Der verschwundene Kanzleirat
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Der verschwundene Kanzleirat

  1. 199 Seiten
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Der verschwundene Kanzleirat

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

In "Der verschwundene Kanzleirat" schildert Scherfig das unerfüllte Leben des Kanzleirates Teodor Amsted, der nach außen hin ein Vorbild an Fleiß und Pflichterfüllung abgibt, heimlich aber alles versucht, um dem regelgebundenen Alltag als Beamter und Familienvater zu entfliehen. Durch die dramatische Flucht Amsteds beschreibt der Autor dessen unterdrückte Wünsche, die im Unterbewusstsein wachsen und wuchern und sich im Treffen mit der Natur und den Menschen, die in ihr leben, langsam aber sicher an die Oberfläche graben.-

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Information

Jahr
2019
ISBN
9788711842812

Zweiter Teil

21

Ein Mann fährt mit einem Ford die Landstraße entlang. Zwei Wandervögel kommen ihm entgegen, junge Mädchen mit Shorts und Söckchen und schönen Beinen. Sie winken dem Mann im Ford freundlich zu. Den jedoch bringt dieses Winken furchtbar in Harnisch.
Glauben diese Trinen vielleicht, daß ihm ihr Winken schmeichelt? Bilden sie sich etwa ein, er fühle sich dadurch geehrt? Er ist so aufgebracht, daß er sich die Zeit nimmt, anzuhalten, zurückzufahren und die Mädchen wütend und mit sich überschlagender Stimme anzuschreien: »Ihr Püppchen! Wer hat euch gebeten, mir zuzuwinken! Haltet ihr euch etwa für unwiderstehlich, seht lieber zu, daß ihr nach Hause kommt und euch Röcke anzieht! Dumme Gören!« Dann fällt ihm nichts mehr ein, und er schneidet Grimassen.
Die Mädchen sehen ihn verdutzt an. Dann lachen sie und gehen weiter.
Stadt und Land begegneten sich.
Der Mann im Auto heißt Martin Hageholm. Er ist ein unruhiger Geist. Er ist pensioniert und hat Geld geerbt. Er könnte ruhig und in Frieden leben. Aber er ist ständig unterwegs, mischt sich in alles ein und hat viele Eisen im Feuer. Sein Gesicht ist hochrot. Und wenn er sich aufregt, läuft es blau an.
Er ist außer sich über diese beiden Mädchen. Er spricht laut mit sich selbst und spuckt aus. Er zerrt wütend am Lenkrad, so daß das Auto sonderbar kurvend die Straße entlangrollt.
Es ist eine schöne Gegend. Es gibt einen großen See, Wiesen, Sümpfe und ebene Felder. Ansteigende Heidehügel und einen Wald, der auf Flugsand wächst. Und weiße Dünen und das blaue Meer.
Weiter landeinwärts, wo der Boden lehmig ist, liegen die größeren Bauernhöfe. Es sind ansehnliche, gepflegte Anwesen. Die Besitzer sind ordentliche Menschen, die rechtzeitig ihre Zinsen und Tilgungsraten zahlen. Nur ganz selten einmal hat einer von ihnen Zahlungsschwierigkeiten. »Er kann den Termin nicht halten!« frohlockt dann sein Nachbar. »Hihi, nu wird er rausgeschmissen! Und der Hof kommt untern Hammer.« Die Nachbarn lachen und reiben sich die Hände. »Das schad’ ihm gar nichts!«
Eigentlich fehlte dem Mann gar nicht viel, um den Termin einhalten zu können, aber er muß seinen Hof verlassen.
Die Großbauern pflegen nur untereinander Umgang. Sonntags laden sie sich gegenseitig zu Kaffee und Riesenbergen von Kuchen ein. Und ihre Frauen erscheinen mit Hut und Handschuhen, essen Weißbrot mit Messer und Gabel und spreizen dabei den kleinen Finger ab. Und sie geben sich zartbesaitet und kreischen, wenn in der Gartenlaube ein kleiner grüner Wurm auf die Kaffeedecke fällt. »Huuch!«
Mit einem Großbauern aber kann man nicht verkehren. das ist der neue Mann. Er ist erst 1901 in diese Gegend gekommen. Man kann ihn zwar grüßen und sich auch mit ihm unterhalten. Aber zum Kaffee einladen kann man ihn nicht. Den neuen Mann.
Dann sind da noch Kleinbauern und Häusler. Ihre Wirtschaften liegen auf dem sandigen Boden oder am Moor. Sie schuften und rackern und können sich dennoch gerade so über Wasser halten, indem sie im Winter für zwei Kronen am Tag für die Großbauern und im Sommer für wesentlich mehr für die Feriengäste arbeiten. Unter diesen Leuten gibt es aber auch Unterschiede. Einer ist zum Beispiel faul. Und obendrein trinkt er. An einem einzigen Sonntag kann er sich gut und gern seine ein-zwei Bier genehmigen! Der Säufer! Und dann ist da noch dieser Anders vom Moor. Er ist der reinste Habenichts, der sich nicht schämt, die Gemeinde um Sozialfürsorge anzugehen. Eine wahre Schande, so einen hier wohnen zu haben!
Außerdem gibt es noch Pächter. Sie haben Grundstücke gepachtet, die Kopenhagenern gehören. Leuten, die sich die Aussicht vor ihren Sommerhäusern nicht verunstalten lassen wollen. Die Großstädter wollen im Urlaub richtiges Bauernland und bestellte Felder sehen. Und es ist zwecklos, wenn sich ein Pächter beklagt, weil es durch das Strohdach regnet und die Lehmwände der Gebäude muffig und stockfleckig sind. Denn gerade diese alten, schiefen Häuser sind ja so malerisch!
Die Gegend ist reich an Gegensätzen. An unterschiedlichen Menschen. An vielen kleinen, voneinander unabhängigen Gemeinwesen. Kleine isolierte Welten auf einer Fläche von nicht einmal acht Quadratkilometern.
Es gibt auch ein Fischerdorf. Die Fischer vermieten ihre Häuser an die Kopenhagener. Sie mögen ihre Mieter nicht, die halbnackt herumlaufen und baden und in der Sonne liegen, als wären sie nicht ganz richtig im Kopf. Aber so sind die Städter nun einmal. Und man verdient ja schließlich seinen Lebensunterhalt an ihnen.
Die Wellenbrecher sind versandet. Und es wird auch nicht mehr gefischt. Dafür sind im Fischerdorf Pensionen, Erholungsheime und ein Badehotel entstanden. Und weiter landeinwärts liegt ein historischer Krug mit Fachwerk und Schilfdach, mit alten Laternen und Sprichwörtern an den Balken und mit aufgemalten Butzenscheiben. »Besuchen Sie den historischen Kurg!« steht auf Schildern, Tafeln und Wegweisern zu lesen.
Auch eine Künstlerkolonie gibt es hier. Mit bekannten und angesehenen Künstlern, die sich durch die Schönheit und Eigenart dieser Landschaft inspirieren lassen. Mit Staffelei und Farben durchstreifen sie im Auto die Gegend auf der Suche nach Motiven. Und die Hausangestellte trägt die Palette und hält dem Meister die Pinsel.
Und hier sind Handwerker ansässig, die zur Inneren Mission gehören, Zusammenhalten und eine kleine Gemeinschaft für sich bilden. Sie gehen ins Missionshaus, singen und trinken Unmengen Kaffee. Es sind wohlhabende Leute, die sich über die Preise einig sind.
Und schließlich gibt es auch noch ein Lager für junge Arbeitslose das ist wiederum eine kleine selbständige Welt, die von all den anderen Welten isoliert ist. Die Arbeitslosen sind nur den Winter über dort. In der warmen Jahreszeit will man sie mit Rücksicht auf die Sommerfrischler nicht haben. Die Arbeitslosen sind schlecht gekleidet, und die Feriengäste könnten ja einen Schreck bekommen, wenn ihnen im Wald ein schlechtgekleideter Mann begegnet.
Die Bauern können die Arbeitslosen auch nicht ausstehen. Was haben die sich hier rumzutreiben und die Zeit totzuschlagen? Die arbeiten doch bloß ein paar Stunden am Tag. Dann haben sie Weiterbildung und für den Rest des Tages Sport. Und dafür gibt ihnen der Staat etwas zu essen, eine warme Stube und obendrein auch noch Taschengeld!
Auf den Bauernhöfen hingegen fehlen Arbeitskräfte. Man bietet einem Knecht fünfhundert Kronen und vier freie Tage im Jahr, und trotzdem ist es noch nicht einmal sicher, ob er dieses Angebot auch annimmt. Nein, der Bursche will vielleicht lieber auf der faulen Haut liegen und Unterstützung kassieren! Aber so geht das nicht auf die Dauer! Wo soll denn das Geld dafür herkommen?
Es gibt genug Probleme, die die Gemüter beschäftigen. Es gibt Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten. Und Martin Hageholm jagt über die Landstraße. Er kennt die Leute in den kleinen Häusern. Er war früher Briefträger. Er ist mit den Verhältnissen jedes einzelnen vertraut, und er hat nie etwas dagegen gehabt, sein Wissen an andere weiterzugeben. Hier draußen kennt man einander gut. Hier ereignet sich nichts Weltbewegendes. Aber die Gemüter sind dennoch beschäftigt.
In dieser Gegend tauchte eines Tages ein Fremder auf. Ein mysteriöser, geheimnisvoller Mann. Er kam im Herbst, als die Sommerfrischler längst verschwunden waren.
Er hatte die Absicht, für immer zu bleiben.
Er erregte viel Aufmerksamkeit und Mißtrauen. Niemand wußte etwas über ihn. Doch man ging davon aus, daß mit ihm irgend etwas nicht stimmte.
Und darin hatte man recht.

22

Er erschien an einem schönen klaren Herbsttag.
Er kam zu Fuß von der Bahnstation. Ein Mann mit glattrasiertem Kinn, Brille und hellem Regenmantel. Die Leute im Dorf sahen sich nach ihm um. Er grüßte höflich und zog den Hut, aber niemand grüßte zurück. Man sah ihm bloß nach. Man hielt hier nichts von Fremden. Man hält nichts von den Leuten, von denen man lebt. Er hatte beim Kaufmann eine Schachtel Zigarillos gekauft. Und er hatte mit einem großen Schein bezahlt, auf den der Kaufmann nicht hatte herausgeben können.
»Sie müssen vielmals entschuldigen. Ich habe es leider nicht kleiner.«
Und so mußte der Kaufmann zum Bäcker hinübergehen und den Schein wechseln lassen. Es war offenbar ein Mann mit viel Geld. Er hatte auch ausländische Banknoten in seiner Brieftasche.
»Wie hat sich hier draußen bloß alles verändert!« sagte der Fremde. »Aber es ist ja such schon fast dreißig Jahre her, seit ich das letztemal hier war. Ich bin solange im Ausland gewesen. In Amerika.« Und dann hatte er sich erkundigt, wo der Kleinbauer Jens Jensen wohne.
»Jens Jensen – ja, das ist geradeaus. Immer der Straße nach. Das ist dahinten, wo die Hügel anfangen. Ein langes weißes Haus mit blauem Staketenzaun. Dort hängt ein Briefkasten am Haus.«
Die Leute blickten ihm aus den Häusern nach. »Was geht denn da für einer?« Die Frau des Brunnenbauers trat sogar vor die Tür und stellte sich auf die Straße, um ihm nachsehen zu können.
Aus einigen Anwesen kamen Hunde gelaufen und bellten. Und der Mann mit Brille verzog sich auf die andere Straßenseite. Ich muß mir einen Stock kaufen. Das wird mit das erste sein, was ich mir zulege, dachte er.
Vom Wald her roch es nach Kiefernnadeln, Pilzen und Humus. Und vom Strand nach Tang und Salz. Und von den Feldern, auf die man Dung gefahren hatte, roch es nach Salmiak.
Auf der einen Seite der Straße erstreckte sich eine hüglige Heidelandschaft und dahinter Wald. Auf der anderen Seite hatte man einen weiten Blick über Felder und Moore.
Zwischen den Heidehügeln standen strohgedeckte Häuschen. Sie sahen ländlicher aus, als Häuser auf dem Lande sonst auszusehen pflegen. Sie waren so gebaut, daß sie das Auge nicht störten. Diese Grundstücke fügten sich gut in die Landschaft ein. Man hatte sie extra für die Heidehügel entworfen. Hier gab es weder Gärten noch Zäune. Die Anwesen wurden nur durch Schilder geschützt.
Auf der anderen Straßenseite lagen einzelne Gehöfte. Und das waren wirkliche Bauernhöfe mit Bauern, die den Boden bestellten und über die Zeiten klagten. In den Fenstern, vor denen schöne Gardinen hingen, standen Pelargonien in verzierten Übertöpfen. Und dort gab es auch richtige Gärten mit einem Steinhaufen und einer Fahnenstange. Und keine Schilder, die jedem den Zutritt verboten. Ein Ford kommt dem Fremden entgegen. Es ist das erste Fahrzeug, dem er auf dieser Straße begegnet. Das Auto hält an, ein Mann mit rotem Gesicht lehnt sich heraus und betrachtet ihn neugierig. Der Mann hat einen Jagdhund und ein Gewehr im Auto. Er starrt ihn weiter ungeniert an. Und er ruft etwas, so daß sich der Fremde nervös umdreht.
»Entschuldigung, was sagen Sie? Ich verstand nicht recht . . .«
»Das galt nicht Ihnen. Ich sagte etwas zu meinem Hund!« Der Mann im Auto lacht lärmend und schlägt dem Hund auf die Schnauze. »Wirst du wohl! Wirst du wohl dableiben, wo du hingehörst!« Dann gibt er Gas und fährt weiter.
Jens Jensens Haus ist leicht zu finden. Es hat einen hübschen kleinen Vorgarten und einen blauen Staketenzaun. Und am Giebel hängt ein roter Briefkasten. Der Fremde bleibt stehen und schaut sich ein wenig um. Ob da wohl ein Hund ist, der herausgestürzt kommt, sobald man die Pforte öffnet? Es ist kein Laut zu hören.
Jens Jensen hat den Fremden schon vom Fenster aus gesehen. Aber er geht nicht hinaus. Der Fremde soll ein bißchen warten dürfen. Er öffnet die Pforte und hakt sie hinter sich wieder sorgfältig zu. Dann klopft er vorsichtig an die Tür. Er muß mehrmals klopfen. Erst dann wird »Ja, ja! Nur herein!« gerufen.
»Guten Tag! Sind Sie vielleicht Herr Jens Jensen?«
»Mein Name ist Johnson, Herbert Johnson. Wir haben schon telefonisch miteinander gesprochen.«
»Ach, Sie sind das, der die Wohnung mieten will. Daß Sie schon so schnell kommen, damit habe ich nicht gerechnet. Ich glaub kaum, daß die Zimmer schon saubergemacht sind.«
»Ich hatte den Eindruck, sofort einziehen zu können. Sie sagten . . .«
»Ich konnt ja nicht wissen, daß Sie spornstreichs angereist kommen. Haben Sie denn kein Gepäck? Wollen Sie sofort einziehen und auch gleich wohnen bleiben?«
»Ja, das würde ich sehr gern. Meine Koffer kommen später nach. Sie stehen noch in Kopenhagen. Ich würde großen Wert darauf legen, sofort einziehen zu können.«
»Tja, ich weiß nicht, ob sich das so ohne weiteres machen läßt. Da muß ich erst mal mit meiner Tochter reden. Sie bringt nämlich die Zimmer in Ordnung. Karen . . . Ka-ren! Hör mal, glaubst du, daß der Mann da gleich einziehen kann?«
»Muß es denn gleich sein?«
»Ja das sagt er.«
»Tja, aber dann muß ich da drin erst mal ein bißchen aufräumen.«
»Ich könnte ja inzwischen etwas Spazierengehen, vielleicht für eine reichliche Stunde?«
»Das wäre nicht schlecht. Es ist ja nicht gerade sehr schön, wenn man beim Saubermachen dabei ist.«
»Nun, dann möchte ich mich inzwischen verabschieden.«
»Nein, hören Sie mal, warten Sie doch! Das mit der Miete möchte ich doch lieber gleich regeln. Das ist so üblich. Am liebsten wäre mir die Miete für ein halbes Jahr im voraus. Das ist das Normale. Und das habe ich auch schon am Telefon gesagt. Übrigens war gerade jemand hier, der die Wohnung gern genommen hätte. Aber da Sie zuerst gekommen sind . . .«
»Natürlich. Wollen Sie das Geld gleich haben?«
»Ja. Es ist immer besser, wenn solche Dinge ihre Ordnung haben. Das macht genau dreihundertfünfzig Kronen.«
»Hier, bitte.«
Der Fremde hat seine Brieftasche hervorgeholt. Jens Jensen sieht sich die vielen großen Scheine an. Darunter sind auch einige Dollarnoten. Sie kommen gleichsam rein zufällig zum Vorschein. Das macht einen beruhigenden und soliden Eindruck.
»Danke. Damit wäre das also geregelt. Nun werde ich Ihnen eine Quittung ausstellen. Der Ordnung halber. Sie heißen also Johnson . . . nicht wahr?«
»Herbert Johnson.«
»Aha. Hier ist sie. Und wenn Sie wiederkommen, hat Karen die Zimmer bestimmt in Ordnung gebracht.«

23

Abends ist es so still. Selbst ganz schwache Laute von weither sind noch zu hören. Ein Motorboot, das draußen auf See tuckert. Ein Hund, der in einigen Kilometern Entfernung bellt.
Und es ist so dunkel. Ganz stockdunkel. Wenn die Lampe ausgeschaltet ist, dringt nicht einmal der schwächste Lichtschimmer durch die kleinen Fenster.
Mister Herbert Johnson liegt unter dem schweren Federbett. Es riecht muffig. Das ganze Bett riecht muffig.
Wegen der Bettwäsche hat es Schwierigkeiten gegeben. Bettwäsche war nicht im Mietpreis einbegriffen. Ober- und Unterbett eigentlich auch nicht. Hier draußen gibt es jedoch kein Geschäft, in dem man Bettwäsche kaufen kann. Deshalb hat ihm Karen welche geborgt. Aber sie war davon nicht gerade begeistert.
Das Oberbett ist ungeheuer warm. Doch es ist so fest gestopft, daß es nicht alles bedeckt. Es paßt sich Mister Johnsons Körper nicht an. Ständig friert er irgendwo. Und wenn er versucht, die Stellen, an denen kalte Luft eindringt, irgendwie abzudecken, entwickelt das Oberbett auf dem übrigen Körper doppelt soviel Wärme. Er ist in Schweiß gebadet, und gleichzeitig friert er an einigen Stellen.
Es ist so still, daß er die langbeinigen Weberknechte über die Tapete krabbeln hört. Irgendwo knappert auch eine Maus. In den Möbeln knackt es. Hinter der Tapete raschelt es, als ob Sand oder Kalk herabrie...

Inhaltsverzeichnis

  1. decken
  2. Titel
  3. Kolophon
  4. Other
  5. Erster Teil
  6. Zweiter Teil
  7. Dritter Teil
  8. Om Der verschwundene Kanzleirat