Mythos Agilität
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Mythos Agilität

Wie New Work wirklich gelingt

  1. 144 Seiten
  2. German
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Mythos Agilität

Wie New Work wirklich gelingt

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Viele Unternehmen haben sich bereits entschieden, agile Methoden einzusetzen oder gar das ganze Unternehmen zu transformieren. Tradierte Unternehmen wagen den Sprung in das unbekannte Gefilde New Work. Doch auf der Kulturebene ist davon noch wenig angekommen. Führungskräfte kontrollieren immer noch, obwohl Vertrauen viel wichtiger wäre. Und ganze Organisationen schaffen es nicht, ehrlichen Pioniergeist zu entwickeln, weil Fehler auf dem Weg zum Umsatzwachstum noch immer nicht gerne gesehen werden. Das Buch hinterfragt die Transformation. Echte Insights, Fallbeispiele und Interviews zeigen, wie eine bessere Umsetzung zu "echter Agilität" führt, und was eine Organisation wirklich tun muss, um New Work nachhaltig als Antwort auf die aktuellen Herausforderungen zu etablieren. Denn am Ende geht es weniger um Agilität, sondern darum, welche Kultur eine Organisation hat oder entwickeln sollte, um am Markt zu bestehen.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783791052397

1 Die Agilitätslüge

1.1 Irrglaube: Agilität als Umsatz-Booster

Ideology is a system of beliefs, held in common by the members of a collectivity.
Talcott Parsons (1951, S. 349–50)
Haben wir um die New-Work-Debatte ein Glaubenssystem geschaffen? Und ketzerisch betrachtet: Lassen wir es auch nicht zu, den eingeschlagenen Weg zu hinterfragen?
Die letzten Jahre haben sich reichlich Anhänger gefunden, die Arbeitswelt von morgen, meist dann doch eher die von heute, neu zu denken. Dabei wurden Methodik und Prozesse aus der Scrum-Welt oder dem Design Thinking in vielen Organisationen etabliert, Innovation Labs geschaffen und Führung teilweise abgeschafft, da wir ja nun selbstorganisiert sind. Schon zu Beginn hat sich allerdings abgezeichnet, dass viele der Mitarbeitenden und auch die Führungsebene dem Ganzen kulturell nicht gewachsen waren.
Noch nicht.
Damit ging die Feststellung einher, dass wir an unserem Mindset arbeiten müssen. Mit dem dynamischen Growth Mindset – eben statt des statischen Fixed Mindset – war ein neuer Meilenstein gefunden: die Entwicklung von Persönlichkeiten, individuell.
Was haben wir uns dabei erhofft? – Richtig! Eine Antwort auf die stetig wachsende Komplexität.
Aus humanistischem Blickwinkel ist die Entwicklung der New-Work-Debatte sensationell. So viele unterschiedliche Themen werden berücksichtigt, seien es Gender-Debatten, Arbeitsplatzgestaltung oder, wie oben angeführt, die Art, Arbeit neu zu denken.
Kommen wir aber zu dem Irrglauben der Agilität.
Macht Design Thinking gleich innovativ? Und helfen Sprints wirklich, die Schnelllebigkeit des Marktes zu »bekämpfen«? Und überhaupt, ist unter der Betrachtung von Scrum-Werten wie Transparenz, Offenheit oder Fokus, die im Scrum Guide oder auch anderen »Methologien« entworfen werden, nicht schon die Lüge offensichtlich?
ZERTIFIKATE MACHEN NOCH KEINE NEW-WORK-MEISTER
Wir haben in Deutschland schon immer ein Faible für Nachweise gehabt. Während die USA »Think big!« schreien und den Studienabbrecher von Stanford feieren, würde hier jemand, der keine Scrum-Zertifizierung hat, wohl kaum als Scrum Master tätig werden. Also was ist passiert? Wir haben unsere Mitarbeitenden in das Zwei-Tage-Seminar gesteckt, schnell den Stresstest machen lassen, in dem man 60 Minuten Zeit hat, 80 Fragen (aber nur auf Englisch) zu beantworten, um dann fertige Coaches zu empfangen. Prächtig, oder? So effizient kann Ausbildung sein.
Wozu brauchen wir überhaupt Agilität? – Die Idee ist, mit unklaren Marktbedingungen und einem nicht mehr langfristig planbaren Weg sinnvoll umgehen zu können. Es ist aber ebenso die Idee vieler Methoden und Prozesse aus dem agilen Werkzeugkoffer, dass Fehler gemacht werden (dürfen). Also eine echte Lernkultur zu schaffen. Stetig besser zu werden. Es geht um schnelles Erkennen von Fehlern und deren Evaluierung, um dann abzuleiten, wie es weitergeht.
Warum kann das nicht so einfach funktionieren?
Eine Organisation lässt sich sehr gut auf drei Ebenen betrachten. Das eigentliche System, die Organisation. Hierunter fallen die Kultur und der Organisationsaufbau. Es folgt die Struktur, die Ablauforganisation. Also wie werden Informationen verteilt, welche Prozesse sind dahinter bzw. gibt es grundsätzlich, usw.
Abbildung
Abb. 1: Organisation als System
Dann folgt eine Variable, die zu selten tiefgreifender betrachtet wird – das Individuum, der oder die Mitarbeitende. Dass der Blick da an der Oberfläche bleibt, hat einen Grund: Sich auf jeden einzelnen Mitarbeiter konzentrieren kostet zu viele Ressourcen. Dabei vernachlässigen wir allerdings einen wesentlichen Faktor: Der Mensch macht die Kultur. Und nur, wenn die Unternehmenskultur ausgeglichen ist und man gerne zur Arbeit kommt, funktionieren die Prozesse – also die Struktur. Und stehen wir nicht alle auf eine hohe Arbeitsproduktivität?! Nicht zuletzt auf stetiges Wachstum?
Na, endlich wir kommen der Sache näher!
Menschen, also unsere Mitarbeiter:innen, machen den Nutzen und den Wert des Unternehmens (der Organisation) aus. Mit ihrer Arbeitskraft und ihrem Wissen. Manager:innen zeigen die Richtung – kein unwesentlicher Faktor. Aber wer macht die Arbeit?
Das Ziel jeglicher Transformation ist zumeist das Problem. John Kotter hat vor allem in einer Sache recht behalten, wenn es um Veränderungsprozesse geht: Wir brauchen einen »sense of urgency« – uns muss die Dringlichkeit bewusstwerden.
Aber was ist dringend? In der Regel wird es unbequem, sobald die Zahlen nicht mehr stimmen. Also der Umsatz oder der Aktienwert fällt. Daraufhin sind die eigentlichen Denker, unsere Strategen – das Management – meist sehr hektisch, es wird kurzfristig gedacht, anstatt nachhaltig die Organisation für diese schnelle und neue Welt zu gestalten. Anstatt eine lernende Organisation zu schaffen, die wirklich Innovationskraft beweist, folgt dann eine Reihe von Workshops zu Scrum und Design Thinking. Für den Kunden, versteht sich.

1.2 Das AGIL-Schema falsch verstanden?

In einer sich schnell verändernden (Wirtschafts-)Welt glauben wir, mit schnellen Antworten den richtigen Weg einzuschlagen. Das macht auch schon den ersten Teil der Agilitätslüge aus. Als sich um die 2010er die neu gedachte Form agilen Arbeitens als Scrum- und Design-Thinking-Mode ausdrückte, haben viele Organisationen anfänglich mit Design Thinking, dann mit Scrum experimentiert und neue Prozesse eingeführt. Es wurde dabei weder nach der Sinnhaftigkeit gefragt noch danach, wie agiles Arbeiten kulturell und bis zum Individuum nachhaltig eingeführt werden kann.
»Moment mal!«, denken nun einige Leser:innen. Aber lass uns auch gleich weiter sinnieren. Denn es gibt viel aufzuholen ...
So, Moment zu Ende, Einwand abgewürgt. Ja, du hast richtig gelesen. Aber dieses Tempo, diese Idee von Change, wie sie teilweise bis heute gelebt wird, ist nicht die Antwort, um agiles Arbeiten zu etablieren. Der stetige Umsatzdruck ist eine Idee aus den Jahren des großen Wachstums, in denen ein Change-Projekt auf das andere folgte. Es ging darum, stetig mehr aus dem bisher Erarbeiteten zu holen. Der Effizienzgedanke ist immer noch sehr von unserem industriellen Leben geprägt – an der Stelle können wir kurz Taylor winken, er freut sich, seit über 100 Jahren noch so sehr glorifiziert zu werden.
Zurück zum Wesentlichen.
Wir haben einen entscheidenden Fehler bei der Einführung agiler Arbeitsweisen gemacht: Ein Change-Projekt aufgesetzt, schnell neue Arbeitsweisen ausgerollt, die uns den Kundenbedürfnissen näherbringen sollten. Da wir aber keine großen Umsatzeinbrüche haben wollten, stürzten wir uns auf die Methoden und Prozesse, anstatt die Kultur und die Individuen in den Fokus zu nehmen. Agiles Arbeiten wurde zu sehr auf der Strukturebene etabliert und betrachtet. Dabei war der Kerngedanke von Talcott Parsons ein anderer.
HOMMAGE AN TALCOTT!
Parsons’ Hauptinteresse war die Erarbeitung allgemeiner Muster für Veränderungsprozesse aller menschlichen Gesellschaften. Seine Theorie sollte zeit- und gesellschaftsunabhängig sein. Sie sollte genau eine theoretische Grundlage für alle sozialen Vorgänge in jeder Gesellschaft bieten. Hierbei war Parsons gleichermaßen von der Ökonomie und der Psychologie geprägt.
Im Verlauf hat er sich mit der Stabilität einzelner Systeme beschäftigt, geprägt von der funktionalistischen Sozialanthropologie. Diese war von einem überaus spannenden Ansatz begeistert, der gerade heute für uns relevant wäre (vgl. Kap. 3): Gesellschaft stellt einen Organismus dar, in dem die Einzelteile eine bestimmte und bestimmbare Funktion für die Erhaltung des Gesamtsystems haben.
Und jetzt nochmal zum AGIL-Schema. Parsons hat dieses Modell anfangs für die Handlungstheorie entworfen, später aber auch auf soziale Systeme angewendet.
»Der bedeutsamste Startpunkt unserer Vorgehensweise liegt in der Konzeption, dass Persönlichkeitssysteme und soziale Systeme beide Handlungssysteme sind, und Kultur ein verallgemeinerter Aspekt der Organisation solcher Systeme ist« (Parsons/Bales 1955, S. 32/33).
Im Zuge seiner Ausführungen bezüglich sozialer Systeme muss für Parsons ein System vier Funktionen erfüllen, nämlich Adaption (Anpassung), Goal Attainment (Zielverfolgung), Integration (Eingliederung) und Latency (Aufrechterhaltung).
Fangen wir mit Latency an und warum diese Funktion am meisten von allen verraten wurde durch die heutigen New-Work- und Agilitäts-Initiativen. Wenn wir uns diese Funktion der Aufrechterhaltung anschauen, so ist es die Idee, Stabilität durch Werte, Muster und Strukturen zu erreichen. Weitergedacht und sinnvoll hinterfragt: Was macht uns als Organisation, System, Gesellschaft aus? Was sollten wir aufrechterhalten?
Es geht um Fragen der Kultur! Und zwar bitte nicht erst dann, wenn gerade auf der »Gefühlseben« einiges im Argen liegt, was sich meist in Fluktuationsquoten und Krankheitstagen zeigt.
Kultur ist z. B. die Art und Weise, wie wir unter Kolleg:innen miteinander kommunizieren, wie Meetings gestaltet werden. Also der Umgangsstil: Ist er eher distanziert oder wird sich am Morgen erstmal ein flotter Spruch zugeworfen? Aber auch das Logo, die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Routinen, das gemeinsame Mittagessen, womöglich in der Kantine, zählen zum Kulturgefüge. Letztendlich schenkt dies Mitarbeiter:innen Sicherheit und Zugehörigkeit. Und die wurde vielen sehr schnell entrissen.
Im Verlauf der New-Work- und Agilitätsdebatte haben sich viele Organisationen anpassen wollen, also dem A des AGIL-Schemas gerecht werden. Grundsätzlich nicht abwegig, aber schlichtweg auch nicht richtig. Wenn eine Organisation sich nachhaltig weiterentwickeln möchte, gilt es, sich auch ihre Historie bewusst zu machen, zu begreifen, was gut am schon Bestehenden ist und wie es nun weiterentwickelt werden kann. Womöglich sollten wir sogar Veränderung als Begriff streichen und Entwicklung lieber als Transformation betrachten – nämlich als Prozess. Dieser berücksichtigt allerdings die Kultur, die Identität der Organisation mit all ihren Werten, und baut darauf auf. Das Goal entsteht, wenn die Basis steht – die Kultur. Das I des AGIL-Schema möchte ich weiter deuten: Integration der Mitarbeitenden. Selbstorganisation ist nicht von heute auf morgen passiert. Viele Individuen müssen wieder lernen, dass sie mehr Freiraum erhalten und dass ihre Ideen gehört werden. Dann können der Markt und das Geschehen außerhalb viel besser integriert werden und es kann daraus Innovation wachsen. Aber dafür bedarf es echter Integration und Selbstorganisation der Mitarbeitenden.
Und dann noch etwas. AGIL ist eine Haltung. Keine Methode. Ich erlebe immer wieder, wie ein Scrum-Guide zum Heiligtum wird und es Streit darüber gibt, ob Design Thinking fünf oder sechs Phasen hat.
Also fangt von vorne an! Und hinterfragt die Muster des Denkens, Fühlens und Handelns in eurer Organisation. Gestaltet erst die Kultur und dann die Methoden neu. Bindet eure Leute ein, stellt die Kultur in den Mittelpunkt, wertschätzt das bisher Geschehene und ba...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis zum Urheberrecht
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Einleitung
  6. 1 Die Agilitätslüge
  7. 2 New Work Stories – Sichtweisen, Erkenntnisse und Tipps
  8. 3 Transformation-Werkstatt
  9. 4 Scheiterst du schon?
  10. 5 Mach aus dem Mythos ein Erlebnis
  11. Persönliches New-Work-Backlog
  12. Literaturverzeichnis
  13. Stichwortverzeichnis
  14. Autorin und Illustratorin
  15. Autor:innen der Gastbeiträge