Berufsprofilierung
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Berufsprofilierung

Ein Praxisbuch für Akademikerinnen und Akademiker

  1. 180 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Berufsprofilierung

Ein Praxisbuch für Akademikerinnen und Akademiker

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Wenn Sie nach einer selbstbestimmten Berufsperspektive suchen, die Ihren Kompetenzen entspricht und zu Ihrer Persönlichkeit und Ihrem Lebensplan passt, dann ist dieses Buch für Sie geschrieben. Wie können AkademikerInnen Person und Profession sinnvoll und marktgerecht verbinden? Wie entwickeln sie ein zielgruppengenaues freiberufliches Berufsprofil und wie finden sie Lösungswege aus beruflichen Problemzonen? Sonja Hilzinger gibt anschauliche Hilfestellung für alle AkademikerInnen, die sich (frei-)beruflich profilieren möchten

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783847403869

1Berufsprofilierung: Person & Profession sinnvoll verbinden

1.1Was ist Berufsprofilierung?

Person & Profession sinnvoll verbinden – was heißt das? Sie können auch sagen: Aus der Berufung den Beruf machen und so ein sinnerfülltes Leben führen. Erwerbstätigkeit und Spaß an der Arbeit zusammenbringen. Ein ganz individuelles Berufsprofil entwickeln und damit Geld verdienen. Eine ökonomisch tragfähige Verbindung schaffen zwischen dem, was Sie sind, und dem, was Sie tun.
Sie haben ein Studium erfolgreich absolviert, vielleicht promoviert und einige Jahre im Wissenschafts- oder Bildungsbereich, in der Kreativ- und Kulturwirtschaft Berufserfahrungen gesammelt. Und Sie haben Lust, sich eine freiberufliche Existenz aufzubauen mit dem, was Sie gut können und gerne tun: mit einer oder mehreren wissensintensiven Dienstleistungen, mit einer speziellen Geschäftsidee, mit einer Mischung aus freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten – oder Sie wollen erst einmal probeweise, neben Ihrer 30-Stunden-Stelle, Erfahrungen mit beruflicher Selbstständigkeit sammeln.
Sie haben nach dem Studium als WissenschaftlerIn im Ausland gearbeitet und wollen sich neu orientieren. Sie arbeiten in einem Unternehmen oder in einer Behörde, die Ihnen zu wenig Flexibilität bieten, um Beruf und Familie nach Ihren Vorstellungen verbinden zu können. Ihre Partnerin hat den Traumjob gefunden – aber dafür ist ein Umzug erforderlich und Sie wollen auf Dauer keine Fernbeziehung führen; Sie nutzen die Gelegenheit, sich neu zu positionieren.
Wie Sie aus Ihrer akademischen Profession Ihr individuelles Berufsprofil entwickeln
In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie aus Ihrer akademischen Profession Ihr individuelles Berufsprofil entwickeln. Es ist ein Praxisbuch, das Sie bei Ihrer Profilierungsarbeit inspirieren, unterstützen und ermutigen wird. Es enthält aber auch Informationen über Arbeitsmarkt und Arbeitsbedingungen von AkademikerInnen – aktuell und mit Blick auf die Zukunft. Es zeigt Ihnen die Chancen und Risiken, sich als AkademikerIn im Bereich wissensintensive und kulturelle Dienstleistungen zu profilieren. Und es entstand aus meiner langjährigen Beratungspraxis. Meine Kernkompetenz als Beraterin ist die individuell mit Ihnen erarbeitete Einheit von Person & Profession: Ihr Profil. Mein Beratungskonzept basiert auf dem Dialog, ist ressourcen- und lösungsorientiert, methodisch vielfältig und kreativ.
Im Mittelpunkt steht der Mensch, nicht der Markt. (Trotzdem müssen Sie natürlich auch vom Markt her denken lernen.) Ihr Profil – in einem freien Kulturberuf, im Bereich wissensintensive Dienstleistungen, als Solo-Selbstständige, in einem der klassischen (verkammerten) freien Berufe oder auch im Rahmen einer Anstellung – soll nicht nur Ihren Kompetenzen entsprechen, sondern auch zu Ihrer Persönlichkeit und Ihrem Lebensentwurf passen. Als Beraterin unterstütze ich Sie dabei, professionell und marktorientiert zu arbeiten und dabei selbstbestimmt und im Einklang mit Ihren Werten zu leben. Dieses Buch ist ein Arbeitsangebot an Sie: Ihr individuelles Berufsprofil zu entwickeln.
Methodischer Ansatz der Berufsprofilierung: Perspektivenwechsel und Konkretisierung
Die Methode, die Sie dabei nutzen können, ist die Berufsprofilierung. In ihr verbinden sich zwei Prozesse: wiederholter Perspektivenwechsel und wiederholte Konkretisierung. Sie wechseln immer wieder die Perspektive auf ein und dasselbe Thema, Sie trainieren also den Perspektivenwechsel. Und Sie trainieren, zu jeder Nachfrage noch eine weitere und noch eine weitere Nachfrage zu entdecken, bis Sie das Höchstmaß an Konkretion erreicht haben, das in diesem Moment möglich ist. Perspektivenwechsel und Konkretisieren – genau das werden Sie in den verschiedenen Übungen, die dieses Buch enthält, immer wieder trainieren.
Das Material, mit dem Sie arbeiten – neben den einzelnen Kapiteln – sind Ihre Lebensgeschichte, Ihre Kompetenzen, Ihre Wertvorstellungen und Ihre Visionen. Profilieren ist eine spannende Aktivität, eine intellektuelle und emotionale Anstrengung, ein kreatives Spiel, ein Abenteuer.
Im Folgenden werde ich der Lesbarkeit wegen für wissensintensive und kulturelle Dienstleistungen die Abkürzung WKD gebrauchen. WKD stellen, da sie eine akademische Ausbildung voraussetzen, grundsätzlich eine Berufsperspektive für AkademikerInnen dar. Die Rahmenbedingungen – ob in einer freiberuflichen, einer unternehmerischen oder angestellten Tätigkeit – sind dabei sekundär. Auch Mischformen oder phasenweise Wechsel zwischen der einen oder anderen Form sind natürlich möglich. Der Übersichtlichkeit wegen orientiere ich mich in diesem Buch auf freiberuflich ausgeübte WKD, was Berufsprofilierung betrifft, gehe aber in den entsprechenden Kontexten auch auf die darüber hinausgehende Biografiearbeit ein und weise dies auch im Inhaltsverzeichnis aus.

1.2Mein eigener Weg: Autorin, Lektorin, Beraterin

Ich will Ihnen zum Einstieg an meinem Beispiel zeigen, wie Person & Profession zu der für mich sinnvollen Verbindung wurden. Das ist kein abgeschlossener Prozess: In meinem Fall ist es eine Entwicklung, die vor mehr als dreißig Jahren begonnen hat und weiter in Veränderung begriffen ist.
Ich bin geprägt von den sozialen Bewegungen der 1970er- und 1980er-Jahre in Westdeutschland. Als Schülerin begeisterte mich der Satz „Ändere die Welt, denn sie braucht es“ aus Bertolt Brechts Heiliger Johanna der Schlachthöfe. Als Studentin gründete ich mit anderen Frauen ein Frauenzentrum. Als Professorin für Neuere deutsche Literatur lehrte ich über literarische Themen aus kultur- und sozialgeschichtlicher Perspektive, Schwerpunkte bildeten Aufklärung, Romantik und Realismus, die Weimarer Republik, das Exil und die DDR. Als Literaturwissenschaftlerin veröffentlichte ich zu den Themen, die mich selbst brennend interessierten: Autorinnen, ihre Werke, ihre Zeit, ihr Leben – von Karoline von Günderrode über Anna Seghers und Margarete Steffin bis zu Inge Müller und Christa Wolf.
Natürlich stellte sich schnell heraus, dass es für das, was meine Profession war, nirgends eine Planstelle gab – also entwarf ich mir mein eigenes Berufsprofil. Ich arbeitete freiberuflich, weil ich so meinen Leidenschaften und Interessen folgen konnte. Und ich konnte davon leben. Im Laufe der Jahre entwickelte ich ein Profil, in dessen Zentrum das Wort steht: das geschriebene, gedachte, gedruckte, gesprochene Wort. Die Schwerpunkte meiner Tätigkeiten haben sich verändert. Inzwischen spielt zum Beispiel die Lehre keine so große Rolle mehr wie noch vor einigen Jahren. Schreiben, lektorieren und beraten sind jetzt meine hauptsächlichen Tätigkeiten. Mit anderen Worten: Ich BIN Autorin, Lektorin und Beraterin.
Während ich als Hochschullehrerin gearbeitet habe, gefiel mir neben der Lehre am besten die individuelle Förderung und Betreuung der Studierenden. Genau das habe ich dann als freie Beraterin angeboten. In meiner Praxis erlebte ich immer häufiger junge AkademikerInnen, die auf der Suche waren nach Alternativen zum Wissenschaftsbetrieb mit seinen befristeten Verträgen, dem Mobilitätsdruck, dem nahezu unplanbaren Berufsweg. Für sie entwickelte ich ein modularisiertes Konzept zur Berufsprofilierung. Es ist zugeschnitten auf AkademikerInnen, die sich mit wissensintensiven und kulturellen Dienstleistungen als FreiberuflerInnen selbstständig machen wollen.
In meiner Beratungspraxis hatte ich die Erfahrung gemacht, dass WissenschaftlerInnen jede Menge fachliche, methodische und auch soziale Kompetenzen für eine freiberufliche Existenz mitbringen – aber selten unternehmerische, um auf dem Markt zu bestehen. Mit ihnen trainierte ich den Perspektivenwechsel von „was kann ich?“ zu „für welches Problem habe ich die Lösung?“. Und gleichzeitig vermittelte ich, dass der Mensch – und nicht der Markt – das wirklich Wichtige ist; dass es nie nur um den Beruf, die Erwerbstätigkeit, die Karriere geht, sondern immer um das ganze Leben, um soziale Beziehungen und Gesundheit, um Motivation und Leistung, um Visionen und um Geld, um Werte und um Biografiearbeit.
Natürlich hatte ich das Ziel, von dem leben zu können, was ich am liebsten tue, und dabei meine eigene Chefin zu sein. Und ich hatte einen Plan, wie ich das umsetze. Im Laufe der Zeit erwies es sich als sinnvoll, nach dem Modell der „flexiblen Planwirtschaft“ vorzugehen: dem roten Faden zu folgen und gleichzeitig offen zu sein für sich bietende Möglichkeiten, unerwartete Erfahrungen, neue Perspektiven. So haben sich die Rahmenbedingungen und Schwerpunkte meiner Arbeit verändert, die Themen aber blieben. Weiterbildungen und Spezialisierungen haben mein Profil bereichert.
Auf diesem Weg gab es natürlich Stolpersteine und blinde Flecken. Um nur einige zu nennen: Ich hatte anfangs keine Ahnung, was man alles wissen muss, um freiberuflich zu arbeiten. Ich habe meine ganz besonderen Kompetenzen lange gar nicht als solche erkannt, sondern für selbstverständlich genommen. Und mein Verhältnis zu Geld war gänzlich unterentwickelt – wer die Welt verändern will, fragt nicht, wie sieht mein Honorar aus. Lange Jahre fehlte mir der Mut, mir als Unternehmerin Ziele zu setzen. Warum? Ich hatte Angst zu scheitern, war zu ungeduldig, zu wenig bewandert in handfestem betriebswirtschaftlichem Wissen für die Praxis. Ein Stolperstein war für mich auch die Frage: Was bedeutet „Erfolg“ für mich? Konfrontiert mit Erwartungen und Vorstellungen, die in unserer Gesellschaft über Erfolg kursieren, ist es nicht einfach, diesen Begriff für das eigene Leben zu bestimmen. Heute weiß ich: Erfolg bedeutet für mich Sinn, ein sinnerfülltes Leben, und dazu gehört die Einheit von Person & Profession.

2AkademikerInnen auf dem Arbeitsmarkt: Chancen und Risiken

In diesem Kapitel erhalten Sie anhand aktueller Studien, von Hintergrund- und Erfahrungsberichten Einblicke in die Arbeitsmarktsituation, wie sie sich seit der Jahrtausendwende entwickelt hat, und auch, in welche Richtungen sich der akademische Arbeitsmarkt entwickeln kann und wird. Die geschlechterdifferente Perspektive ist für die Auswahl und Auswertung aller hier vorgestellten Zusammenhänge grundlegend.
Sie erfahren, wie sich Ihre Perspektiven im Wissenschaftsbetrieb darstellen und wie in den Freien Berufen. Dabei geht es immer darum, sowohl die Chancen als auch die Risiken einer Berufstätigkeit bzw. eines Lebensentwurfs zu betrachten und abzuwägen. Warum für AkademikerInnen gerade wissensintensive und kulturelle Dienstleistungen eine zukunftsträchtige Perspektive sein können – darum geht es dann im letzten Unterkapitel.

2.1Arbeiten im 21. Jahrhundert

Wie sieht der Arbeitsmarkt im Jahr 2012 für AkademikerInnen aus? Welche Voraussetzungen und welche Potenziale bringen sie mit, welche Lebensentwürfe wollen sie gestalten, welche Perspektiven können sie realisieren? „Klassische“ Berufe und Berufsverläufe für AkademikerInnen gibt es zunehmend weniger, sie werden immer brüchiger und fordern immer mehr Anpassungsleistungen inklusive Flexibilität und Mobilität, führen zu befristeten Anstellungen, in prekäre Beschäftigungssituationen. In meiner Beratungspraxis mache ich zunehmend die Erfahrung, dass insbesondere für Frauen freiberufliche Tätigkeiten immer attraktiver werden, weil hier die Möglichkeiten einer individuellen Berufsprofilierung in Verbindung mit einer selbstbestimmten Lebensgestaltung relativ groß sind. Aber wie Sie später in den Unterkapiteln sehen werden, in denen es um Biografiearbeit geht, trifft dies nicht nur für freiberufliche Profile zu, sondern überhaupt für individuelle Profile, in denen Person & Profession eine Einheit bilden.
Eine akademische Ausbildung garantiert keine planbare „Karriere“
Für immer weniger AkademikerInnen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der gerade Weg vom Studienabschluss in eine planbare „Karriere“, die ihrem Leben für die folgenden Jahrzehnte eine stabile ökonomische Grundlage und einen institutionellen Rahmen bietet, die Regel, für immer mehr ist dies die Ausnahme. Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen bilden hier die Vorhut einer Entwicklung, die zunehmend auch NaturwissenschaftlerInnen, MedizinerInnen, JuristInnen und ArchitektInnen betreffen wird. Universitäre Bildung vermittelt – bestenfalls – Fähigkeiten und Kompetenzen wie selbstständiges Denken, Reflexionsvermögen, Strukturieren komplexer Sachverhalte, sprachliches Ausdrucksvermögen, Wissbegierde und Methodenkompetenz, die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, und anderes mehr. Aber sie ist nicht (mehr) per se eine berufsorientierte Ausbildung, die auf ein spezifisches Tätigkeitsprofil oder eine bestimmte berufliche Position hin qualifiziert. Und wo sie den Markt im Blick hat, bedient sie häufig vorrangig wirtschaftliche Interessen und vernachlässigt die Bildung eines kritischen, unabhängigen ForscherInnengeistes. In den meisten Fällen vermittelt ein Universitätsstudium etwas Wesentliches überhaupt nicht: ökonomisch zu arbeiten, also einen Instinkt dafür zu entwickeln, wieviel Zeit, Ressourcen und Energie für ein bestimmtes Ergebnis sinnvoll und angemessen sind.
Veränderungen der Berufsperspektiven für angestellte und verbeamtete AkademikerInnen
Von den angestellten bzw. verbeamteten AkademikerInnen arbeiten etwa 90% in technischen Berufen und im Dienstleistungsbereich, also bei Banken und Versicherungen, im Gesundheitswesen und vor allem im öffentlichen Dienst, von Schulen über Krankenhäuser und Gerichte bis zu Ministerien. Auch diese institutionellen Einsatzgebiete für AkademikerInnen beginnen sich zu verändern, wenn auch eher langsamer als z.B. die Freien Berufe. Stellenausschreibungen aber bieten Orientierungen, machen Vorgaben und setzen klare Profile voraus. Deshalb ist die Notwendigkeit zur Berufsprofilierung für Lehramtsstudierende oder Ärztinnen und Ärzte zwar nicht zwingend – aber die Biografiearbeit, die ja Bestandteil des Profilierens ist, kann eine im positiven Sinne so herausfordernde und bereichernde Tätigkeit sein, dass Sie auch als Lehrer oder Ärztin Ihrer Neugier auf noch unbekannte individuelle Perspektiven folgen sollten.
Studienwahl und Geschlechtszugehörigkeit entscheiden über berufliche Zufriedenheit
Studien über die Phase des Übergangs von der Hochschule in die Berufstätigkeit (auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr dazu) zeigen vor allem zwei signifikante Unterschiede: Die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation und das jeweilige Einkommen sind abhängig vom Studienfach und vom Geschlecht. Europaweit liegen hier AbsolventInnen der Elektrotechnik, Informatik, Physik, Chemie, Pharmazie und Humanmedizin vor denen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer. Nur etwa ein Viertel der HochschulabsolventInnen in Deutschland hat vier Jahre nach dem Examen (befristete) Arbeitsverträge, und in den prekären Erwerbsformen sind Akademikerinnen überrepräsentiert (vgl. Anm. 1).
Zunehmende Schwierigkeiten in der Berufseinstiegsphase
Was machen die anderen drei Viertel nach dem Studium? Vielleicht denken Sie jetzt an Mitstudierende, deren Weg Sie verfolgt haben oder mit denen Sie in Kontakt geblieben sind. Die Zeit zwischen Examen oder Promotion und der ersten „Ankunft“ im Beruf ist im Allgemeinen eine Phase der Orientierung und der Suche. Es geht darum, die Möglichkeiten zu sondieren, für sich einen Lebens- und Berufsweg zu entwickeln, den Lebensunterhalt zu bestreiten, die eigenen Kompetenzen ein- und umzusetzen. Man bewirbt sich auf ausgeschriebene Stellen, hört sich im Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis um, aktiviert Kontakte in realen und virtuellen Netzwerken, verschickt Blindbewerbungen, macht Praktika … Auf das, was sie in der Berufspraxis erwartet, sind die meisten AbsolventInnen nicht vorbereitet: auf hierarchische Unternehmenskulturen, auf Regeln und Umgangsformen, die niemand erklärt und die nirgends nachzulesen sind, auf Leistungsdruck, Mobbing, Einzelkämpfertum. Wie war das bei Ihnen?

2.2Geschlechtsspezifische Voraussetzungen und Perspektiven

Frauen und Männer bringen unterschiedliche Voraussetzungen und Erwartungen mit im Hinblick auf Studium, Berufswahl und Lebensentwurf. Einer Langzeitstudie von Hochschulforschern der Universität Konstanz (2005)1 zufolge übt eine freiberufliche Tätigkeit für Studentinnen eine deutlich größere Anziehungskraft aus als für ihre männlichen Kommilitonen. Manche Ergebnisse dieser Studie muten wie altbekannte Vorurteile über die sozial und historisch geprägten Geschlechterrollen an. So betonen die Autoren Ramm und Bargel die ausgeprägtere „sozial-interaktive Einstellung“ der Studentinnen gegenüber den Studenten. Frauen wollen stärker als Männer ihre Ausbildung und Qualifikation dafür nutzen, anderen Menschen zu helfen, zu gesellschaftlichen Veränderungen beizutragen, Verantwortung für das Allgemeinwohl zu übernehmen – sie erweisen sich also als altruistischer, stärker sozial orientiert und ideell motiviert. Mehr Frauen als Männer haben bereits vor dem Studium eine Berufsausbildung abgeschlossen. Auch die Wahl des Studienfaches folgt noch immer der traditionellen Orientierung: Etwa 70% der Frauen studieren Sprachen und Geisteswissenschaften. Innerhalb der zwanzig Jahre Laufzeit der Studie zeigte sich, dass den Studentinnen Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit und sozialer Aufstieg zunehmend wichtiger werden (neben der Erwartung, dass ihr Studium sie für eine interessante berufliche Tätigkeit qualifiziert). Immer mehr Akademikerinnen gehen also davon aus, dass sie mit ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Während des Studiums erleben allerdings die meisten – auch die leistungsstarken – Studentinnen, dass sie von den Lehrenden wenig gefördert und zu einer wissenschaftlichen Karriere ermutigt werden, dass sie deutlich weniger Möglichkeiten als ihre Kommilitonen erhalten, im Wissenschaftsbetrieb zu bleiben und sich weiterzuqualifizieren. Zwar sind seit 1983 (dem Beginn der Befragungen für die Studie) die Erfahrungen von Studentinnen mit Benachteiligungen im Studium von 40% auf 20% zurückg...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckel
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Einladung zum Lesen & Arbeiten
  6. 1. Berufsprofilierung: Person & Profession sinnvoll verbinden
  7. 2. AkademikerInnen auf dem Arbeitsmarkt: Chancen und Risiken
  8. 3. Wissensintensive und kulturelle Dienstleistungen: Chancen und Risiken
  9. 4. Kompetenzen, Lernprozesse und Biografiearbeit
  10. 5. Ihre Lernbiografie schreiben und mit ihr arbeiten
  11. 6. Nachhaltige Lebensentwürfe
  12. 7. Das „ganze Leben“
  13. 8. Vom Markt her denken
  14. 9. Lösungswege aus Problemzonen
  15. 10. Literaturauswahl
  16. Fußnoten