Teil III:
Autofahren ohne Angst
Michael Sauer, 58, Grafiker aus Mecklenburg-Vorpommern
„Niemals stressen lassen und auch dann einen kühlen Kopf bewahren, wenn andere hektisch oder sogar aggressiv fahren!“
Was hat Sie dazu bewogen, mit 58 doch noch einen Führerschein zu machen?
Herr Sauer: Ich bin aus einer Großstadt aufs Land gezogen. Da mein neuer Wohnort nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden ist, war ein Auto für mich unerlässlich.
War es für Sie als älterer Fahrschüler schwieriger, das Autofahren zu erlernen?
Herr Sauer: Ja, ich denke schon. Eigentlich fiel mir das Autofahren von Anfang an leicht. Mehr noch: Es macht mir sogar großen Spaß. Anders war es in den Theoriestunden: Die trockene Theorie zu lernen, fiel mir deutlich schwerer. Ich hatte das Gefühl, länger für den Stoff zu brauchen, als meine jüngeren Mitfahrschüler.
Was fanden Sie in Ihrer Fahrschulzeit am schwierigsten?
Herr Sauer: Neben der Theorie fiel mir zu Beginn auch das Schalten und Kuppeln schwer.
Welches Verhalten Ihres Fahrlehrers fanden Sie besonders hilfreich?
Herr Sauer: Mein Fahrlehrer war jünger als ich, trotzdem haben wir uns darauf geeinigt, uns zu duzen. Das schaffte großes Vertrauen im gegenseitigen Umgang. Daneben war auch sein großer Erfahrungsschatz sehr hilfreich. Der floss in jede Fahrstunde mit ein. Er hatte den Verkehr immer vorausschauend im Blick und zeigte mir die passenden Reaktionsmöglichkeiten auf.
Was empfanden Sie, als Sie sich zum ersten Mal alleine hinters Steuer setzten.
Herr Sauer: Ich war sehr aufgeregt! Aber: Ich war auch sehr stolz darauf. Ich bin damals nur eine kurze Strecke von zu Hause zum Supermarkt gefahren. Das Einparken war auch noch etwas schwierig, da die anderen Autofahrer hektisch unterwegs waren. Aber letztendlich hat es gut funktioniert. Trotzdem war ich froh, als ich wieder wohlbehalten zu Hause ankam.
Was mögen Sie am Autofahren?
Herr Sauer: Ganz klar: das Gefühl von Unabhängigkeit. Es ist aber auch ungemein praktisch, besonders wenn es etwas Schweres oder Großes zu transportieren gibt.
Am liebsten fahre ich über Land, da gibt es viel zu sehen. Zudem mag ich es einfach, in meinem Auto zu sitzen, denn dort ist es gemütlich.
Und gibt es eine Situation, die Sie auch heute noch stresst oder Ihnen sogar Angst macht?
Herr Sauer: Das Anfahren am Hang ist noch immer stressig. Besonders dann, wenn ich an einer Ampel stehe, anfahren muss und Autos in der Schlange hinter mir warten.
Was möchten Sie anderen älteren Fahranfängern gerne mit auf den Weg geben?
Herr Sauer: Niemals stressen lassen und auch dann einen kühlen Kopf bewahren, wenn andere hektisch oder sogar aggressiv fahren! Ich rate aber auch zum defensiven Fahren. Das bietet meiner Erfahrung nach den besten Selbstschutz und hilft auch anderen Verkehrsteilnehmern, gut durch den Verkehr zu kommen.
1 Wer hilft mir?
Bevor Sie sich einem Autofahren ohne Angst nähern, ist es wichtig, sich zu vergewissern, dass Sie Menschen um sich herum haben, die Ihr Projekt unterstützen. Denn mit einem Rückhalt aus Ihrem Umfeld wird es Ihnen leichter fallen, Ihre Sache durchzuziehen. Sonst hieße es nämlich, es im Prinzip allein zu meistern. Aber als soziales Wesen, das wir Menschen nun mal sind, tendieren wir dazu, Dinge gemeinsam zu meistern. Überlegen Sie einmal, wen Sie mit Sicherheit auf Ihrer Seite haben. Das sind Menschen, die wohlwollend und unterstützend sind. Familienmitglieder und Freunde, die wirklich wollen, dass Sie es schaffen. Und die Ihnen grundsätzlich zutrauen, eines Tages selbstständig und allein ein Auto fahren zu können. Denn es fällt auf, dass Menschen, die sich nicht trauen, etwas zu tun, häufig Menschen um sich haben, die genau diese Haltung und Stimmung auch noch fördern.
Gerade in Bezug auf die Ängste vor dem Autofahren ist es wichtig, diese offen zugeben zu können. Das geht natürlich nur bei den Personen, die damit entsprechend freundlich und hilfsbereit umgehen. Müssen Sie dagegen aber Ihre Angst und gleichzeitig die damit zusammenhängenden Folgen wie beispielsweise das Schwitzen oder Zittern vor anderen verbergen, dann belasten Sie sich doppelt: Die Angst selbst und nun noch das Verbergen kostet doppelte Kraft, die Sie eigentlich für das Lernen, die Konzentration und die notwendige Aufmerksamkeit zur Verfügung haben sollten. Je ehrlicher Sie sein können, umso mehr kann sich Ihre Umgebung auch darauf einstellen. Ängstliche Reaktionen beim Fahren kommen dann auch für die anderen nicht überraschend und sie können leichter helfen. Es geht also vor allem darum, dass sich alle Beteiligten auf mögliche Schwierigkeiten einstellen können. Anhand einiger wichtiger Personen möchte ich auf ein paar Dinge aufmerksam machen.
Ihr Fahrlehrer
Einen Menschen gab es definitiv eine Zeit lang an Ihrer Seite: Ihren Fahrlehrer. Oder es gibt ihn aktuell noch, weil Sie gerade in der Ausbildung sind. Sie wünschen sich für die Ausbildung einen netten, sympathischen Menschen? Natürlich – warum denn nicht! Schließlich verbringen Sie in Ihrer Freizeit freiwillig Ihre Zeit in seinem Fahrschulauto. Und Sie wollen sich völlig unbekannten Situationen mit seiner Hilfe nähern und sie Stück für Stück bewältigen. Da hilft es nun wirklich nicht, wenn er ungeduldig, unaufmerksam, unfreundlich und unhöflich wäre. Achten Sie daher in den ersten Fahrstunden also darauf, ob die Chemie zwischen Ihnen stimmt und Sie das Gefühl haben, dass der Fahrlehrer seine Arbeit gern macht. Dann wird er Sie wie ein erfahrener Sporttrainer begleiten. Er wird Ihnen ruhig neue Dinge erklären, Sie ausprobieren lassen, auf Fehler hinweisen und auf Ihre Fragen eingehen. Zu Ihren Fragen kann es auch gehören, wie Sie zusammen mit Ihrer Angst umgehen. Erklären Sie ihm beispielsweise, dass Sie bei großer Aufregung eine kurze Unterbrechung für eine Atemübung zur Entspannung brauchen. Wenn er auf Ihrer Seite steht, wird er dafür Verständnis zeigen und ab und zu sogar von sich aus darauf hinweisen: „Sollen wir kurz anhalten, damit Sie etwas ruhiger werden können?“ Tut er all diese Dinge nicht und haben Sie das Gefühl, dass er das alles lächerlich findet, dann wechseln Sie den Fahrlehrer und eventuell auch die Fahrschule. Im Serviceteil finden Sie Hilfestellungen für die Wahl einer guten Fahrschule.
Abb. 6: Achten Sie bereits bei der Auswahl der Fahrschule auf einen sympathischen Fahrlehrer
Ihr Fahrlehrer hat noch einen hilfreichen Vorteil. Er ist es gewohnt, Fahranfänger auf dem Fahrersitz zu haben. Daher kennt er typische Anfängerfehler. Und damit er helfen kann, hat er eigene Rückspiegel und vor allem auch eigene Pedale in seinem Fußraum. Wie auch immer Sie sich verhalten – er kann sich korrigierend einmischen. Das ist gut so. Die Verantwortung liegt damit nämlich bei Ihnen beiden. Vor allem, wenn Ihnen die Momente im Straßenverkehr so unübersichtlich erscheinen, dann behält Ihr Fahrlehrer mit seinen erfahrenen Augen alles im Blick. Und das bedeutet eigentlich, dass Sie beide gemeinsam fahren.
Der Prüfer
Nur für einen ganz kurzen Augenblick tritt dieser Mensch in Ihr Leben. Und da ist das Gefühl, dass der Führerschein allein von diesem Moment abhängig ist. Natürlich spielt der Prüfer eine entscheidende Rolle, denn er bestimmt mit seiner Art und seinem Verhalten die Atmosphäre vor, während und nach der Prüfung. Die Autoren Frank Müller und Hans-Joachim Ruhr fassen die Bedenken der Fahrschüler mit drei befürchteten Prüfertypen gut zusammen:
- Der Beobachter: Er mustert jeden Handgriff, schaut unentwegt und mit ernster Miene auf den Prüfling, aber niemals einfach nur so aus dem Fenster. Er macht ständig Notizen und hält dabei vor allem die Fehler fest. Er wirkt so bedrohlich, gerade weil er nichts sagt, aber ständig guckt.
- Der Antreiber: Er mischt sich mit direkten Bemerkungen in den Fahrstil des Prüflings ein. Man solle doch die anderen nicht aufhalten, nicht ewig die Fahrspur blockieren. „Nun geben Sie doch endlich mal ein bisschen Gas!“
- Der Fehlervo...