Emma
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Emma

  1. 353 Seiten
  2. German
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Über dieses Buch

Ehe, Kuppelei und Hybris: Das Buch zum Film! Im Zentrum steht die hübsche, privilegierte aber auch selbstgefällige 21-jährige Emma Woodhouse, die ihre Freude daran hat, Personen ihrer näheren Umgebung unter die Haube zu bringen. Dieses Heiratsspiel zieht sie rücksichtslos durch, aber Emma muss irgendwann erkennen, dass sie ihre eigenen Gefühle nicht immer im Zaum hat...-

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Information

Jahr
2020
ISBN
9788726479874

Achtes Kapitel

Frank Churchill kam zurück. Und wenn sein Vater mit dem Essen auf ihn warten mußte, so erfuhr man in Hartfield nichts davon, denn Mrs. Weston lag zu sehr daran, daß er bei Mr. Woodhouse gut angeschrieben war, um etwas Nachteiliges zu verraten, wenn es sich verheimlichen ließ.
Er war wieder da, hatte sich das Haar schneiden lassen und lachte bereitwillig über sich selber, doch anscheinend ohne sich im geringsten seines Streichs zu schämen. Weder brauchte er sich längeres Haar zu wünschen, um eine verlegene Miene zu verbergen, noch verdarb ihm das vertane Geld die Stimmung. Er war so unbefangen und munter wie immer. Und als Emma ihn gesehen hatte, moralisierte sie im stillen:
Ich weiß nicht, ob es sich so gehört – jedenfalls aber ist eine Dummheit keine Dummheit mehr, wenn ein verständiger Mensch sie sich leistet, ungeniert und ohne zu erröten. Bosheit bleibt immer Bosheit, aber Narrheit ist nicht immer Narrheit – es kommt auf den Charakter des Betreffenden an. Nein, Mr. Knightley, er ist nicht ein alberner, läppischer junger Mann. Wäre er’s, er hätte dies anders angestellt. Er würde sich entweder damit brüsten, was er da vollbracht hat, oder sich schämen, und so wäre es entweder Großtuerei eines Dummkopfs oder der schmähliche Rückzug eines Schwächlings, der für seine Seitensprünge nicht einzustehen wagt. Nein, in meinen Augen ist er kein alberner Tropf.
Mit dem Dienstag nahte die angenehme Aussicht, ihn wiederzusehen, und länger als bisher. Dann konnte sie sich von seinem Verhalten im allgemeinen ein besseres Bild machen und damit auch sein Verhalten ihr gegenüber besser deuten. Sie würde spüren, wenn es nötig wäre, ihn kühler zu behandeln; sie würde die Gedanken all der andern erraten, die sie dann zum erstenmal miteinander sahen.
Sie freute sich sehr auf diese Begegnung, wenn sie sich auch bei Coles abspielen sollte. Dabei fiel ihr wieder ein, daß ihr an Mr. Elton selbst in den Tagen, da er bei ihr in Gunst stand, nichts so sehr mißfallen hatte wie seine Bereitwilligkeit, bei Mr. Cole zu speisen.
Das Behagen ihres Vaters war reichlich gesichert, dann Mrs. Bates wie auch Mrs. Goddard waren gekommen, und Emmas letzte liebe Pflicht, ehe sie aus dem Hause ging, bestand darin, sich freundlich um sie zu bemühen, als sie nach dem Essen beisammen saßen. Während ihr Vater zärtlich ihr schönes Kleid bewunderte, entschädigte sie die beiden Damen, so gut sie konnte, für die unfreiwilligen Entsagungen, die er ihnen wahrscheinlich in der Sorge um ihr leibliches Wohl während des Mahls verordnet hatte, indem sie ihnen dicke Stücke Kuchen vorlegte und ihre Weingläser vollschenkte. Sie hatte ihnen ein üppiges Dinner aufgetischt, aber wer weiß, ob er ihnen erlaubt hatte, sich daran gütlich zu tun?
Auf dem Wege zu Coles fuhr ein anderer Wagen vor ihr her. Sie freute sich, als sie Mr. Knightleys Kutsche erkannte. Er hielt sich keine Pferde, da er wenig Geld flüssig hatte und außerdem bei seiner Gesundheit, seinem tätigen und unabhängigen Wesen gar zu geneigt war, wie Emma fand, sich auf Schusters Rappen fortzubewegen, und sich nicht so oft seines Wagens bediente, wie es sich für den Eigentümer von Donwell Abbey gehörte. Nun bot sich ihr eine gute Gelegenheit, ihm noch herzenswarm ihre Genugtuung auszudrücken, denn er blieb vor der Tür stehen, um ihr beim Aussteigen zu helfen.
»Da kommen Sie doch einmal, wie sich’s für Sie gehört«, sagte sie, »auf Gentlemans Art. Es freut mich sehr, Sie so vorfahren zu sehen.«
»Danke«, sagte er. »Dann trifft’s sich ja glücklich, daß wir zugleich ankommen! Denn wenn Sie mir erst im Salon begegnet wären, hätten Sie wahrscheinlich nicht mehr von einem Gentleman an mir wahrgenommen als sonst. Meinem Äußern und meinem Benehmen hätten Sie ja nicht angesehen, wie ich gekommen bin.«
»Doch, das hätte ich sicher. Man merkt es den Leuten an, wenn sie nicht standesgemäß vorgefahren sind, sie sehen immer ein bißchen schuldbewußt aus und als fühlten sie sich nicht ganz wohl in ihrer Haut. Sie, Mr. Knightley, dünken sich natürlich darüber erhaben, aber bei Ihnen ist es eine Art Bravour, sie spielen dann den Unbekümmerten. Ich beobachte es jedesmal, wenn ich Ihnen in solchem Fall begegne. Jetzt brauchen Sie nicht zu fürchten, man glaubte, Sie genierten sich, brauchen sich nicht zu recken, um alle andern zu überragen. Jetzt freue ich mich wirklich sehr darauf, mit Ihnen ins Zimmer zu treten.«
»Überspanntes Frauenzimmer!« erwiderte er, doch durchaus nicht ungehalten.
Emma hatte allen Grund, mit der übrigen Gesellschaft ebenso zufrieden zu sein wie mit Mr. Knightley. Man empfing sie mit einem herzlichen Respekt, der ihr nur schmeicheln konnte, und nahm sie so wichtig, wie sie es wünschte. Als die Westons eintrafen, galten die liebevollsten Blicke der beiden und ihre größte Bewunderung ihr, und der Sohn steuerte mit einem fröhlichen Eifer auf sie zu, daß man gleich sah, wohin seine Vorliebe ging; und beim Essen fand sie ihn neben sich – nicht ohne daß er seine Hand dabei im Spiele hatte, wie sie fest glaubte.
Es war eine recht zahlreiche Gesellschaft, denn unter den Gästen befand sich noch eine Gutsbesitzerfamilie, ganz einwandfreie Leute, die die Coles zu ihren Bekannten zählen durften, sowie Mr. Cox, der Anwalt von Highbury, mit seinen Söhnen. Die weniger würdigen Weiblichkeiten, Miss Bates, Miss Fairfax und Miss Smith, sollten am Abend erst kommen. Doch schon beim Essen war der Kreis zu groß für ein gemeinsames Gespräch, und während man sich über Politik und Mr. Elton unterhielt, konnte Emma getrost all ihre Aufmerksamkeit den Artigkeiten ihres Nachbarn schenken. Als aber von fern der Name Miss Fairfax’ an ihr Ohr schlug, horchte sie zum erstenmal wieder auf. Mrs. Cole schien etwas von ihr zu erzählen, das großes Interesse erregte. Sie hörte zu und fand es wirklich hörenswert, zumal es ihrem heißgeliebten Steckenpferd, der Phantasie, amüsantes Futter lieferte. Mrs. Cole berichtete, sie habe Miss Bates besucht, und gleich beim Eintreten sei sie von dem Anblick eines Klaviers betroffen gewesen, eines sehr eleganten Instruments – nichts Luxuriöses, aber doch ein großes viereckiges Pianoforte; und die Quintessenz der Geschichte, die Pointe der langen Wechselrede voller Überraschung, Fragen und Beglückwünschungen ihrerseits und Erklärungen von seiten Miss Bates’ bestand darin, daß dieses Klavier am Tage zuvor von Broadwood geschickt worden war, und zwar zum größten Erstaunen von Tante und Nichte – gänzlich unerwartet; anfangs sei, laut Miss Bates, Jane selber ganz bestürzt gewesen und habe sich wie verstört gefragt, wer es nur bestellt haben konnte; nun aber hätten sie sich beide vollkommen damit beruhigt, daß nur einer als Auftraggeber in Frage komme – natürlich Oberst Campbell.
»Etwas anderes ist ja auch nicht anzunehmen«, fügte Mrs. Cole hinzu, »ich habe mich nur gewundert, wie man darüber im Zweifel sein konnte. Aber Jane hatte offenbar ganz kürzlich erst einen Brief von ihnen bekommen, in dem nicht ein Wort davon stand. Sie muß ja Campbells Art am besten kennen, aber ich würde in ihrem Stillschweigen keinen Grund dafür sehen, daß das Geschenk nicht von ihnen stammt. Sie wollten sie vielleicht lieber damit überraschen.«
Viele stimmten Mrs. Cole zu, jeder, der sich dazu äußerte, fand es gleichfalls das Nächstliegende, daß Oberst Campbell der Spender sei, und freute sich, daß er Jane dies Geschenk gemacht hatte. Während das Gespräch darüber hin- und herging, konnte Emma ihren eigenen Gedanken nachhängen und weiter Mrs. Cole lauschen.
»Ich muß sagen, ich weiß nichts, was mich je so gefreut hat! Es tat mir immer ganz weh, daß Jane Fairfax, die so herrlich spielt, kein Instrument hatte. Ich empfand es als eine Schande, besonders wenn ich daran dachte, in wie vielen Häusern schöne Instrumente stehen, die gänzlich vergeudet sind. Es war mir wahrlich wie eine Ohrfeige; erst gestern sagte ich zu Mr. Cole, ich schämte mich geradezu, wenn ich unser neues großes Pianoforte im Salon sähe, wo ich keine Note von einer andern unterscheiden kann, und unsre kleinen Töchter, die eben erst anfangen zu spielen, bringen es vielleicht nie zu etwas; und die arme Jane Fairfax, die Musiklehrerin ist, hat nichts, was einem Instrument auch nur ähnlich sieht, nicht mal das armseligste alte Spinett von der Welt, um sich daran zu erfreuen. Noch gestern habe ich das zu Mr. Cole gesagt, und er war ganz meiner Ansicht; nur hat er Musik so gern, daß er sich diesen Wunsch nicht versagen konnte, so hat er es gekauft in der Hoffnung, daß ab und zu die eine oder andre unserer lieben Nachbarinnen so gefällig ist, besseren Gebrauch davon zu machen, als wir’s können. Das ist der eigentliche Grund, warum wir das Instrument angeschafft haben – sonst müßten wir uns wohl seiner schämen. Wir hoffen, daß sich Miss Woodhouse bewegen läßt, es heute abend auszuprobieren.«
Miss Woodhouse willigte ein, wie sich’s gehörte; und da sie einsah, daß von Mrs. Cole keine weiteren Enthüllungen zu erwarten waren, wandte sie sich wieder Frank Churchill zu.
»Warum lächeln Sie?« fragte sie.
»Nein – warum lächeln Sie?«
»Ich? Wahrscheinlich, weil’s mich freut, daß Oberst Campbell so wohlhabend und so freigebig ist. Es ist ein schönes Geschenk.«
»Sehr schön.«
»Ich frage mich nur, warum er’s ihr nicht früher geschenkt hat.«
»Vielleicht, weil Miss Fairfax noch nie so lange hier gewesen ist.«
»Oder warum er ihr nicht das Instrument der Familie zur Verfügung gestellt hat, das doch nun in London eingeschlossen ist und von keinem Menschen gespielt wird.«
»Das ist ein großes Pianoforte. Vielleicht fand er es zu gewaltig für Miss Bates’ Wohnung.«
»Sie mögen sagen, was Sie wollen, aber ich sehe Ihnen an, daß Sie darüber sehr ähnlich denken wie ich.«
»Ich weiß nicht. Ich glaube, Sie trauen mir mehr Scharfsinn zu, als ich verdiene. Ich muß lächeln, weil Sie lächeln, und wahrscheinlich werde ich Ihren Verdacht teilen, wie er auch lauten mag. Doch im Augenblick sehe ich nicht, wer da in Frage käme. Wenn es nicht Oberst Campbell ist, wer kann es dann sein?«
»Was meinen Sie zu Mrs. Dixon?«
»Mrs. Dixon? Ja, das ist wahr. Auf Mrs. Dixon war ich nicht gekommen. Sie muß ja ebenso wie ihr Vater wissen, wie erwünscht ein Klavier käme; und vielleicht sieht die ganze Art und Weise, das Geheimnis, die Überraschung, eher einer Frau ähnlich als einem älteren Mann. Bestimmt ist es Mrs. Dixon. Ich sagte Ihnen ja, daß Ihr Verdacht mir auf die Sprünge helfen würde.«
»Dann müssen Sie Ihren Verdacht ausdehnen und Mr. Dixon einschließen.«
»Mr. Dixon . . . Sehr gut! Ja, das leuchtet mir sogleich ein, es muß ein gemeinsames Geschenk von Mr. und Mrs. Dixon sein. Wir sprachen ja neulich darüber – wissen Sie noch? –, daß er ihr Spiel so glühend bewundert.«
»Ja, und was Sie mir da erzählten, hat mich in einem Gedanken bestärkt, der mir schon vorher gekommen war. Ich will die guten Absichten von Mr. Dixon und Miss Fairfax nicht in Zweifel ziehen, aber ich kann die Vermutung nicht loswerden, daß entweder Mr. Dixon, nachdem er um ihre Freundin angehalten hatte, das Pech hatte, sich in sie zu verlieben, oder daß er eine leise Verliebtheit bei ihr bemerkte. Man kann auf zwanzigerlei raten, ohne genau das Richtige zu treffen; doch ich bin sicher, sie hatte einen besonderen Grund dafür, lieber nach Highbury zu kommen, als mit den Campbells nach Irland zu gehen. Hier muß sie soviel entbehren und wie eine Büßerin leben, und dort wär’s das reine Vergnügen gewesen. Wenn es heißt, sie soll sich in der heimatlichen Luft erholen, so halte ich das für einen bloßen Vorwand. Im Sommer könnte man’s noch gelten lassen, aber was soll einem das heimatliche Klima in den Monaten Januar, Februar und März wohl Gutes tun? Ein ordentliches Feuer im Kamin und ein Wagen würden bei einer angegriffenen Gesundheit diesen Zweck in den meisten Fällen besser erfüllen, und bestimmt in ihrem Fall. Doch ich verlange nicht von Ihnen, daß Sie sich alle meine Vermutungen zu eigen machen, wenn Sie sich auch so nobel dazu bereit erklären, ich sage nur ehrlich, was ich glaube.«
»Und wahrhaftig, es hat viel Wahrscheinlichkeit für sich. Daß Mr. Dixon sie entschieden lieber spielen hörte als ihre Freundin, dafür kann ich bürgen.«
»Und außerdem hat er ihr das Leben gerettet. Haben Sie davon gehört? Bei einer Segelpartie; durch irgendein Mißgeschick wäre sie beinah über Bord gegangen. Er hat sie noch gepackt.«
»Ja, das hat er getan. Ich war dabei.«
»Wirklich? Schön! Aber Sie haben natürlich nichts bemerkt, denn dieser Gedanke scheint Ihnen neu. Wäre ich dabei gewesen, ich glaube, ich hätte allerlei Entdeckungen gemacht.«
»Das hätten Sie sicherlich; aber ich, Simpel der ich bin, sah nur die Tatsache, daß Miss Fairfax fast aus dem Boot geschleudert wurde und Mr. Dixon sie festhielt. Im Handumdrehn war’s geschehen. Zwar war der Schreck, die Bestürzung danach sehr groß und hielt viel länger an – ja, ich glaube, es dauerte eine halbe Stunde, bis wir alle uns wieder beruhigt hatten –, aber es war uns allesamt doch zu sehr in die Glieder gefahren, als daß man bemerkt hätte, ob einer besonders aufgeregt war. Doch will ich damit nicht sagen, daß Sie nicht Entdeckungen gemacht hätten.«
Hier wurde ihr Gespräch unterbrochen, und in der ziemlich langen Verlegenheitspause zwischen zwei Gängen mußten sie sich so gesetzt und sittsam benehmen wie die andern; als dann aber der Tisch wieder reich gedeckt war, jede Eckplatte genau an ihrem Platz stand und alles wieder behaglich beschäftigt war, sagte Emma:
»Für mich ist die Ankunft dieses Klaviers entscheidend. Ich brauchte nur ein bißchen mehr zu wissen, und dies sagt mir vollauf genug. Verlassen Sie sich drauf, wir werden bald hören, daß es ein Geschenk von Mr. und Mrs. Dixon ist.«
»Und wenn Dixons rundweg ableugnen, etwas damit zu tun zu haben, dann müssen wir doch wohl bei der Annahme bleiben, daß es von Oberst Campbell kommt.«
»Nein, ich bin sicher, daß es nicht von Campbells ist. Miss Fairfax weiß, daß es nicht von ihnen kommt, sonst hätte sie es gleich vermutet. Sie hätte nicht so herumgerätselt, wenn sie gewagt hätte, es ihnen zuzuschreiben. Mag sein, daß ich Sie nicht überzeugt habe, aber ich bin vollkommen davon überzeugt, daß Mr. Dixon die Hauptrolle dabei spielt.«
»Aber nein, Sie kränken mich, wenn Sie meinen, ich sei nicht überzeugt. Sehen Sie, wie unwiderstehlich Ihre Mutmaßungen mich mitreißen: anfangs, als ich glaubte, es leuchtete Ihnen ein, daß Oberst Campbell der Spender sei, sah ich nur väterliche Güte darin und hielt es für das Allernatürlichste von der Welt. Aber wie Sie Mrs. Dixon nannten, kam es mir viel wahrscheinlicher vor, daß die innige Freundschaft einer Frau dies ausgeheckt hat. Und nun kann ich es nur noch in diesem Licht sehen, als Geschenk eines Liebenden.«
Sie hatten keine Gelegenheit, die Sache weiter auszuspinnen. Seine Überzeugung schien echt, er sah aus, als sei er ganz davon durchdrungen. Sie sagte nichts mehr, andere Themen kamen an die Reihe, und so ging das Mahl seinem Ende zu. Der Nachtisch folgte, dann kamen die Kinder herein, und man plauderte mit ihnen und bewunderte sie, indes die übliche Unterhaltung weiterplätscherte; hier und da wurde etwas Gescheites gesagt, hier und da etwas ausgesprochen Dummes, doch das meiste war weder das eine noch das andere – nichts Schlimmeres als die alltäglichen Plattheiten, langweilige Wiederholungen, veraltete Neuigkeiten und schwerfällige Späße.
Die Damen waren noch nicht lange wieder im Salon, als sich nach und nach die übrigen weiblichen Gäste einfanden. Emma beobachtete die Entrée ihrer speziellen kleinen Freundin; wenn sie sie auch nicht durch anmutvolle Hoheit entzückte, freute sich Emma doch innig über ihre blühende Lieblichkeit und ungekünstelte Art, und nicht minder über ihre heitere, unsentimentale Leichtherzigkeit, die sie in mancherlei Vergnügungen Linderung für das Herzeleid ihrer enttäuschten Liebe finden ließ. Da saß sie – und wer hätte gedacht, wieviel Tränen sie in der letzten Zeit vergossen hatte? Unter Freunden zu sein, festlich angezogen, und die anderen festlich Gekleideten zu betrachten, schweigend dazusitzen und nur zu lächeln und süß auszusehen, war ihr für die gegenwärtige Stunde Glücks genug. Jane Fairfax sah vornehmer aus und bewegte sich eleganter, aber wer weiß, sagte sich Emma, ob sie nicht froh wäre, wenn sie ihre Empfindungen gegen die Harriets eintauschen könnte – vielleicht würde sie die Pein, geliebt zu haben – ja selbst einen Mr. Elton unerwidert geliebt zu haben –, gerne einhandeln gegen das bedenkliche Glück, sich von dem Gatten ihrer Freundin geliebt zu wissen.
In einer so großen Gesellschaft brauchte sich Emma ihr nicht zu nähern. Sie mochte nicht von dem Klavier sprechen, sie fühlte sich zu sehr eingeweiht und fand es darum nicht fair, Neugier und Interesse zu bekunden; deshalb hielt sie sich absichtlich von ihr fern. Die andern aber fingen fast augenblicklich davon an, und Emma sah, wie Jane bei ihren Glückwünschen befangen errötete – sah das schuldbewußte Erröten, mit dem sie den Namen ihres »trefflichen Freundes Oberst Campbell« aussprach.
Mrs. Weston interessierte sich, aus Herzensgüte wie aus Liebe zur Musik, besonders für das Geschenk, und Emma mußte innerlich lächeln über die Beharrlichkeit, mit der sie bei dem Thema blieb; über Ton, Anschlag, Pedal hatte sie hunderterlei zu sagen und zu fragen, gänzlich ahnungslos, daß Jane möglichst wenig darüber zu sprechen wünschte, was Emma so deutlich in der Miene der schönen Heldin las.
Bald gesellten sich ein paar Herren zu ihnen, und der allererste war Frank Churchill. Als erster spazierte er herein, der Herrlichste von allen, begrüßte en passant Miss Bates und ihre Nichte, bahnte sich dann schnurstracks den Weg nach der entgegengesetzten Seite des Kreises, wo Emma saß, und wollte sich nicht eher setzen, bis er neben ihr Platz fand. Emma erriet, was jeder sich dabei denken mußte. Sie war die Dame seines Herzens, das dürften alle begreifen. Sie stellte ihn ihrer Freundin, Miss Smith, vor, um bald hernach in einem passenden Augenblick zu hören, was sie einer vom andern dachten. Er sagte, er habe nie ein so liebreizendes Gesichtchen gesehen und sei entzückt von ihrer Naivität. Und sie: »Eigentlich ist es ja für ihn zu schmeichelhaft, aber ich finde, er sieht Mr. Elton ein bißchen ähnlich.« Emma zwang ihre Entrüstung nieder und wandte sich nur schweigend ab.
Sie und Frank Churchill schauten zu Miss Fairfax hinüber und lächelten sich dann verständnisinnig zu, doch vermieden sie es vorsichtshalber, über sie zu sprechen. Er sagte, er hätte ungeduldig darauf gewartet, das Eßzimmer verlassen zu können, er hasse es, lange sitzen zu bleiben, und sei immer der erste, der aufstände, sobald es anging; sein Vater, Mr. Knightley, Mr. Cox und Mr. Cole seien da noch in ein Gespräch über Gemeindeangelegenheiten vertieft, ganz unterhaltsam, soviel er davon gehört habe, er finde sie allesamt verständige Männer und durchaus Gentlemen. Dann sprach er so nett von Highbury im allgemeinen, das so reich an sympathischen Familien sei, daß Emma sich sagte, sie hätte das Städtchen bisher zu sehr verachtet. Sie fragte ihn nach der Gesellschaft von Yorkshire und dem Bekanntenkreis von Enscombe und dergleichen ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Kolofon
  3. Del I
  4. – Erstes Kapitel
  5. – Zweites Kapitel
  6. – Drittes Kapitel
  7. – Viertes Kapitel
  8. – Fünftes Kapitel
  9. – Sechstes Kapitel
  10. – Siebentes Kapitel
  11. – Achtes Kapitel
  12. – Neuntes Kapitel
  13. – Zehntes Kapitel
  14. – Elftes Kapitel
  15. – Zwölftes Kapitel
  16. – Dreizehntes Kapitel
  17. – Vierzehntes Kapitel
  18. – Fünfzehntes Kapitel
  19. – Sechzehntes Kapitel
  20. – Siebzehntes Kapitel
  21. – Achtzehntes Kapitel
  22. Del II
  23. – Erstes Kapitel
  24. – Zweites Kapitel
  25. – Drittes Kapitel
  26. – Viertes Kapitel
  27. – Fünftes Kapitel
  28. – Sechstes Kapitel
  29. – Siebentes Kapitel
  30. – Achtes Kapitel
  31. – Neuntes Kapitel
  32. – Zehntes Kapitel
  33. – Elftes Kapitel
  34. – Zwölftes Kapitel
  35. – Dreizehntes Kapitel
  36. – Vierzehntes Kapitel
  37. – Fünfzehntes Kapitel
  38. – Sechzehntes Kapitel
  39. – Siebzehntes Kapitel
  40. – Achtzehntes Kapitel
  41. Del III
  42. – Erstes Kapitel
  43. – Zweites Kapitel
  44. – Drittes Kapitel
  45. – Viertes Kapitel
  46. – Fünftes Kapitel
  47. – Sechstes Kapitel
  48. – Siebentes Kapitel
  49. – Achtes Kapitel
  50. – Neuntes Kapitel
  51. – Zehntes Kapitel
  52. – Elftes Kapitel
  53. – Zwölftes Kapitel
  54. – Dreizehntes Kapitel
  55. – Vierzehntes Kapitel
  56. – Fünfzehntes Kapitel
  57. – Sechzehntes Kapitel
  58. – Siebzehntes Kapitel
  59. – Achtzehntes Kapitel
  60. – Neunzehntes Kapitel
  61. Über "Emma"