Spurensuche. Geschichte und Geschichten
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Spurensuche. Geschichte und Geschichten

Über das ehemalige Quarantäne- und Wohnlager Losten und den Friedhof "Moidentiner Wald"

  1. 126 Seiten
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Spurensuche. Geschichte und Geschichten

Über das ehemalige Quarantäne- und Wohnlager Losten und den Friedhof "Moidentiner Wald"

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Dieser beklemmende Report schildert die Ergebnisse einer Spurensuche, auf die sich Barbara Kühl kurz nach der Wende nach dem ehemaligen Quarantäne- und Wohnlager Losten in der Nähe von Wismar begeben hatte. Scheinbar waren dieses Lager - nach dem Ende des zweiten Weltkriegs Durchgangsstation für Tausende Vertriebene und für viele von ihnen auch ihre letzte Lebensstation – und der Friedhof "Moidentiner Wald" schon völlig in Vergessenheit geraten.Aber 1992 konnte Barbara Kühl noch Menschen finden, die selbst in dem Lager gelebt hatten oder die dort gearbeitet hatten und mit ihnen über diese Zeit sprechen. Sie erfuhr von den unvorstellbar schwierigen Bedingungen, von der qualvollen Enge und dem Minimum an Verpflegung, von der einsetzenden Kälte und von den fast nicht vorhandenen Möglichkeiten der Körper- und Wäschepflege. Sie erfuhr aber auch von Lebenswillen und von Solidarität und auch von erstaunlich schönen Geschichten an einem traurigen Ort. "Da erinnert sich, wer selbst Bewohner des Waldlagers gewesen ist - der Junge, der Heimkehrer, die Mutter von zehn Kindern, das junge Mädchen. Und es erinnern sich die damals jugendliche Krankenschwester, die Bäuerin, die Arztfrau, der Totengräber an Bedrückendes und Kurioses, an scheinbar Alltägliches und Außergewöhnliches und Unglaubliches, an mancherlei Fröhlichkeit und fast Vergessenes. Und an die Charaktereigenschaften der Menschen unter Bedingungen, die einer besonderen Gesetzmäßigkeit unterlagen in diesem zufälligen Zusammenleben, einer Art Ausnahmezustand, der alles hervorzubringen vermag, wessen der Mensch fähig ist."LESEPROBE: "Ich muss davon erzählen! Ich muss!", sagt der hochgewachsene, für sein Alter außerordentlich sportlich wirkende Mann. "Es gehört für mich einfach zusammen, das und Losten. Es war wie ein langer, bedrückender Albtraum, seit mehrere kranke Kameraden und ich am 5. November 1945 aus sowjetischer Gefangenschaft entlassen wurden..."Seine Odyssee hatte viele Stationen, vom Tod einiger Kameraden über das Aufweichen von schwarzem, hartem Brot mit Schnee, vom wunden Gaumen und den Visionen vom guten Essen, vom Entfernen aus dem Zug in Polen, dem Marsch zu Fuß und dem Auffanglager in Frankfurt/Oder und schließlich der Mitteilung, Schlesier, Pommern und Ostpreußen könnten nicht nach Hause, weil die Gebiete jetzt zu Polen gehörten. Was nun? Erneute Flucht und Aufgreifen durch die Militärpolizei in Berlin, endlich Abschieben mit Transport nach Mecklenburg.

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Information

Jahr
2012
ISBN
9783863942526

1. Kapitel

Seit auf der Erde Menschen leben, entstehen zwischen ihnen (leider) immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen - um einen Gegenstand, um ein fruchtbares Tal, um Frauen (oder Männer), der Hautfarbe oder des unterschiedlichen Glaubens wegen, aus Egoismus, aus Hass, aus Missverständnissen oder Vergeltung heraus, aus Großmannssucht.
Die Folgen sind Verletzungen des Körpers und der Seele, eine sinnlose Zerstörung von Städten und Dörfern und die Opferung von Leben, Vertreibung des Unterlegenen durch den Sieger.
Vertreibung. Einer Völkerwanderung gleich setzten im und nach dem 2. Weltkrieg die großen Fluchten und Evakuierungen aus Gebieten östlich von Oder und Neiße ein. In unorganisierten Trecks, zu Fuß, per Pferdewagen oder per Bahn flohen die Menschen aus ihrer Heimat in Schlesien, den Masuren, dem Sudetenland in Böhmen und Mähren, aus Ostpreußen, oder sie wurden systematisch in Sammellagern zusammengefasst und von dort in organisierten Transporten in das kleiner gewordene Deutschland abgeschoben. Aussiedler wurden letztere genannt, und sie trafen zu Tausenden mit Flüchtlingen in für sie unbekannten Gegenden zwischen Bayern und der Ostsee ein. Ein besonders großer Menschenstrom ergoss sich nach Mecklenburg, in den damaligen Kreis Wismar kamen 53 000 heimatlos Gewordene. Bereits im Sommer 1945 wurden auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMA) allein im Kreis Wismar drei so genannte Quarantänelager eingerichtet, davon das Barackenlager im Lostener Wald unweit von Bad Kleinen, das die Ankömmlinge erst nach Ablauf einer zehn- bis vierzehntägigen Quarantänefrist wieder verlassen durften.
In den zum Teil unbeheizten Blockhäusern, von Soldaten der sowjetischen Streitkräfte im Juni 1945 ursprünglich als eigene Unterkünfte aus Vollstämmen im Lostener Wald errichtet, hausten die Menschen zunächst in qualvoller Enge auf Pritschen, denen oft sogar die Strohschütte fehlte. Ein Minimum an Verpflegung, früh einsetzende Kälte, kaum Möglichkeiten zur Körper- und Wäschepflege (für 116 Baracken existierten nur drei Wasserstellen) und "Donnerbalken" genannte Latrinen zur Verrichtung der Notdurft verlangten den Lagerinsassen ein Höchstmaß an Lebenswillen ab. Nicht alle vermochten ihn aufzubringen. Entwurzelt durch den Verlust ihrer Heimat, ihrer Angehörigen und ihres persönlichen Eigentums starben Männer, Frauen und Kinder manchmal kurz nach ihrer Ankunft im Barackenlager, das ab 1948 zum Wohnlager erklärt und erst 1958 aufgelöst und abgerissen wurde. Mit der Zeit verschwand es so vollständig im nachwachsenden Wald, als hätte es diese Stätte nie gegeben.
Und doch lebt da Erinnerung an den verschwundenen Ort, verborgen, verschüttet oder sehr wach, und sie quillt herauf im behutsamen Gespräch nach fast einem halben Jahrhundert.
Da erinnert sich, wer selbst Bewohner des Waldlagers gewesen ist - der Junge, der Heimkehrer, die Mutter von zehn Kindern, das junge Mädchen. Und es erinnern sich die damals jugendliche Krankenschwester, die Bäuerin, die Arztfrau, der Totengräber an Bedrückendes und Kurioses, an scheinbar Alltägliches und Außergewöhnliches und Unglaubliches, an mancherlei Fröhlichkeit und fast Vergessenes. Und an die Charaktereigenschaften der Menschen unter Bedingungen, die einer besonderen Gesetzmäßigkeit unterlagen in diesem zufälligen Zusammenleben, einer Art Ausnahmezustand, der alles hervorzubringen vermag, wessen der Mensch fähig ist.
Diesem allen nachzuspüren, soll in nachfolgendem Report Spurensuche versucht werden.
Bild
Ehemaliges Quarantäne- und späteres Wohnlager Losten bei Bad Kleinen, bestehend aus 116 Holzhäusern (1945- 1958)

2. Kapitel

Es ist nichts mehr da. Kein Brett, kein Balken, nicht der kleinste Gegenstand, der bezeugen könnte: Hier haben einmal Menschen gelebt. Hartes, welkes Gras hemmt die Schritte, verdorrte Disteln reichen bis zu den Hüften auf dieser Lichtung im Wald. Die Blicke schweifen rundum. Nein, es ist nichts mehr da.
Die beiden Menschen verharren, als wagten sie nicht, einander in die Augen zu sehen. Die Vergangenheit springt sie an, wird plötzlich Gegenwart an diesem sonnigen Oktobernachmittag des Jahres 1991, an dem sie sich entschlossen, diesen Flecken Erde aufzusuchen. Wie eine Säule steht die Frau da, sinnend die Hände an den Mund gelegt. "Hier ist es gewesen."
"Ja", sagt der Mann, "hier ist es gewesen."
Es, das ist das ehemalige Lager Losten, es, das sind etwa zwölf Jahre ihres Lebens, die sie hier verbracht haben.
Der Chronist gibt folgende Auskunft: Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde der Ort (Losten bei Bad Kleinen) zunächst von englischen und amerikanischen Truppen besetzt. Später (im Juni 1945) bezogen sowjetische Truppen auf kurze Zeit hier Quartier. Die Offiziere waren in der Häuslerreihe untergebracht (Besitzer ausquartiert). Für die Mannschaften wurden im Wald gegenüber Baracken gebaut (nicht von der Bevölkerung, sondern von den sowjetischen Soldaten selber). Schon im September 1945 verließen die Truppen den Ort, und die freiwerdenden Baracken wurden kurze Zeit darauf zur Aufnahme der Aussiedler aus den Ostgebieten verwendet Die so genannte "Umsiedleraktion" mit der Ausweisung der Deutschen aus den Gebieten östlich der Oder hatte begonnen. Waren es in den ersten vier Wochen nur Einzelreisende, so kamen ab Oktober 1945 komplette, organisierte Transporte an, zumeist aus alten Leuten bestehend und Müttern mit ihren Kindern.
"Wir kamen nachts an, im September 1946", sagt die Frau, die aus Warnsdorf im Sudetengau stammt. Sie erinnert sich weder an die tagelange Reise im Viehwaggon noch an die Ankunft im Lager. In Erinnerung geblieben ist dem damals vierjährigen Madchen lediglich ein Teil des Fußweges vom Bahnhof Moidentin durch die nächtliche Finsternis. Der Ruf "Vorsicht, Schlucht!", der irgendwann durch die endlose Reihe Dahintappender gegeben worden war, hatte sie in panische Angst versetzt "Und stürzte in die tiefe Schlucht..." Dieser Satz aus irgendeinem Märchen war der kindlichen Seele so tief eingeprägt, dass er alle anderen Eindrücke zu verdrängen vermochte.
"Ich konnte nicht weitergehen. Meine Beine waren wie mit Blei ausgegossen. Meine Mutter erbarmte sich und setzte mich für eine kurze Strecke auf den sowieso schon überladenen Kinderwagen."
Wie alle anderen Ankömmlinge wurde die Familie in eine der 116 Baracken eingewiesen, die in Blockhausstil aus Vollstämmen zusammengefügt waren. In das Innere der etwa sechs mal acht Meter großen (oder kleinen!) Häuschen gelangte man durch Holztüren, von denen je eine in die sich gegenüberliegenden Giebelseiten eingepasst war. Die winzigen Fenster - fest eingefügt in die Längsbalken - konnten nicht geöffnet werden. Nicht alle Unterkünfte verfügten von Anbeginn über einen Ofen, dafür aber über umso mehr Ritzen zwischen den Stämmen, über denen im stumpfen Winkel ohne Zwischendecke ein nicht immer regendichtes Dach stülpte. Die Einrichtung der Hütte war - zumindest in den ersten Jahren - mehr als primitiv. Durchgehende Holzpritschen an den Wänden dienten als Schlaf- und Wohnstatt zugleich, manchmal mit Strohschütte, manchmal ohne. Den Eingewiesenen blieb nichts anderes übrig, als es auszuhalten oder sich mit dem wenigen einzurichten, das sie mitgebracht hatten, sollte das Waldlager Losten für die meisten von ihnen doch nur eine Zwischenstation sein.
Um ein Auftreten von Seuchen zu verhindern, waren auf Anordnung der Landesverwaltung im damaligen Kreis Wismar so genannte "Quarantänelager" eingerichtet worden - bei Ventschow, bei Flessenow und bei Losten. Jedes dieser Lager hatte eine Aufnahmekapazität von etwa 1 000 Menschen. Normalerweise betrug die Quarantänezeit 14 Tage. Da aber in kurzer Folge neue Transporte aus dem Osten eintrafen, mussten die meisten Insassen das Lager bereits nach 14 Tagen wieder verlassen. Sie wurden auf die umliegenden Dörfer und Städte "verteilt" (wobei man hin und wieder auch persönliche Wünsche berücksichtigte), wenige reisten weiter Richtung Westen oder Süden zu Verwandten.
Die Gemeinden des Kreises Wismar erhielten ein so genanntes "Aufnahmesoll" entsprechend ihrer Einwohnerzahl, und nicht selten überstieg sehr bald die Zahl der "Umsiedler" die der Alteingesessenen um ein Mehrfaches.
Eine derartige Anweisung wurde vom Rat des Kreises Wismar - Umsiedlerabteilung - gegeben und las sich dann so:
"An den Gemeinderat...
Betr.: Unterbringung der Umsiedler
Gemäß Verfügung der Landesregierung - Hauptabteilung Umsiedlung - vom 20.6. ... sind im Kreis Wismar noch 10.000 Umsiedler aus den Ostgebieten aufzunehmen. Davon entfallen auf ihre Gemeinde 100 Personen. Der Zeitpunkt des Eintreffens steht noch nicht fest. Sie wollen schon jetzt die Vorbereitungen für die Aufnahme treffen und bis zum 15.8. ... hierüber informieren.
Rat des Kreises Wismar - Umsiedlerabteilung - Kreisrätin.
Die Frau und der Mann, verheiratet längst, die sich mitten im Lostener Wald auf "Spurensuche" begeben haben, sind im Lager geblieben, bis es - zum "Wohnlager" geworden - 1958 aufgelöst wurde.
Bild
"Es ist nichts mehr da... "
Spurensuche auf dem Gelände des ehemaligen Quarantäne- und Wohnlagers Losten.
Foto: Kühl

3. Kapitel

Schwer liegen die beiden Akten auf dem Tisch, kaum regierbar wegen ihres enormen Umfangs. UMSIEDLER-VERZEICHNIS LAGER LOSTEN 1945/46. Das Papier ist vergilbt und verströmt beim Aufblättern den unverwechselbar-muffigen Archivgeruch. Die unzähligen Seiten sind nicht nummeriert, und auch unter ZUGANG steht keine Nummer, sondern ein Datum: 28.9.1945. An diesem Tag also sind die ersten "Umsiedler" im Lager Losten angekommen, fein säuberlich registriert mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Heimatort. Es müssen Tausende sein, Tausende mit gleichem oder ähnlichen Schicksal. Doch nur wenige von ihnen, nur die damals Jungen können darüber Auskunft geben, heute, sechsundvierzig Jahre danach. Wo aber sind sie geblieben? Und - würden sie sich erinnern wollen?
"Warum nicht?", fragt eine rundliche Frau lebhaft, ''wir hatten doch nuscht nich verbrochen. Nuja, scheen war's grade nich im Lager...".
Und dann sprudelt sie in unverkennbar ostpreußischem Dialekt hervor, was für die damals Einundzwanzigjährige zum Grunderlebnis wurde - die Flucht aus ihrer Heimat. "Am 9. Februar 1945 sind wir losgemacht mit dem Treck. Nach Norden ging's, und irgendwann rauf aufs 'Frische Haff', weil wir doch Angst vor den 'Russen' hatten. Hin und her haben sie uns getrieben über das Eis, und beschossen - mal die, mal die (sie will sich heute noch nicht festlegen, wer 'die' gewesen sind). Drei Tage und drei Nächte ging das so..."
Drei Tage und drei Nächte einer mehrmonatigen Odyssee, in deren Verlauf sie in Scheunen oder verlassenen Bauerngehöften campierten, herrenloses Vieh molken und schlachteten und sich mit all dem versorgten, was sie zum Überleben brauchten. Bis eines Herbsttages in... ein so genannter "gelenkter" Transport zusammengestellt wurde. Die Viehwagen rollten gen Westen, voll gestopft mit Flüchtlingen. Über Berlin wären sie gefahren, dort auf dem Lehrter Bahnhof entlaust und "umgeladen" worden. Und sie hätten fast nichts mehr gehabt. Bis auf einen Holzkoffer mit Fleisch und Speck. "Den hatten 'sie' (wer auch immer das gewesen sein mochte) uns schon oft wollen klauen", sagt die Sechsundsechzigjährige mit einem Schmunzeln im Gesicht, "aber der war ihnen zu schwer. Was drin war, hat gereicht, bis wir nach Losten kamen, ins Lager."
"Wir sollen in ein Lager? Was für ein Lager?", hätten sie die Begleiter gefragt, die sie in einer frostklaren Nacht am Moidentiner Bahnhof in Empfang nahmen. Das Wort Lager hatte für alle etwas Unheimliches, Bedrohliches und bedeutete sicher nichts Gutes für Leib und Leben. Deshalb wagten sie trotz bleierner Müdigkeit nicht, sich in der ihnen zugewiesenen, unbeheizten Baracke hinzulegen, blieben hocken und starrten in die flackernden "Hindenburglichter", bis es hell wurde.
Entlausung, Registrierung, ärztliche Untersuchung und der gut einwöchige Aufenthalt im Lager - nichts schien dem jungen Mädchen von damals besonderen Eindruck gemacht zu haben. Nach dem Durchbangen von Nacht, Finsternis und Kälte war die Angst einem tiefen Gefühl der Erleichterung gewichen. "Wir waren froh zu leben", sagt sie.
Auch das Essen ist ihr nicht in Erinnerung geblieben im Gegensatz zu den meisten Umsiedlern, denn "da war ja noch ein Rest Speck in dem Holzkoffer". An die Näpfe aber erinnert sie sich ganz genau, in die täglich "irgendeine Suppe" vor der Küchenbaracke ausgegeben wurde.
"Eine Art tiefer Teller ist das gewesen, aus bräunlichem Zeug gepresst. Hat ein bisschen wie Volksempfänger...

Inhaltsverzeichnis

  1. Impressum
  2. 1. Kapitel
  3. 2. Kapitel
  4. 3. Kapitel
  5. 4. Kapitel
  6. 5. Kapitel
  7. 6. Kapitel
  8. 7. Kapitel
  9. 8. Kapitel
  10. 9. Kapitel
  11. 10. Kapitel
  12. 11. Kapitel
  13. 12. Kapitel
  14. 13. Kapitel
  15. 14. Kapitel
  16. 15. Kapitel
  17. Ausklang
  18. Nachbemerkung
  19. Barbara Kühl, geborene von Stärk
  20. E-Books von Barbara Kühl