Das Land der Vielen
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Das Land der Vielen

Eine mehrstimmige deutsche Geschichte

  1. 24 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
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Das Land der Vielen

Eine mehrstimmige deutsche Geschichte

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Über dieses Buch

Die Schriftstellerin Jagoda Marini? führt im Kursbuch 194 auf anschauliche Weise vor, wie sich der Blick auf die Geschichte der Bundesrepublik ändert, wenn man sie aus einer ausgeschlossenen dritten Perspektive erzählt, nämlich der der Einwanderer.Es fehlen Narrative, sagt sie, die von anderen Aspekten als nur denen des vermeintlichen Misslingens der Einwanderungsgesellschaft erzählen. Eine in ihrem Sinne erzeugte Vielstimmigkeit im öffentlichen Diskurs könnte dafür sorgen, dass nicht weiterhin nur die eine Sicht, die eine Realität als dominante nachgezeichnet wird. Denn eine Folge dieses eklatanten Missverhältnisses sei auch die Normalisierung rechter Diskurse in der Mitte der Gesellschaft quasi als Reaktion auf diese eine Realität.

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Information

Jagoda Marinić
Das Land der Vielen
Eine mehrstimmige deutsche Geschichte
Ich sitze in einem Berliner Café. Bei kaum einem der Tischgespräche um mich herum wird Deutsch gesprochen. Deutschland 2018. Hautstadtflair mit Weltstadtelementen. Heutzutage ist für viele so ein Sprachenmix Normalität, auch jenseits der Hauptstadt. Um das betriebsame Leben einer deutschen Großstadt aufrechtzuerhalten, muss die Arbeit vieler Menschen, die aus der ganzen Welt kommen und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, ineinandergreifen: Flughäfen, Bahnhöfe, Krankenhäuser, Pflegeheime – Menschen, auch eingewanderte, bringen all die urbanen Strukturen zum Funktionieren. Doch der Diskurs über das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft beschäftigt sich hierzulande zunehmend mit dem Scheitern. Ein Narrativ voller Bedrohungsszenarien droht das erfolgreiche Zusammenspiel zu überschatten. Und es fehlen Narrative, die parallel von anderen Aspekten der Einwanderungsgesellschaft erzählen. Nicht so, dass Probleme geleugnet würden, wohl aber so, dass Vielstimmigkeit dafür sorgen könnte, ein Missverhältnis in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht erst entstehen und das Misslingen nicht als alles überschattendes Narrativ der Einwanderungsgesellschaft bestehen zu lassen. Eine Folge des derzeitigen Missverhältnisses ist die Normalisierung rechter Diskurse in der Mitte der Gesellschaft – sie scheinen dann nur eine Reaktion auf »die Realität« zu sein, dabei erzeugt diese Verengung der Narrative eine allumfassende Pseudoumwelt.
»Die Realität« erzählt sich aus einer anderen Perspektive naturgemäß sehr anders. Im Bundestag, in den Führungsetagen zahlreicher – auch öffentlich finanzierter – Institutionen, auf staatlich geförderten Tagungen oder Konferenzen usw. erscheint die deutsche Gesellschaft plötzlich nicht mehr so divers. Hier ist die Vielfalt noch nicht im selben Maß wie im öffentlichen Leben angekommen, weil der Zugang nach wie vor privilegiert ist – was sich auch daran zeigt, dass bestimmte soziale und ethnische Milieus unterrepräsentiert sind. Man zerbricht sich den Kopf darüber, wie Publikum, Programm und Personal diverser werden könnte, »zukunftsfähig« heißt das. Die Institutionen von morgen werden ohne die Menschen von heute nicht überleben können. Verantwortliche, die jahrzehntelang Offenheit gepredigt haben, müssen jetzt erkennen, dass sie diese Offenheit zwar gefordert, aber selbst nicht konsequent in den Strukturen, für die sie zuständig sind, umgesetzt haben. Noch bevor die Welt feiern konnte, dass der Deutsche Bundestag so divers ist wie die Fußballnationalmannschaft, geht die Meldung um die Welt, dass erstmals seit 60 Jahren wieder eine rechte politische Kraft im deutschen Parlament sitzt. Im Parlament gerade jenes Landes, in dem man meinte, durch Erinnerungskultur solchen Tendenzen stärker entgegengewirkt zu haben als andere Länder. Ein Argument, das im Ausland angeführt wird, um Deutschland zu verteidigen: Der Rechtsruck sei einem historischen Jahr gefolgt, in dem die Mehrheit der deutschen Gesellschaft sich solidarisch mit dem Schicksal von Menschen auf der Flucht gezeigt hatte. Dafür, heißt es dann oft mit einem Augenzwinkern, sei der Prozentsatz eher gering.
Doch dieser geringe Prozentsatz erzeugt eine schwer zu befriedigende Schaulust, die das Narrativ weiter verschiebt: In deutschen Medien erscheinen aufwendig bebilderte Langstrecken über die »neuen rechten Intellektuellen«, die New York Times war nach der letzten Bundestagswahl wie trunken von den neuen Rechten, wochenlang erschien ein Leitartikel nach dem anderen dazu. Diese Relevanz resultiert nicht zuletzt aus dem besonderen Unbehagen, das deutscher Nationalismus auslösen kann – bei US-Autoren jüdischer Herkunft, deren Familiengeschichten von den Gräueln der Nazi-Zeit für immer geprägt sind und die durch transatlantischen Austausch gelernt hatten, an ein anderes Deutschland zu glauben. Sie möchten nicht wahrhaben, dass gerade Deutschland, von dem man in moralischer Hinsicht ein anderes Bewusstsein erwartet, die Weltgemeinschaft nun wieder mit rechten Kräften und nationalistischen Parolen konfrontiert.
Rechte Strömungen werden auch deshalb so stark wahrgenommen, weil ihre Narrative um Deutschland altbekannt und leicht abrufbar sind im kollektiven Bewusstsein. Das andere Deutschland, das weltoffene, ist dagegen jung. Es blitzt immer wieder auf, doch es hat bislang weder ausreichend Strahlkraft noch ist es vielstimmig genug, um für die Wiedergabe eines realistischen Bildes vom gegenwärtigen Zustand in diesem Land die nötige Durchschlagskraft zu erzielen. Noch immer scheint es eine Mehrheitsgesellschaft zu geben, die weitgehend funktioniert, einen rechten Rand sowie Ausländer, die sich noch nicht so integriert haben, wie das von der Mehrheitsgesellschaft erwartet wird. Die Vielzahl der Geschichten und Lebenswelten bleibt neben diesen schrillen, ausgetrampelten Diskursen oft unbemerkt. Die Prota...

Inhaltsverzeichnis

  1. Jagoda Marinić | Das Land der Vielen. Eine mehrstimmige deutsche Geschichte
  2. Die Autorin
  3. Impressum