Nachtschatten
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Nachtschatten

  1. 384 Seiten
  2. German
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Nachtschatten

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die verwaiste und verarmte Margret von Uttenhofen lebt bei ihrem Onkel, dem Professor von Uttenhofen, aber bald wird Margret Opfer eines Rufmords und muss die Kleinstadt RĂŒgenfurt verlassen. Sie lĂ€sst sich als Diakonisse ausbilden und wird aufopferungsvolle Pflegerin der sterbenskranken Baronin von ThĂŒngen. Doch inzwischen kommt die Nichte der Baronin, GrĂ€fin JoriĂšde ins Haus, die partout auf Triberg Schlossherrin werden möchte und sich die Zeit mit einem jungen Verwalter vertreibt. Als der Sohn der Baronin, Maurus von ThĂŒngen, wieder nach Hause kommt, werden die Karten neu gemischt. JoriĂšde will ihn erobern, wĂ€hrend Maurus sich zu Margret hingezogen fĂŒhlt. JoriĂšde jedoch fasst einen teuflischen Plan: Als die Baronin ĂŒberraschend stirbt, stellt sie die Pflegerin Margret als Mörderin hin. Margret ergreift voller Angst die Flucht...-

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Information

Jahr
2016
ISBN
9788711472781

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Man befand sich auf einer Tour durch das nördliche Preussen; die Sommersonne glĂŒhte, die Maringotte holperte ĂŒber die schlechten, ausgefahrenen Strassen dem StĂ€dtchen Trinowo entgegen.
Violetta Pitesti hatte trotzig die Arme ĂŒber der Brust gekreuzt, ihr Blick brannte auf dem kalten, schönen, erbitterten Gesicht Salvatores.
„Liebe mich! Heirate mich! Und ich verspreche dir, es soll bald alles wieder so sein, wie ehemals!“
Der Italiener lachte scharf auf: „Dich lieben, dich Teufelsweib heiraten, Solana, du Giftige? Eh leg’ ich mich in das Grab!“
„Ist das dein letztes Wort?“ —
„Mein allerletztes! Und wenn du in Trinowo wieder so erbĂ€rmlich singst, nehme ich die Hundepeitsche und jage dich davon!“ —
„Weisst du, dass in L., zwei Bahnstationen hinter Trinowo, das Quartett des Regrino singt?“ stiess Solana beinahe zischend durch die ZĂ€hne.
Salvatore zuckte spöttisch die Achseln.
„Willst du zu ihm zurĂŒck, so gehe!“
Sie hob die Faust und schĂŒttelte sie voll rasender Leidenschaft dicht vor seinen Augen.
„Wenn ich gehe, so tue ich es nicht, ohne zuvor Rache an dir zu nehmen! Treibe mich nicht zum Ă€ussersten, du weisst, dass Liebe, die in Hass umschlĂ€gt, keine Schonung kennt!“
Er lachte und versenkte die HĂ€nde in die Taschen. „Deine Drohungen sind lĂ€cherlich. Ich liebe dich nicht, und ich opfere meine Freiheit nicht um eines guten GeschĂ€ftes willen. Du bist ein Satan, eine Teufelin, Gott bewahre mich vor dir! Was liefst du mir nach und hĂ€ngst dich an mich? Ich rief dich nicht!“ —
Und die wilde, tolle, krankhafte Liebe des schwarzen Weibes schlug in fanatischen Hass um.
Ein Gewitter zog auf, — die Maringotte hielt auf der Chaussee im Schutz mĂ€chtiger BĂ€ume, die einen herrschaftlichen Park bestanden. Zu Schloss Triberg gehörte er. Seitlich schimmerte ein kleiner See. —
Maurus atmete tief auf. Jetzt kam es! Er las nun wörtlich:
„Es ist eine schwĂŒle Nacht. Die heisse, stickige Luft in dem engen Wanderwagen wird unertrĂ€glich.
Wir lagern unter den BÀumen im Moos, Solana, Giuseppe, meine Schwester Ninetta und die blonde, kleine Lola, das freundlich-milde Kind, dessen silberhelle Stimme, so schön zu Giuseppes Harfe klingt.
Sie ist ein zartes, trÀumerisches Wesen, kaum den Kinderschuhen entwachsen; ihre Mutter, eine blutarme Witwe, gab sie mir mit.
Ich mag sie gut leiden, sie ist nie frech und nie gemein, sie errötet noch, wenn man sie kĂŒsst. Und ich kĂŒsse sie gern, nicht aus Liebe, nur aus Freude an ihrem samtweichen Kindergesicht. Auch jetzt lege ich den Arm um sie und streichle ihr langes Flachshaar, — blonde Weiber entzĂŒckten mich seit je, und ich spreche das aus, als Ninetta mit ihr schlafen gegangen ist.
Solana bebte vor Eifersucht und Hass.
Sie sagt scharfe Worte, die ich mit Hohn zurĂŒckgebe. Sie reizt mich zum Zorn, — ich bin dieser ewigen Szenen mĂŒde und erklĂ€re ihr, dass sich unsere Wege von Trinowo an trennen wĂŒrden. Ich stelle ihr frei, zu Regrino zurĂŒckzukehren, — ich jage sie davon.
Da richtet sie sich auf. Ihre schwarzen Augen glĂŒhen, ihr Atem keucht.
‚Gut; du jagst mich davon und ich gehe. Aber zuvor lies. Es ist die Abschrift eines Briefes, den ich vor drei Tagen an Regrino, deinen erbittertsten Feind, dem du die Geliebte genommen hast, geschrieben. Du weisst nun, welches meine Rache sein wird!‘ Sie springt in den Wagen, wir hören sie darin wĂŒst und heftig lĂ€rmen.
Ich aber lese die Abschrift ihres Briefes.
LĂŒgen! Himmelschreiende LĂŒgen.
‚Regrino!‘ schreibt sie, ‚höre den Todesschrei eines todunglĂŒcklichen Weibes, Deiner Violetta, die Du liebtest, und die Dich liebte! Der Teufel Salvatore betörte mich, — ich folgte ihm, es war mehr ein Raub, wie eine Flucht. Nun bin ich elend. Der Furchtbare verfolgt mich mit seiner Liebe, er hĂ€lt mich schlimmer wie eine Gefangene, er vereitelt meine RĂŒckkehr zu Dir, den ich noch immer liebe! Ja, er steht mir sogar nach dem Leben. Schon zweimal bedrohte er mich in seiner wilden Eifersucht. Ich bin ĂŒberzeugt, dass er mich töten wird, — durch Gift, oder durch einen Stoss in das Wasser. Es wird so geschehen, meine Todesangst sagt es mir, dass ich Trinowo nicht mehr erreiche; er schafft mich beiseite, ehe ich in Deine NĂ€he gelange. Du aber, Regrino, sollst mein RĂ€cher sein. Ich betone in diesem Brief ausdrĂŒcklich, dass ich mir niemals selber den Tod gebe, — bin ich eines Tages tot oder verschwunden, so ist Salvatore Stratta mein Mörder. Das Zeugnis seiner Begleiter ist falsch, — sie sind seine Kreaturen und glauben an keinen Gott, — sie beschwören eine LĂŒge, um Salvatore zu retten. — Du aber weisst durch diese Zeilen die Wahrheit, Regrino, rĂ€che mich! — Fordere sein Blut fĂŒr das meine! Ich ahne es, dass dies mein letzter Gruss an Dich ist! Deine unglĂŒckliche Violetta Pitesti. N. S. Geschrieben auf der Landstrasse bei Triberg, neben einem Teich. — O, dieses unheimliche Wasser!‘ —
Starr vor Staunen und Empörung blicke ich auf den Brief nieder.
‚Elende! Ja, ich weiss, wie du dich rĂ€chen willst! Entfliehen willst du, damit mich Regrino dem Gericht ĂŒbergeben soll!‘
Ich erhebe mich, reisse die TĂŒr zu der Maringotte auf und schĂŒttle die Faust wider die ErbĂ€rmliche.
‚Törin du, die sich selber ihren Strick drehte! Von nun ab sollst du es wahrlich haben wie eine Gefangene, — jetzt weiss ich, was deine Flucht fĂŒr mich bedeutet!‘ —
Sie trat dicht vor mich. ‚Liebe mich! Heirate mich, dann fesselst du mich fĂŒr ewig, Salvatore!‘ sagt sie leise, halb erstickt vor Erregung.
Ich muss lachen! Der Zorn lodert zu hell in mir. Ich sage ihr ein böses Wort.
Da fĂŒhle ich einen jĂ€hen Stoss gegen meine Brust. Violetta reisst mit geschicktem Griff den Brief aus meiner Hand, schleudert mich wild zurĂŒck und stĂŒrzt an mir vorĂŒber, in die Nacht hinein. Ehe ich mich von der Überraschung erholt habe, ehe ich mich wieder emporraffe, hat sie einen tĂŒchtigen Vorsprung.
Sie stĂŒrzt nach dem kleinen See.
Eine furchtbare Ahnung durchzuckt mich.
‚Giuseppe! Ihr nach!!‘ schreie ich auf und stĂŒrme wie ein Rasender hinter der Fliehenden her. Der Alte, der eingeschlafen war und emporschrickt, kann nicht so schnell folgen, auch ich bin nicht so leichtfĂŒssig, wie das wahnwitzige Weib. Vor meinen Augen steht sie auf dem schwanken Seesteg, reckt noch einmal voll wilden Hasses die Faust gegen mich und schreit ein gellendes, frohlockendes ‚Rache!‘
Dann schĂ€umt das Wasser auf — sie ist verschwunden. Ich war seit je ein guter Schwimmer, ich stĂŒrze ihr nach, — ich fasse sie auch, als sie zum letztenmal emportaucht. —
Keuchend vor Anstrengung bringe ich sie an das Land, Giuseppe, der den ganzen Vorfall nicht begreift, steht hÀnderingend und wehklagend, kaum dass er sich soweit fasst, mir bei der Rettung zu helfen.
Triefend, totenbleich und regungslos liegt Violetta vor uns in dem Grase, — fernher rollt der Donner, Blitze zĂŒngeln durch die schwarze Wolkenwand.
Wir reiben ihre HĂ€nde — ihre Arme — wir schĂŒtteln sie, — schwer und kalt sinkt sie zurĂŒck.
‚Tot! Sie ist tot, Giuseppe!‘ schreie ich voll Entsetzen auf. — ‚Nun mag Gott mir gnĂ€dig sein!‘
‚Hast du sie getötet?‘ stöhnt der Alte.
Wehe mir, dass er es fragt, dass er schlief und meine Unschuld nicht mit Augen sah!
In wirren, abgerissenen SĂ€tzen berichte ich ihm, was geschehen ist, und der Alte hebt entsetzt die HĂ€nde zum Himmel! ‚Wehe dir, Salvatore! Nun wird der Hass Regrinos dich dem Henker ĂŒberliefern, wenn er die Solana nicht mehr bei uns findet, — nun bist du verloren, und dies Weib hat in Wahrheit eine furchtbare Rache an dir genommen!‘
Wie betÀubt vor Entsetzen starre ich in das Antlitz der Toten, das mit weitaufgerissenen, nachtschwarzen Augen vor mir liegt.
Ein Herzschlag hat ihrem Leben ein Ende gemacht.
Was tun? —
Fliehen? Entfliehen?
Undenkbar, das wĂŒrde mich erst recht verdĂ€chtig machen.
Mich ohne Zeugen, ohne jeden Beweis fĂŒr meine Unschuld dem Gericht ĂŒberliefern lassen? —
Ich schaudere bei dem Gedanken an den Tod durch Henkershand, oder an ewigen Kerker. —
Was tun? —
‚Herr des Himmels! Gebenedeite Jungfrau! All ihr Heiligen helft mir! Und du, mein grosser Schutzpatron, stehe mir bei in meiner Not —! Hilfst du mir, will ich dir ein GelĂŒbde tun — —‘
Horch — was rauscht da und stĂŒrmt mit leichten Schritten herzu? —
Ein Weib oder ein Geist? —
Wir erkennen es nicht genau, — die graue Gestalt wirft sich auf die Knie, sie hebt die gefalteten HĂ€nde zum Himmel — und dann — —
Mit einem Schrei des Entsetzens stĂŒrze ich zu ihr hin, — zu spĂ€t — auch ĂŒber ihr schlĂ€gt die dunkle Flut zusammen, — aber ich stehe bereits dicht hinter ihr, ich werfe mich nach — fasse sie — Giuseppe kommt zu Hilfe — wir bergen die UnglĂŒckliche an das Land.
Sie atmet — sie lebt! —
Wer ist sie? — Eine Diakonissin? — Was trieb diese barmherzige Samariterin in den Tod?
Giuseppe stĂŒrmt davon, Ninetta zu wecken, sie soll zu Hilfe kommen und einen krĂ€ftigen, belebenden Branntwein mitbringen!
Und wĂ€hrend wir uns alle um die Bewusstlose mĂŒhen, erzĂ€hle ich der Schwester voll schaudernden Entsetzens, was sich mit Solana begeben.
Es beginnt zu regnen, wir fassen die Fremde und tragen sie in die schĂŒtzende Maringotte.
‚Wundersam!‘ flĂŒstert Ninetta, als der erste Lichtstrahl auf das schneebleiche Antlitz der Diakonissin fĂ€llt, ‚sie gleicht ein wenig der Solana! Wenn der schwarze Teufel sich recht weiss geschminkt hatte und ein mildes, friedliches Antlitz heuchelte, sah sie ihr wahrlich Ă€hnlich!‘ —
Ich sass, hielt das Gesicht verzweifelt in die HÀnde vergraben und hörte kaum, was sie sprach.
‚Jetzt schlĂ€gt sie die Augen auf! O heilige Madonna! Auch sie hat so dunkle, grosse Augen wie die Solana, nur der Ausdruck ist ganz anders!‘
Ich schaute auf.
Wahrlich, die Schwester hatte recht.
Da kam es mir in der Todesangst, just, als ich so recht inbrĂŒnstig zum heiligen Schutzpatron betete, wie ein blitzartiger Gedanke!
Rettung, ja, das wÀre Rettung!
Die Unbekannte suchte den Tod! Warum? Sie ist eine UnglĂŒckliche oder eine Verbrecherin, und beides muss sie meinem Plan geneigt machen, denn das UnglĂŒck ist mildherzig und fĂŒhlt mit fremdem Leide, und das Verbrechen ist feige und flĂŒchtet gern hinter die schĂŒtzende Maske!
Ich will kurz sein.
Mein Plan war gut, ich teile ihn Ninetta und Giuseppe mit, und beide billigten ihn, denn er war der Strohhalm, nach dem ich, der Ertrinkende, griff.
Die Fremde fiel in neue Bewusstlosigkeit, und Ninetta waltete geschickt ihres Amtes, entkleidete das junge MĂ€dchen seiner Ordenstracht und hĂŒllte sie in ein Gewand der Violetta Pitesti. Es war in der Tat eine auffallende Ähnlichkeit der ZĂŒge vorhanden, und als die Fremde mit aufgelöstem schwarzen Haar vor uns lag, die Wangen von aufsteigendem Fieber gerötet, da war es nur die weisse Hautfarbe und der zarte, keusche, liebliche Ausdruck des Gesichtes, die irrefĂŒhren konnten.
Aber auch auf diesen hatte sich die Komödiantin Ninetta verstanden.
Am tĂ€uschendsten ward die Ähnlichkeit durch die grossen, schwarzen Augen, und Lola war die erste, die uns am nĂ€chsten Morgen davon ĂŒberzeugte, als sie angstvoll nach der Kranken hinĂŒberblickte.
Das Gewitter tobte sich aus, und als die ersten Streifen rotgoldnen FrĂŒhlichts die Wolken sĂ€umten, war auch der zweite Teil unseres traurigen Werks vollendet, wir hatten die tote Violetta Pitesti in die Diakonissentracht der Fremden gekleidet und sie in ihr stilles Grab in den See hinabgesenkt.
Dann flĂŒchteten wir.
Die mageren Rosse der beiden Wanderwagen griffen aus, jede Spur des geheimnisvollen, nÀchtlichen Treibens war verwischt.
Der Zufall kam mir noch weiter zu Hilfe.
Die Fremde erkrankte schwer.
Wir konnten ihr Lola aus diesem Grunde fernhalten, und als Regrino tatsÀchlich in Trinowo erschien und mit hassfunkelnden Augen die Violetta zu sehen verlangte, da konnte ich ihm triumphierend den Blick auf die Kranke gewÀhren, die in wilden, hitzigen Fieberphantasien ihrer DoppelgÀngerin noch Àhnlicher war.
Auch konnte ich auf Regrinos Verlangen die Bescheinigung des Arztes vorweisen, in der der Zustand der Kranken als ein gastrisches Fieber, ohne jedwede Vergiftungssymptome, wie mein Rival angenommen, bezeichnet ward.
Ich war gerettet!
Wenigstens fĂŒr den Augenblick gerettet, denn Regrino liess nur allzu deutlich seine Absicht merken, dass er auch kĂŒnftighin ĂŒber Violetta wachen werde!
Fahrend Volk bewachen!
Es klingt lÀcherlich, und doch sind auch unter den Vaganten viele feine FÀdchen der Zugehörigkeit gesponnen, so dass Hass und Eifersucht leicht den verstecktesten Schlupfwinkel finden.
Da unsere Truppe so sehr zusammengeschmolzen war, gab ich jeden Gedanken an eine Vorstellung in Trinowo auf, bestimmte Lola, sich von Regrino anwerben zu lassen, und atmete auf, als die Kleine uns verlassen hatte.
Nun hielten wir uns wochenlang in möglichst einsamen Gegenden auf, um erst unsrer Sache mit der genesenden Fremden sicher zu werden.
Und das war nicht leicht.
O, welch furchtbare Tage und Stunden, als das unglĂŒckliche, verzweifelte MĂ€dchen seine Lage begreifen und erfassen lernte.
Es kostete unbeschreibliche MĂŒhe, sie zu bewegen, ihr Schicksal zu erzĂ€hlen, und als sie es getan, verlangte sie energisch danach, sich selber dem Gericht zu stellen.
‚Jene Stunde nervöser Überreiztheit und Schwachheit sei vorĂŒber!‘ sagte sie voll stolzer Festigkeit, ‚und da der himmlische Richter ihr SĂŒhneopfer verschmĂ€ht habe, wolle sie vor den irdischen treten!‘
Da gab es nur ein Mittel, sie zu beeinflussen. Ich sagte ihr, dass ihre Anzeige, die der Toten nichts mehr nĂŒtzen könne, nur ein zweites Verbrechen auf ihre Seele laden wĂŒrde, denn von der Stunde an, wo unsere TĂ€uschung und Violettas Tod vor Gericht bekannt wĂŒrden, sei ich dem Verderben verfallen.
Voll Entsetzen schlug sie die HĂ€nde vor das bleiche Antlitz, — grausend vor dieser furchtbaren Verantwortung.
Ich war gerettet.
Margret war tot. — Donna Violetta lebte.
Eine tiefe Schwermut ĂŒberkam das ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Kolophon
  3. Erstes Kapitel
  4. Zweites Kapitel
  5. Drittes Kapitel
  6. Viertes Kapitel
  7. FĂŒnftes Kapitel
  8. Sechstes Kapitel
  9. Siebentes Kapitel
  10. Achtes Kapitel
  11. Neuntes Kapitel
  12. Zehntes Kapitel
  13. Elftes Kapitel
  14. Zwölftes Kapitel
  15. Dreizehntes Kapitel
  16. Vierzehntes Kapitel
  17. FĂŒnfzehntes Kapitel
  18. Sechzehntes Kapitel
  19. Siebzehntes Kapitel
  20. Achtzehntes Kapitel
  21. Neunzehntes Kapitel
  22. Zwanzigstes Kapitel
  23. Einundzwanzigstes Kapitel
  24. Zweiundzwanzigstes Kapitel
  25. Dreiundzwanzigstes Kapitel
  26. Vierundzwanzigstes Kapitel
  27. FĂŒnfundzwanzigstes Kapitel
  28. Sechsundzwanzigstes Kapitel
  29. Siebenundzwanzigstes Kapitel
  30. Achtundzwanzigstes Kapitel