Handbuch Literatur & Philosophie
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Handbuch Literatur & Philosophie

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Über dieses Buch

Der Band bietet einen systematischen Überblick über das Verhältnis von Literatur und Philosophie. Philosophische, literarische und literaturwissenschaftliche Ansätze kommen gleichberechtigt zu Wort. Die Beiträge loten die Bedeutung von Literatur aus und präsentieren gattungstheoretische Überlegungen zu literarischen Formen der Philosophie. Studien über philosophierende Literatur und philosophische Reflexionen über Literatur beschließen den Band.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110484182

II Philosophie der Literatur

II.1 Affektivität und sinnliche Erkenntnis

Einleitung

Michael Krewet
Die Berücksichtigung von Affektivität und sinnlicher Erkenntnis in der Literatur und Literaturkritik lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Nicht selten steht die sinnliche Erkenntnis dabei entweder in Verbindung oder in einem Spannungsverhältnis mit einem nicht oder nicht allein auf die sinnliche Affektivität der Literatur ausgerichteten Ziel. Schon der wirkmächtige römisch-augusteische Dichter Horaz formuliert in seiner Ars Poetica (V. 333-334), dass die Dichtung nützen und erfreuen und deshalb unter anderem auch angenehm sein wolle.
Um anzudeuten, welch große Bedeutung auch im 20. Jahrhundert noch dem sinnlichen und ästhetischen Charakter der Literatur beigemessen wird, sei hier nur auf eine bekannte Position hingewiesen: Für Hans Robert Jauß ist deutlich, „daß das geschichtliche Wesen des Kunstwerks nicht allein in seiner darstellenden oder expressiven Funktion, sondern gleich notwendig auch in seiner Wirkung liegt“ (Jauß 1970, 163), und er markiert damit nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der Literaturbetrachtung seiner Zeit. Jauß begründet in seiner Zeit - man möchte sagen: abermals - auch eine verstärkte Zuwendung zu den Bedingungen der Rezeption von Literatur, unter anderem in Form einer sinnlichen Erkenntnis, deren Modalitäten in der Folge auch von weiteren Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftlern gewinnbringend analysiert wurden (Ingarden 1979; Iser 1979a; Iser 1979b).
In der Forschung der letzten Jahre ist immer wieder zu beobachten, dass die Betrachtung der Verbindung von Literatur und sinnlicher Erkenntnis und damit auch von Literatur und Ästhetik kaum zu trennen ist von einer philosophisch-erkenntnistheoretischen Basis (Büttner 2006, 15-99, 108-142). Damit steht die Forschung im Einklang mit gegenwärtigen philosophischen Emotionsforschungen, in welchen die zugrunde gelegten Erkenntnistheorien als bedeutsame Voraussetzung für die jeweilige Emotionskonzeption gesehen wird (Perler 2011).
Wenn beispielsweise Baumgarten die Einbildung als sinnlich definiert und sinnlich das „epistemologische Attribut jeder ‚nicht deutlichenʻ oder ‚verworrenen‘‚ Vorstellung ist“ (→ II.2 Adler), dann gründet dieses Konzept von Sinnlichkeit in der erkenntnistheoretischen Position, dass die Wahrnehmung als unmittelbare Sinnesaffektion einhergeht mit einer (noch) nicht deutlichen Vorstellung. Formen der Rationalität hingegen seien mit deutlichen und bewussten Vorstellungen verbunden, die das, was das Subjekt unmittelbar affiziert hat - und mit einer zeitlichen Distanz -, nach bestimmten Kriterien ordnen. Das Subjekt konstruiert also noch einmal bewusst das nach, von dem es zuvor unmittelbar affiziert worden ist. Kritisch betrachtet verliert der distanziert-aufklärende Akt einer so verstandenen Rationalitätskritik jedoch unter anderem die unverfälschte Unmittelbarkeit des Gefühls. Eine wichtige Eigenart der Literatur und Kunst kann dann - etwa im Gegensatz oder als Komplement zur rational-aufklärerischen Philosophie - darin gesehen werden, über sinnliche Affektionen auf den Menschen zu wirken. Die Grundlage dieser erkenntnistheoretischen Position, dass die Sinnlichkeit auf einer „dunklen Vorstellung“ (ἀμυδρὰ φαντασία), die Rationalität auf einer klaren, „evidenten Vorstellung“ (ἐναργὴς φαντασία) beruhe (Sextus Empiricus, Adversus Mathematicos, VII 253-258), lässt sich bis in die hellenistische Philosophie der Antike zurückverfolgen (Büttner 2006, 127-141; Krewet 2013, 27-152). Die Wirkung der hellenistischen Philosophie - gerade auf frühneuzeitliche Konzepte - ist bedeutend (Schmitt 2008, 7-206). Baumgarten beispielsweise zitiert an zentraler Stelle (Ästhetik, § 449) den epikureischen Gedanken aus LukrezDe rerum natura (V. 476-485), dass für die Kenntnis des Wahren die Sinnlichkeit den Vorrang vor dem Denken habe. Dieser erkenntnistheoretische Dualismus zwischen unmittelbar affektiver, unverfälschter Sinnlichkeit und distanzierter, überformend-ordnender, gefühlloser Rationalität, der viele Jahrhunderte des europäischen Denkens prägt, erfährt, wie die drei Unterkapitel zeigen, eine Fülle kontroverser Ausdifferenzierungen und Diskussionen in der Literatur und Philosophie bis in die Gegenwart, die immer wieder auch die Unverfälschtheit und Lebendigkeit der sinnlichen Erkenntnis in Anschlag bringen.
Ein erstes Kapitel wirft ein Schlaglicht auf die griechische Antike. Es untersucht, wie Gorgias vor dem Hintergrund seines Erkenntnisskeptizismus eine formalästhetische Rhetorik entwirft und wie eine Literatur, die unter anderem auf solchen Kriterien beruht, der Dichtungskritik Platons anheimfällt. Darüber hinaus behandelt dieses Kapitel den Allgemeinbegriff, in dem Aristoteles’ Dichtungskonzept wurzelt (→ II.1 Krewet).
Im zweiten Kapitel steht die zunehmende Bedeutung, die der sinnlichen Erkenntnis in der Philosophie ab dem 18. Jahrhundert zukommt, im Zentrum der Betrachtung. So wird am Beispiel Baumgartens etwa die Aufwertung der Sinnlichkeit und die Wendung gegen Vorgängerpositionen nachgezeichnet, die die Sinnlichkeit als Mangel gegenüber einem rationalen Verstandes- oder Vernunftdenken begreifen, der in der Undeutlichkeit gründe. Vertreterinnen und Vertreter der Baumgartʼschen Schule messen fortan der sinnlichen Kraft von Vorstellungen eine große Bedeutung in der Literatur und Dichtung bei, die ihrerseits durch ihre sinnliche Rede affektiv auf die Seele der Rezipientin oder des Rezipienten wirken kann. Das Beispiel der sinnlichen Wirkung in Form einer angenehmen Empfindung oder eines freien Vergnügens, das Vernunftvorstellungen begleitet, wird schließlich in einer anderen Facette auch am Beispiel Schillers untersucht (→ II.1 Adler).
Im dritten Kapitel wird der Wert, der sinnlicher Erkenntnis zukommt, an der Phänomenologie der Sinne als einer Erfahrungslehre bei Husserl, Merleau-Ponty und Simmel behandelt...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. I Einleitung
  5. II Philosophie der Literatur II.1 Affektivität und sinnliche Erkenntnis
  6. II Philosophie der Literatur II.2 Wirklichkeit, Wahrscheinlichkeit, Fiktion
  7. II Philosophie der Literatur II.3 Rhetorik und Poetik
  8. II Philosophie der Literatur II.4 Literatur und Vernunftkritik
  9. II Philosophie der Literatur II.5 Literatur und Wissen
  10. II Philosophie der Literatur II.6 Literatur und Ethik
  11. II Philosophie der Literatur II.7 Literatur und gesellschaftliche Praxis
  12. III Literarische Formen der Philosophie
  13. IV Konstellationen IV.1 Philosophie über Literatur
  14. IV Konstellationen IV.2 Philosophie als Literatur - Literatur als Philosophie
  15. IV Konstellationen IV.3 Philosophie in der Literatur
  16. V Auswahlbibliographie
  17. VII Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
  18. Personenregister
  19. Stichwortverzeichnis