Motivation is what gets you started. Habit is what keeps you going. – Jim Ryun
Dieses Drehen an der eigenen Gewohnheitsschraube ist möglich. Die Forschung in ihrer gelassenen Anti-Tschakka-Haltung würde es wie folgt formulieren: »Gewohnheiten zu ändern ist einfach, aber nicht leicht.« Dieser Satz gilt übrigens für alle der üblichen Verdächtigen: In den Bereichen Essen und Trinken, Sport, Umgang mit Geld, Freizeitgestaltung, Aufschieberitis, Partnerschaft oder Karriereplanung wollen wir gerne was ändern und andere Gewohnheiten ausprägen. Ja, wollen wollen wir das. Aber tun tun wir es eben nicht. Das ist das Ergebnis einer zusammenfassenden Studie von Neal J. Roese und Amy Summerville aus dem Jahr 2005. Die Top Drei ihrer »Reue-Metastudie« waren verpasste Chancen, aus Gewohnheiten auszubrechen. 1. Nicht wahrgenommene Ausbildungschancen: »Wäre ich doch nur aus meiner Jobroutine ausgebrochen!« 2. Die eigene Karriere: »Wäre ich doch nur der Bequemlichkeit meiner beruflichen Routine entronnen.« Und schließlich 3. die eigene Beziehung: »Wäre ich doch aus meinen Partnerschaftsroutinen ausgebrochen.« Lassen wir die Details falscher Gewohnheiten zwischen den Laken mal beiseite, bleibt im Kern die Erkenntnis: Am meisten bereuen Menschen, die ausgetretenen Pfade im eigenen Leben nicht gezielt verlassen zu haben. Die weiteren Plätze wurden übrigens belegt von folgenden Bereichen: 4. »Eltern sein & Kindererziehung«, 5. »Sich um sich selbst kümmern«, 6. »Freizeitgestaltung«, 7. »Finanzen«, 8. »Familie«, 9. »Gesundheit« und 10. »Freunde«. Den Grund für diese Reue-Reihenfolge erfassten die Forscher auch gleich mit. Er liegt darin, dass wir in den Topbereichen greifbare Perspektiven für Wandel, Wachstum und Erneuerung sehen. Es ist uns also nachweislich wichtig, gezielt unsere Gewohnheiten zu ändern. Jeder Jahresanfang legt davon Zeugnis ab. Den Wechsel vom alten zum neuen Jahr nutzen nach wie vor viele, um sich neue Gewohnheiten vorzunehmen. Aber 22 % geben schon nach einer Woche auf, 40 % halten nur einen Monat durch. Diese Minus-Momente der Gewohnheitsbildung berichtet Nigel Hawkes 2016.
Dieser Teil des Buches will bunte Stifte in die Hände der schwarzmalenden Gewohnheitsenttäuschten geben. Dazu bieten die nachfolgenden Unterkapitel Quick Wins: Techniken zur Etablierung neuer Gewohnheiten. Sie machen das auf zweierlei Weise. Zuerst einmal räumen wir mit einigen Mythen und Missverständnissen rund um neue Gewohnheiten auf. Dann erfahren Sie auch gleich, was nachweislich und nachhaltig funktioniert, wenn wir andere Dinge tun wollen und die Dinge anders tun wollen. Dabei werfen wir einen Blick auf Einkaufs-, Ess- und Bürogewohnheiten. Und wir schauen vor allem darauf, welche Technik beim Verlernen von unerwünschten Gewohnheiten hilft und welche beim Neulernen erwünschter Gewohnheiten. Zuerst jedoch lohnt sich ein kurzer Blick auf den Unterschied zwischen Gewohnheit und Routine. Dieser Unterschied ist entscheidend, wenn es darum geht, wie wir unsere Handlungen ändern oder anpassen wollen.
Gewohnheiten: Mythen, Missverständnisse & Merkwürdigkeiten
»Most of the time what we do is what we do most of the time« (Die meiste Zeit machen wir das, was wir meistens machen) – so formulieren es der Kognitionswissenschaftler David Townsend und der Linguist Thomas Bever (2001). Die von ihnen ausgewerteten Tagebuchstudien zeigten, wie sehr wir in unserem alltäglichen Handeln, Denken und Fühlen auf Wiederholung setzen: 45 % unseres Denkens und Handelns wiederholen wir täglich, sogar am selben Ort.
Aber Achtung: Nicht alle Wiederholungen sind gleich. Wir haben Gewohnheiten, wir haben Routinen und wir haben Rituale. Das eine sollten wir nicht mit dem anderen verwechseln.
Was eine Gewohnheit ist und was nicht
Routinen sind Abfolgen von Handlungen, die wir einfach regelmäßig durchführen. Es erfordert bewusste Anstrengung, sie durchzuführen: jeden Montag ins Fitnessstudio zu gehen – ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass der Laden montags immer irgendwie voller ist? Ein Ritual ist eine Art aufgebohrte Routine mit einer Extraportion Bedeutung. Es ist eine Abfolge von Handlungen, die eine zusätzliche Bewusstseinsebene mit sich bringt. Denken Sie an das Singen eines bestimmten Liedes an einem besonderen Tag. »Alle Jahre wieder« singen Sie eben nicht auf dem Weg in den Sommerurlaub; und die festliche Stimmung, die der Song verbreitet, ist im Kern ein Sicheinstimmen auf die besondere Bedeutung der besungenen Zeit. Warum ist das wichtig? Rituale und Routinen sind unserem bewussten Denken zugänglich. Wir können sie ausführen oder es eben lassen. Weihnachtslieder singen ist ja kein Reflex, den wir nur mit zugeklebten Mündern verhindern könnten. Ganz anders verhält es sich mit den Gewohnheiten. Da ist das mit der willentlichen Unterlassung eben so eine Sache. Das liegt an ihrer evolutionären Aufgabe. Gewohnheiten sind eine Form von Lernen. Ihr Ziel ist mentales Energiesparen. Da unser Gehirn immer auf die Optimierung der eigenen Ressourcen und das Aufsparen von Energie aus ist, nutzt es diese effektive Methode, wann immer es sich anbietet. Es ist das Prinzip »Endlich Nichtdenker«. Wann immer uns diese Energie fehlt, wir müde oder nicht ausreichend motiviert zum Nachdenken sind, ist dieses Prinzip Gold wert. Durch die Bildung einer Gewohnheit erleichtert sich das Gehirn so manches, denn das bewusste Denken kann sich dann um andere Dinge kümmern. Wir haben mit den Worten der Kognitionspsychologen Jonathan Evans und Keith Stanovich (2013) ein regelrechtes Zwei-Wege-System im Kopf. Eines für das bewusste Nachdenken und eines für das freudvolle Nichtdenken. Allerdings sind die beiden Wege nicht gleich beliebt im Kopf, die beiden spielen so etwas wie »Good Cop, Bad Cop«. Denn der Großteil unserer Reaktionen basiert auf Gewohnheiten, bis das bewusste Denken einschreitet und Handlungsalternativen erkundet. Die Neuromediziner Bernard Balleine und John O’Doherty würden sagen: Gewohnheit first!
Und wenn es stressig wird, gilt dieser Ausspruch sogar noch eher. Lars Schwabe vom Bochumer Institut für kognitive Neurowissenschaft und sein Kollege Oliver Wolf konnten 2013 berichten, dass akuter wie auch chronischer Stress zu einer stärkeren Nutzung von Gewohnheiten führen. Im unterhaltsamsten Experiment dazu ließen die Stressforscher Menschen eine Hand in eiskaltes Wasser tauchen, während ihnen ein Fremder dabei zuschaute und zugleich eine Videoaufnahme gemacht wurde. Diese Mischung aus körperlichem und psychischem Stress führte dazu, dass die Menschen sich bei anspruchsvolleren Entscheidungsaufgaben sehr viel stärker auf zuvor erlernte Gewohnheiten verließen als diejenigen, deren Hand nicht im Eiswasser war. Der Grund dafür ist, dass der Stress die bewusste Handlungskontrolle behindert. Das Denken bricht ein. Die Verlagerung auf die Gewohnheit verhindert dabei, dass unsere Handlungsfähigkeit vollends ausgehebelt wird.
Genau dieser Umstand, dass der Verstand nicht mehr mitspielt, macht es so schwer, Gewohnheiten mir nichts, dir nichts zu ändern. Klingt alles ein wenig akademisch, nicht wahr? Aber diese Unterscheidung hilft verstehen, worum es geht. Wenn wir gezielt eine neue Gewohnheit ausbilden müssen, ist es sehr hilfreich, zuerst eine Routine dazu zu entwickeln. Diese Routine können wir dann in eine Gewohnheit überführen, indem wir ihr die Ingredienzen der nachfolgenden Kapitel hinzufügen.
Wie eine Gewohnheit entsteht
Je stärker unsere Gewohnheiten sind, umso sicherer sind wir uns über die Gründe unseres Verhaltens und desto eher glauben wir, dass unsere Gewohnheitshandlungen durch unsere tatsächlichen Ziele gelenkt werden. Tatsächlich aber trifft das Gegenteil zu. Unsere Absichten und unsere Ziele sind ziemlich miserable Informationsquellen, wenn es darum geht, unsere Gewohnheitshandlungen vorauszusagen. So haben die Gewohnheitsforscherinnen Mindy Ji und Wendy Wood (2007) zeigen können, dass wir, wenn unsere Gewohnheiten erst einmal stark ausgeprägt sind, uns vornehmen können, was wir wollen; die Gewohnheit siegt. Unsere Absichten prägen unser Verhalten und unser Handeln nur dann, wenn keine starke Gewohnheit im Spiel ist. Die Forscherinnen belegten das für Fast-Food-Konsum, Fernsehen und sogar ÖPVN-Nutzung. Was ja sowohl gut als auch schlecht sein kann; hängt eben davon ab, in welche Richtung die Gewohnheit ausgeprägt ist.
Meine Tochter hat bis zu ihrem siebten Lebensjahr Salamischeiben verschlungen wie ein Rottweiler Kaninchenbabys. Dann aber beschloss sie von einer Sekunde auf die andere: Nie wieder Fleisch. Was war passiert? Sie hatte an einem Kirmesimbissstand ein Spanferkel erspäht. So richtig nett in Szene gesetzt, glänzend, mit Tomate im Mund am Drehspieß kreisend. Das war zu viel für ihr tierliebendes Kinderherz. Mit einem Mal verstand sie: Für meine Salami stirbt so ein Schwein. Die Folge: Sie änderte absichtsvoll und zielgerichtet ihr Essverhalten. Und heute, fünf Jahre später? Sie ist noch immer überzeugte Vegetarierin. Das Entscheidende ist: Heute denkt sie nicht mehr aktiv darüber nach, dass für Wurst und Fleisch Tiere sterben, sondern sie greift wie selbstverständlich zur vegetarischen Alternative. Zugegeben, der Duft von Chicken Wings kommt auch bei ihr an, aber, wie es Wendy Wood und Mindy Ji beschreiben, die Gewohnheit der fleischlosen Alternative siegt.
Gut, dass ist jetzt eine Anekdote. Zum Glück ist es eine, die ein Gewohnheits-Happy-End mitbringt. Gegenteilige Storys von misslungenen Gewohnheitsaneignungen gibt es natürlich auch mehr als genug. Die Frage ist daher: Warum gelingt es so selten? In meinen Augen ist der Kern jeglicher Antwort darauf: weil wir Gewohnheiten im Alltag nicht verstehen. Wir bekommen nicht mit, wie sie sich bilden und was sie am Leben hält. Darum tun wir uns auch so schwer damit, sie zu ändern. Das wiederum möchte ich ändern. Die Erforschung der Gewohnheit ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Darum lohnt sich ein Blick auf das Fachwissen. Es hilft uns, zu verstehen, warum so viele verschiedene Vorschläge rund um das Verändern von Gewohnheiten existieren. Mehr noch hilft es Ihnen dabei, die richtigen Schlussfolgerungen für das Ändern Ihrer Gewohnheiten zu ziehen.
Wenn uns eine unserer Handlungen eine Befriedigung verschafft, steigt die Chance, dass wir sie wiederholen. So beschrieb der Psychologe Edward Lee Thorndike 1898 mit dem »Gesetz des Effektes« das Entstehen von Gewohnheiten. Ein Beispiel für die positive Variante: Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Monaten im Homeoffice eines Tages aus Versehen zu früh zur Arbeit. Der Grund waren die freien Straßen. Das zügige Vorankommen gefällt Ihnen. Behalten Sie die frühe Uhrzeit bei? Eventuell. Es ist schöner, durchzubrausen, als im Stau zu versauern. Aber das war es nach diesem Modell auch schon mit der Erklärung. 1938 nahm Behaviorist Frederic Skinner den Ball auf und spielte ihn weiter. Sein upgedateter Lernansatz: Er erklärte, wie wir die Palette an erlernten Verhaltensweisen erwerben, die wir jeden Tag zeigen. Das Ganze folgt dabei einer recht einfachen Logik: Handlungen, auf die eine Verstärkung folgt, werden verstärkt und treten in der Zukunft mit größerer Wahrscheinlichkeit wieder auf. Wenn Sie im Zoom-Call eine lustige Geschichte erzählen und alle lachen, ist es wahrscheinlicher, dass Sie diese Geschichte in der Zukunft noch einmal erzählen oder dass Sie generell eher lustige als ernste Geschichten zum Besten geben. Umgekehrt werden Handlungen, die eine Bestrafung oder unerwünschte Konsequenzen nach sich ziehen, geschwächt und werden in Zukunft mit geringerer Wahrscheinlichkeit wieder auftreten. Wenn Sie dieselbe Geschichte in einem anderen Zoom-Call noch einmal erzählen, aber dieses Mal niemand lacht, ist es weniger wahrscheinlich, dass Sie die Geschichte in Zukunft noch einmal wiederholen. Die Konsequenzen unserer Handlungen machen also einen wichtigen Teil des Gewohnheits-Lernprozesses aus.
Was daran jetzt wirklich spannend ist, ist Skinners Idee von den Verstärkerplänen. Sie sind eine Art Veränderungs-Glaskugel und folgen dem Muster: Reiz – Reaktion – Konsequenz. Skinner erfand während seiner Jugend verschiedene Geräte und setzte sie für seine Studien ein, darunter auch seine operante Konditionierungskammer. Diese Skinner-Box hatte eine Kammer, die ein kleines Tier, wie zum Beispiel eine Ratte oder eine Taube, aufnehmen konnte. Die Box enthielt auch eine Stange oder einen Schlüssel, den das Tier drücken konnte, um eine Belohnung zu erhalten. Um die Reaktionen zu verfolgen, entwickelte Skinner ein Gerät, das als kumulativer Rekorder bekannt ist. Das Gerät zeichnete die Reaktionen als Aufwärtsbewegung einer Linie auf, sodass die Reaktionsraten anhand der Steigung der Linie abgelesen werden konnten.
Damit fand Skinner heraus, dass der Zeitpunkt und die Häufigkeit der Verstärkung von Verhaltensweisen eine Rolle bei der Geschwindigkeit und Stärke des Lernens spielen. Mit anderen Worten, der Zeitpunkt und die Häufigkeit der Verstärkung beeinflussen, wie neue Verhaltensweisen gelernt und wie alte Verhaltensweisen verändert werden. Zwei dieser Verstärkerpläne sind für unsere Gewohnheitsbildung absolut zentral: der Quotenplan und der Intervallplan.
Quotenplan: Reaktionen werden nur verstärkt, nachdem eine bestimmte Anzahl von Reaktionen stattgefunden hat. Incentives und Fließbänder wollen über diesen Mechanismus wiederkehrendes Verhalten oder Handeln erzeugen. Wenn wir gar nicht genau wissen, wann wir die Quote erreichen, dann zeigen wir immer häufiger das Verhalten oder das Handeln, denn wir glauben, es müsste ja bald mal wieder so weit sein. Im Alltag schaffen das Glücksspielautomaten ebenso wie Chefs, die willkürlich mal Lob aussprechen und dann wieder nicht, denn das wirkt auf uns wie eine Feedbacklotterie. Das trägt zur Routinebildung bei, nicht zur Gewohnheitsbildung.
Intervallplan: Die Belohnung erfolgt nur, nachdem ein bestimmtes Zeitintervall verstrichen ist. Die Reaktionsraten bleiben ziemlich konstant und beginnen zu steigen, wenn der Verstärkungszeitpunkt näher rückt, aber sie verlangsamen sich, unmittelbar nachdem die Verstärkung erfolgt ist. Wenn wir hier nicht genau wissen, wann die Zeit um ist, führt das bei Tauben wie bei Menschen fast zu einem permanenten Ausführen des zuvor belohnten Verhaltens oder der Handlungen. Die Tauben picken, wir Menschen zücken das Handy – könnte ja schon wieder ’ne Nachricht da sein. Unsichere Belohnungszeiträume schaffen Gewohnheiten.
Die 4 Schritte der Gewohnheitsbildung
Die 1960er-Jahre brachten den Computer in den Alltag und in die Forschung. Letztere vollzog durch die ihm zuwachsende Vormachtstellung sogar eine komplette Trendwende. Vom Blick auf das Verhalten schwenkte sie um zum Blick auf das, was wohl im Gehirn für unser Verhalten sorgte. Gewohnheiten wurden nun dementsprechend dadurch erklärt, wie wir Informationen im Gehirn verarbeiten und welche Ziele wir uns dabei setzen (George Miller et al., 1960). Die Psychologen Richard Shiffrin und Walter Schneider (1977) unterschieden dabei zwischen zwei Ebenen: einer, die unsere Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung prägt, aber nur wenig Power hat und schnell erschöpft ist, und einer mit sehr wenig Aufmerksamkeit, die aber schneller und von größerer Kapazität ist. Dieses Zwei-Ebenen-Modell war damals das neue Salz in der Suppe der Psychologie. Aber sie war eben auch in erster Linie ein Modell.
Und das trennt die damalige Forschung von der heutigen. Die Jahrzehnte der Gewohnheitsforschung haben Modelle hervorgebracht, die zumeist in Laborexperimenten belegt wurden. Das ist der heutigen Forschung nicht mehr genug. Sie will raus ins echte Leben. Eine der prominentesten Gewohnheitsforscherinnen, Philippa Lally, lässt Menschen in ihrem Alltag Tagebuch führen, um dem Entstehen und Vergehen von Gewohnheiten wissenschaftlich auf die Spur zu kommen. Diese Daten verknüpft sie dann mit dem gesammelten Wissen von Skinner, Miller und Co. Ihre Ergebnisse sind wirklich hilfreich, wenn wir verstehen wollen, in welchen Schritten eine Gewohnheit entsteht. So berichtet sie 2013 mit ihrem Kollegen Benjamin Gardner von der vier Stufen der Gewohnheitsbildung.
Stufe 1: Zuerst einmal müssen wir eine Entscheidung treffen, etwas zu unternehmen. Der Beginn ist also sehr gezielt gewählt.
Stufe 2: Wir müssen von der Absicht zur Handlung gelangen. Das verlangt von uns Planung und Selbstregulation.
Stufe 3: Wir müssen dranbleiben. Denn nur die Wiederholung der Handlung führt zu deren gewohnheitlicher Ausprägung. Das wiederum verlangt Motivation und noch mehr Selbstregulation von uns. Sie merken schon, dass das Ausprägen von Gewohnheiten ein anstrengender Mechanismus ist. Das gilt sowohl für positive Gewohnheiten wie Sport, gesunde Ernährung oder Nachrichten schauen als auch für weniger positive wie rauchen, Messages auf dem Handy checken, Chips essen. Jede Gewohnheit folgt diesen allgemeinen Grundsätzen der Verhaltensänderung.
Stufe 4: Diese Stufe hängt eng mit der dritten zusammen. Hier endlich geht es nur noch um die Gewohnheitsbildung: Die neue Handlung muss in einer Weise wiederholt werden, die der Entwicklung eines Automatismus förderlich ist. In ihrer Studie von 2010 zeigte Lally, dass Menschen, die die gewünschten Handlungen regelmäßig und in gleichbleibenden Kontexten ausführten, über eine Zunahme der gewohnheitsmäßigen Automatik berichteten.
Bevor es losging, fragten die Forscher nach, wie oft diese Menschen in bestimmten vergangenen Zeiträumen dieses Verhalten und diese Handlungen an den Tag gelegt hatten und ob diese Verhaltensweisen bzw. Handlungen stabil immer am gleichen Ort, immer zur gleichen Tageszeit, immer im Zusammensein mit denselben Menschen und immer in der gleichen Stimmung stattfanden. Damit will Lally eine Frage beantworten, die Skinner & Co. noch gar nicht auf dem Schirm hatten: Können unsere Gewohnheiten unterschiedlich stark ausgeprägt sein?
Die Antwort darauf ist wichtig, um die richtige Intensität für die Maßnahmen zur Ausbildung oder Änderung zu wählen. Gemessen werden kann dank Lallys Arbeit u. a. die »Gewohnheitsstärke«. Sie ergibt sich aus einer Art Matheaufgabe unseres Handelns. Sie setzt sich zusammen aus der Häufigkeit und Stabilität eines Verhaltens oder einer Handlung. Deren Ergebnis ist die »Gewohnheitsstärke«. Und noch zwei weitere entscheidende Fragen wurden den Teilnehmern gestellt: welche Absichten sie zu den d...