Neue Heimaten
eBook - ePub

Neue Heimaten

kommen | bleiben |gehen in der Südoststeiermark

  1. German
  2. ePUB (handyfreundlich)
  3. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Neue Heimaten

kommen | bleiben |gehen in der Südoststeiermark

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Migration ist in aller Munde. Doch, was heißt das für die Südoststeiermark konkret? Woher kommen die Menschen, die hier leben? Warum sind viele gegangen? Wer und was ist geblieben? Ab wann fühlt man sich heimisch, und was ist überhaupt "Heimat"? Wer sind "die"? Und, geht es nicht um "uns"?Im Begleitband zur Sonderausstellung des "Museums im Tabor" 2013 widmen sich Forscher, in der Integrationsarbeit Tätige und Köche Fragen der Migration und des Kulturtransfers im ländlichen Raum: Von Wanderungsbewegungen ab dem Zeitalter der Eisenbahn bis hin zu den Auswirkungen des "globalen Dorfes" im www.Dreh- und Angelpunkt ist dabei, ab wann wir über "Heimat" sprechen können.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Neue Heimaten von Wolfram Dornik, Rudolf Grasmug, Wolfram Dornik,Rudolf Grasmug im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Historia & Historia del mundo. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Verlag
Leykam
Jahr
2013
ISBN
9783701102808

Rudolf Grasmug – Kommen und Gehen in der Südoststeiermark

Die Bevölkerung Feldbachs

Am Beispiel Feldbachs sei hier stellvertretend die allmähliche Veränderung der Bevölkerung in der Südoststeiermark veranschaulicht. Ab dem 18. Jahrhundert gibt es genauere Angaben über die Bevölkerungsentwicklung. 1781 lebten in Feldbach 90 Familien, was genau der Zahl der Häuser zu dieser Zeit entsprach, in denen 445 Menschen lebten. Ungefähr bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist dann eine Verdoppelung der Bevölkerung zu verzeichnen. Während die Bevölkerungszahl bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert stetig anstieg, nämlich auf 667 Einwohner in 124 Familien, betrug die Zahl 1810 nur mehr 609 Einwohner. Der Rückgang ist wohl hauptsächlich auf die Auswirkungen der „Franzosenkriege“ (1792–1815) zurückzuführen. 1774 setzte sich die Bevölkerung von 584 Einwohnern aus 304 Männern und 280 Frauen zusammen, 1817, nach Ende der „Franzosenkriege“, waren von 636 Einwohnern nur 289 Männer. Um 1850 wurde dann die 1000-Einwohner-Grenze (1850: 1148 Einwohner) überschritten.51
Als das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz mit sich brachte, gerieten die sonst stabilen Bevölkerungsverhältnisse in Bewegung.
Der sprunghafte Anstieg der Bevölkerung von Feldbach während des Ersten Weltkrieges war durch die Errichtung eines der größten Kriegsgefangenenlager der Donaumonarchie bedingt. Darunter war natürlich kein Zuwachs der Stadtbevölkerung zu verstehen, denn die Zahl der im Lager befindlichen Gefangenen und Verwundeten erreichte zeitweilig etwa das Zwanzigfache der Stadtbevölkerung. Wenn nach dem Ersten Weltkrieg die Einwohnerzahl (1920: 2789 und 1923: 2456 Einwohner) trotz der Gefallenen und der Abwanderung nach Auflassung des Lagers höher ist als in den Vorkriegsjahren, so ist demnach einerseits der Verbleib von Leuten, die mit der Liquidation des Lagers beauftragt waren, verbunden und anderseits der Verbleib von Kaufleuten, Handwerkern und Arbeitern. Dazu kommt noch, dass durch Feldbach nach 1918 zahlreiche Menschen aus den Südostgebieten der Monarchie zurückfluteten, z. B. ehemalige Bewohner der an Jugoslawien gefallenen Untersteiermark sich in Feldbach niederließen.
Schon während des Zweiten Weltkrieges kam es aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes zur Aktion „Heim ins Reich“ auch in Feldbach zur Unterbringung von umgesiedelten „Volksdeutschen“, die aus der Bukowina (Buchenland) stammten.52 In Feldbach befand sich das Lager auf dem Areal der STEWEAG in der Gleichenbergerstraße, in Fürstenfeld als „Buchenlandlager“ in der Mühlbreiten.53 Für die Umsiedler aus Südtirol, die durch das Hitler-Mussolini-Umsiedelungsabkommen verursacht wurden, waren die Südtirolersiedlungen vorgesehen, u. a. in Feldbach und in Fürstenfeld. Einige Südtiroler Familien wurden in Feldbach sesshaft. Das Kriegsende brachte eine ganze Flutwelle von Volksdeutschen, die nun als Flüchtlinge aus dem großen Donau-Theiß-Becken nach dem Westen strebten.54
Durch den Bezirk Feldbach strömten ca. 3200 Menschen, die als Volksdeutsche geführt wurden, darunter viele Menschen verschiedener Staatszugehörigkeit. Den Hauptteil der Volksdeutschen bildeten Vertriebene oder Flüchtlinge aus Jugoslawien mit rund 2500 Personen. Rund 350 kamen aus Ungarn, 210 aus Rumänien, etwa 100 aus dem Staatsgebiet der Tschechoslowakei, etwa 30 aus Polen und dem benachbarten russisch-ukrainischen Gebiet und vier Personen aus italienischem Staatsgebiet.55 Auf direktem Fluchtweg – vor allem aus den deutschen Dörfern östlich von St. Anna – oder über die Lager Wagna, Straß, Großwilfersdorf, Brunn bei Fehring gelangten die Flüchtlinge aus Ungarn und Jugoslawien in den Bezirk, wobei sie außer in den Baracken in und um Feldbach vornehmlich in den Schlössern und Meierhöfen Kornberg, Hainfeld, Poppendorf, Gleichenberg (Meierhof des zerstörten Schlosses und in Häusern des Kurortes), Kapfenstein, Petzelsdorf, Hohenbrugg, Riegersburg, Waldegg einquartiert waren und zumeist als Landarbeiter einen Rückhalt zu finden versuchten. In der ersten Zeit wurden sogenannte Rückführungstransporte nach Deutschland durchgeführt. Viele wollten auswandern. Umsiedler aus Gottschee waren teilweise schon ab 1941 gekommen (Gut Kornberg). In den Bezirk Feldbach flüchteten aus der unmittelbaren Nachbarschaft, dem Übermurgebiet (Prekmurje), das im Rahmen der Zerschlagung Jugoslawiens von Hitler den Ungarn zugesprochen worden war, vornehmlich aus den Gemeinden (Füchselsdorf/Fikšinci, Sinnersdorf/Kramarovci, Guizenhof/Ocinje und Rotenberg/Serdica) deutsche Bewohner.56 Allein aus Guizenhof flüchteten rund 190 Menschen in den Bezirk Feldbach.
Von den 1959 in der Steiermark ansässigen rund 20.000 Donauschwaben wurden etwa 150 Familien im Bezirk Feldbach sesshaft, ein starkes Drittel in der Industrie, ein Drittel in der Landwirtschaft (16 Hofbesitzer, 4 Pächter), die übrigen im Bauwesen, Gewerbe und Selbstständige.57
In Feldbach erinnern an die Volksdeutschen die beiden Straßenbezeichnungen „Banaterweg“ und „Siebenbürgerweg“.
Die Herkunft der volksdeutschen Familien und Einzelpersonen im Bezirk Feldbach: Aus der Untersteiermark, dem Miesstal und dem Übermurgebiet: 61 Personen; aus Gottschee: 27 Personen; Donauschwaben aus der Batschka, aus dem Banat, aus Slawonien, aus Sirmien, aus Ungarn: 588 Personen; aus dem Sudetenland: 43 Personen.

Wandergewerbe

Die zunehmende Mobilität nach dem Staatsgrundgesetz 1867 ist am verstärkten Auftreten des Wandergewerbes feststellbar, das bei den zuständigen Bezirkshauptmannschaften durch die vermehrten Ansuchen um Ausstellung von Wandergewerbelizenzen seinen Niederschlag fand.
Nach zehnjährigem ununterbrochenen Aufenthalt konnte man nach dem Gesetz vom 5. Dezember 1896 den „Heimatsrechtanspruch“ erlangen. Die Aufnahme in den Heimatverband erreichte man mit dem Heimatschein, der das Heimatrecht attestierte. Welche Schwierigkeiten für den einfachen Menschen damit verbunden waren, zeigt das Beispiel des Konrad Pöschl aus Hofstätten, der um Aufnahme in den Heimatverband Trautmannsdorf ansuchte. Der Bürgermeister Michael Schober teilte ihm am 8. Dezember 1929 mit: „Die Gemeinde Trautmannsdorf, gibt ihre Zustimmung nicht dazu, da er nur ein Arbeiter beim Bahnbau Feldbach-Gleichenberg ist und nichts besitzt.“ 58
1927 suchte Jakob Fritz, geb. 1853, zuständig nach Ilz, seit 1912 in Fehring Badgasse Nr. 164 wohnhaft, um Aufnahme in den Heimatverband der Marktgemeinde Fehring an. Die Aufnahme wurde ihm wegen unterbrochener Laufzeit verweigert. Er beteuerte, die Marktgemeinde Fehring nie verlassen zu haben, er sei nur während der Saison nach Gleichenberg gefahren und wieder nach Fehring zurückgekehrt, ohne dabei die Wohnung in Fehring aufgegeben zu haben. Bürgermeister Johann Sandhofer teilte aber der Marktgemeinde Ilz mit, die Familie Fritz sei nach Ilz zuständig: „Die gefertigte Gemeinde ersucht zur Kenntnis nehmen zu wollen, dass die genannte Familie infolge gerichtlicher Delogierung, wenn sie bis inkl. 18. Februar 1927 nicht abgeholt werden sollte, dieselbe auf Kosten der Gemeinde Ilz von hier aus übersiedelt wird.“ 59
Besonders typisch für das Wandergewerbe waren Schleifer, Regenschirmmacher und Kesselflicker: 1895 suchte Giovanni Battista aus der Provinz Belluno um Erneuerung seiner Lizenz zum Betrieb des „Kläpner [Klempner]- und Fensterflicker-Gewerbes im Umherziehen“ an.60 Häufige Ansuchen kamen aus dem Bereich der Messer- und Scherenschleifer und Regenschirmausbesserer, wie z. B. Anton Lichtenegger aus Krottendorf oder Juliana Truber aus Dietersdorf.61 1898 suchte Klement Hoppacher, wohnhaft bei Josef Nöst in Bergl, Gemeinde Kornberg, um Erneuerung der Lizenz auf ein weiteres Jahr an.62 Er war nach Kukmér/Kukmirn im Bezirk Güssing/Németújvár in Ungarn zuständig und stellte am 19. März an die BH Feldbach die Bitte, seinen Stiefsohn August Reßmann, 15 Jahre, nach Windisch Pöllau zuständig, als seinen Gehilfen „einzutragen, und ihm das Hausierbüchl ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Bgm Kurt Deutschmann – Vorwort
  4. Bettina Vollath – Vorwort
  5. Wolfram Dornik, Rudolf Grasmug – Einleitung
  6. Andrea Keinrath – Vom „wir und die anderen“ zu „wir FeldbacherInnen“. Auf dem Weg zu gelebter Vielfalt
  7. Historische Aspekte von Migration
  8. Rita Garstenauer, Anne Unterwurzacher – Migrationen, Mobilität und ländliche Räume
  9. Peter Teibenbacher – Einwanderung und Flucht in die Steiermark, 1945 bis ins 21. Jahrhundert
  10. Rudolf Grasmug – Kommen und Gehen in der Südoststeiermark
  11. Dieter Bacher – Zwangsarbeiter und Displaced Persons in der Südoststeiermark
  12. Edda Engelke – Die Nachbarn kommen: Ungarn 1956 und -Jugoslawien
  13. Michael Mehsner – Der Heimat treu geblieben – die Auslandsfeldbacher
  14. Migration als Herausforderung der Glokalisierung
  15. Johann Verhovsek – Migration und Kulturtransfer – zwischen Theorie und musealer Praxis
  16. Peter Fritz – „Flucht und Vertreibung“: Sicherheitspolitische Überlegungen zum Thema Zwangsmigration
  17. Elisabeth Arlt – „Alte“ Minderheiten als Links zu den „neuen“ am Beispiel südsteirischen Grenzlandes
  18. Karin Bischof, Dieter Schindlauer – Heimat(en) machen, statt Integration
  19. Robert Reithofer – Neue Heimaten? Das Ausland verletzt immer – eine Spurensuche
  20. Geschichten der Migration
  21. Dinglicher Kulturtransfer – Exponate erzählen eine versteckte Geschichte
  22. Wofram und Josefa Dornik, Magdalena Siegl – 1001 Polenta-Rezepte. Eine kulinarische Geschichte des Kulturtransfers
  23. Anhang
  24. Ausstellungs-Impressum
  25. Copyright