Was ist schwule Kultur?
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Was ist schwule Kultur?

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Kultur entsteht, »sooft Sprache, Bewegung, Verhalten oder Gegenstände eine gewisse Abweichung von der direktesten, nützlichsten, unengagiertesten Weise des Ausdrucks und des In-der-Welt-Seins zeigen«, wie Susan Sontag definiert. Homosexuelle, denen in einer heterosexuellen Umwelt ein solcher »direkter« Ausdruck verwehrt bleibt, sind deshalb auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, »Kultur« zu erschaffen, und sei es in Form der subkulturellen Umdeutung der heterosexuellen Mehrheitskultur. Ob Trash, Divenkult oder ernsthafte Identitätskunst: Schwule sind die Kulturschaffenden schlechthin, doch Halperin schreibt: »Homosexualität ist an die Schwulen vergeudet«, weil die stattdessen ihr Heil in einer farblosen Homonormativität suchen.Halperin analysiert die Entwicklungslinien schwuler Kultur und Subkultur und hält ein geistreiches und oft witziges Plädoyer für offen gelebte Diversität, das nicht nur angepasste Schwule aufrütteln soll. Denn: »In gewisser Hinsicht ist Homosexualität Kultur. Deshalb braucht uns die Gesellschaft.«

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783863003296
Auflage
1
Thema
History

Für immer queer

Und wenn die schwule Emanzipation ihre Arbeit getan hat, was dann? Wird die schwule Kultur, oder die subkulturelle Variante, die ich hier beschrieben habe, verschwinden? Wird sie ihre Anziehungskraft verlieren? Werden die schwulen Männer der Zukunft nicht mehr verstehen, es sei denn mitleidig und peinlich berührt, dass ihre Ahnen, die im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert gelebt haben, so viel Bedeutung und so viel Freude an heterosexuellen Kunstwerken gefunden haben, in denen sie nicht vorkamen, zumindest nicht durch explizite Repräsentationen schwuler Männer oder schwulen Lebens?
Ist die schwule Kultur oder die Subkultur, die ich hier beschrieben habe, ein Produkt der Homophobie? Wenn sie selbst nicht notwendig homophob ist, ist sie dennoch ein Ergebnis sozialer Unterdrückung? Wurzelt sie in sozialer Feindseligkeit und Zurückweisung? Und wenn die Homophobie schließlich überwunden sein wird und der Vergangenheit angehört, wenn die schwule Emanzipation triumphiert und Homosexuelle die gleichen Rechte, soziale Anerkennung und Akzeptanz erfahren und vollständig in die heterosexuelle Gesellschaft integriert sind, wenn der Unterschied zwischen Homosexualität und Heterosexualität keine größere Bedeutung hat als der zwischen Linkshändern und Rechtshändern heutzutage – wenn all das erreicht ist, wird das das Ende der schwulen Kultur oder Subkultur bedeuten, wie wir sie kennen?
Genau das haben Daniel Harris und Andrew Sullivan behauptet. Ich bin nicht überzeugt, die schwule Kultur oder Subkultur sei ein Ding der Vergangenheit, sie sei obsolet und veraltet. Aber vielleicht waren ihre Prognosen gar nicht falsch, sondern voreilig. Vielleicht kommt irgendwann der Tag, an dem günstigere soziale Bedingungen ihre Behauptungen rechtfertigen werden. Was eine mangelhafte Analyse der Gegenwart war, könnte sich als eine präzise Vorhersage der Zukunft erweisen. Die Zeit kann ihnen noch recht geben.
Es gibt gute Präzedenzfälle für diese Annahme.
Die Menschen haben sich gefragt, ob Ralph Ellisons Der unsichtbare Mann, James Baldwins Ein anderes Land oder Harper Lees Wer die Nachtigall stört unverständlich oder sinnlos werden, wenn jemals eine Zeit kommen sollte, in der ethnische Unterschiede in der amerikanischen Gesellschaft keine Rolle mehr spielen (die Präsidentschaft von Barack Obama macht es zugegebenermaßen schwerer statt leichter, sich das vorzustellen). Oder würde der Humor von Lenny Bruce oder Woody Allen die Fähigkeit einbüßen, uns zum Lachen zu bringen, wenn oder falls Juden vollständig assimiliert werden? Wirkt dieser Humor nicht heute schon ein wenig archaisch?
Jeder ernsthafte Versuch, diese Fragen zu beantworten, würde den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen. Doch vielleicht ist es möglich, sie etwas tiefergehend in Bezug auf die schwule Kultur zu verfolgen. Die Zukunft der schwulen Kultur sieht schon jetzt recht düster aus, und viele Stimmen haben bereits ihr bevorstehendes Ende verkündet. Was noch zu erörtern bleibt sind die sozialen Faktoren, die das Überleben der schwulen Kultur infrage stellen.
***
Der offensichtliche Rückgang der schwulen Kultur ist auf strukturelle Ursachen zurückzuführen, die wenig mit der wachsenden Akzeptanz von Homosexualität zu tun haben. In den letzten drei Jahrzehnten hat es massive Veränderungen der materiellen Grundlagen des schwulen Lebens in den Vereinigten Staaten und in anderen Metropolregionen gegeben. Diese Veränderungen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Form des schwulen Lebens und der schwulen Kultur. Sie sind das Ergebnis dreier weitreichender Entwicklungen: der Sanierung der Innenstädte und der daraus folgenden Gentrifizierung innerstädtischer Wohnviertel, der HIV-/Aids-Epidemie und der Erfindung des Internet.
Um das Wesen dieser Veränderungen und ihrer entscheidenden, weitreichenden Effekte richtig einzuschätzen, müssen wir uns die Bedingungen ins Gedächtnis rufen, die die schwule Kultur in den Jahren unmittelbar vor Beginn dieser Entwicklungen geprägt haben. Zunächst einmal erzeugte die schwule Emanzipationsbewegung in den 1960ern eine schwule Migrationswelle, die in den 1970ern hunderttausende schwuler Männer aus allen Teilen des Landes nach New York, San Francisco, Los Angeles, Chicago, Boston, Houston, Miami und in ein halbes Dutzend anderer großer Städte spülte. Dabei zogen schwule Männer aus vergleichsweise isolierten Kleinstädten oder ländlichen Gegenden in bestimmte Stadtviertel, die sogenannten Schwulengettos, die in größeren Metropolregionen Gestalt annahmen.
Die Konzentration einer großen Zahl schwuler Menschen in bestimmten Stadtvierteln hatte entscheidende politische, ökonomische und kulturelle Folgen. Sie schuf die Machtgrundlage für die politische Schwulenbewegung. Sie ermöglichte eine starke kommerzielle Infrastruktur, die nicht nur aus Kneipen, Saunen und anderen explizit sexuellen Einrichtungen bestand, sondern außerdem eine regionale Szene-Presse und andere Kommunikationsformen23 sowie Buchläden und Cafés umfasste. Sie versammelte ein Massenpublikum, das die unverzichtbare Voraussetzung für die Entstehung einer blühenden kulturellen Szene und ein dauerhaftes politisches Ferment darstellt. Und schließlich schuf sie schwule Wohnviertel, die von der Kontrolle der Heterosexuellen befreit waren und in denen neue Formen gemeinsamer Reflexion und Bewusstwerdung, kultureller Blüte und Selbstbestimmung entstehen konnten. Kurzum, die Schwulengettos brachten neue Lebensformen hervor.
Die Menschen, die diese Gettos schufen, gehörten nicht in erster Linie der Mittelschicht an. Das Castro, Folsom Street und Polk Street waren Enklaven in San Francisco, die nicht von Typen bevölkert wurden, die auf einen Job bei einer großen Rechtsanwaltskanzlei oder an der Universität von Kalifornien warteten, auch wenn viele von ihnen Anwälte und Akademiker waren. Die neuen städtischen Migranten waren hauptsächlich Menschen mit bescheidenem Hintergrund, die im relativen Wohlstand der späten 60er und frühen 70er in Kalifornien dieselben niederen Jobs fanden, die sie in Iowa oder Alabama gehabt hatten. Sie sparten einige Monate oder Jahre und zogen schließlich in eine große Stadt; die niedrigen Mieten in den Schwulenvierteln, die früher Wohnviertel für Einwanderer oder Arbeiter oder Industriebrachen gewesen waren, ermöglichten die Ansiedlung von Menschen mit dem bescheidenen Einkommen von Kellnern oder Krankenpflegern, die so in einem städtischen Schwulenviertel wohnen konnten, auch wenn das hieß, dass sie sich eine Wohnung mit mehreren Mietern teilen mussten, um die Miete aufzubringen. Aber sie konnten Schwulsein, schwulen Sex und schwule Kultur zum Mittelpunkt ihres Lebens machen, das sie um diese neuen Möglichkeiten herum arrangierten. Viele Menschen taten das: Es war das schwule Äquivalent des Exodus.
Zu jener Zeit musste man das Haus verlassen, um flachgelegt zu werden. Das Internet lag noch ein oder zwei Jahrzehnte in der Zukunft, und Mobiltelefone waren vollkommen unbekannt. Um Sexualpartner zu finden, musste man am sozialen Leben der Schwulen teilnehmen, das in Kneipen, Saunen, der Metropolitan Community Church, dem örtlichen schwulen Wirtschaftsverband, schwulen Motorradclubs, dem schwulen Chor oder den politischen Schwulenorganisationen und Lobbygruppen stattfand. In vielen dieser sozialen Kontexte, besonders in Kneipen und Saunen, traf man unweigerlich Menschen aller Art, denen man im eigenen sozialen Umfeld nie begegnet wäre, darunter viele Menschen, mit denen man sich freiwillig niemals abgegeben oder um die man einen großen Bogen gemacht hätte, wenn man die Wahl gehabt hätte.
Aber man hatte nicht die Wahl. Man musste das Publikum, dem man an schwulen Treffpunkten begegnete, so nehmen, wie es kam. Die eigenen Kriterien für sozialen Umgang spielten dabei keine Rolle. Man musste sich mit einem breiten Spektrum von Leuten arrangieren, Leuten mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund, physischem Typus, Auftreten, Geschlechterrollenverhalten, Klassenzugehörigkeit, sexuellen Vorlieben und Praktiken, und manchmal, falls man eine weiße Hautfarbe hatte, mit unterschiedlichen Ethnien. Das hieß, dass man mit vielen unterschiedlichen Vorstellungen darüber konfrontiert wurde, was es bedeutet, schwul zu sein, sowie vielen Arten des schwulen Lebens. Man mochte sich wünschen, all dem nicht ausgesetzt zu sein, aber was blieb einem schon übrig?
«Ich erinnere mich noch an die Aufregung, eine Mischung aus Benommenheit und Angst, als ich mich zum ersten Mal in schwule Kneipen und Clubs gewagt habe», schreibt June Thomas in ihrer Hommage an die Bedeutung der Schwulenkneipe in der Geschichte des schwulen Lebens, «an den Kitzel, all die anderen Lesben und Schwule in ihrer öden, großartigen, anrüchigen Vielfalt zu entdecken.»24 Und als wäre das noch nicht genug, garantierte die neue Schwulenszene, dass Newcomer, die in eines der Schwulenviertel zogen, dort vielen Oldtimern begegnen würden, die über mehr Erfahrung im schwulen Leben und raffiniertere Verhaltensweisen verfügten als sie.
Diese Veteranen der städtischen Schwulenszenen vertraten oft erstaunlich kämpferische, kompromisslose, antihomophobe, antiheterosexistische, gegen den Mainstream gerichtete Anschauungen. Menschen, die schon seit Jahren in den Schwulengettos lebten, hatten Zeit und Gelegenheit gehabt, sich zu befreien: sich zu «entprogrammieren», ihre dummen heterosexuellen Vorurteile loszuwerden und ein politisches Bewusstsein zu entwickeln, kurzum, stolz auf ihre schwule Identität zu sein. Indem die Neulinge Menschen begegneten, die mutiger, zuversichtlicher und reflektierter waren als sie, wurden ihre Grundannahmen, Werte und Vorstellungen davon, wie man ein schwules Leben lebt, ernsthaft infrage gestellt. Ihre alten Einstellungen gerieten ins Wanken.
Allein der Mix von Menschentypen in den neuen schwulen Welten begünstigte die Radikalisierung des schwulen Lebens. Er verlieh den entwickelteren, klügeren, erfahreneren und radikaleren Mitgliedern der örtlichen Gemeinschaft mehr Gewicht und Autorität. Und das führte dazu, dass das Coming-out mit einer allmählichen Entfremdung von traditionellen, heterosexuellen, konservativen Mainstreamkonzepten von einem richtigen Leben einherging. Obwohl Typen, die wie ganz normale Kerle aussahen und eine altmodische, normale Männlichkeit ausstrahlten, weiterhin die begehrtesten Sexualobjekte waren, erlebten viele Neuankömmlinge in den Schwulengettos, dass ihnen ihre altmodischen, ländlichen, provinziellen und unaufgeklärten Überzeugungen allmählich ausgeredet wurden – ihre Marotten und «unemanzipierten» Einstellungen –, einschließlich ihrem Festhalten an klaren Geschlechterrollen, unpassenden romantischen Fantasien, restriktiver Sexualmoral, politischem Konservatismus, Prüderie und anderen Kleinstadtwerten. Der Tagesbefehl lautete psychische Entkolonialisierung: Schwule Männer sollten die unnatürlichen und unpassenden Vorstellungen, die die heterosexuelle Kultur, die sie umgab, in ihren Verstand eingepflanzt hatte, identifizieren und über Bord werfen. Viele Schwule wiesen die radikale Ideologie eines schwulen Lebens zurück, so viel steht fest, und viele Menschen bildeten eigene Untergruppen innerhalb der schwulen Gemeinschaft entsprechend ihren sexuellen Vorlieben, Rollenverhalten, Klassenzugehörigkeit, politischen Sympathien, ihrer Moral, ihren Wertvorstellungen, Interessen und Gewohnheiten. Es gab eine große Vielfalt von Weltanschauungen und Lebensformen. Doch die meisten neuen Bewohner der Schwulengettos teilten die Erfahrung, an einem neuen, atemberaubenden, nie dagewesenen sozialen Experiment teilzunehmen: wie sich um homosexuelles Begehren, schwulen Sex und schwule Identität ein neues Gemeinschaftsgefühl entwickelte.25
***
Dieses soziale Experiment erwies sich als kurzlebig. Denn im selben Zeitraum begann sich das Gesicht des städtischen Lebens in den Vereinigten Staaten durch die Sanierung der Großstädte, durch Stadtplanung und -erneuerung zu verändern. Ein massiver Zufluss von Kapital befeuerte umfangreiche Stadterneuerungskonzepte, die Schritt für Schritt die billigen städtischen Randgebiete an den Grenzen ehemaliger Industriegebiete oder gemischter Gewerbezonen beseitigten, in denen Geschäfte, Wohngebiete und Sexclubs der Schwulen eine Blütezeit erlebten, und sie durch Schnellstraßen, Hochhäuser, Sportanlagen, Tagungszentren und Outlet-Stores ersetzten. In San Francisco begannen diese Planungen in den 1950ern. In den 1960ern nahmen die Erneuerungsmaßnahmen Fahrt auf, auch wenn ihre Umsetzung durch die politischen Konflikte der 1970er verzögert wurde.
Die Aids-Epidemie trug schließlich zum Triumph der Stadterneuerung bei, indem sie eine Reihe sozialer Akteure schwächte, sowohl Individuen wie Gemeinschaften, die Widerstand dagegen geleistet hatten, dass ganze Wohnviertel umgestaltet und ausradiert wurden. So kam es dazu, dass durch das unheilvolle Zusammentreffen von Aids-Epidemie und einem plötzlichen Anstieg von Stadtplanungsmaßnahmen, Grundstücksverwertungen, Gentrifizierung und einem dementsprechenden Anstieg der Grundstückspreise in den 1980ern die Schwulengettos zerstört wurden, die in den 1960ern, 1970ern und frühen 1980ern die Zentren des schwulen Lebens gewesen waren. Diese Zerstörung hatte weitreichende Konsequenzen für die schwulen Gemeinschaften, besonders für radikale sexuelle Subkulturen. Letztendlich wirkte sie sich auf das Leben aller schwulen Menschen aus.26
Aids dezimierte mehrere Generationen schwuler Männer. Ende 2005 waren in den Vereinigten Staaten mehr als 550 000 Menschen an Aids gestorben. Mehr als 300 000 von ihnen waren Männer, die Sex mit Männern hatten.27 Allein im Bereich der San Francisco Bay Area starben Zehntausende schwuler Männer, einschließlich gut 17 000 in der Stadt San Francisco selbst.28 Zur selben Zeit verursachten die Gentrifizierungswellen, die zur Umgestaltung der schwulen Wohnviertel beitrugen, einen Boom der innerstädtischen Immobilienwirtschaft; aus den Vorstädten kehrten die Menschen in die gentrifizierten Innenstädte zurück, was dazu führte, dass Grundstückspreise in amerikanischen Großstädten durch die Decke gingen.
Schwule Männer mit bescheidenem Einkommen, die die Schwulengettos bevölkert hatten und dann an Aids gestorben waren, waren oft nicht die Grundstückseigentümer. Und diejenigen, denen ihre Häuser gehörten, hatten oft keine lebenden Erben oder überlebende Liebhaber, an die sie sie weitergeben konnten. Als die Grundstückspreise stiegen, füllten sich die leeren Wohnungen der Aidstoten nicht durch neue Wellen schwuler Migranten aus der Arbeiterschicht. Die ehemaligen Schwulengettos, die sich von bescheidenen, ethnisch gemischten Arbeitervierteln in schicke urbane Nischen wandelten, zogen Menschen mit echtem Geld an, die sich die schnell steigenden Mieten leisten konnten, sich ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist schwule Kultur?
  2. Titel
  3. Urheberrechte
  4. Inhalt
  5. Vorwort zur deutschen Ausgabe
  6. Judy Garland versus Identitätskunst
  7. Kultur versus Subkultur
  8. Für immer queer
  9. Anmerkungen