Eine lutherische Ökonomie
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Eine lutherische Ökonomie

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Eine lutherische Ökonomie

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Mit "Theologie" und "Ökonomie" stehen entgegengesetzte Handlungslogiken im Widerstreit, die in christlichen Akteuren aufeinandertreffen. Eine Verhältnisbestimmung sowie ein konfessionell geprägter Integrationsvorschlag werden hier im Rahmen einer theologischen Ökonomie vorgelegt.

Nach einer Darstellung der ökonomischen Perspektive u.a. anhand des gängigen Idealmodells des homo oeconomicus werden die vielfältigen Konstellationen beider Disziplinen auf die Unterscheidung von ökonomischer Theologie und theologischer Ökonomie zugespitzt. Während ersteres theologische Paradigmen am Ort der Ökonomie identifiziert, zielt letzteres auf das ökonomische Denken aus einer theologischen Perspektive. Beispiele für theologische Ökonomien werden identifiziert, systematisiert und nach den jeweiligen Argumentationsmustern, Konstruktionsprinzipien und Perspektivüberschneidungen gefragt. Deutlich wird dabei, dass es keine spezifisch lutherische Theologie der Ökonomie gibt. Mit einem exegetischen, historischen und systematischen Dreischnitt wird die Leerstelle gefüllt.

Das " simul iustus et peccator " kann dabei das Verhältnis von Theologie und Ökonomie in einer lutherischen Theorie der Ökonomie beschreiben und erzeugt homiletische Konsequenzen.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110748031

1Einleitung

‚Mit Gott‘ stand früher auf dem Kontorbuch.1 Ökonomie mit Gott oder als Gott, durch oder von Gott? Eine Transformation religiöser Verheißungen in ökonomische Angebote und die Aufladung von Waren in das Versprechen von käuflichen Identitäten lässt sich an vielen Beispielen aufzeigen. Wird aber auch das ‚Buch des Lebens‘2 in den Händen des Marktes zu einem Katalog? Ein spezifisch ökonomischer Glaube lässt sich entdecken und dabei gehört es nicht nur für christliche Ökonomen zur intellektuellen Schizophrenieprävention, eine gewisse Konsistenz zwischen ökonomischem und theologischem Glauben herzustellen.3 Dieser Versuch wird hier aus einer theologischen Perspektive vorgelegt.
Religiöser Glauben ist kein wirtschaftsethisches Zaubermittel,4 zur Frage steht jedoch, ob der christliche Glaube ökonomische Auswirkungen zeigt, die jenseits einer theologischen Ethik liegen könnten. Das Potential und die Grenzen einer ‚theologischen Ökonomie‘ sind für den lutherischen Bereich weitgehend unerforscht.5
Unter der offenen Leitfrage nach einer lutherischen theologischen Ökonomie werden folgende Schritte unternommen:
Zunächst sind für das Themenfeld die ökonomischen Grundlagen eine Voraussetzung. Hier stehen das homo oeconomicus-Modell, die Neue Institutionenökonomik und Marktkonzeptionen im Fokus anhand ökonomischer Standardliteratur zum Thema, um eine ökonomische Anschlussfähigkeit zu ermöglichen.6 Angereichert wird die Darstellung durch soziologische Konzeptionen und erweitert durch plurale Akteursrationalitäten und deren kommunikative Bedingungen. Auf diese Weise wird ein ökonomischer Grundkonsens dargestellt und theologische Anschlussstellen identifiziert.
Dass es sich in der Auswahl um Standards und Grundlagen der Ökonomie handelt, zeigt sich in der jeweiligen Anwendung selbiger Methoden in den Verhältnisbestimmungen von Theologie und Ökonomie. Das Forschungsfeld ist geprägt von wechselseitigen Perspektiven und Anwendungsfällen, die es zu systematisieren gilt. Dabei zeigen die wirtschaftsethischen Verhältnisbestimmungen Zuordnungsmuster von Theologie und Ökonomie mit unterschiedlichen Argumentationen. Zur Disposition steht dabei immer die Frage, wie von einer theologischen Ethik her Ökonomie beraten und verändert werden kann. Ethik ist dabei ein Feld, mit dem sowohl in der Ökonomie als auch in der Theologie operiert wird, und das – je nach Argumentationsmuster – deutliche Grenzen hat. Eine Perspektive von Ökonomie auf Religion ist mit der Anwendung ökonomischer Methoden im Rahmen der Religionsökonomie gegeben. Dieses religionswissenschaftliche Forschungsfeld untersucht vom Ort der Ökonomie aus Religion. Hier wird eine ökonomische Außenperspektive angezeigt, die wertvolle Ergebnisse beiträgt, jedoch durch das methodischen Inventar zugleich die Innenperspektive nicht erfassen kann.
Ökonomische Methoden in der Kirche verändern wiederum die theologische Innenperspektive, wie sich anhand eines Fallbeispiels zeigen wird. Dass Ökonomie in der Anwendung eine eigene Logik durchsetzt wird hier problematisiert.
Klassisch muss noch auf Ökonomie als Religion hingewiesen werden, um die Verhältnisbestimmungen möglichst breit darzustellen. Diese Erarbeitung unterschiedlicher Konstellationen und Anwendungsfelder ist die Voraussetzung für eine instruktive Unterscheidung. Unter dem Stichwort economic theology werden die Glaubensstrukturen der Ökonomie in Genese und Geltung untersucht. Identifiziert wird ein Glaube am Ort der Ökonomie, der u. a über Theorieeffekte wirkmächtig ist. Kann mit economic theology am Ort der Ökonomie eine Theologie im weitesten Sinne aufgezeigt werden, hilft das einerseits der Aufklärung der Ökonomie über sich selbst,7 und andererseits ist damit zugleich nach einer Ökonomie am Ort der Theologie gefragt. Ist neben einer economic theology auch eine theological economy denkbar?
Die Unterscheidung und der Forschungsbereich sind kaum untersucht, und was als theologische Ökonomie gelten könnte strittig. Auch begrifflich gibt es keinen Konsens, sondern nur die Nutzung unterschiedlicher Begriffe für einen kaum definierten Forschungsbereich. Die Klärung dieser diffusen Lage führt zu dem Ergebnis, dass nur aus den jeweiligen Konstruktionsbedingungen einer theologischen Ökonomie erschlossen werden kann, was als ökonomisches Denken am Ort der Theologie gelten kann. Die theologischen Vorentscheidungen und konfessionellen Prägungen bestimmen maßgeblich die jeweiligen Argumentationen, und damit zugleich Aufgabe und Ziel der theologischen Ökonomie.
Aufgrund dieser Sachlage werden unterschiedliche Ansätze untersucht, die sich implizit oder explizit im Rahmen einer theologischen Ökonomie verstehen lassen. Die Ansätze wurden so ausgewählt, dass sich unterschiedliche Argumentationsmuster identifizieren lassen, die exemplarisch einen Überblick vermitteln und die Konstruktionsbedingungen von theologischen Ökonomien darstellen. Ausgangspunkte sind dabei die ursprüngliche Bedeutung von Ökonomie bzw. die Metapher ‚Gott als Ökonom‘; Gnade als Grundprinzip einer theological economy; der biblische Bundesgedanke und das Begehren in theologischer und ökonomischer Dimension. Erweitert wird das durch eine alttestamentliche Ökonomie im Zeichen der Ethik und eine Position aus lutherischer Perspektive zur Marktwirtschaft.
Dabei wird deutlich, dass es zwar konfessionell geprägte Ansätze und unterschiedliche theologische Zugänge zum Thema gibt, allerdings keine spezifisch lutherische Ökonomie, die von den konfessionellen Charakteristika her argumentiert. Damit steht zugleich zur Frage, ob das Nachdenken über Ökonomie in lutherischer Prägung allein in einem ethischen Rahmen möglich ist, oder ob die theologischen Ressourcen eine lutherische Ökonomie ermöglichen.
Ein möglicher Zugang zu diesem Thema wird mit einem exegetischen, historischen und systematischen Dreischritt erarbeitet. Neutestamentlich steht dabei die paulinische Kollekte Pate, um ein biblisches Fundament auszuweisen, bei dem eine theologische Prägung von Ökonomie ersichtlich wird. Die Perspektive auf die Reformation als Dekommerzialisierung benennt und deutet die ökonomischen Kontexte der lutherischen Theologie, und die systematische Weiterführung von der Rechtfertigungslehre sowie dem simul iustus et peccator her entwirft eine konfessionell geprägte Perspektive auf das Themenfeld Theologie und Ökonomie. In einer abschließenden Integration wird diese Theorie konkretisiert und in einen homiletischen Kontext gesetzt. Letzteres schließt den Kreis, indem es die Schnittstellen und neuen Verhältnisbestimmungen von Theologie und Ökonomie verdeutlicht.
Auf diese Weise entsteht eine konkrete lutherische Perspektive, die am Ort der Theologie entworfen ist und die Ökonomie integriert.

2 Konstellationen von Ökonomie und Theologie

Nachfolgend sollen die Grundlagen der aktuellen Ökonomik anhand ausgewählter Standardwerke skizziert werden, sodass die ökonomische Theoriebildung einerseits erfasst wird, andererseits aber auch die Methoden, die (praktisch-theologisch) in und (religionsökonomisch) auf Religion bzw. Kirche angewendet werden, mit ihrem theoretischen Hintergrund verständlich werden. Maßgeblich dafür ist das homo oeconomicus-Modell, das Thema des Ökonomieimperialismus, die Neue Institutionenökonomik und als integrierender Gesamtentwurf mit ethischen Reflexionen K. Homanns ‚Einführung in die Ökonomik‘.

2.1 Ökonomische Grundlagen

2.1.1 Ökonomische Urgeschichten

Οἰκονομία und die abgeleitete lateinische Entsprechung oeconomia bedeuten soviel wie ‚Verwaltung des Hauses‘, was auch auf den Staat übertragen angewendet werden konnte. Der Bezug auf das Haus kann wegfallen, da der Begriff auch ‚verwalten‘ allgemein bedeuten kann. Damit verbunden ist der Ökonom – οἰκονόμος, der von οἰκονομέω her zu bestimmen ist und sich im Sinne von verwalten, anordnen und verteilen (νέμω) auf das Haus (οἶκος) bezieht. Die ältere Ableitung von οἶκος und νόμος scheint nicht treffend zu sein.1 Νόμος mit der Bedeutung von Brauch und Gesetz, kann auch eine Tonart, also eine melodische Ordnung bezeichnen und kommt seinerseits ebenfalls vom Verb νέμω. Eine sprachgeschichtliche Rekonstruktion führt an dieser Stelle zu weit, es soll jedoch mitbedacht werden, dass der griechischsprachige Hörer sowohl die Konnotation von νόμος, als auch die von νέμω gehört haben kann. Der letzte Wortbestandteil verweist in jedem Fall darauf, dass Verteilung und Verwaltung ein wesentliches Strukturmerkmal der Ökonomie ist.
Literaturgeschichtlich bewegt sich die ökonomische Literatur, in welcher der Begriff explizit gebraucht wird, vom Mythos zum Logos, genauer: vom Epos (von Personen lernen) über das Lehrgedicht (isoliertes Thema) hin zur rationalen Reflexion. Bei Homer sind König und Hausverwalter noch nicht getrennt und die Verbindung von οἶκος und πόλις ist früh im Thema angelegt. So sind auch in Komödien und Tragödien ökonomische Sachverhalte verarbeitet worden. Mit Hesiods Lehrgedicht Werke und Tage sind Themen der späteren ökonomischen Schriften bereits angespielt, wie z. B. die Bedeutung der Arbeit, Geräte, Vorrat und der Umgang mit Arbeitskräften. Das Thema des guten Lebens ist auch bei Hesiod präsent, die Unterthemen Haus und Herrschaft bzw. deren Verwaltung sind dann in den spezialisierten Bereich ‚Ökonomie‘ ausgelagert worden.2
Xenophons (*430–†354 vC) Οἰκονομικός ist das prominenteste Beispiel einer frühen Ökonomie. Er bezieht oἰκονομία direkt auf das Hauswesen, das als existenzsichernder Organismus erscheint. Landwirtschaft ist als gerechte ökonomische Form anzusehen, weil ihr Gewinn gerade nicht auf Kosten anderer Menschen erwirtschaftet wird. Aus ihr kann der gute Ökonom einen Lebensunterhalt beziehen, ohne an anderer Stelle einen Mangel zu produzieren, wie es bei einem ungleichen Handel wäre.
Von Aristoteles sind verschiedene verstreute Bemerkungen in seinen Schriften zum Thema Ökonomie bekannt. Er behandelt sie etwas breiter zu Beginn seiner Politik. Die Hausverwaltung gehört für ihn zum sozialen und politischen Verhältnis zur Polis. Zudem sind drei Bücher, zusammengefasst als Οἰκονομικά (man denke πράγματα hinzu) bezeichnet, unter seinem Namen tradiert. Diese Bücher entstammen vermutlich dem Lehrbetrieb des Peripatos und dürften als pseudonyme Schriften auf verschiedene Schüler zurückgehen. Aristoteles selbst hat inhaltlich weniger Interesse an der Verwaltung des οἶκος als die früheren Autoren, sondern betrachtet die ‚Entartungen‘, also den grenzenlosen Besitzerwerb, in seiner ‚Politik‘ genauer.3 Er unterscheidet im Rahmen der Ökonomie bzw. Chrematistik4 zwischen limitiertem und unlimitiertem Besitz. In der Landwirtschaft ist Besitz begrenzt und wird gemäß seiner Funktion gebraucht. Der Tausch von nützlichen Dingen ist naturgemäß, und Geld als Mittel vereinfacht den Tausch.5 Der Struktur nach würde das folgendermaßen ausgedrückt: WareGeldWare. Durch die Verwendung von Geld (und Fachkenntnissen) kann aber auch Gewinn bzw. Einkommen aus dem Handel bezogen werden, womit Geld wiederum Geld produziert und zum Reichtum wird. Strukturell sieht das so aus: GeldWaremehr Geld.6 Dieser Reichtum vermittelt den Eindruck unbegrenzt zu sein und das Ziel dieser Erwerbskunst ist nur Geld. Diese Art Reichtum ist aber nicht das Ziel der frühen Ökonomie: K. Polanyi referiert in einem Aufsatz7 Aristoteles’ Konzeption der Ökonomie, die von der Selbstgenügsamkeit des Menschen ausgeht und nicht von grenzenlosen Bedürfnissen bzw. dem Paradigma der ökonomischen Knappheit. Aristoteles schreibt laut K. Polanyi in der Situation erst entstehender Märkte in Griechenland.
Für Aristoteles bezog sich Ökonomie auf die Beziehungen des οἶκος, wobei Gemeinschaft, Selbstgenügsamkeit und Gerechtigkeit die zentralen Topoi waren: „Die Gruppe als lebendige Wesenheit bildet eine Gemeinschaft (koinonia), deren Mitglieder durch das Band des guten Willens (philia) verbunden sind. In oikos und polis gibt es eine Art von philia, die für diese koinonia spezifisch ist, ohne die die Gruppe nicht bestehen...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Vorwort
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Konstellationen von Ökonomie und Theologie
  7. 3 Theological Economies
  8. 4 Exemplarische theologische Ökonomien
  9. 5 Zugänge zu einer lutherischen Perspektive
  10. 6 Lutherische Theologische Ökonomie?!
  11. Stichwortverzeichnis