Queer Studies
eBook - ePub

Queer Studies

Diskurs- und Akteurskonstellationen queerer Politiken im deutschsprachigen Raum

  1. German
  2. ePUB (handyfreundlich)
  3. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Queer Studies

Diskurs- und Akteurskonstellationen queerer Politiken im deutschsprachigen Raum

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Wie konstituiert sich das aktuelle queer-politische Subjekt und welche Rolle spielen Identitätspolitiken dabei? Tanja Vogler geht dieser Frage nach, indem sie Bewegungsmaterialien queerer Einrichtungen aus dem deutschsprachigen Raum analysiert und Aktivist*innen in Interviews zu Wort kommen lässt. Dabei werden Theorie, Bewegungsgeschichte und Empirie miteinander verknüpft und am Beispiel des zeitgenössischen queeren Aktivismus das Verhältnis von Politik und Identität differenziert dargestellt.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Queer Studies von Tanja Vogler im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Sozialwissenschaften & Genderforschung. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2022
ISBN
9783732860838

1.Identitätspolitiken: Queer-feministische Debatten


Einer queeren Kritik an (eindeutigen) Identitätspolitiken gehen viele aktivistische wie theoretische Debatten voraus. Im Folgenden werden einige feministische, intersektionale und postkoloniale Perspektiven der 1980er- und 1990er-Jahre skizziert. Dadurch soll einerseits ein Blick auf frühe Debatten und Interventionen zu identitätspolitischen Dilemmata ermöglicht werden und andererseits auf die Perspektiven1 verwiesen werden, die mittlerweile – wenn auch zu einem unterschiedlichen Grad – Eingang in queere Politiken und Theoriebildungen gefunden haben. Hierzu wird im Folgenden entlang einzelner Debatten, wie beispielsweise des »Streits um die Differenz«, oder entlang einzelner Interventionen, wie beispielsweise Spivaks Aufsatz »Can the Subaltern Speak?«, der Blick auf feministische, postkoloniale und intersektionale Perspektiven geworfen. Im Anschluss wird entlang der theoretischen Bewegung von der Heteronormativität zur Homonormativität bis hin zum Homonationalismus der Blick auf queere Theorien und Auseinandersetzungen gelegt.

1.1Poststrukturalismus und Kritische Theorie: Der Streit um die Differenz

Das Erscheinen von Judith Butlers bekanntem Werk »Gender Trouble« 19902 hat sowohl im deutschsprachigen als auch im US-amerikanischen Raum für kontroverse Debatten gesorgt. Eine solche frühe Debatte in den USA mündete in der Aufsatzsammlung mit dem Titel »Der Streit um die Differenz«. Dort diskutieren die »bekanntesten feministischen Theoretikerinnen der USA« (Seyla Benhabib, Judith Butler, Nancy Fraser und Drucilla Cornell) – so der Klappentext des 1993 auf Deutsch veröffentlichten Buches – die Rolle, die die sogenannte Postmoderne für den Feminismus spielen kann. Vorausgegangen ist diesem Streit unter anderem Judith Butlers Kritik an der Kategorie »Frau als Subjekt des Feminismus«:3 In »Gender Trouble« kritisiert sie, dass ein politisches Subjekt, das von einer bereits unterworfenen Identitäts-Kategorie – »Frau« – ausgeht, so agiert, als wäre Identität immer schon da und vorausgesetzt. Dadurch werde verschleiert, dass Identitäten erst in und durch Handlungen (wie Identitätspolitiken) hergestellt werden.4 Den Bedingungen der sprachlichen Repräsentationen, die festlegen, was ein Subjekt sein kann, damit es repräsentierbar ist, könne – so Butlers Kritik – so nicht entkommen werden. Dies sei besonders dann problematisch, wenn Subjekte entlang differentieller Herrschaftsachsen hervorgebracht werden.5 Doch auch Butler betont, dass es nicht möglich sei, gänzlich auf Repräsentationspolitiken zu verzichten.6 Es reiche aber ihr zufolge auch nicht aus, die Kategorie »Frau« »einfach mit verschiedenen Bestandteilen wie Bestimmungen der Rasse, Klasse, Alter, Ethnie und Sexualität« zu vervollständigen.7 Stattdessen solle es darum gehen, die »wesentliche Unvollständigkeit dieser Kategorien« vorauszusetzen, indem das politische Subjekt selbst zur Verhandlung gestellt wird. Butler möchte folglich das Feld des Politischen verschieben: weg von einem Feminismus, der das Subjekt Frau voraussetzt, hin zu einer Politik, in der Identität als »methodische und normative Voraussetzung« verstanden wird und in der entsprechend eine veränderte Konstruktion von Identität selbst das Ziel ist.8
Der Tod des Subjekts: Das Ende feministischer Politik?
Die stärkste Gegenposition im »Streit um die Differenz« vertritt Seyla Benhabib, die als eine Vertreter*in der Kritischen Theorie gilt. Benhabib verortet Butlers Interventionen in einer postmodernen Theorietradition und fragt, welche Rolle ein postmoderner Feminismus politisch spielen könne.9 Ausgehend von dem »Tod des Subjekts«, dem »Tod der Geschichte« und dem »Tod der Metaphysik«, den postmoderne Theorie ihr zufolge markiert, unterscheidet sie jeweils eine starke und eine schwache Version dieser drei Tode. Zumindest eine starke Version ist Benhabib zufolge unvereinbar mit feministisch-emanzipatorischen Politiken. Bezug nehmend auf die These vom »Tod des Subjekts« stellt sie in Frage, ob »das Projekt weiblicher Emanzipation ohne ein solches regulatives Prinzip der Handlungsfähigkeit, der Autonomie und der Ich-Identität überhaupt denkbar« sei.10 Auch die mit dem »Tod der Geschichte« einhergehende Unmöglichkeit, eine alternative feministische Geschichte zu schreiben, steht dem feministischen Projekt Benhabib zufolge entgegen. Das »Ende der Metaphysik« bedeutet in ihren Augen wiederum ein Ende der Möglichkeit einer feministischen Gesellschaftskritik. In einer postmodernen Absage an die Geschichte, die Metaphysik und das Subjekt – so Benhabib – kumuliert die Unmöglichkeit, feministische Utopien zu formulieren. So schließt sie ihren ersten Aufsatz im »Streit um die Differenz« mit dem Appell, die utopische Hoffnung nicht aufzugeben: »gerade wir – als Frauen – haben viel zu verlieren, wenn wir die utopische Hoffnung in das ganz andere aufgeben.«11 Hier setzt Benhabib bewusst das feministische Subjekt »Frau« ein, um sich im Namen des Prinzips Hoffnung gegen das Ende eines um Identität angeordneten politischen Subjekts »Frau« zu wenden. Benhabib vertritt in diesem Aufsatz die Meinung, dass der Feminismus nicht ganz auf ein Subjekt, eine Geschichte und Gesellschaftskritik verzichten kann, will er seine emanzipatorische Kraft behalten.12 In späteren Auseinandersetzungen führt sie zudem die Unterscheidung zwischen einer dritten Beobachter*innenposition einerseits, die eine konstruktivistische Kritik an einem um Identität angeordneten politischen Subjekt (auch ohne die drei Tode anzunehmen) ausüben kann, und einer »Perspektive der ersten Person« andererseits, von der ausgehend Identität von Bedeutung sein muss, ein: »Mitglieder und Theoretikerinnen von Bewegungen, die die gesellschaftliche Anerkennung bestimmter Formen von Identitäten einklagen, müssen annehmen, daß die Unterschiede, in deren Namen sie sich einsetzen, für ihr Leben als Individuen grundlegend und essentiell sind.«13
Die frühen Debatten der 1990er-Jahre umfassen Positionen, die einerseits für eine Absage an ein um eine eindeutige Identität angeordnetes politisches Subjekt stehen (Butler), genauso wie Positionen, die es bis zu einem gewissen Grad als notwendig für das emanzipatorische feministische Projekt erachten, ein gemeinsames Subjekt »Frau« zu setzen (Benhabib).14 Nancy Fraser nimmt im »Streit um die Differenz« eine vermittelnde Rolle ein. Im gleichen Band wirft sie sowohl Seyla Benhabib als auch Judith Butler vor, »falsche Gegensätze« hervorzubringen und unnötig zu polarisieren. Fraser plädiert hingegen dafür, einen Weg zu finden, bei dem feministische Politiken von den jeweiligen Vorzügen der beiden Perspektiven profitieren können.15 Auch wenn queere Theorien eher auf Seiten Judith Butlers verortet werden, beschäftigen die Kritiken, die Benhabib aber auch Fraser in den 1990er-Jahren eingebracht haben und die mittlerweile vielfach fortgeführt und weitergedacht wurden, queere Theorie und Praxis bis heute (wenn auch zum Teil in einer etwas verschobenen Art und Weise).

1.2Interventionen Schwarzer Fe...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einleitung
  6. 1. Identitätspolitiken: Queer-feministische Debatten
  7. 2. Prozesse der Subjektivation: Die Unterwerfung, das Psychische und der Widerstand
  8. 3. Queere Bewegungsgeschichte
  9. 4. Die fünf untersuchten queeren Projekte: Eine Beschreibung
  10. 5. Der spezifisch diskurstheoretische Zugang
  11. 6. Der Untersuchungsgegenstand: Bewegungsmedien
  12. 7. Queere Diskurse: Zur Konstitution eines kollektiven Wir
  13. 8. Die Perspektive der Akteur*innen
  14. 9. Warum sagen die Aktivist*innen Ja zum queeren Wir?
  15. Ausblick: Ist Identitätspolitik der richtige Name?
  16. Literatur
  17. Graue Literatur