Zwischen Zeit und Ewigkeit
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Zwischen Zeit und Ewigkeit

Eine Entdeckungsreise durch die drei Ebenen des menschlichen Bewusstseins

  1. 400 Seiten
  2. German
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Zwischen Zeit und Ewigkeit

Eine Entdeckungsreise durch die drei Ebenen des menschlichen Bewusstseins

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Wie können wir uns im Dschungel der vielschichtigen inneren und Ă€ußeren Erfahrungen als Mensch zurechtfinden?Einerseits mĂŒssen wir im Alltag in unterschiedlichen Rollen bestehen, andererseits sind wir innerlich mit einer sich stĂ€ndig verĂ€ndernden GefĂŒhlswelt konfrontiert, die oft so gar nicht zu unserer Ă€ußeren IdentitĂ€t passen will. Schließlich gibt es noch tiefe kontemplative Augenblicke von innerer Freiheit, in denen sich die persönliche IdentitĂ€t vollkommen aufzulösen scheint. Wer sind wir also?Diese Vielschichtigkeit lĂ€sst sich erst begreifen, wenn wir ­anerkennen, dass sich das menschliche Leben nicht nur in einer Welt abspielt, sondern auf drei parallelen Bewusstseinsebenen: in der ­AlltagsrealitĂ€t mit ihren Ă€ußeren Notwendigkeiten, der inneren Welt einer Seelischen RealitĂ€t und der allem zugrunde liegenden Absoluten ­RealitĂ€t des SEINs.In diesem Buch unternimmt Richard Stiegler eine Entdeckungsreise in die Welt unseres Bewusstseins. PrĂ€zise und anschaulich beschreibt er die GesetzmĂ€ĂŸigkeiten der drei RealitĂ€tsebenen und zeigt, wie sie wirken. Eine solch differenzierte Landkarte hilft dabei, MissverstĂ€ndnisse zu vermeiden, und inspiriert gleichzeitig dazu, die Weiten und Potenziale dieser inneren Welten zu erkunden und mit dem eigenen Leben in Einklang zu bringen.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783867813709

Kapitel 1

Wie wirklich ist
die Wirklichkeit?

Wie kann es da draußen ein mechanisches Universum geben, wenn sich das Universum jedes Mal verĂ€ndert, wenn wir unsere Betrachtungsweise Ă€ndern?
Fred Alan Wolf, Quantenphysiker
Seit vielen Jahren begleite ich Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen. Manche von ihnen befinden sich in einer Lebenskrise, in der sie ein Strudel von heftigen Emotionen umtreibt. Oft stellen sie sich selbst und ihr bisheriges Leben infrage. Doch auch in diesen Phasen spĂŒren sie die grundlegende Verunsicherung und die GefĂŒhle, die damit einhergehen, meistens nicht rund um die Uhr. Wenn sie zur Arbeit gehen und in die gewohnten TĂ€tigkeiten des Alltags eintauchen, sind sie plötzlich gelassen und kompetent. Wie weggeblasen sind alle Fragen und Unsicherheiten, die sie noch morgens vor der Arbeit bewegt haben. Doch abends, bei einem GesprĂ€ch mit einer guten Freundin, drĂ€ngen die Fragen und die GefĂŒhle wieder mit Macht an die OberflĂ€che. Ist das nicht erstaunlich, wie schnell selbst heftige GefĂŒhle verschwinden und wieder auftauchen können?
Wie oft habe ich selbst bereits erfahren, dass sich im Laufe eines ganz gewöhnlichen Tages meine Befindlichkeit Ă€ndert? Wenn ich unter der Lupe der Achtsamkeit mein Leben betrachte, bin ich geradezu ĂŒberrascht, wie oft und wie schnell sich innere ZustĂ€nde abwechseln. Manchmal wache ich morgens mit einem verstörenden Traum auf, der mich benebelt und etwas Ă€ngstlich beim FrĂŒhstĂŒck sitzen lĂ€sst. Innerlich habe ich das GefĂŒhl, noch nicht wirklich wach zu sein. Traumfetzen ziehen wie kurze Filmsequenzen durch mich hindurch und fĂ€rben meine Stimmung ein. Doch bereits wenige Augenblicke spĂ€ter, wenn ich an den Schreibtisch gehe und mich auf die Arbeit konzentriere, treten diese GefĂŒhle weit zurĂŒck und ich fĂŒhle mich klar, wach und handlungsbereit. Besonders wenn ich Menschen begleite oder Gruppen leite, erlebe ich immer wieder, dass fast augenblicklich alles verschwindet, was mich innerlich als Person in diesem Augenblick beschĂ€ftigt hat. In den Vordergrund rĂŒckt eine PrĂ€senz, die eine große Klarheit und ein tiefes EinfĂŒhlungsvermögen ermöglicht, und in der ich viele innere Ressourcen ganz leicht abrufen kann. Alles, was mich persönlich ausmacht, hat hier keine Relevanz. Bin ich hier ein anderer Mensch?
Und dann gibt es da noch die Momente der Stille. Wenn ich mich nach innen fallen lasse, entsteht wieder eine ganz andere Art von Wachheit – eine innere PrĂ€senz –, in der alles, was mich an der OberflĂ€che meines Menschseins bewegt, sich auflösen kann. AlltĂ€gliche Gedanken und GefĂŒhle, aber auch alle Strukturen wie Zeit und Raum und selbst das Erleben einer klaren Ich-IdentitĂ€t mit einem Körper verflĂŒchtigen sich, und fĂŒr einen Augenblick lang gibt es nur ein zeitloses, offenes SEIN – Dasein pur. Vielleicht dauern diese SEINSmomente nur ein paar Augenblicke, vielleicht auch mehrere Minuten. Was spielt das fĂŒr eine Rolle in einem Raum jenseits der Zeit?
Doch fast unmerklich tauchen wieder Gedanken und GefĂŒhle auf und fĂ€rben den inneren weiten Horizont ein, als ob sich ein Schleier darĂŒberlegt. Und ehe ich mich versehe, beschĂ€ftigt mich eine bevorstehende Aufgabe. Plötzlich finde ich mich in Gedanken wieder, wie ich die Situation regeln kann, und mit diesen Gedanken geht eine gewisse Anspannung einher. Vorbei ist der Zustand einer friedlichen Stille jenseits aller Aufgaben und Verpflichtungen und auch jenseits allen Tuns. Oder doch nicht? Manchmal kann ich ihn trotz der AktivitĂ€t auf der OberflĂ€che noch weiterhin unterschwellig spĂŒren.
Das kann sich aber sehr schnell Ă€ndern, wenn im weiteren Tagesverlauf etwas auftaucht, das meine ganze Aufmerksamkeit braucht, wie zum Beispiel ein Konflikt. Vielleicht flattert eine unangenehme E-Mail auf meinen Schreibtisch oder die Kinder verhalten sich ganz anders, als ich mir das vorstelle. Wie schnell kann sich hier ein Ärger oder eine Hilflosigkeit einstellen? Wo ist jetzt dieser friedliche konfliktfreie Raum hingekommen, der mich noch vor Kurzem so erfĂŒllt hat?

BewusstseinszustÀnde und ihre Wirkung

Im Laufe eines ganz gewöhnlichen Tages durchlaufen wir unzĂ€hlige Male verschiedene BewusstseinszustĂ€nde, ohne uns dessen in der Regel bewusst zu sein. Wir wundern uns vielleicht darĂŒber, dass uns eine Zeit lang Ă€ngstliche GefĂŒhle und eine körperliche Anspannung beschĂ€ftigen, die dann plötzlich, nachdem wir unsere professionelle Rolle ĂŒbergestreift haben, wie weggeblasen sind. Jetzt spĂŒren wir eine innere Sicherheit und fragen uns: Wo kamen diese GefĂŒhle der Unsicherheit her? Und wo gingen sie hin?
Oder wir genießen immer wieder Momente von unbedingter PrĂ€senz, in denen alles Tun und alles Wollen verstummt und sich eine innere Freiheit ausbreitet. Vielleicht sehnen wir uns danach, diese Momente auszudehnen und unser ganzes Leben in dieser Freiheit fĂŒhren zu können. Doch schwups – kaum haben wir diese Freiheit geschmeckt –, schon ist sie wieder im Strudel von Gedanken und Alltagshandlungen untergegangen. Im Kontext von Familie und Beruf haben wir meist nicht das GefĂŒhl, dass wir uns in einem Raum jenseits von Zeit und Tun bewegen, sondern empfinden deutlich Zeit- und Handlungsdruck. Wo ist diese Freiheit hin? Ist sie auch da, wenn wir sie nicht spĂŒren? Was hilft es uns, zu wissen, dass sie da ist, wenn wir dazu keinen Zugang haben?
Manchmal reicht unsere Bewusstheit so weit, dass wir diese VorgĂ€nge beobachten können. Verschiedenste ZustĂ€nde in unserem Geist wechseln sich ab, und wir haben kaum eine Möglichkeit, diese zu beeinflussen, geschweige denn zu kontrollieren. Wenn wir ehrlich sind, mĂŒssen wir sogar zugeben, dass wir diese VorgĂ€nge in unserem Geist nicht mal verstehen. Wieso gibt es morgens ein GefĂŒhl der Ängstlichkeit in mir? Wie kann ich gleichzeitig in meinem Job ein kompetenter Profi sein, der sich seiner selbst sicher ist? Wieso kann ich nicht immer in der absoluten Freiheit des SEINS verweilen?
Vielleicht schleichen sich mit diesen Fragen auch Selbstzweifel ein: Ist meine Meditationspraxis tief genug? Ist mein GefĂŒhl der Sicherheit im Job nur aufgesetzt? Sind die GefĂŒhle der Ängstlichkeit nicht meine wahrhaftigen GefĂŒhle und soll ich ihnen mehr Raum geben? Oder sind sie nur ein altes GefĂŒhlsmuster, dem ich besser keine Aufmerksamkeit mehr schenke? Ist nicht das FreiheitsgefĂŒhl in der Meditation mein wahrhaftiges Sein? Oder verdrĂ€nge ich hier nur meine GefĂŒhle?
Selbstzweifel helfen uns beim Vorgang der Selbsterkenntnis meist nicht weiter, sondern verunsichern uns nur. Daher ist es hilfreicher, den Fragen und unserer Unwissenheit standzuhalten und unsere Bewusstheit dazu zu nutzen, tiefer und tiefer die VorgÀnge in unserem Geist an einem ganz normalen Tag zu studieren. Dabei werden wir feststellen, wie hÀufig und fast unmerklich sich die ZustÀnde Àndern und regelrecht ineinandergreifen.
Jedes Mal, wenn ein bestimmter Zustand im Vordergrund unseres Erlebens unsere Aufmerksamkeit fesselt, verschwindet das, was uns kurz zuvor noch beschĂ€ftigt hat, aus dem Bewusstsein. Dabei ist dies kein rein gedanklicher Vorgang, auch wenn daran oft Gedanken beteiligt sind. Nein, der jeweilige Bewusstseinszustand, in den wir eintauchen, ist ein körperlich-seelisches Gesamterleben, das wie eine Wolkenstimmung am Himmel die gesamte AtmosphĂ€re einer Szenerie einfĂ€rbt. Genauso verĂ€ndert der aktuelle Zustand unser augenblickliches Dasein in einer Weise, dass er unser LebensgefĂŒhl bestimmt.
An dieser Stelle ist es höchste Zeit, auf den Begriff »Bewusstseinszustand« nĂ€her einzugehen. BewusstseinszustĂ€nde sind der SchlĂŒssel zum VerstĂ€ndnis der VorgĂ€nge in unserem Geist. Nur wenn wir begreifen, was BewusstseinszustĂ€nde sind und welche Wirkung sie entfalten, werden sich manche paradoxe Verhaltensweisen von Menschen und manche Fragen, die sich daraus ergeben, von selbst beantworten.
Um uns dem Begriff »Bewusstseinszustand« anzunĂ€hern, ist es hilfreich, sich zunĂ€chst ungewöhnliche GeisteszustĂ€nde vor Augen zu fĂŒhren und diese mit »normalem Alltagserleben« zu vergleichen. Betrachten wir zum Beispiel einen Menschen, der sich durch einen Autounfall im Schock befindet, dann sehen wir, dass sich diese Person höchst ungewöhnlich fĂŒhlt und verhĂ€lt.
Obwohl sie starke Verletzungen hat, spĂŒrt sie keine Schmerzen. Doch nicht nur Schmerzen fĂŒhlt sie nicht, sie hat ĂŒberhaupt keine Empfindungen im Körper und keine GefĂŒhle. Der ganze körperlich-seelische Bereich befindet sich in einer außergewöhnlichen Taubheit. Entsprechend verhĂ€lt sich eine solche Person trotz starker Verletzungen so, als wĂ€re sie unversehrt. Nicht selten kommt es vor, dass sie zu den SanitĂ€tern sagt: »Mir geht es gut. Ich gehe jetzt nach Hause«, obwohl sie blutĂŒberströmt daliegt und vollkommen desorientiert ist.
Offensichtlich fĂŒhlt und verhĂ€lt sich eine Person im Schock vollkommen anders als normalerweise. Wichtige Parameter, um eine Situation korrekt einzuschĂ€tzen, wie Körperempfindungen, GefĂŒhle, Erinnerungen und geistige Zuordnungen, fehlen ihr in diesem Zustand. Das natĂŒrliche geistige Potenzial von SpĂŒren, Denken, Erinnern, Vergleichen und AbschĂ€tzen, das ihr selbstverstĂ€ndlich im Alltag zur VerfĂŒgung steht, ist hier nicht oder nur stark eingeschrĂ€nkt zugĂ€nglich. Gleichzeitig gibt ihr dieses geistige »Notprogramm« die Möglichkeit, trotz starker Verletzungen nicht von den Schmerzen und der Situation ĂŒberwĂ€ltigt zu werden und entsprechend eine gewisse Zeit empfindungslos agieren zu können. Es ist ein Überlebensmechanismus, der bei starken Verletzungen hilft, diese Extremsituation zu ĂŒberstehen. Doch unabhĂ€ngig vom ­biologischen Sinn eines Schockzustandes fĂŒr das Überleben eines Menschen können wir feststellen, dass sich eine Person im Schock komplett verĂ€ndert und sich verhĂ€lt, als wĂ€re sie ein vollkommen anderer Mensch. Sie befindet sich urplötzlich in einer anderen inneren Welt, in der es keine Empfindungen gibt.
Besonders tragisch wird dieses PhĂ€nomen, wenn eine Person aufgrund eines körperlichen oder seelischen Traumas in einen Schockzustand von emotionaler Taubheit fĂ€llt und dieser Bewusstseinszustand chronisch wird. Die GefĂŒhllosigkeit wird zum Dauerzustand und die Unerreichbarkeit – ein GefĂŒhl von »weit weg sein« oder von »abgeschnitten sein« – fĂŒhrt dazu, dass die Person keine NĂ€he mehr zu nahen Menschen, zu sich selbst oder zum Leben ĂŒberhaupt empfinden kann.
Diese innere Unerreichbarkeit ist fĂŒr Angehörige oft unverstĂ€ndlich und kann bei ihnen eine große Irritation hervorrufen. Manchmal spĂŒren sie sogar einen Verlust, als ob sie den geliebten Menschen verloren hĂ€tten. Sie fĂŒhlen deutlich, dass die Person nicht mehr die »gleiche« ist und versuchen meist verzweifelt, dem »alten«, vertrauten Menschen wieder nahezukommen. Doch solange sich die traumatisierte Person im Bewusstseinszustand einer seelischen Taubheit befindet, haben die Angehörigen keine Chance. Erst wenn sie, vielleicht durch eine Psychotherapie unterstĂŒtzt, wieder einen natĂŒrlichen Zugang zu ihren GefĂŒhlen bekommt, kann sie wieder in einen Bewusstseinszustand zurĂŒckfinden, der ihr die seelische NĂ€he mit ihren Angehörigen ermöglicht.
BewusstseinszustĂ€nde bestimmen und verĂ€ndern uns völlig. Das geht so weit, dass wir uns in unterschiedlichen BewusstseinszustĂ€nden verhalten, als wĂ€ren wir eine andere Person. In gewissem Sinne agieren wir nicht nur wie eine andere Person, wir sind es. Die Art, wie wir wahrnehmen, was wir denken, ob und welchen Zugang wir zu unseren GefĂŒhlen haben, kann sich radikal verĂ€ndern, wenn wir den Bewusstseinszustand wechseln.
Ein alltĂ€gliches Beispiel dafĂŒr ist der Alkoholkonsum. Wie stark verĂ€ndern wir uns, wenn wir Alkohol zu uns genommen haben? Die anfĂ€ngliche Gelöstheit und Entspannung weichen bei zunehmendem ­Alkoholspiegel einer Enthemmung, bei der wir impulsiv und ungefiltert unseren GefĂŒhlen und Meinungen freien Lauf lassen. Mit der Kontrolle schwinden jedoch auch unsere geistige Klarheit und die SensibilitĂ€t fĂŒr unsere Umwelt. Wir werden regelrecht zu Egomanen. Unsere Stimme wird lauter, vielleicht schreien und grölen wir sogar herum. Dabei haben wir selbst das GefĂŒhl, dass es ein Ausdruck von Lebensfreude ist. Wir sind uns dabei aber nicht bewusst, dass wir Nachbarn damit stören könnten, und im Grunde ist uns das in diesem Zustand auch egal. Auf unser Umfeld wirkt unser enthemmtes Verhalten keinesfalls freudvoll, sondern erzeugt eine bedrohliche Wirkung. Und das zu Recht. Schließlich kann die Enthemmung jederzeit dazu fĂŒhren, dass das GefĂŒhl der Lebensfreude in Aggression umkippt.
Am Beispiel Alkohol sehen wir, dass aus einem Menschen, der normalerweise vielleicht ein großes Verantwortungsbewusstsein fĂŒr sein Verhalten und sein Umfeld an den Tag legt, plötzlich ein Egomane werden kann. Er wird offensichtlich im Rausch zu einem anderen Menschen. Aus der Suchtforschung wissen wir, dass eine Person, die regelmĂ€ĂŸig Alkohol zu sich nimmt, nicht nur im akuten Zustand des Rausches ihre Persönlichkeit verĂ€ndert, sondern mit der Zeit eine sogenannte »Suchtpersönlichkeit« entwickelt. Das bedeutet, dass sich die innere VerĂ€nderung, die mit dem Alkoholkonsum einhergeht, nicht nur im betrunkenen Zustand zeigt, sondern zu einem dauerhaften Charakterzug wird.

Viele Rollen und die Frage nach der IdentitÀt

Was wir bei ungewöhnlichen BewusstseinszustĂ€nden wie dem Schock oder dem Rauschzustand beobachten können, nĂ€mlich dass die Person sich vollkommen verĂ€ndert und mal kĂŒrzer, mal lĂ€nger zu einer anderen Person mutiert, lĂ€sst sich genauso in weniger »extremen« LebensumstĂ€nden beobachten. Da verhĂ€lt sich eine selbstsicher auftretende GeschĂ€ftsfrau in ihrer Partnerschaft unsicher und abhĂ€ngig. Da wird öffentlich bekannt, dass ein angesehener Stadtrat, der sich jahrelang fĂŒr die Belange von anderen Menschen in der Gemeinde eingesetzt hat, gleichzeitig, gierig nur auf den eigenen Vorteil bedacht, den Staat um große Summen Steuern betrogen hat. Wenn diese Menschen Ă€ußerlich nicht in den verschiedenen Situationen den gleichen Körper hĂ€tten, wĂŒrde niemand auf die Idee kommen, dass es sich um die gleiche Person handeln könnte.
Kennen wir nicht alle Beispiele von Menschen, die plötzlich eine Verhaltensweise an den Tag legen, die wir ihnen nie zugetraut hĂ€tten? Und wie oft hat uns bereits schockiert, wenn menschliche AbgrĂŒnde bei scheinbar »normalen« und gut integrierten Menschen nach außen hin sichtbar wurden? Wenn wir ehrlich sind, mĂŒssen wir uns eingestehen, dass es diese WidersprĂŒche auch in unserem eigenen Leben gibt. Verhalten wir uns nicht immer wieder in verschiedenen Umgebungen sehr unterschiedlich? Und mĂŒssen wir nicht manchmal verschĂ€mt zugeben, dass wir...

Inhaltsverzeichnis

  1. cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Einleitung
  7. Kapitel 1
  8. Kapitel 2
  9. Kapitel 3
  10. Kapitel 4
  11. Kapitel 5
  12. Kapitel 6
  13. Kapitel 7
  14. Kapitel 8
  15. Anhang