen, in welchem jede beteiligte Person ein hohes Ansehen und höchste Wertschätzung genießt. Dieses Wertesystem bietet die Basis für das Meistern schwieriger Unternehmensphasen.

1.5 Achtsame Führung

Was heißt dies nun für die Führung? Wie kann man heute die Mitarbeitenden mental abholen, motivieren und möglichst produktiv einbinden? Die Aufgabe des zukünftigen Führungspersonals ist es, die Mitarbeitenden zu befähigen, aufgrund eigener Kompetenzen ihre Ziele zu erreichen und dabei ihre Tätigkeiten erfolgreich selbstständig ausführen zu können. Ein Mensch, der daran glaubt, selbst etwas bewirken zu können, ist in höchstem Maße motiviert, selbstsicher und damit produktiv. Und dies auch, wenn Überforderung droht. Es bedeutet für die Führung, den technologischen Wandel als Gefahr ernst zu nehmen und zugleich mit Zuversicht alle verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren. Um in dieser Spannung authentisch und souverän zu bleiben, ist Achtsamkeit unverzichtbar. »Achtsame Führung« steht für eine Führungspraxis, die auf Einfühlung, Großzügigkeit und Empowerment setzt und so Wohlbefinden, Selbstwirksamkeit und Resilienz auch unter hoher Belastung fördert. Der Oberbegriff für diese Faktoren wird mit »anteilnehmender Führung« oder »Compassionate Leadership« beschrieben. Damit wird ein Anspruch formuliert, der sich an die Mitarbeitenden, wie auch an die Führungskräfte richtet. Schließlich geht es um »Compassion« und »Self-Compassion«: Wertschätzung und sorgende Zuwendung für die, die mir anvertraut sind. Es geht aber auch darum, für sich selbst Sorge zu tragen. Jegliche Führungsausbildung muss heute auf diese Faktoren ausgerichtet sein, um überhaupt zeit- und systemgerecht Personal und Prozesse steuern zu können. Kompetente Handlungen und nachhaltige Interventionen ergeben sich aus einer achtsamen Haltung. Mit anderen Worten, nicht spezielle Führungstechniken stehen im Vordergrund, sondern ressourcenorientierte Einstellungen gegenüber kompetenten selbstbestimmten Individuen. Achtsame Führung fördert die kollektive Erkenntnis, dass die Menschen untereinander verbunden sind. Sie fördert ein unterstützendes, bisweilen karitatives Verhältnis zwischen Führungsperson und Mitarbeitenden. Wichtig sind in der Führung auch Eigenschaften, die bei der Selbstführung beginnen. Selbstführung setzt einen kritischen Umgang mit der eigenen Per...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. 1 Einleitung: Schlüsselelemente der Führung im 21. Jahrhundert
  6. Teil 1: Grundlagen der achtsamen Führung: Philosophie, Geschichte und Kulturation
  7. Teil 2: Transfer von der Theorie zur Praxis
  8. Stichwortverzeichnis
  9. Die Herausgeber und Autoren