Gestaltphonologische Interpretation von Vokalsequenzierungen
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Gestaltphonologische Interpretation von Vokalsequenzierungen

Eine Studie zum Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen

  1. 222 Seiten
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Gestaltphonologische Interpretation von Vokalsequenzierungen

Eine Studie zum Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen

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This study presents a phenomenological approach to word-internal vowel sequencing. Diphthongs and hiatuses are thus not objects of examination a priori; instead, as relational sequencing patterns, they are effects of the Gestalt qualities that determine the word structure, which manifest in prominences, syllabification, rhythm, and temporal and phonetic structure, and keep the word recognizable as a whole in the flow of speech.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110729795

1 Einleitung und Standortbestimmung

The main lesson learned by Liberman and colleagues in 50 years of empirical research is, in the end, rather simple: Cognition, like all products of evolution, cannot be understood in isolation (e.g., Clark, 1997). Rather, understanding cognition requires comprehending that it is both embedded in a meaningful ecological context and embodied in living perception–action systems […] (Galantucci et al. 2006, 373).
Vorliegende Studie unterbreitet einen phänomenologischen Zugang zu wortinternen Vokalsequenzierungen und Vokalsequenzierungsmustern im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen. Unter dem Begriff «Vokalsequenz» werden Diphthonge, Hiate, nicht eindeutig der einen oder anderen Kategorie zuordenbare und schwankende Realisierungen innerhalb identischer Wörter gefasst. Vokalsequenzen sind damit keine apriorisch gesetzten, kategorialen Untersuchungsgegenstände «Diphthong» oder «Hiat», wie es in der phonetischen und phonologischen Forschung üblich ist (Kapitel 2 «‹… there is little extra to be said about diphthongs› … oder vielleicht doch?»), sondern als relationale Vokalsequenzierungsmuster Effekte der das Wort bestimmenden Gestaltqualitäten, die sich in Prominenzen, Syllabierung, Rhythmus sowie zeitlicher und lautlicher Gestaltung manifestieren und als deren Wirkung gelten darf, Wörter als Ganzes im Redefluss erkennbar zu halten.
Gestaltphonologie ist eine Phonologie des Wortes (Kapitel 3 «Gestaltphonologie: Plädoyer für eine wortökologische Sichtweise»). Ihre Ursprünge hat sie in sprachtheoretischen und phonologischen Arbeiten Karl Bühlers der 1920er und 1930er Jahre. Gestaltphonologie ist keine Antithese zur etwa zeitgleich entstehenden, auf binären Oppositionen distinktiver Merkmale beruhenden, heute dominierenden Phonologie, sondern deren augenfällige Ergänzung um die nicht-bewusste menschliche Lautverarbeitung. In der reibungslosen und nicht im Modus metasprachlicher Analyse ablaufenden Sprachverarbeitung bilden Wörter die Ökologie der Laute, sie sind ihr «Sitz im Leben» (Bühler). Aus diesen Wortganzen (Wortgestalten) ergeben sich im Redefluss relationale Realisierungsformen von Lauten (Sapir 1925) bzw. «Allophone» (Trager/Bloch 1941). Diese wortökologische und relativistische Sichtweise erweist sich als aufschlussreich in der diachronischen und synchronischen Beschreibung romanischer Vokalsequenzierungen.
Kernthese der Studie ist, dass das jeweilige beobachtbare synchronische Verhalten romanischer Vokalsequenzen in der Wortgeschichte gründet. Dieses spezifische phonologische Verhalten, etwa stabile diphthongische Realisierung, z.B. in frz. <nuit> [nɥi] (Nacht-N.F.SG), oder Schwankungen zwischen diphthongisch-hiatischer Realisierung von Vokalsequenzen innerhalb identischer Lexien, z.B. in frz. <tuer> [tɥe] ~ [ty.ˈe] (töten-V.INF), kann jeweils nur wortgeschichtlich hergeleitet und hinreichend begründet werden. M.a.W.: Jedes Wort hat seine eigene Wortgeschichte und bildet die jeweils spezifische Ökologie für phonologischen Wandel. Alle Versuche, Vokalsequenzierungen – besonders Diphthonge werden in der Forschungsliteratur diskutiert – in einer der fünf untersuchten romanischen Sprache aus einer einzigen synchronisch wirksamen phonologischen Regel abzuleiten, führen zu Widersprüchen.
Sprecher einer Sprache verfügen natürlich nicht über explizite Kenntnis der Wortgeschichten, aber im Sprachgebrauch rezipieren und produzieren sie immer nur konkrete Exemplare von Wörtern und Gebrauchsmustern. Exemplare sind ihrerseits eine Kopie der Kopie der Kopie ad infinitum, wodurch ein Konnex zur Vergangenheit besteht, da gegenwärtige Gebrauchsmuster auch Spuren älterer Gebrauchsmuster reproduzieren können. Wenn z.B. in einem Wort die Silbengestaltung durch das Verstummen eines Lautes affiziert wurde, kann die alte neben der neuen Syllabierung im Sprachgebrauch fortbestehen, v.a. dann, wenn durch beide Syllabierungsmuster kein lexikalischer Kontrast erzeugt wird. So trafen etwa im Wandel von lat. tū.tāre zu frz. <tuer> [ty.ˈe] ~ [tɥe] (töten-V.INF) durch das Verstummen des intervokalischen /-t-/ ein hoher /u/ und ein nicht-hoher /e/ Vokal aufeinander. Dieses Aufeinandertreffen der beiden Vokale (Koaleszenz) führte in manchen Wortexemplaren zu einer Auflösung der trennenden Silbengrenze und damit zu einer diphthongischen Realisierung der Vokalsequenz als [tɥe] und in anderen Wortexemplaren wurde die alte Silbengrenze als [ty.ˈe] fortgeführt. Beide Realisierungen fanden Eingang in den Sprachgebrauch und führen bei Sprechern des Französischen zu keinerlei Verständnisproblemen.
Das in der Arbeit entwickelte kognitionsphonologische Modell integriert im Einklang mit Erkenntnissen der Kognitionswissenschaften Perzeption, Speicherung, Aktivierung und Produktion sprechsprachlicher Einheiten (Kapitel 3.3 «Spuren im Geist: Integriertes kognitionsphonologisches Modell»). Tragende Modellkomponenten sind Embodiment des Sprechens (artikulatorische Geste, Motor Theory of Speech Perception), Sprachgebrauch (Exemplar Theory, Frequenz, neuronales Netzwerk) und Gestalttheorie. Dadurch überwindet das Modell die in Phonetik und Phonologie übliche Trennung zwischen Artikulation, Produktion und Perzeption.
Eine detaillierte diachronische Analyse der wortinternen Herausbildung von Vokalsequenzen in den fünf romanischen Sprachen legt acht Entstehungsszenarien offen (Kapitel 4 «Wortökologische Entstehungsszenarien für Vokalsequenzierungen im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen»): (1) Längung des Silbenkerns in betonter Stellung, (2) koartikulatorische Effekte umgebender velarer und palataler Laute, (3) Metaphonie, (4) Tilgung ursprünglicher lateinischer Syllabierungen (Hiate und Diphthonge), (5) Verstummen intervokalischer Konsonanten, (6) Vokalisierung von Konsonanten, (7) Konsonant-Vokoid-Konvergenz und (8) phonologische Integration von Lehnwörtern. Alle Entstehungsszenarien führen zu jeweils spezifischen Vokalsequenzierungseffekten, so kann etwa aus einer Konsonant-Vokoid-Konvergenz ein Laut hervorgegangen sein, der sich auf lautlicher Ebene nicht von anderen Vokoiden unterscheidet, sich aber silbenphonologisch nach wie vor wie ein Konsonant verhält und nicht zum vokalischen Silbenkern gehören kann.
Durch die Aufstellung wortbezogener synchronischer Phänomenologien von Vokalsequenzen und Vokalsequenzierungen im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen (Kapitel 5 «Vokalsequenzierungen als Teil der synchronischen Wortgestalt im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen») wurden Vokalsequenzen identifiziert (a) als verfestigter Teil individueller Wortgestalten, z.B. in ital. <cuore> (Herz-N.M.SG) oder port. <cé.u> (Himmel-N.M.SG), (b) als schwankende Realisierungen, und zwar dann, wenn sie entweder durch Tilgung ursprünglicher lateinischer Hiate, z.B. in port. <vácuo> [ˈva.kwu] ~ [va.ˈku.u] ~ [ˈva.ku] (Vakuum-N.M.SG), oder Verstummen intervokalischer Konsonanten, z.B. in port. <suor> [ˈsɾ] ~ [su.ˈɔɾ] (Schweiß-N.M.SG), hervorgegangen sind, (c) als Resultate synchronisch aktiver phonologischer Prozesse, z.B. Vokalisierung von silbenfinalem <l> im Brasilianischen, etwa in port. <legal> [lɨ.g] ~ [lɨ.gaw] (toll-ADJ.GENERISCH.SG), und (d) als Indikatoren grammatischer Kategorien wie Person, Numerus, Tempus, Modus, z.B. in span. <pienso> (denken-V.1SG.PRS.IND) vs. span. <pensamos> (denken-V.1PL.PRS.IND), Genus, z.B. in rum. <neagră> (schwarz-ADJ.F.SG) vs. rum. <negru> (schwarz-ADJ.M.SG), und Wortklassenzugehörigkeit, z.B. in span. <temporal> (zeitlich-ADJ.GENERISCH.SG) vs. span. <tiempo> (Zeit-N.M.SG).
Fünf, zum überwiegenden Teil auf eigenen Experimenten basierende Exkurse («Intensitätsverläufe als Wortgestaltungseffekte», «Diphthonge im ‹verlan›», «Französische Diphthonge in einem Reimexperiment», «Vokalsequenzen in diatopischen Varietäten» und «Sprachlautbewusstsein als Indikator für den kognitiven Status von Diphthongen») unterstützen an relevanten Stellen im Buch den Fortgang der Argumentation.
Vorliegende Studie verortet sich im Bereich der Kognitiven Linguistik. Seit ihrem Eintritt in die linguistische Theoriebildung in den 1980er Jahre (Lakoff 1987; Langacker 1987) fokussiert Kognitive Linguistik die mentale Dimension von Bedeutung (meaning, semantics) und deren symbolischer Verarbeitung (Kategorisierung, Generalisierung, Prototypen, Frames, Schemata) sowie sequenzielle Ordnungsprinzipien und Argumentstrukturen im Reden (Konstruktionen, Muster) (Goldberg 1995; Evans/Green 2006; Geeraerts 2006; Schwarz 32008; Wildgen 2008; Langacker 2013). Parallel zur stark semantisch und syntaktisch ausgerichteten Forschungsdynamik der Kognitiven Linguistik erscheinen seit den 1990er Jahren mehrere programmatische Schriften für eine Kognitive Phonologie (Lakoff 1993; Bybee 1994; Nathan 1996; Johnson 1997; Flemming 2001), Einführungswerke, Handbucheinträge und Sondernummern von Zeitschriften (Välimaa-Blum 2005; Silverman 2006; Nathan 2007; 2008; International Journal of English Studies 6:2 2006).1
Als Forschungslandschaft können verschiedene phonologische Ansätze ausgemacht werden, die teilweise älter als die forschungsprogrammatische Zäsur der 1980er und 1990er Jahre sind: Funktionalismus (William Diver, Daniel Silverman), Ontogenese des Sprechens (Peter F. MacNeilage), Natürliche Phonologie (David Stampe, Patricia J. Donegan, Wolfgang U. Dressler, Geoffrey S. Nathan, Bernhard Hurch), Prototypentheorie (John R. Taylor, Patricia K. Kuhl), Exemplar Theory (Keith Johnson, Janet Pierrehumbert, Robert Kirchner), Usage-based Approach (Joan L. Bybee), Konstruktionsgrammatik (Ritta Välimaa-Blum) und Evolutionäre Phonologie (Juliette Blevins).
Der eigenständige erkenntnistheoretische Anspruch von Phonologie beruht auf der Diskrepanz zwischen der physikalischen Realität des Sprechens und Hörens und den assoziierten kognitiven Zuständen, beide können oftmals nicht aufeinander abgebildet werden. Die mentale Überbrückung dieser Diskrepanz ist das Definiens von Phonologie: «Phonology is the study of the categorical discrepancies between speech as it is perceived and intended, and speech as it is targeted for actuation» (Donegan/Stampe 2009, 1).
Aber Phonologie hat auch eine substanzielle Dimension, nämlich die einzelsprachlich geregelte funktionelle (phonologische) Auslastung phonetischer Ressourcen zum Zwecke erfolgreicher Kommunikation. Das impliziert einerseits, dass identische oder ähnliche phonetische Ressourcen einzelsprachlich unterschiedlich phonologisch ausgelastet sein können, und andererseits, dass phonologisch sich identisch oder ähnlich verhaltende Einheiten phonetisch unterschiedlich gestaltet sein können (u.a. Caramazza/Yeni-Komshian 1974; Borzone de Manrique 1979; Lindau et al. 1985; Peeters 1991; Laeufer 1992; Bradlow 1995).
Kognitive Phonologie steht für eine Klasse von Theorien und Modellen, die die Prämisse vom Embodiment des Sprechens teilen. Ihre Modellierungen und Beschreibungssprachen streben im Einklang mit Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie, Gedächtnisforschung, Physiologie und Spracherwerbsforschung nach kognitiver und physiologischer Plausibilität. Insofern heben sie sich von den Beschreibungssprachen der Strukturalistischen und Generativen Phonologie ab, da sie die zum jeweiligen Zeitpunkt mögliche erkennbare kognitive und physiologische Realität de...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Vorwort und Danksagung
  5. Abkürzungsverzeichnis
  6. Glossierung (cf. Leipzig Glossing Rules 2015)
  7. 1 Einleitung und Standortbestimmung
  8. 2 «… there is little extra to be said about diphthongs»… oder vielleicht doch?
  9. 3 Gestaltphonologie: Plädoyer für eine wortökologische Sichtweise
  10. 4 Wortökologische Entstehungsszenarien für Vokalsequenzierungen im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen
  11. 5 Vokalsequenzierungen als Teil der synchronischen Wortgestalt im Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen
  12. 6 Vom Nutzen einer wortökologischen Gestaltphonologie
  13. Bibliographie
  14. Anhang
  15. Register
  16. Erratum zu: Gestaltphonologische Interpretation von Vokalsequenzierungen. Eine Studie zum Portugiesischen, Spanischen, Französischen, Italienischen und Rumänischen