Schwachstelle Mensch – Prävention gegen alte und neue Formen der Kriminalität
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Schwachstelle Mensch – Prävention gegen alte und neue Formen der Kriminalität

12. Zürcher Präventionsforum - Tagungsband 2021

  1. 156 Seiten
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Schwachstelle Mensch – Prävention gegen alte und neue Formen der Kriminalität

12. Zürcher Präventionsforum - Tagungsband 2021

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Kriminalität ist im Wandel. Während sich Täter und Opfer früher in der realen Welt begegnet sind, findet heute vieles im digitalen Bereich statt. Doch das «Einfallstor Mensch» wird im Zuge dieser Entwicklung nicht einfach durch den technischen Fortschritt abgelöst. Vielmehr werden Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft oder Gutgläubigkeit ausgenutzt, um das Verhalten von Menschen gezielt zu manipulieren – Social Engineering nennt sich dieses Vorgehen. Die Beiträge dieses Sammelbandes setzen sich damit auseinander, welche Faktoren zur Vulnerabilität der Menschen beitragen und geben einen Einblick in ausgewählte Praxisbeispiele. Die Beiträge sollen aufzeigen, was der Fokus auf die Schwachstelle Mensch für die Kriminalprävention bedeutet und welche Massnahmen vielversprechend erscheinen.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783038054573

Starke Opfer – Schwache Täter

Marc Jean-Richard-dit-Bressel

Inhalt

  1. Menschliche Schwäche als roter Faden des Strafrechtsbetriebs
    1. Täter
      1. Schwäche beim strafbaren Verhalten
      2. Schwäche im Strafverfahren
    2. Gesetzgebung
    3. Strafbehörden
    4. Medien und Wissenschaft
    5. Prävention
    6. Opfer
  2. Skizze eines Systems potenzieller Opfermitverantwortung
    1. Täterorientiert: Einfluss des Opfers auf das Täterverhalten
      1. Kenntlichmachung des Opferwillens
        1. Körperverletzung, v.a. durch Mitwirkung bei fremder
          Selbstgefährdung
        2. Hausfriedensbruch
        3. Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung
      2. Erschwerung der Tatbegehung
        1. Diebstahl
        2. Unbefugte Datenbeschaffung
      3. Unterlassung der Provokation des Täters
        1. Genereller Strafmilderungsgrund der Provokation durch das Opfer
        2. Strafantrag nach Provokation, v.a. bei Verleitung zu Misswirtschaft
    2. Opferorientiert: Einfluss des Täters auf das Opferverhalten
      1. Sich nicht täuschen lassen
        1. Betrug gemäss Art. 146 StGB und absichtliche Täuschung gemäss
          Art. 28 OR
        2. Betrugsähnliche Straftatbestände
      2. Sich nicht in Furcht versetzen lassen
        1. Erpressung gemäss Art. 156 StGB und Furchterregung gemäss
          Art. 29 f. OR
        2. Anforderungen an die Furchterregung im Strafrecht
      3. Sich nicht übervorteilen lassen
        1. Wucher gemäss Art. 157 StGB und Übervorteilung gemäss Art. 21 OR
        2. Schnittstelle zur Opfermitverantwortung beim Betrug
  3. Arglist und Opfermitverantwortung beim Betrug
    1. Grundstruktur des Betrugs
    2. Arglistformel 1948
      1. Bedeutung der Arglist für die Gesetzgeber von 1937 und 1994
      2. Entwicklung der Arglistformel durch das Bundesgericht 26
    3. Opfermitverantwortung 1993
      1. Wesen und Inhalt
        1. Sachverhalt des Leitentscheids
        2. Erhöhung der Anforderungen an die Arglist des Täterverhaltens
        3. Berücksichtigung des Opferverhaltens als zusätzliche Teststufe
      2. Begründung
    4. Unterschiedliche Massstäbe für starke und schwache Opfer
    5. Opfermitverantwortung bei Betrugsversuch
      1. Abgrenzung und Interaktion von Täter- und Opferverhalten
      2. Wesen und Arten des Versuchs
      3. Vollendeter Betrugsversuch
        1. Vermögensdisposition ohne tatbestandsmässigen Irrtum
        2. Opferschwäche beim Anlagebetrug
        3. Einschlägige Bundesgerichtsentscheide
      4. Unvollendeter Betrugsversuch
      5. Untauglicher Betrugsversuch
      6. Fazit zum Betrugsversuch
    6. Unlauterer Wettbewerb als Auffangnorm
  4. Schlussbetrachtung
    1. Begrüssung der Rückkehr zur klassischen Arglisthürde
    2. Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Opfermitverantwortung
  5. Literaturverzeichnis

Menschliche Schwäche als roter Faden des Strafrechtsbetriebs

Die menschliche Schwäche ist im Strafrecht nicht lediglich ein Aspekt der Prävention, sondern der Kern der Sache, um den sich alles dreht. Auch wenn entsprechend dem Tagungsthema vor allem das Opferverhalten zur Diskussion steht, ist dieser Teilaspekt in einem ersten Schritt in eine Gesamtschau von Problemstellungen im Strafrechtsbetrieb einzuordnen, um den Blick für das Mass der Aufmerksamkeit zu öffnen, das dem Verhalten und der Schwäche des Opfers im materiellen Strafrecht angemessen ist.

Täter

Schwäche beim strafbaren Verhalten

Im Zentrum des Strafrechts steht ein gesetzlich definiertes unerwünschtes Verhalten eines Menschen, für den bei materieller Betrachtung die Bezeichnung „Täter“ gebräuchlich ist. In prozessualer Hinsicht ist erst nach der rechtskräftigen Verurteilung von der Täterschaft einer Person auszugehen. Lehre und Rechtsprechung legen grossen Wert auf den das Bundesstrafrecht beherrschenden Grundsatz, dass ein Täter nur zu bestrafen ist, wenn er schuldhaft gehandelt hat.[1] In diesem Zusammenhang bedeutet Schuld über Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinaus die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit.[2] Art. 19 Abs. 1 StGB[3] verleiht diesem Gedanken folgendermassen Ausdruck:
„War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.“
Das Fehlen dieser Fähigkeit ist eine Schwäche, die den Täter „entschuldigt“, d.h. von Schuld befreit.
Es entspricht indessen nicht der Realität des Strafrechtsalltags und auch nicht der herrschenden Lehre, dass Unvermögen der Strafbarkeit grundsätzlich entgegenstünde. Diese Folge haben in der Regel nur Formen des Unvermögens, die sich medizinisch als Krankheit oder als krankheitsähnlicher Ausnahmezustand fassen lassen.[4] Labilität, Gier, Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Triebhaftigkeit, Bösartigkeit und vergleichbare kriminogene Eigenschaften sind ebenso Ausdruck menschlicher Schwäche, die offensichtlich das Vermögen, sich rechtmässig zu verhalten, beeinträchtigen, ohne dass solcherlei die Tat zu entschuldigen vermöchte.
Hier ist nicht der Ort, nach Gründen zu suchen, weshalb das Strafrecht einige Schwächen als entlastend oder gar entschuldigend ansieht und andere als belastend beurteilt. Es lässt sich indessen festhalten, dass eine Straftat grundsätzlich Ausdruck einer Schwäche des Täters ist, wobei diese nicht zwingend eine dauernde charakterliche Disposition zu sein braucht, sondern auch durch eine bestimmte Situation hervorgerufen werden kann.

Schwäche im Strafverfahren

Von ganz anderer Natur ist die Schwäche der beschuldigten Person im Strafverfahren. Sie sieht sich der Übermacht der Strafbehörden[5] gegenüber, die geltend machen, es bestünden gegen sie Verdachtsgründe. Das Strafprozessrecht bezweckt, hier einen Ausgleich zu schaffen und der beschuldigten Person Verteidigungsrechte und überhaupt eine faire Behandlung zu gewährleisten. Gleichwohl fühlt sie sich mitunter so in die Enge getrieben, dass sie aus einem Gefühl der Schwäche heraus ein unzweckmässiges Verteidigungsverhalten an den Tag legt, was die Verdachtsgründe auch zu Unrecht verstärken kann.

Gesetzgebung

Ob ein unerwünschtes Verhalten eine Straftat ist, wird durch das Gesetz bestimmt. Art. 1 StGB lautet:
„Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.“
Bei der gesetzlichen Grundlage der Strafbarkeit handelt es sich um die sprachliche Definition eines Unrechtstatbestandes und dessen Verknüpfung mit einer Sanktionsfolge. Diese Beschreibung ist das Ergebnis des Zusammenwirkens von Menschen, die in politischen und dienstrechtlichen Verfahren dafür ausgewählt worden sind. Sie haben die Herausforderung zu meistern, zunächst zu entscheiden, welches Verhalten strafwürdig ist, und dieses Verhalten in allgemeiner Form, aber gleichwohl genügend bestimmt zu beschreiben.
Der Gesetzestext soll sämtliche Erscheinungsformen des anvisierten strafwürdigen Verhaltens erfassen, jedoch keinerlei harmlose und unschädliche Lebensäusserungen. Diese Herausforderung übersteigt das menschliche Vermögen. Denn es fehlt an einem absoluten Massstab für die Schädlichkeit. Und selbst dort, wo ein breiter Konsens darüber besteht, führt der Versuch, diesen in Sprache zu fassen, regelmässig zu Formeln, die viele Zweifelsfälle offenlassen. Deshalb kranken die Strafnormen – wie die Gesetzgebung überhaupt – praktisch durchwegs in kleinerem oder grösserem Mass an der „Schwachstelle Mensch“. Unsicherheiten und Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein konkretes Verhalten schädlich sei und ob es unter eine bestimmte Strafnorm falle, sind ein fester Bestandteil des Strafrechtsbetriebs.[6]

Strafbehörden

Die Menschen, die zur Anwendung der Strafnormen auf bestimmte Sachverhalte berufen sind, kämpfen nicht nur mit der Rechtsunsicherheit, sondern auch mit der Wahrheitsfindung, die einerseits durch das unvollkommene Erkenntnisvermögen des Justizpersonals und andererseits durch die menschlichen Schwächen unterliegenden Beweismittel erschwert wird, namentlich durch die beschränkten Wahrnehmungs‑, Erinnerungs‑ und Ausdrucksmöglichkeiten von Menschen, die in den Zeugenstand gerufen werden.

Medien und Wissenschaft

Das Öffentlichkeitsprinzip bezweckt, Schwächen der Gesetzgebung und Rechtsanwendung aufzudecken. Medien und Wissenschaft haben deshalb eine wichtige Funktion in der Welt des Strafrechts. Doch auch die in diesem Bereich tätigen L...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titelseite
  3. Copyright
  4. Vorwort
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Inhaltsübersicht
  7. Social Engineering – Der Mensch als Einfallstor
  8. Online-Sicherheit – Sichere Passwörter & Co.
  9. Wandel der Kriminalität in den letzten 20 Jahren: Von offline zu online?
  10. Opfererfahrungen im Internet – Schutz- und Risikofaktoren
  11. Kartenbetrug – Herausforderungen für die Prävention
  12. Starke Opfer – Schwache Täter
  13. Publikationsliste