Wolteritz
Von der ersten Besiedlung bis zum 10. Jahrhundert
Bodenfunde belegen die ur- und frühgeschichtliche Besiedlung des Landes am Lober. Sie beweisen, dass schon vor nahezu 250 000 Jahren altsteinzeitliche Jäger und Sammler durch dieses Gebiet gezogen sind. Ihre Hinterlassenschaft besteht z. B. aus Feuersteinwerkzeugen und Material aus organischen Stoffen.
Erste Spuren einer Sesshaftwerdung, einer wirklichen Siedlungstätigkeit, hinterließen an dem Landstrich am Lober vor rund 6 000 Jahren in der Jungsteinzeit die ersten Ackerbauern und Viehzüchter.
Ein germanischer Siedlungsplatz aus dem 1. und 2. Jahrhundert liegt in der Nähe der Buschkirche.
Im Verlaufe der Völkerwanderung, die zur Ausbildung von Vorformen der klassengesellschaftlichen Feudalordnung und zur Entwicklung neuer Produktionsverhältnisse in Europa führte, zogen die germanischen Stämme und Stammesverbände aus diesem Gebiet ab.
Ihnen folgten slawische Stämme, die um die Mitte und gegen Ende des 6. Jahrhunderts aus dem Böhmischen die Elbe abwärts bis zur Saalemündung vorstießen. Danach, rückwärtsziehend, besiedelten sie dann das Gebiet zwischen beiden Flüssen einschließlich der Mulde und der Weißen Elster und machten es durch umfangreiche Rodungen landwirtschaftlich nutzbar. Auch entlang des Loberbaches vollzog sich die westslawisch-sorbische Besiedlung, wie zahlreiche Bodenfunde beweisen.
Das gesamte Gebiet zwischen Mulde und östlich der Linie Zörbig-Halle wurde nun vom Stamm der Siusili bewohnt. Im 9. und 10. Jahrhundert entstanden slawische Siedlungen im Gebiet des Lobers, zu dieser Zeit könnte der nördliche Rundling entstanden sein.
Die Dichte der Besiedlung ist wohl sehr groß gewesen. Man begegnete in drei bis fünf Kilometer Entfernung slawischen Siedlungen.
Die Siedlungsplätze hängen mit den hydrografischen Verhältnissen zusammen. Die meisten sorbischen Dörfer lagen an Flussläufen oder in benachbarten, überschwemmungsfreien Ländereien. Man stellt sich die Dörfer als Kleinsiedlungen vor (Weiler, Rundweiler, Rundling mit drei bis sechs Höfen). Die zu den Höfen gehörenden Ackerstücke hatten unregelmäßige Formen und umschlossen die Siedlung. Die Bewohner lebten von Viehzucht, Fischfang, Bienenzucht und Ackerbau.
Für die siedelnden Slawen bildete sich allmählich die Bezeichnung Sorben heraus.
Die Mehrheit der sorbischen Bauern dürfte zunächst in Großfamilien gelebt haben; das bezeugen die sogenannten patronymischen Ortsnamen. Der Name des Oberhauptes oder des Begründers der Großfamilie übertrug sich auf den Namen des Dorfes. Wolteritz, es bedeutet soviel wie „Leute des Walter“, weist als deutsch-slawischer Mischname auf seinen vermutlichen Begründer hin. [10 Seite 6]
Dessen Name dauert im Ortsnamen zusammen mit der sorbischen Bezeichnung für Siedlung -itz (ici) fort. [5] Dass es sich um ein freundliches Zusammenwirken handelte, zeigt nicht zuletzt die 1350 benutzte sorbische Namenform Waltericz und nicht die deutsche Waltersdorf.
In Lössen waren es Sümpfe und sumpfige Wiesen, die für die slawischen Ansiedler zum Anlass für die Benennung des Ortes wurden, dessen Bezeichnung auf das altsorbische Wort „Vlozno“, das heißt Feuchtigkeit, zurückzuführen ist.
Auch die verschiedenen Flurnamen sind slawisch-sorbischen Ursprungs. In dem Buch Wüstungskunde des Kreises Delitzsch und Bitterfeld wird auf Orte verwiesen, welche um Wolteritz existierten, aber später durch die unterschiedliche Gründe, z. B. Kriege, Epidemien, schlechte Erträge der Böden und damit Verarmung der Bevölkerung bis zu Hungersnöten, wüst wurden.
Zu den ehemaligen, später wüst gegangenen Orten gehören:
Lipzig: 1350 erwähnt bis zum 16. Jahrhundert;
Buschenau: um das 16. Jahrhundert verödet;
Scherpert: 1378 erwähnt bis 1425;
Rehfeld: 1378 erwähnt bis zum 15. Jahrhundert.
12. und 13. Jahrhundert (Zeittafel)
Im 12. und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wanderten viele bäuerliche und bürgerliche Bevölkerungsgruppen, vor allem aus Franken, Niedersachsen, aus dem Rheinland und Flandern, ein. Die Mehrzahl der noch heute bestehenden Dörfer und Fluren wurde in dieser Zeit angelegt. Die Einwanderer machten in unvorstellbaren harten und schweren Rodearbeiten weites Land urbar und gründeten neue Siedlungen oder ließen sich vielfach in oder bei slawischen Siedlungen nieder. Das lang gestreckte Straßendorf entwickelte sich. Über Wolteritz steht geschrieben, dass das Straßendorf zwischen zwei Rundlingen, die von Sorben bewohnt waren, angelegt wurde. So spiegelte der Ortsname eine friedliche Zusammenarbeit der Völker wider (slawische Bauern und deutscher Grundherr). Man könnte sich vorstellen, dass der nördliche Rundling mit Kirche so mit dem südlichen Rundling (Lipzig) zusammenwuchs.
1976: Südlicher Rundling
Die Kirche von Wolteritz zeigt Hinweise auf, dass das Dorf vor dem 12. Jahrhundert entstanden sein muss. Leider gibt es dafür keine schriftlichen Belege. Ende des 12.Jahrhunderts wurde mit dem Steinbau der Kirche begonnen.
14. Jahrhundert und Ersterwähnung 1349/1350 (Zeittafel)
Fast alle Dörfer dieses Gebietes sind im Lehnbuch des Markgrafen Friedrich der Strenge (1331-1381) 1349/1350 erstmals schriftlich erwähnt. Eintragungen geben auch Auskunft über die Grundherren der Dörfer und somit über die feudale Ausbeutung der Bewohner.^
Das Original wird im Staatsarchiv Dresden verwahrt. [10, Seite 50]
Es handelt sich hierbei um das zur Zeit älteste bekannte Dokument.
Darin heißt es u. a.:
„Item Otto der Nienburg in Waltericz 17 monsos feudales et ins patro- natus ...“ (Außerdem Otto von Nienburg in Wolteritz 17 Lehnshufen und das Patronatsrecht ...)
Johannes von Zwochau, Ritter und Herr von Zwochau, erhielt 3 Hufen Land und 2 Höfe in Wolteritz sowie 2 Hufen mit dazugehörigen Bauernhöfen und Einwohnern in Lemsel.
Die Höfe mit den abgabepflichtigen Bauern bildeten die ökonomische Grundlage der Feudalherren.
„Große Bedeutung für die Verwaltung und damit auch für die Dörfer gewann die Einführung der Ämterverfassung im 14. Jahrhundert. Sie war zugleich verbunden mit der vollständigen Durchsetzung der Herrschaft der Markgrafen von Meißen, der Wettiner und der beginnenden Festigung der Landesherrschaft. Delitzsch wurde Sitz des markgrafischen, später kurfürstlichen Schössers oder Amtsmannes, der wichtige Funktionen innerhalb der feudalen Verwaltungsgliederung ausübte.“ [10, Seite 10]
„Im 14. Jahrhundert herrschte Pest, der schwarze Tod genannt. Von dieser nun 3 Jahre anhaltenden Krankheit - der schrecklichsten in der Geschichte - wie Johann Gottlieb Lehmann in seiner Delitzscher Chronik schreibt - wird der größte Teil der Bevölkerung Deutschlands hingerafft. Auch in unserer Gegend sieht man diese Krankheit als Gottesgericht an, denn auch das südwestlich von Lössen in Richtung Wolteritz 1378 erstmals erwähnte, bis 1425 jedoch wüst gewordene Dorf Scherpert …“ [10, Seite 11]
15. Jahrhundert (Zeittafel)
1404 wurde die Schreibweise verändert auf WOLTERICZ.
1423 wurde der meißnische Markgraf Kurfürst, rückte also in den Kreis der sieben bedeutendsten Reichsfürsten, die den deutschen König wählten, auf. Aus der Markgrafschaft Meißen wurde das Kurfürstentum Sachsen.
Scherpert wurde 1425 letztmalig erwähnt, Rehfeld im 15. Jahrhundert.
„1456 - Von Papst Callixtus wird das Mittagsläuten angeordnet, um damit die Menschen an ihr Gebet und den Sieg über die vorrückenden Türken und an den Frieden allgemein zu erinnern.“ [29]
„1484 - Eine Missernte mit anschließender Hungersnot hat eine gefährlich ansteckende Krankheit zur Folge, an der viele Menschen sterben.“
„Bei der Leipziger Teilung des Kurfürstentums im Jahre 1485 verblieb das Amt Delitzsch mit den in ihm liegenden Dörfern bei der Albertinischen Linie, dem Herzogtum Sachsen. Das hatte zur Folge, dass die Reformation erst nach dem Tode von Herzog Georg im Jahre 1539 eingeführt werden konnte“. [10, Seite 12]
16. Jahrhundert (Zeittafel)
Um 1500 erfolgte der erste große Umbau der Kirche im Stil der Spätgotik.
Zur Weiterführung des Krieges gegen die Türken wurde 1523 vom Kaiser die so genannte Türkensteuer eingeführt. Um 1550 konnten in der Türkensteuererhebung 21 Höfe in Wolteritz nachgewiesen werden.
„Beim Ausbruch des Bauernkrieges blieb das Herzogtum, nicht zuletzt dadurch, dass Herzog Georg erbittert alle reformatorischen Bestrebungen bekämpfte, am Rande der revolutionären Ereignisse, wenngleich die Bauern südlich von Delitzsch ebenfalls feudaler Ausbeutung unterworfen waren. Wolteritz hatte Abgaben und Zinsen dem landesherrlichen Amt in Delitzsch zu entrichten und Frondi...