ZfM - Zeitschrift für Medienwissenschaft
eBook - ePub

ZfM - Zeitschrift für Medienwissenschaft

Jg. 14, Heft 1/2022: X - Kein Lagebericht

,
  1. 200 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

ZfM - Zeitschrift für Medienwissenschaft

Jg. 14, Heft 1/2022: X - Kein Lagebericht

,
Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Zeitschrift für Medienwissenschaft steht für eine kulturwissenschaftlich orientierte Medienwissenschaft, die Untersuchungen zu Einzelmedien aufgreift und durchquert, um nach politischen Kräften und epistemischen Konstellationen zu fragen. Sie stellt Verbindungen zu internationaler Forschung ebenso her wie zu verschiedenen Disziplinen und bringt unterschiedliche Schreibweisen und Textformate, Bilder und Gespräche zusammen, um der Vielfalt, mit der geschrieben, nachgedacht und experimentiert werden kann, Raum zu geben.Heft 26 »X | Kein Lagebericht« fordert die Auseinandersetzung mit Rassismus in der Medienwissenschaft auch außerhalb von Forschungsberichten. Dass in einer sich als dekonstruierend verstehenden Wissenschaft kritische Diversität zu kurz kommt, wird als Widerspruch aufgefasst und als »Symptom« in den Blick genommen.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu ZfM - Zeitschrift für Medienwissenschaft von im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Scienze sociali & Scienze della comunicazione. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2022
ISBN
9783732858897

X | KEIN LAGEBERICHT

this page was intentionally left black. almost.

X | KEIN LAGEBERICHT

Einleitung in den Schwerpunkt

Die Lage: Rassismus und Medienwissenschaft, Rassismus in der Medienwissenschaft

Vor acht Monaten formulierten wir für den Call for Papers dieser Ausgabe: «Medienwissenschaft muss antirassistische Praxis werden und darf sich nicht auf Forschungs- oder Lageberichte beschränken.» Der Lagebericht markiert für uns einen wichtigen Punkt, von dem aus ein solches Projekt in Gang gesetzt werden kann – ein Projekt, von dem wir hoffen, dass es die vielfältigen auf Rassismus bezogenen Aktivitäten außerhalb und die zunehmenden Aktivitäten innerhalb der Medienwissenschaft zu verbinden weiß. Über den Bericht hinaus besteht ein Wunsch nach Verhandlung, Vorstellungskraft und Veränderung. Der Lagebericht hängt dabei maßgeblich mit diesem noch anstehenden Prozess zusammen – wobei Zusammenhang das zentrale Wort ist. Ließe sich eine Erkenntnis (post-)pandemischen Lebens inmitten einer globalen Klimakatastrophe, bestimmt von neoliberalen Ausbeutungsdynamiken sowie mörderischen, nekropolitischen (Kriegs-)Zuständen, destillieren, dann bestünde das Destillat in der Einsicht, dass sie alle miteinander in Verbindung (zu setzen) sind und daher einen Kraftakt des Widerstands, aber auch der Analyse und der Resilienz erfordern. Die zu beschreibende Lage konstituiert sich innerhalb eines schwer fassbaren Zusammenhangs, einer Gewordenheit der Welt. Mit einigen Fragen, die in diesem Heft gestellt werden, möchten wir einen Teil des Zusammenhangs erschließen, den wir in seiner Gesamtheit als zu wenig adressiert erachten. Wir wissen jedoch um sein Wirken.
Unverkennbar und in der Aufmachung schon paratextuell wie parasensuell vorweggenommen ist, dass Rassismus in seiner Varianz und Komplexität im Zentrum dieses Heftes steht:
Rassismus kann als eine Infrastruktur, als ein vielschichtiges System verstanden werden. Er gewinnt seine Stabilität aus einem komplexen Ineinandergreifen intersubjektiver Wahrnehmungen und Handlungen (soziale Praxis), instituierter Ungleichheiten (soziale Strukturen) und der Produktion von Bildern hierarchisierter Differenz (symbolische Ordnung). Rassismus ist nicht umkehrbar. Soziale Experimente (z. B. ‹Dunkles, rätselhaftes Österreich›), die die dominante Herstellung von Differenz umdrehen, sind aufschlussreich, um die Mechanismen von rassistischer Markierung nachzuvollziehen. Sie setzen sich aber nicht als rassistisches Wissen durch, da ihnen instituierte Strukturen fehlen.1
Um Rassismus soll es nicht im Allgemeinen, sondern im Spezifischen gehen – und zwar spezifisch hinsichtlich der deutschsprachigen Medienwissenschaft. Als Wissenschaftskultur ist sie nicht minder herrschaftsmächtig und rassistisch mit den entstandenen Strukturen verbunden.
Die Medienwissenschaft schreibt Geschichte, und es lohnt, immer wieder ihre grundlegende Prämisse zu betonen, dass auch sie Produkt historischer Bedingtheiten ist. Kulturwissenschaftlich versteht sie sich selbst als Meta-Wissenschaft, die umfassend philosophisch dekonstruiert, so weit sogar, dass sie ontologische, epistemologische und zugleich komplexe Verwicklungen im Sinne einer Onto-Epistemologie vorschlägt. Nicht von ungefähr gehören die jungen Science and Technology Studies zu ihren nächsten Nachbarn: Disziplinen, die also Wissenschaftskultur selbst als ihren Forschungsgegenstand adressieren.
War sich die Medienwissenschaft ihrer eigenen Medialität immer bewusst, so gilt es nun, sie selbst auf ihre institutionellen und wissenschaftssystemischen Bereiche rassismuskritisch zu befragen. Eine ‹Störung› des Feldes – durch verschiedenförmige Um-, Ver- und Be-Lagerungen – kann die Medialität ausweisen und sie produktiv machen. In mehrfacher Hinsicht ist das hier aufgerufene Feld kein unbespieltes. So ließe sich an die gesamte Historie der kulturwissenschaftlichen Medienwissenschaft anknüpfen, zu der die feministische Filmtheorie genauso gehört wie die zuletzt verstetigten Verbindungen zur postkolonialen Theorie.2
Das ‹X› im Titel dieses Heftes steht also für ein Durchkreuzen und Durchdenken rassistischer und diskriminierender Mechanismen und Denkweisen. Es geht uns aber auch darum, das Verbindungsmoment, den Kreuzungspunkt im ‹X›, zu erkennen und die bestehenden produktiven Rahmen zu erweitern. Zugleich verleiht ‹X› der Leere eine Form und tritt an die Stelle der Namen und Perspektiven, die uns nicht allen bekannt sind. Es symbolisiert Multiplikation, die vielfältige Formen annehmen kann und polyphon ist. ‹X› adressiert zuletzt das Dazwischen, den Defekt und die Dysfunktionalität, die Ver-, Über- und Quer-Lagerungen sowie die affektiven Schwierigkeiten des Redens und Schreibens über. Letzteres – ein Reden über das Thema in einem Reden mit- und übereinander – hat die Arbeit am Schwerpunkt dieses Hefts ‹mehrlagig› informiert. Es existiert ein Unbehagen an der Unmöglichkeit eines bestimmten Redens miteinander und ebenso die Erkenntnis, Brüche produktiv machen zu müssen. All die erwähnten Lagen können hier (noch) gar nicht erfasst sein. Sie werden im Laufe des Schwerpunkts aber aufblitzen und das ihre tun.
In Black Skin, White Masks entwirft Frantz Fanon eine Dialektik des körperlichen und des epidermalen Schemas.3 Ersteres erlaubt dem Körper, einen Platz in der Welt zu haben, während Letzteres diesen Körper von außen neu zusammensetzt. Innerhalb dieser Spannung, einer Diskrepanz zwischen Körper und Bewusstsein, lässt sich auch für uns erzählen, was irgendwie in Worte gefasst werden muss. Mit dem Heftumschlag suchen wir eine Entsprechung für die Widersprüche zu finden, die die Welt im Allgemeinen und damit auch das Entstehen dieses Schwerpunkts im Konkreten, seinen Einsatz und seine Notwendigkeit, seine Ideen, seine Ermöglichungen, aber auch Versäumnisse und Unzulänglichkeiten durchziehen. Weiß auf Weiß erweist sich demnach als die ‹buchhäutliche› Wiederholung all jener Ambivalenzen, denen auch zwischen dem Umschlag zu begegnen sein wird. Zugleich impliziert weiß ein Spektrum des Weißen, das sich nicht auf eine ontologische Qualität reduzieren lässt: Weißer geht immer und die Nuancen der Farbe sind unendlich. Weniger das Farbspektrum als vielmehr die optische Haptik 4 motiviert jedoch die Idee für den Umschlag des Heftes. Das involviert die Griffigkeit, die Materialität des Heftes, das Angefasstsein und Angefasstwerden sowie das Sich-angreifbar-Machen. All das ist auch verbunden durch eine Verletzlichkeit oder vorsätzliche Verletzung, deren Entstehungsbedingung hier auf den Umschlag – die Spannung zwischen Körperlichkeit und Epidermalem – zurückgeht. Wie lange ein Exemplar wohl jeweils unbefleckt bleiben wird? Ein ‹Heft of color› sollte es gerade deshalb aber nicht werden.
Es wird die Perspektive sein, die die Antwort auf diese Frage bestimmt. Je nach Blickwinkel – auf das Cover und auf jeden Text – und je nach Standort zeigt sich etwas oder lässt sich erkennen, und doch bleibt vieles verborgen. Was Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit in einem solchen Projekt bedeuten, hoffen wir anhand konkreter Fragen und Praktiken zu verdeutlichen. Weil beide mit dem körperlichen und dem epidermalen Schema zusammenhängen, sprechen wir zugleich von Nicht-Wissen oder Unwissen, denn (bestimmtes) Wissen ist verkörpert und ergibt sich erst aus der Spannung zwischen diesen beiden. Verkörpertes Wissen und die involvierte Erfahrung sind es, die wir in einem Heft zu antirassistischer Praxis nur hervorheben können. Wir sind deshalb interessiert an den Dimensionen verschiedener Erfahrungen und ihren Verschränkungen.

(K)eine Einleitung

Ende 2020 formierte sich innerhalb der deutschsprachigen Medienwissenschaft mit dem Forum Antirassismus Medienwissenschaft (FAM) ein Netzwerk, das die durch die Pandemie erzwungene Trennung und Vereinzelung im digitalen Raum aufzuheben und eine gemeinsame solidarische Praxis einzuüben suchte. Diese sollte sich nicht auf eine reflexive Geste der Epistemologie des Fachs reduzieren, sondern eine breit angelegte kritisch-reflexive Befragung des eigenen Denkens, Lehrens, Forschens, Einordnens und Werdens und damit ihrer Kultur bedeuten: also in antirassistische Praxis münden und darüber auch in die Gesellschaft hineinwirken. Diese Bewegung trat bereits im ersten Treffen des FAM als gemeinsames Begehren in Erscheinung. Denn als Beschäftigungs- und Handlungsfeld ist die Medienwissenschaft in ebenjene Strukturen und Kontinuitäten eingebettet, welche rassialisierende Ausschlüsse produzieren.
In diesem Sinne beschränkt sich dieses Heft nicht auf eine ‹inhaltistische› Beschäftigung mit dem Zusammenhang zwischen Medien und Rassismus. Analysen zu rassistischen Repräsentationen und Dynamiken, die medienwissenschaftlich reflektiert werden, konnten nicht unser Anliegen sein: Systemische Reflexion bedingt, die Struktur der eigenen Produktion (die Situation innerhalb der Medienwissenschaft sowie die medienwissenschaftliche Tätigkeit) eben nicht von der Struktur der aus dieser Produktion entstehenden Erkenntnisse zu entkoppeln. Zusätzlich zu theoretischer Begriffsarbeit erfordert diese Aufgabenstellung, Vielstimmigkeit herzustellen, die verschiedenen Perspektiven Raum gibt und deren Situiertheit anerkennt und mitreflektiert. Sie ist eine der Bedingungen kultureller Enthierarchisierung...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Editorial
  4. Inhalt
  5. X | KEIN LAGEBERICHT
  6. BILDSTRECKE
  7. Autor_Innen
  8. Bildnachweise
  9. Impressum