Leben mit und ohne Gott
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Leben mit und ohne Gott

Beiträge zur inneren Sicherheit

  1. 264 Seiten
  2. German
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Leben mit und ohne Gott

Beiträge zur inneren Sicherheit

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Über dieses Buch

Die Frage nach Gott oder Göttern ist der Ursprung von Philsophie und Theologie, bildet ein zentrales Thema von Kunst und Literatur und selbst die Naturwissenschaften wären nicht das, was sie heute sind, wenn sich über den "Allmächtigen" nicht streiten ließe. Man denke nur an Einsteins Bonmot "Gott würfelt nicht", mit dem er in der Auseinandersetzung mit Niels Bohr der Quantenmechanik die Zufälligkeit austreiben wollte. Wie sicher ist also Gottes Existenz? Lenkt er unser Leben? Oder klafft dort, wo von ihm die Rede ist, eine inhaltslose Lücke?Karsten Krampitz und Uwe von Seltmann schaffen mit diesem Buch ein Novum, das so naheliegend wie originell ist: Sie bieten ein Forum, in dem nicht nur eine "Partei" zu Wort kommt, sondern in dem die schillernd bunte Meinungsvielfalt der Gläubigen, Zweifler und Ungläubigen ihren Ausdruck findet. Ob in Form eines spitzzüngigen Essays, eines berührenden Schicksalsberichts, einer sachlichen Analyse, einer witzigen Anekdote oder einer kunstvollen Erzählung, immer geht es darum: Was hat Gott mit mir, dem Menschen, zu tun? Eine Sinnsuche der besonderen Art.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783784480206

Michael Schmidt-Salomon

Sind Atheisten die besseren Menschen?
Anmerkungen zur Kriminalgeschichte des Atheismus
Dass »gute Christen« nicht unbedingt auch »gute Menschen« sind, ist kein Geheimnis. Gerade diejenigen, die sich besonders stark um eine buchstabengetreue Umsetzung der biblischen Botschaft bemühen, sind selten in der Lage, tolerant und liebevoll auf ihre (oft andersgläubigen) Mitmenschen zuzugehen. Auch die rigorosen Verfechter des Korans und der Thora fallen nicht unbedingt durch ihre grenzenlose Nächstenliebe auf. Selbst der ewig lächelnde Dalai Lama hat – glaubt man den Darlegungen der in der letzten Zeit sich mehrenden Buddhismuskritiker – so manche Leiche im Keller.
Im Wettstreit um den ultimativen »Gutmenschen-Status« scheinen die Atheisten dank der Disqualifizierung ihrer religiösen Kontrahenten also auf den ersten Blick gute Karten zu besitzen. Doch sind Atheisten wirklich die »besseren Menschen«, wie so mancher Konfessionslose glaubt? Oder handelt es sich hierbei nur um eine selbstwertdienliche Wahrnehmungsverzerrung? Wäre eine Menschheit, die sich von den jenseitigen Verheißungen der Weltreligionen losgesagt hat, wirklich eine geläuterte, eine bessere Menschheit? Werfen wir, um diese Frage beantworten zu können, einen Blick auf die in konfessionslosen Kreisen gern übersehenen1 dunklen Seiten der Religionskritik.
1 Symptomatisch in dieser Hinsicht ist das Buch von Finngeir Hiorth: Atheismus – genau betrachtet. Eine Einführung, Neustadt 1995. Die »Kriminalgeschichte des Atheismus« fällt bei dieser insgesamt durchaus beachtlichen »genauen Betrachtung« völlig unter den Tisch.

Die Kriminalgeschichte des Atheismus

Es gibt sicherlich nicht wenige Atheisten, die die »moralische Überlegenheit« ihres Denkansatzes mit einem schlichten Verweis auf Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte des Christentums begründen. Doch: So richtig es auch ist, die frohe Botschaft des Christentums an ihren wenig erfreulichen Früchten zu messen, ein solcher Schuss kann durchaus nach hinten losgehen. Viele Atheisten übersehen nämlich allzu gerne, dass zahlreiche »Staatsatheisten« in der Vergangenheit kaum ein besseres Bild abgaben als z. B. der Initiator des ersten Kreuzzugs, Papst Urban II.
Joseph Stalin beispielsweise, der sich bekanntlich im Theologischen Seminar von Tiflis zum überzeugten Atheisten mauserte2, ging als einer der größten Schreibtisch-Massenmörder in die Geschichte ein. In der Zeit des »Großen Terrors« (1936-38) ließ er breit angelegte »Säuberungsaktionen« durchführen, die u. a. auch das Ziel hatten, die »letzten Reste der Geistlichkeit zu liquidieren«.3 Hierzu heißt es in einem der besseren Aufsätze des insgesamt durchaus problematischen Sammelbandes Schwarzbuch des Kommunismus4: »Tausende von Priestern und nahezu alle Bischöfe fanden sich in den Lagern wieder, und dieses Mal wurde ein großer Teil von ihnen hingerichtet. Von den 20 000 Kirchen und Moscheen, die 1936 noch für religiöse Zwecke genutzt worden waren, standen 1941 nicht einmal mehr 1000 für den Gottesdienst offen. Die Zahl der amtlich registrierten Geistlichen wurde Anfang 1941 mit 5665 angegeben (…) 1936 waren es noch mehr als 24 000 Geistliche gewesen.«5
2 Vgl. Payne, Robert: Stalin. Macht und Tyrannei. München 1978, S. 31ff.
3Werth, Nicolas: Gewalt, Unterdrückung und Terror in der Sowjetunion. In: Courtois, Stephane et al. (Hg.): Das Schwarzbuch des Kommunismus, München 1998, S. 223.
4Zur Kritik des Schwarzbuchs siehe Mecklenburg, Jens / Wippermann, Wolfgang (Hg.): »Roter Holocaust«? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus, Hamburg 1998.
5 Werth, Nicolas, S. 224.
Zugegeben: Stalin als Beleg für die Inhumanität des Atheismus anzuführen, ist reichlich perfide und dementsprechend würden sich viele Verteidiger des Atheismus (mit Recht) gegen das Beispiel wehren. Stalin, würden sie sagen, war alles andere als ein Musterbeispiel des Atheismus. Gab es nicht Legionen von Atheisten, die keine Morde begangen haben, Abertausende, die selbst den Säuberungsaktionen Stalins zum Opfer fielen?
Eine solche Argumentation klingt plausibel, hat aber einen Haken: Christen könnten zur Verteidigung ihres Glaubens nahezu das Gleiche sagen, schließlich verhielten sich nur (relativ!) wenige unter ihnen wie Papst Urban II. Außerdem waren es ja häufig auch Christen, die den Säuberungsaktionen der Kirche zum Opfer fielen. Ein gescheiter Christ könnte in diesem Punkt sogar in die Offensive gehen, könnte Deschners berühmtes Wort von den »guten Christen«6 umdrehen und behaupten, dass die sogenannten »guten Atheisten« die gefährlichsten seien, weil man sie allzu leicht mit dem Atheismus verwechsle. Sein wahres Gesicht zeige der Atheismus erst, wenn er an die Macht kommt. Und triumphierend könnte er auf eine durchaus aussagekräftige Statistik verweisen, der zufolge die relative Anzahl mordender christlicher Staatsoberhäupter gering ist – verglichen mit der relativen Anzahl mordender atheistischer Staatschefs (Lenin, Stalin, Mao, Pol Pot etc.).
6 Deschner, Karlheinz: Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom. Aphorismen. Basel 1989, S. 83: »Die guten Christen sind am gefährlichsten – man verwechselt sie mit dem Christentum.«
Ein gescheiter Atheist könnte hier freilich einwenden, dass es ein bedauerlicher, tragischer Zufall gewesen sei, dass der Atheismus in Gestalt des Staatssozialismus7 an die Macht gekommen sei, dass die Menschen nicht unter dem Atheismus zu leiden hatten, sondern unter der Ideologie bzw. den Repräsentanten des Staatssozialismus, die den Atheismus nur für ihre Zwecke ausbeuteten. Außerdem könnte er darauf verweisen, dass die meist bürgerkriegsähnlichen Umstände der kommunistischen Machtergreifungen die Zahl der Opfer beinahe zwangsläufig in die Höhe treiben mussten.
7Unser gescheiter Atheist spricht hier von »Staatssozialismus« statt von »Marxismus-Leninismus«, weil letzterer Begriff einen Widerspruch in sich darstellt. Marxismus und Leninismus unterscheiden sich in einigen Punkten gewaltig, man kann sogar von einer Aufhebung des Marxismus durch den Leninismus sprechen (vgl. Schmidt-Salomon, Michael: »Proletarier aller Länder, verzeiht mir?« Plädoyer für einen zu Unrecht angeklagten Philosophen. In: Aufklärung und Kritik. Zeitschrift für humanistische Philosophie und freies Denken 2/1999).
Aber auch diese Argumente könnte ein cleverer Christ leicht für seine Zwecke ummünzen. So könnte er erklären, dass im Fall der Religion doch wohl Ähnliches gelte, dass die Menschen in der Vergangenheit weniger unter der Religion selbst zu leiden gehabt hätten als unter denen, die die Religion für ihre Interessen einspannten. Zudem könnte er behaupten, dass es ein unglücklicher Zufall gewesen sei, dass sich das Christentum unter den Umständen einer Sklavenhaltergesellschaft hatte durchsetzen müssen und dass auch die Bedingungen des Feudalismus es lange Zeit nicht ermöglicht hätten, eine humanere Version des Christentums zu praktizieren. Kurzum: Die Verbrechen des Christentums seien nicht auf die Religion selbst zurückzuführen, sondern auf die widrigen historischen Rahmenbedingungen, die religiöse Führer immer wieder dazu zwangen, Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die heute (unter veränderten gesellschaftlichen Umständen) zweifellos als inhuman eingestuft werden müssten.
Was könnte unser gequälter Atheist nun gegen diese – wie es scheint – gut durchdachte Argumentation einwenden? Sollte er, das böse Vermächtnis Stalins auf der Schulter tragend, zähneknirschend einem Patt zustimmen und eingestehen, dass Atheisten doch nicht die »besseren Menschen« sind? Und – falls er wirklich zu dieser Einsicht kommen sollte: Welche Konsequenzen wären daraus zu ziehen? Müsste er fortan die Religionskritik an den Nagel hängen und die Frage der Weltanschauung zur bloßen Geschmackssache erklären? Müsste er sich dem sogenannten »postmodernen Zeitgeist« unterwerfen, der uns ohnehin weismachen will, dass die Entscheidung für oder gegen Religion etwa gleichbedeutend ist mit der Frage, ob man Schokoladen- oder Vanillepudding vorzieht?
Nun, wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. So richtig und wichtig es auch ist zu erkennen, dass die Geschichte des Atheismus keineswegs so ruhmreich ist, wie viele Atheisten glauben, so bedeutet dieses Eingeständnis keineswegs, dass wir künftig auf Religionskritik verzichten könnten. Im Gegenteil. Die Tatsache, dass die Kriminalgeschichte des Atheismus zwar kürzer, aber doch ähnlich bluttriefend ist wie die Kriminalgeschichte des Christentums, beweist umso mehr, wie wichtig religionskritische Ansätze auch heute noch sind. Warum? Ganz einfach: Weil wir es in beiden Fällen mit religiösen Phänomenen zu tun haben.

Das zentrale Problem ist die Religion – nicht der Theismus

»Theismus und Atheismus sind die beiden Enden einer Wurst.« Ich gebe zu: Früher habe ich mich über diesen Ausspruch ziemlich geärgert. Er schien mir ohne jegliche Begründung zwei höchst unterschiedliche Phänomene in einen Topf zu werfen. Außerdem hielt ich ihn für eine schlecht getarnte Ausrede für Menschen, die sich den zentralen, existenziellen, aber mühsam zu bewältigenden Fragen des Lebens einfach nicht stellen wollten. Im Laufe der letzten Jahre traf ich aber im freigeistigen Spektrum eine beachtliche Anzahl von Menschen, auf die der Satz dummerweise doch erschreckend zutraf: Atheisten, die so religiös fanatisiert über Atheismus sprachen, dass sie auf mich den Eindruck missionierender Wanderprediger machten, freigeistige Märtyrer, die das Misslingen ihres eigenen Lebens ausschließlich auf das Wirken klerikaler Seilschaften zurückführten, Menschen, die alle Katastrophen der letzten 2000 Jahre der katholischen Kirche anlasteten und deren Kirchenhass das Einzige zu sein schien, was ihrem Leben noch Halt zu geben vermochte. Ich hatte den Eindruck, dass diese Menschen, die in der Regel der christlichen Religion entflohen waren, zwar ihren Gottesglauben verloren, das entscheidende Problem aber nicht gelöst hatten: Sie waren religiös geblieben, überzeugt von der unumstößlichen Wahrheit ihrer Glaubenssätze. So fest sie zuvor glaubten, Gott existiere, so waren sie nun davon überzeugt, dass er (sie oder es) nie existiert habe. Ihre Propheten der Wahrheit hießen nun nicht mehr Markus, Matthäus, Lukas und Johannes, sondern Nietzsche, Marx und Feuerbach. Widerrede war verpönt wie eh und je, die schwarz auf weiß gedruckte Wahrheit durfte nicht infrage gestellt werden.
Die Konfrontation mit dieser Art religiöser Atheisten rief mir immer wieder zu Bewusstsein, was mir eigentlich schon seit Beginn meines Ausstiegs aus der Religion klar war, nämlich dass das entscheidende Problem nicht der Theismus ist, sondern die Religion. Schon in dem ersten religionskritischen Aufsatz, den ich jemals veröffentlichte8, war dies die Grundthese. Ich plädierte dafür, den traditionellen Begriff der Religion zu erweitern: Er muss sowohl die theistischen als auch die atheistischen Heilsgeschichten umfassen.
8 Schmidt-Salomon, Michael: Offenheit statt Offenbarung. Über Humanismus, Agnostizismus und die Diskursunfähigkeit »der Religiösen«. In: MIZ/Materialien und Informationen zur Zeit 4/1994.

Religionen brauchen keine Götter

Dass Religionen nicht unbedingt Gottesbilder aufweisen müssen, dürfte jedem klar sein, der sich schon einmal mit den Ursprüngen des Buddhismus beschäftigt hat. Buddhas ursprüngliche Konzeption kam ohne Götter aus und für traditionelle Buddhisten besteht insofern auch kein Gegensatz zwischen Atheismus und Religion. Wie problematisch die automatische Kopplung von Theismus und Religion bzw. Atheismus und Religionsfreiheit ist, zeigen aber auch andere Beispiele. So ist es mitunter schwierig, gewisse pantheistische Vorstellungen eindeutig zu klassifizieren. Wenn man wie Spinoza den personalen Gottesbegriff aufgibt, Gott als »Summe allen Seins« begreift, ist das nun Theismus oder Atheismus, Religion oder Philosophie? Zweites Beispiel: Wenn man wie viele New-Age-Apostel den Begriff »Gott« durch den Begriff »Schicksal« ersetzt, handelt es sich dann um ein religiöses oder ein philosophisches Aussagensystem? Drittes Beispiel: Wie ordnen wir die sogenannten »Stammesreligionen« ein, die häufig auf die Vorstellung eines Gottes bzw. mehrerer Götter verzichten, aber ihren Ahnen magische Kräfte zusprechen? Sind das keine Religionen, nur weil sie auf die Rede von »Gott« verzichten?
Ich denke, es wäre überaus problematisch, den Religionsbegriff weiterhin an der Existenz klar umrissener Gottesbilder festzumachen. Denn erstens würden wir damit – wie oben gezeigt – zahlreiche traditionelle Formen der Religion ausklammern. Zweitens würden wir verkennen, dass religiöse Grundmuster auch in scheinbar säkularen Zusammenhängen von zentraler Bedeutung sein können. Damit meine ich weniger die Verehrung gewisser »Fußballgötter« oder »Popidole« (obwohl auch dies ein spannender Gegenstand religionssoziologischer Betrachtungen sein kann) als das erst in letzter Zeit wiederentdeckte Phänomen der »politischen Religion«.

Nationalsozialismus und Kommunismus als politische Religionen

Lange Zeit war es verpönt, über den Nationalsozialismus als politische Religion zu sprechen.9 Dabei kann gerade die religionssoziologische Betrachtung des Nationalsozialismus viele Phänomene erhellen, für die Historiker ohne religionssoziologisches Inventar bislang keine einleuchtenden Erklärungen finden konnten.10 Wie z. B. war es möglich, dass so große Teile der Bevölkerung mit Enthusiasmus ihr Leben für den »Führer«, die Inkarnation des »germanischen Volksgeists«, aufs Spiel setzten? Welche Bedeutung hatten die von Speer inszenierten rituellen Massenkundgebungen und das immer wieder in den Vordergrund gerückte Symbol des Hakenkreuzes? Religionssoziologische Analysen können aufzeigen, dass die Nazi-Strategen immer wieder Elemente religiöser Kulte in ihre Propaganda aufnahmen und damit ungeheuren Erfolg hatten. Selbst die unfassbare Singularität des Grauens, Auschwitz, kann unter religionssoziologischer Perspektive besser verstanden werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang nicht nur der traditionelle christliche Antijudaismus, der sich im Nationalsozialismus auf verheerende Weise entlud11, sondern vor allem auch der rituelle Charakter der nationalsozialistischen Judenvernichtung selbst...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort der Herausgeber
  6. Hanns Dieter Hüsch - Religiöse Nachricht
  7. Burkhard Müller - Das Konzept Gott –warum wir es nicht brauchen
  8. Axel Noack - Noch nicht zu Hause, aber schon geborgen
  9. Heinrich Missalla - Welt ohne Gott?
  10. Donata Rigg - Die Sprache der Fische
  11. Sibylle Sterzik - Gott, der Supermarktdetektiv
  12. Matthias Vernaldi - Spiegeleien
  13. Andreas Krenzke - Abenteuer im Jenseits
  14. Henryk M. Broder - Woran ich glaube
  15. Arzu Toker - Allah kam nicht mit
  16. Markus Liske - Vor der Himmelstür
  17. Karsten Krampitz - Im Nachtasyl
  18. Christoph Ludszuweit - Zur »Ehe« von Feuerstuhl und Kanzel
  19. Christine Preißmann - Draußen ohne Gott?
  20. Bodo Ramelow - 42 oder wie ich lernte, die Weisheit der Computer zu lieben
  21. Claudia Schattach - Gefallene Engel
  22. Armin Pfahl-Traughber - Das Scheitern der Gottesbeweise
  23. Lea Ackermann - So leben, als gäbe es Gott
  24. Michael Schmidt-Salomon - Sind Atheisten die besseren Menschen?
  25. Walter Homolka - Durch Wissen zum Glauben
  26. Tilmann Moser - Aus der Arbeit eines Psychoanalytikers
  27. Gita Neumann - Tod und letzte Dinge
  28. Caritas Führer - Leben ohne Gott?
  29. Frieder Otto Wolf - Zwei Überlegungen zur Gottesfrage
  30. Manfred Lütz - Der Atheismus aus christlicher Sicht
  31. Fiona Lorenz - Gott gibt es nicht
  32. Karl Giebeler - Oma Bertha geht heim
  33. Stefan Seidel - Zwischen den Welten
  34. Alexander Garth - Kein Gott – eine gute Nachricht?
  35. Jakob Hein - Wirklichkeitserschließung – Sinnsuche – Gottesfrage
  36. Uwe von Seltmann - »Ach Gottchen, sprach Lottchen«
  37. Horst Groschopp - Ein ostdeutscher »Volksatheist«
  38. Harald Krille - Jenseitsvertröstung oder Diesseitströstung?
  39. Johanna Martin - Hat es je einen Mann ohne Mutter gegeben?
  40. Angelika Obert - Herausgerufen
  41. Manja Präkels - Im Trüben
  42. Autoren
  43. Lesetipp