Lebendige Seelsorge 4/2021
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Lebendige Seelsorge 4/2021

50 Jahre Pastoralreferent*innen

  1. 80 Seiten
  2. German
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Lebendige Seelsorge 4/2021

50 Jahre Pastoralreferent*innen

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Pastoralreferent*innen sind mehr als nur bezahlte Ehrenamtliche. Sie sind kirchliche Amtsträger*innen ohne Weihe (aber mit bischöflicher Sendung), die Liturgien vorstehen und mit Geflüchteten arbeiten, Gemeinden leitenund Predigten halten. Sie begleiten junge, mittelalte und alte Menschen in Pfarrgemeinden, der Klinikseelsorge und anderswo. Sie veranstalten Surfexerzitien, stellen Kirchenbänke in Parkanlagen und öffnen Kirchen in den Stadtteil. Und sie werden in diesem Jahr 50 Jahre alt. Mehr als ein Grund also für ein genauso lebendiges und pfiffiges, kritisches und aufmüpfiges Geburtstagsheft der Lebendigen Seelsorge.Als nichtgeweihte Amtsträger*innen (nach c. 145 CIC) stören Pastoralreferent*innen die Binaritäten der kirchlichen Ordnung – denn als ekklesiologisch hybride 'Zwischenwesen' sind sie weder halbe Kleriker ('Nichtgeweihte') noch reine Lai*innen ('Amtsträger*innen'). Damit unterlaufen sie die überkommene Klerus-Lai*innen-Differenz und überschreiten diese in Richtung einer neuen pluralen Ämterordnung. Wie alle anderen Amtsträger*innen, so verkörpern auch die Pastoralreferent*innen das "Extra nos" der Gnade. Und auch für sie gilt die augustinische Ämterformel: Mit Euch Christ*in und für Euch Pastoralreferent*in."Bis hierher und nicht weiter" – so heißt es oft in Kirchendingen. "Non plus ultra" ("Nicht mehr weiter") – so stand es einst auch an den Säulen des Herkules, zwei Felsen an der Meerenge von Gibraltar, hinter denen man das Ende der Welt vermutete. Pastoralreferent*innen sind das "Nonplusultra" (Hans-Joachim Sander) einer noch immer klerikalen Kirche: Sie testen deren Grenzen und versuchen, sie zu verschieben. Nicht wenige von ihnen sind höchst seetüchtige Freibeuter*innen des Evangeliums, die dem übrigen Volk Gottes etwas "von der Weite des Meeres erzählen" (Sir 43, 24).Diese Ausgabe der Lebendigen Seelsorge entstand in Kooperation mit dem theologischen Beirat des Bundesverbands der deutschen Pastoralreferent*innen. An ihr haben nicht nur gleich viele Frauen und Männer mitgeschrieben, sondern auch mehrheitlich (und zum Teil ehemalige) Pastoralreferent*innen. Wir widmen sie Leo Karrer und Georg Köhl, zwei verstorbenen Pionieren der theologischen Unterstützung dieser pastoral aufgeweckten und ekklesiologisch unangepassten Kinder des Konzils.50 Jahre Pastoralreferent*innen – bis hierher und noch viel weiter!

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Information

PRAXIS 50 Jahre Pastoralreferent*innen

Veränderung und andere Irritationen

Veränderung und andere Irritationen
Einblicke einer Pastoralreferentin im Gemeindedienst
„Was kostet die Welt?“ Das Theologiestudium hatte mich auf vielen Ebenen gefordert und gefördert. Diplom in der Tasche, viele theologische Erkenntnisse im Kopf, eine Fülle geistlicher Erfahrungen im Herzen: Die Arbeit in der Gemeinde konnte kommen. Und sie kam – anders und dann auch noch anders als gedacht. Ruth Schmitz
Familiengottesdienste, PGR-Sitzung, Firmvorbereitung, kfd-Nachmittage; viele neue Eindrücke, jeder Tag brachte neue Gesichter, neue Namen, neue Themen, neue Projekte. Es gefiel mir, so zu arbeiten. Sehr! Es war nie langweilig. In meinem Büro stand eine kleine Christusikone. Ich wollte den Blick auf das Wesentliche behalten. Sie half mir dabei. Der Schreibtisch war nie leer, der Terminkalender auch nicht. Nach einigen Monaten fiel mein Blick seltener auf die Ikone. Und beim Ausschneiden von Blütenblättern für den nächsten Familiengottesdienst, Ausfüllen von Zuschusslisten und Organisieren von Fronleichnamsprozessionen schlich sich (manchmal mit einem Augenzwinkern, manchmal ohne) die Frage ein: Warum habe ich nochmal Theologie studiert? Warum hatte ich mich intensiv mit dem Aufbau der synoptischen Evangelien und der Reich-Gottes-Botschaft Jesu beschäftigt, wenn es den meisten Eltern völlig reichte, den Kindern in der Katechese zu vermitteln, dass sie nett zu ihren Mitschüler:innen sein sollen? Und leider wollten viel weniger Menschen mit mir über ihren Glauben sprechen, als ich mir erträumt hatte. Natürlich: Das geisteswissenschaftliche Studium der Theologie erhebt nicht den Anspruch, Studierende auf die alltägliche Praxis in der Gemeinde vorzubereiten. Dies sollen diverse Ausbildungstage und -wochen verschiedener Fachrichtungen ermöglichen. Aber die Frage blieb: Wie bekomme ich das, was ich an der Hochschule als so sinnstiftend und wesentlich für mein eigenes Leben erfahren hatte und unbedingt weitergeben wollte, mit der Gemeinderealität zusammen?

THEOLOGIE UND PRAXIS

Die Arbeit in der Gemeindepastoral bietet vor allem eines: abwechslungsreiche Kontinuität. Tür-und-Angel-Konversationen, oft eine nette Plauderei, manchmal der Auftakt für ein Seelsorgegespräch, folgen Planungen mit Gruppenleiter:innen fürs Zeltlager. Das Gespräch mit dem Pfarrgemeinderatsvorstand zur Vorbereitung der nächsten Sitzung entwickelt sich zu einer Grundsatzdiskussion über die neue Gottesdienstordnung oder zu einem sehr persönlichen Austausch über die eigenen Erfahrungen mit dem Beichtsakrament, weil die eigenen Kinder in der Kommunionvorbereitung kürzlich zum ersten Mal zur Beichte gegangen sind. Vielleicht. Vielleicht wird aber auch kurz und bündig die nächste Sitzung vorbereitet. Je nachdem, wieviel Zeit alle mitbringen oder wie anstrengend der Arbeitstag war. (Erwähnte ich bereits, dass Selbstleitung und -organisation mit zu den wesentlichen Fähigkeiten gehört, die man in diesem Beruf erwirbt? Früher oder später? Besser früher als später!)
Ruth Schmitz
geb. 1977, Studium der katholischen Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster und an der Universität Tübingen; Lizentiat im Fach Theologie der Spiritualität; seit 2004 Pastoralreferentin im Bistum Osnabrück.
Bei aller Dynamik und Abwechslung zu erleben, wie Jugendliche mit der Zeit in ihre Verantwortung als Gruppenleiter:innen hineinwachsen, Katechet:innen in der Firmvorbereitung ein eigenes Standing entwickeln oder Wortgottesdienstleiter:innen immer selbstverständlicher ihren Glauben ins Wort bringen ist ein wahrer Schatz an bereichernden Erfahrungen in dieser Aufgabe.
In diesen vielfältigen Zusammenhängen bleiben Volltheolog:innen weiter Lernende. Es gilt eine Sprache (und innere Haltung) zu lernen, die sowohl theologische Inhalte adäquat vermittelt als auch für die Adressat:innen verstehbar ist. Gelegenheiten zur Anwendung gibt es: Wenn in einer Diskussion über den Reisesegen für die Zeltlagerkinder ein magisches Segensverständnis durch die Beiträge irrlichtert. Wenn in der Taufkatechese auf die Frage, was Sünde ist, eine Antwort gefunden werden muss, die einen Sitz im Leben der Taufeltern hat. Wenn in einem Gespräch über die Firmvorbereitung gefragt wird, warum die Firmung ein Sakrament ist und was das mit dem eigenen Leben zu tun hat.
Es ist und wird Aufgabe in der Pastoral bleiben, ein agiles Mit- und Ineinander zu finden zwischen den Inhalten der christlichen Verkündigung und der Lebenswelt der Menschen vor Ort.
Stockte mir in den ersten Jahren noch kurz der Atem, wenn sich jemand nach einem Wortgottesdienst bei mir für die schöne Messe bedankte, freute ich mich bald einfach über die positive Rückmeldung für einen ansprechenden Gottesdienst. Natürlich kennen Kirchgänger:innen den Unterschied zwischen Eucharistiefeier und Wortgottesdienst; natürlich würden die meisten theologisch ungeschulten Mitfeiernden den Unterschied nur schlagwortartig erklären können; natürlich ist eine dogmatische und liturgische Unterscheidung beider Feierformen wichtig für diejenigen, die die Pastoral vor Ort verantworten; für die spontane Rückmeldung nach dem Gottesdienst ist sie es nicht.
Als ich, kurz nachdem ich meine zweite Stelle angetreten hatte, bei einigen Frauen in der Gemeinde mit der Frage „Es soll ein Kreis für Familienliturgie gegründet werden. Hast du Lust mitzumachen?“ anrief, stieß das erfreulicherweise auf sehr positive Resonanz. Es fand sich schnell eine Gruppe jünger Mütter, die regelmäßig mit mir Familiengottesdienste vorbereitete. Irgendwann erzählte eine Frau: „Nach deinem Anruf, ob ich hier mitmachen möchte, habe ich erstmal die anderen angerufen. Dann haben wir gegoogelt: Was heißt Familienliturgie?“ Wir lachen heute noch über diese Anekdote. Es ist und wird Aufgabe in der Pastoral bleiben, ein agiles Mit- und Ineinander zu finden zwischen den Inhalten der christlichen Verkündigung und der Lebenswelt der Menschen vor Ort.

STABILITÄT UND FLUIDITÄT

Mein Blick aus dem Bürofenster fällt auf die größte Kirche in der Pfarreiengemeinschaft. Der imposante Bau steht leicht erhöht, so dass er schon von Weitem gut zu sehen ist. Er weckt Assoziationen über die dazugehörige Gemeinde: traditionsreich, volkskirchlich verankerte Strukturen, engagierte Ehrenamtliche. Ist das so? Ja und nein. Einige Traditionen und Gewohnheiten haben immer noch eine immense Kraft. „Das machen wir hier schon immer so“, beschreibt nicht nur eine bewährte Tradition, sondern begründet auch die Beibehaltung eines liebgewonnenen Brauchs. Das Festhalten am Bewährten kann Vielen Sicherheit bieten; in meiner Wahrnehmung ist es oft auch eine Versicherung der eigenen Glaubens- und auch Ortsidentität. Gleichzeitig sinkt parallel zu den beharrenden Kräften die Zahl derer, die regelmäßig Gottesdienste mitfeiern oder sich dauerhaft ehrenamtlich engagieren wie überall auch hier seit Jahren stetig. Viele, die bei kirchlichen Angeboten andocken, suchen die Verbindung eher punktuell oder projekthaft, abhängig von Situation, Anlass und Angebot; andere gar nicht mehr. Der kirchliche Transformationsprozess nimmt langsam, aber sichtbar, Gestalt an. Stabile und fluide Komponenten wechseln sich ab und wirken ineinander, Hierarchien werden flacher, Rollenbilder verändern sich.

AKZEPTANZ UND IRRITATION

Aktuell lese ich mit großem Interesse ein feministisches Buch. Eine junge Kollegin hat es mir empfohlen und ausgeliehen. Wirklich beeindruckt hat mich neben den Inhalten allerdings viel mehr, mit welcher gelassenen Bestimmtheit diese junge Kollegin Themen wie Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit platziert und ihre Rolle als Frau und als Vertreterin der Kirche einnimmt. Sie freut sich ehrlich darüber, wenn die Anzahl der aktiven (auch leitenden) weiblichen Rollen in der Liturgie wächst. Sie nimmt selbstverständlich Leitungsfunktionen in ihren Aufgabenbereichen ein, die noch vor wenigen Jahren – auch selbstverständlich – von Priestern übernommen wurden. Sie erklärt sehr überzeugt auf ihrem Instagram-Account, dass sie die Entscheidung Roms, die Beziehung homosexueller Paare nicht zu segnen, nicht unterstützen kann. Die Akzeptanz dafür ist groß – in der Jugendarbeit, in der sie überwiegend tätig ist, sowieso. Amt und Geschlecht spielen hier vor Ort in diesem Bereich eine sehr untergeordnete Rolle. Ausschlaggebende Kriterien dafür, akzeptiert zu sein, sind verbindliche Unterstützung, wertschätzende Begleitung, fachliche Kompetenz, ehrliches Feedback und authentisches Auftreten. Und dieses Verständnis von Seelsorge und Pastoral hat schon längst auch in anderen Bereichen der Gemeindepastoral an Akzeptanz und Selbstverständlichkeit gewonnen.
Konnte es vor Jahren noch sein, dass ich an der Tür eines Geburtstagsjubilars mit dem Satz „Hatte Pastor keine Zeit?“ begrüßt wurde und sich mehr oder weniger laut darüber beschwert wurde, dass der Pastor es schon wieder nicht einrichten konnte, an der Vollversammlung eines Verbandes teilzunehmen und ‚nur‘ die Pastoralreferentin schickte, so hängt die Werthaftigkeit einer Veranstaltung heute zum Glück nicht mehr an der Anwesenheit eines Mitglieds im Pastoralteam. Und dass ich als Frau die Beerdigung des geliebten Verstorbenen übernehme, ist für manche auf den ersten Blick irritierend. Wenn dann aber die Nachbarin von einer anderen Beerdigung berichten konnte: „Das hat sie gut gemacht“, dann spielt das Geschlecht keine Rolle mehr.

PROVIANT UND NEUE ERNTE

Wenn diese Phänomene Früchte auch unserer Arbeit der letzten Jahre sind, dann sind sie vielleicht nicht immer und für alle süß, aber doch nährreich. Das müssen sie auch sein, weil sie über einen langen Zeitraum ausreichen müssen, bis neue Erfahrungen von kirchlich-geistlicher Gemeinschaft wieder sättigend wirken. Wir befinden uns auf einem langen Weg hin zu einer Gemeindegestalt, die wir noch nicht kennen, die aber mit Sicherheit nur noch sehr wenige Gemeinsamkeiten mit der traditionellen, volkskirchlich geprägten Kirchengemeinde haben wird. Der Weg dorthin ist mitunter eine Durststrecke, geprägt vom Loslassen vieles Bekannten und Vertrauten, und er wird es für Engagierte, die die alten Bilder nicht loslassen können oder wollen, auch bleiben. Ähnliches sehe ich für die Arbeit der hauptamtlichen Mitarbeiter:innnen im Gemeindedienst: Unsere Arbeit vor Ort wird nicht überflüssig werden, aber sie und auch unser Rollenverständnis werden sich weiter verändern und auch den Gegebenheiten und der Umwelt entsprechend anpassen (müssen), wenn wir, im pastoralen Dienst hauptamtlich Tätige, zu einer Weiterentwicklung von Kirche(ngemeinden) beitragen wollen.
Einige Entwicklungsschritte zeigen sich bereits an unterschiedliche Orten in deutschen Bistümern, auch hier im Bistum Osnabrück. Der Prozess einer Kirche der Beteiligung wird in unserem Bistum großgeschrieben. Ein konkretes Modell in diesem Projekt ist die Gründung von Gemeindeteams. Das sind ehrenamtliche Gemeindemitglieder, die neben Pfarrgemeinderat und Pastoralteam Leitungsverantwortung in der Kirchengemeinde übernehmen. Selbstverständlich kann dieses Modell nur umgesetzt werden, wenn der Pfarrer vor Ort seine Unterstützung zusagt. Solch eine Form von Beteiligung muss in der katholischen Kirche von der priesterlichen Autorität erlaubt werden. Mit diesem Paradox müssen wir derzeit leben. Dennoch ist der Ansatz richtungsweisend. Die Gemeindeteamer:innen richten ihren Blick darauf, welche Nöte und Bedarfe es im Ort gibt und gehen diese mit Unterstützung geknüpfter Netzwerke an. In diesem Perspektivwechsel sehe ich die aktuelle Herausforderung der Gemeindepastoral und damit auch der Hauptamtlichen vor Ort. Der darin zugrundeliegende Haltungswechsel ist die conditio sine qua non für das Entstehen neuer Kirchenbilder. Ausgehend davon, dass jede:r Getaufte Teil unserer Kirche ist und somit per se Kirche mitgestaltet, vollzieht sich Kirche eben auch bei den 90 Prozent katholischer Christ:innen, die weder regelmäßige Kirchgänger:innen noch ehrenamtlich Engagierte in der Gemeinde sind. Damit drängt sich eine veränderte Fragerichtung auf. Aus ‚Was machen wir (Hauptamtliche und ehrenamtlich Engagierte) mit den Vielen, die nicht mehr zu uns kommen wollen?‘ kann die Frage werden: ‚Was erzählen uns diese Vielen über das, was Kirche und Verkündigung bedeuten?‘ Faktisch wurde doch schon lange mit den Füßen darüber abgestimmt, dass die altbekannten Gottesdienst- und Gemeindeformen auf die Frage nach Sinn, Lebensgestaltung und Vergemeinschaftung keine ausreichenden Antworten mehr bieten. Trotzdem sehe ich die christliche Botschaft als hochaktuell und lebenswichtig an und ihre Verkündigung ist unser bleibender Auftrag. In welchen Ausdrucksformen das zukünftig geschehen wird, bleibt abzuwarten und mitzuentwickeln. Kirche geschieht faktisch (schon lange und zu einem großen Teil) außerhalb unserer Kirchen- und Gemeindehausmauern, dort, „wo die Menschen und die Welt nicht mehr im Drinnen der Kirche sind“ (Gewand/Havers). Diesen Blick nach außen, der auch ein Blick in ein neues Innen werden kann, braucht es, um ein neues Verständnis von ‚Kirche sein‘ entwickeln zu können. Weiterzudenken und mutig und experimentell zu entwickeln, was das u. a. für Seelsorge, Diakonie, Katechese und Verkündigung vor Ort bedeutet, darin sehe ich zukünftig eine wichtige Aufgabe der Pastoralreferent:innen in der Gemeinde. Und sie tun gut daran, sich hierfür Hilfe zu holen: von der Pastoraltheologie, der Kirchengeschichte und weiteren theologischen Fachrichtungen, von Change-Manager:innen und anderen Profis in der Proze...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Inhalt
  3. THEMA
  4. PASTORALREFERENT*INNEN – EIN THEOLOGISCHES KALEIDOSKOP
  5. AUSSENBLICKE
  6. INTERVIEW
  7. PRAXIS
  8. SEELSORGE UND DIASPORA: BONIFATIUSWERK
  9. FORUM
  10. Impressum
  11. NACHLESE
  12. POPKULTURBEUTEL