Das Geld
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Das Geld

Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

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Das Geld

Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

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Über dieses Buch

Geld muss man haben, nicht erklären; das versteht sich von selbst für lebenskluge Zeitgenossen. Wenn es am Geld etwas zu erklären gibt, dann, wie man am besten an möglichst viel davon herankommt; damit hat die praktische Vernunft des aufgeklärten Erwerbsbürgers auf alle Fälle schon genug zu tun.Das ist fatal. Denn wer dem unausweichlichen Zwang, Geld zu verdienen, nur die Ermunterung entnimmt, ihm erfolgreich nachzukommen, der bleibt nicht nur in ein Zwangssystem der gesellschaftlichen Arbeitsteilung verstrickt, das mit hochprozentiger Sicherheit auf seine Kosten geht. Der macht außerdem den gar nicht so unvermeidlichen Fehler, sich dazu kritik- und begriffslos affirmativ zu stellen. Da helfen dann auch kein Ärger und keine Beschwerden mehr über die unausbleiblichen Konsequenzen: über Stress beim Geldverdienen, über spärliche Verdienste, über hohe Preise und überhaupt über Mangel hier und obszönen Reichtum dort. Wer sich das Geld nicht erklären will, soll über dessen ungleiche Verteilung nicht jammern.Wer sich das Ding erklären will, das auf die bekannte totalitäre Weise und durchaus nicht zum Nutzen der großen Mehrheit das Handeln, Trachten und Denken der Insassen des globalen marktwirtschaftlichen Irrenhauses beherrscht, der wird von der einschlägigen Wissenschaft schlecht bedient. Die steht so entschieden auf dem Standpunkt, der Geldwirtschaft sei ihr quasi selbsttätiges Funktionieren hoch anzurechnen, dass sie dem Geld die Funktion des universellen Vermittlers aller funktionalen Bestandteile der Geldwirtschaft attestiert und überhaupt nicht versteht, was es außer dieser Tautologie noch zu erklären geben könnte an einer Wirtschaftsweise, die alles Produzieren und Konsumieren, den Lebensprozess der Gesellschaft insgesamt, dem Sachzwang des Geldverdienens unterwirft. Weiterhelfen kann hier, ungeachtet ihres ehrwürdigen Alters von bald anderthalb Jahrhunderten, Marx' Kritik der politischen Ökonomie. Der Mann hat nicht bestritten, dass die kapitalistische Wirtschaft funktioniert; er hat das bloß nicht für einen Grund gehalten, sich die Überlegung zu ersparen, was da funktioniert. Dass ihm dann der Begriff des allgemeinen Äquivalents, das den Warenaustausch vermittelt, zur Kritik dieses ökonomischen Gegenstands geraten ist, liegt am Gegenstand: daran, dass das Geld ein gesellschaftliches Gewaltverhältnis vergegenständlicht und quantifiziert, dem die gesellschaftliche Arbeit unterworfen ist.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783929211238

Das Geld des Staates

Der bürgerliche Staat regiert mit Geld. Die Sachen und Dienste, die er für sich und die Betreuung seiner Gesellschaft braucht, kauft und bezahlt er wie ein ordentlicher Kunde oder Arbeitgeber. Freilich mit einem Geld, das er gar nicht auf dem ordentlichen marktwirtschaftlichen Weg erworben hat: Als Urheber und Garant, also auch Herr des Rechts auf Eigentum setzt er sich per Recht und Gesetz darüber hinweg und eignet sich nach festen Regeln Teile des privat verdienten Eigentums an, ohne den zur Zahlung verpflichteten Bürgern dafür etwas zu verkaufen oder eine bestimmte Gegenleistung zu schulden. Umgekehrt legt er mit seinem fiskalischen Zugriff seine steuerpflichtigen Landesbewohner aufs Geldverdienen als Zweck, Inhalt und Ergebnis ihrer ökonomischen Betätigung fest: Nur so schaffen sie gesellschaftlichen Reichtum in der abstrakt allgemeinen Form, in der er ihn haben will, um sich seinen Teil davon abzuzweigen.1)
Der bürgerliche Staat erzwingt also ein System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, indem er gar nichts plant und organisiert, sondern verfügt, dass seine Rechtssubjekte übers Geld, nämlich die Notwendigkeiten des Geldausgebens und Geldverdienens, als Privatpersonen voneinander abhängig sind und bleiben sollen. Ein jeder muss bestrebt sein, andere als Geldquelle zu benutzen: Produzenten stehen als Kaufleute in einem Interessengegensatz zu ihren Kunden, deren Bedürfnisse sie zum Geldverdienen ausnutzen; zueinander verhalten sie sich als Konkurrenten, die einander den Zugriff auf die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft streitig machen; und die gesamte Geschäftemacherei lebt davon und lebt dadurch erst so richtig auf, dass die Arbeit selbst gleich zweifach als Geldquelle genutzt wird – von geschäftstüchtigen Geldbesitzern und Managern für ihre geschäftlichen Belange gekauft und eingesetzt, von der großen Masse ohne Eigentum, das zum Leben reichen könnte, gegen Geld geleistet. Der materielle Lebensprozess der Gesellschaft beruht auf lauter antagonistischen Verhältnissen und besteht in lauter gegeneinander gerichteten Anstrengungen der Leute, Geld zu verdienen: Dafür steht der Staat mit seinem Gewaltmonopol ein.
Sich selbst legt der Staat damit freilich auch fest; nämlich auf die Aufgabe, eine nationale Ökonomie auf Basis der von ihm zu garantierenden und zugleich von ihm getrennt fungierenden, eben: privaten Macht des Geldes über Güter und Arbeit in Gang zu bringen und mit all ihren Antagonismen und Absurditäten gemäß ihren eigenen Funktionserfordernissen und Erfolgskriterien in Schwung zu halten. Er ordnet sich selber den Sachgesetzen des Geldes unter, die er in Kraft setzt. Wo er sich mit Steuer- und Abgabengesetzen am Privateigentum vergreift, tut er das mit Rücksicht auf die Funktionstüchtigkeit und Ergiebigkeit der alles entscheidenden gesellschaftlichen Geldquelle, nämlich der privaten Bereicherung kapitalistischer Unternehmer durch den rentablen Einsatz bezahlter Arbeit. Seine Herrschaftstätigkeit orientiert er an dem Ziel, den in Geld gemessenen Ertrag des nationalen Wirtschaftslebens von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr wachsen zu lassen. Im Sinne dieser Zielsetzung bedient sich die bürgerliche Staatsgewalt für ihre Mittelbeschaffung nicht bloß ihrer Steuerhoheit über ihre Bürger, sondern des privaten Geldkapitals gemäß dessen eigener geschäftlicher Logik: Sie leiht sich Geld, zahlt ihren Gläubigern Zinsen, macht sich so nach den Regeln des von ihr erlassenen Marktrechts dem Privateigentum tributpflichtig – und sorgt zugleich mit ihrer Hoheit übers kapitalistische Geschäft dafür, dass dem nationalen Geld- und Kreditgewerbe nie sein Stoff ausgeht.

1. Das gesetzliche Zahlungsmittel 2)

Unternehmer, Privatleute und die „öffentliche Hand“ selber wirtschaften heutzutage mit einem Geld, das der Staat – resp. eine von ihm autorisierte Instanz, im Euro-Raum die EZB – „schöpft“. Der Staat verdient zwar keins, aber er macht das Geld. Nicht bloß, wie in alten Zeiten, in dem Sinn, dass er aus einem Edelmetall, das im Warenhandel bereits als allgemeines Äquivalent gebraucht wird und mit festgelegten Gewichtseinheiten als Maß des Tauschwerts aller übrigen Waren fungiert, Münzen schlagen lässt und mit seiner hoheitlichen Autorität diesen die Macht zuschreibt, den Tauschwert der Waren zu messen und zu repräsentieren: Das Edelmetall, das lange Zeit kraft staatlicher Prägung den abstrakten Reichtum der Gesellschaft, nämlich das der Produktion und Realisierung von Tauschwert entspringende Recht eines quantitativ bestimmten Zugriffs auf wirklichen Reichtum verdinglicht und umgekehrt mit seinem ursprünglichen Warenwert die den Münzen aufgeprägte staatliche Verfügung gewissermaßen gerechtfertigt hat, ist längst aus dem Verkehr gezogen. Im internen Geschäftsverkehr der Nationen und mittlerweile auch zwischen ihnen ist es durch gegenständliche – papierene – Wert-Zeichen ersetzt, die auch nicht mehr einen doch noch irgendwo lagernden staatseigenen Goldschatz repräsentieren oder sonstwie „gedeckt“, sondern selber das Bezeichnete sein sollen: Sie stehen direkt und absolut für ein Stück gesetzlich garantierter Zugriffsmacht über den in entsprechend denominierten Preisen gemessenen Warenreichtum.3)

a)

Mit diesem Gebrauch seiner Hoheit über die ökonomischen Beziehungen zwischen seinen Bürgern und zwischen denen und ihm selbst knüpft der moderne Staat an Errungenschaften der privaten Kreditwirtschaft an, die unter seiner Hoheit zustande gekommen und perfektioniert worden sind.
Schon im kommerziellen Zahlungsverkehr dienen Zahlungsversprechen als Zahlungsmittel. Nicht nur in der trivialen Form, dass Anweisungen auf vorhandenes Geld anstelle dieses Geldes zirkulieren und im zeitgenössischen Geschäftsverkehr Umbuchungen zwischen Bankkonten die Aushändigung von Bargeld vom Käufer an den Verkäufer ersetzen: Auch die Verpflichtung, zu einem späteren Termin derzeit noch gar nicht verdientes Geld zu zahlen, wird in eine Form gebracht, dass sie wie ein Stellvertreter für vorhandenes Geld von einem Geschäftsmann zum nächsten weitergereicht werden kann; paradigmatisch per Wechsel, nämlich so, dass ein Schuldner, statt seine Rechnung zu begleichen, Zahlungsaufschub gewährt bekommt, dafür eine von seinem Gläubiger vorgelegte Zahlungsverpflichtung akzeptiert, die ein gewisses Entgelt für dessen Entgegenkommen: einen Zins einschließt; mit so einem Papier kann der Aussteller dann seinerseits Zahlungspflichten erfüllen, muss dafür freilich seinen eigenen Gläubiger am zu erwartenden Zinsgewinn teilhaben lassen; und das kann so weitergehen bis zum festgelegten Fälligkeitstermin. Natürlich unterliegt diese Zahlungskette dem Risiko und daher dem Vorbehalt, dass der erste Schuldner am Ende auch wirklich zahlt: Ein Wechsel ist für jeden, der ihn übernommen hat, nur das wert, was er von einem Vorbesitzer an wirklicher Geldzahlung herausholen – notfalls herausklagen – kann. Solider und verlässlicher wird die Sache, wenn die Banken sich einmischen, die als technische Agenten des gesellschaftlichen Zahlungsverkehrs ohnehin das Geld der kapitalistischen Welt verwalten. Die führen verdientes, aktuell nicht weiter verwendetes Geld, das sich bei ihnen ansammelt, einer geschäftlich sinnvollen Verwendung zu, indem sie bei ihnen eingereichte Wechsel zu Bargeld machen bzw. – eine folgerichtige nächste Stufe – zu ihrem Geldvermögen hinzuzählen und in der Sicherheit, notfalls auf ihre Barreserven zurückgreifen zu können, ein Guthaben auf das Konto ihres Kunden buchen oder gleich eigene Geldzeichen herausgeben: unverzinsliche zirkulationsfähige Banknoten, die jederzeitige Einlösung in wirklichem Geld versprechen.
Mit diesem Ersatz von barem Geld durch Buchungsakte und eigene Noten erleichtern die Banken den gesellschaftlichen Zahlungsverkehr, technisch und buchstäblich; aber das ist noch das Wenigste. Sie ersparen dem Kapital die ökonomische Last, sein eigentliches Produkt, den am Markt realisierten Tauschwert, in seiner definitiven Geldgestalt real darzustellen und, sei es auch nur momentweise, gegen seine erneute Verwendung festzuhalten. In der Marktwirtschaft geht es nämlich so sehr um die Vermehrung des Geldes, dass die Akteure dieser Wirtschaftsweise es glatt als Abzug von ihrem Geschäft verbuchen, wenn das alles entscheidende Geschäftsmittel, das sich vermehren soll, unbenutzt herumliegt; und wenn dieses höchste Gut auch noch in Form einer edelmetallischen Geldware festgehalten wird und herumliegt, dann verursacht es mit diesem Zwischenaufenthalt seiner kapitalistischen Gemeinde als ganzer auch noch echte Beschaffungskosten. Beide Ärgernisse nimmt das Bankgewerbe seiner Kundschaft ab, indem es regelmäßig und auf breiter Front das Geld, das die Geschäftswelt erst noch verdienen will, also noch bevor es wirklich verdient, der Verkaufserlös beim Verkäufer eingetroffen oder der geschaffene Tauschwert überhaupt realisiert ist, bereits seiner erneuten Verwendung als Geld heckendes Kapital zuführt. Der Kapitalumschlag stockt nicht, wo Ware in Geld und Geld in Ware verwandelt werden muss, sondern überholt gewissermaßen sich selbst, und er kann sogar ohne die benötigte Geldsumme in Gang kommen, wenn Zahlungsversprechen als Zahlungsmittel Dienst tun. Sich selber eröffnen die Banken mit dieser Dienstleistung die Freiheit, sich bei ihrem Wechselgeschäft und bei der Einräumung von Krediten überhaupt von dem Geldbestand, über den sie verfügen – und für den sie selber Zinsen zahlen müssen, soweit es sich um Geld ihrer Kundschaft handelt –, weitgehend zu emanzipieren: Auch wo Zahlungsverpflichtungen einzulösen sind, brauchen sie ihren Geldschatz nicht anzugreifen, können ihn also denkbar gering und müssen sich nicht an seinen beschränkten Umfang halten, wenn sie das meiste per wechselseitige Verrechnung fälliger Forderungen erledigen und ansonsten mit Kreditgeld zahlen: mit Banknoten, die auch bei ihnen gar nicht für verdientes und verfügbares Geld, sondern für Geldforderungen aus Leihgeschäften aller Art stehen.4)
Das Ganze funktioniert freilich auf Basis dessen, dass das kapitalistische Gesamtkunstwerk seinen Gang geht und das Kapital im Großen und Ganzen tatsächlich erfolgreich umschlägt und wächst. Denn seine Macht, diesen Umschlag voranzutreiben oder sogar in Gang zu setzen, entlehnt der Kredit aus der Macht des Geldes, das da produziert wird: aus der Produktion und Realisierung des Tauschwerts, den er antizipiert; und was an bankmäßig in die Welt gesetztem Kreditgeld unterwegs ist, ist ein Derivat aus den Kreditbeziehungen, die im Prozess der Kapitalakkumulation allgegenwärtig sind – das Kunststück, mit seinen Kreationen abstrakten Reichtum, neues Eigentum nicht bloß vorwegzunehmen, sondern zu schaffen, ist dem Finanzgewerbe dann doch nicht gelungen. Deswegen funktioniert das Ganze auch nur solange, wie das Vertrauen des Publikums in die Zahlungsfähigkeit der Bank nicht erschüttert ist, der Emittent seine Noten nicht zurücknehmen und wirklich auszahlen muss bzw. seine Bargeldbestände für die paar Auszahlungen ausreichen, die er trotzdem zu leisten hat. Denn davon hängt nunmehr alles ab: Sobald die Banknoten nicht mehr bloß den wirklichen Schatz der Bank im Verhältnis 1:1 repräsentieren, sondern ihren eigentlichen Dienst als Kreditmittel tun und ein Geld als existent und verfügbar vorstellig machen, das die damit kreditierte Geschäftswelt erst verdienen muss und zur Schuldenbedienung abzuliefern hat, muss der Gang der Bankgeschäfte dann auch dafür sorgen, dass an der Geldqualität ihres Kreditmittels keine Zweifel aufkommen. Willige und gutgläubige Einleger sind vonnöten, die mit der Hinterlegung ihres Verdienten den Banknoten-Überbau unterfüttern; vor allem aber erfolgreiche Schuldner, die aus ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihrer Hausbank, auf deren Rechnung sie wirtschaften und mit deren Banknoten sie zahlen, tatsächlich kapitalistischen Reichtum machen. Nicht bloß für den Bankgewinn kommt es darauf an, sondern für die Haltbarkeit des fiktiven Kapitals, das die Bank vorgeschossen hat, und damit für die Stichhaltigkeit ihres Kreditgelds: der geldgleichen Verfügungs- und Kommandomacht, die ihre Banknoten so vorstellig machen, als wären sie schon der wirkliche abstrakte Reichtum, der damit erst geschaffen werden soll. Der Ersatz von Geld durch private Banknoten bleibt somit immer vorläufig. Der Geldwert, den die Noten repräsentieren, ist relativ, nämlich kritischen Vergleichen zwischen den Emittenten unterworfen; was, als es das alles noch gab, dazu geführt hat, dass diese Wertzeichen einen regelrechten Kurs bekamen und mit Auf- oder Abschlägen – einem Agio oder Disagio – weitergegeben wurden. Und insgesamt bleibt das Bankkreditgeld prekär: Sein Wert insgesamt gerät in Gefahr, wenn sein Urheber, warum auch immer, in Zahlungsnot gerät. Ein Bankrott enteignet nicht bloß die Anleger, die dem Institut ihr Geld anvertraut haben, sondern entwertet einen Haufen zirkulierender Zahlungsmittel. Natürlich haben die Banken sich gegen einen solchen GAU abgesichert, indem sie untereinander Kreditverhältnisse eingehen und sich wechselseitig im Bedarfsfall mit „Liquidität“ aushelfen. Die Sicherheit hat allerdings ihre Kehrseite: Wenn infolge umfangreicherer Pleiten, fällig gestellter Schulden und aufgelöster Bankguthaben die Geldforderungen für die miteinander verbundenen Kreditinstitute doch zu groß werden, dann ist ein ganzes Kreditsystem angegriffen, die gesamte Zahlungsfähigkeit der Geschäftswelt, soweit sie in Form von Banknoten existiert, annulliert und der Geschäftsverkehr auf die paar mobilisierbaren Bargeldbestände zurückgeworfen, von deren Schranken das Bankgewerbe sich und seine Kundschaft doch so gründlich befreit hat.

b)

Hier setzt die Leistung der staatlichen Zentralbank ein. Mit ihrer Einrichtung wird den Geschäftsbanken das Recht auf die Emission eigener zirkulationsfähiger Zahlungsmittel – von Banknoten eben – entzogen, insofern also eine Einschränkung ihrer Fähigkeit verfügt, unter Berufung auf ihr Passivgeschäft und die guten Aussichten ihrer Aktivgeschäfte jede Menge Kredit zu gewähren und Zahlungsfähigkeit zu stiften, für die sie gar nicht zuverlässig einstehen können; so sollte dem überhand nehmenden Durcheinander zirkulierender Zahlungsversprechen unterschiedlicher Bonität und von entsprechend unterschiedlichem Wert ein Ende gemacht und der Gefahr eines Zusammenbruchs des gesellschaftlichen Zahlungsverkehrs vorgebeugt werden. Dafür werden die Banken auf der anderen Seite umso gründlicher von den Schranken des gesellschaftlichen Geldschatzes – des abstrakten Reichtums in seiner definitiven gegenständlichen Gestalt – freigesetzt, den sie bei sich zentralisieren und als Grundlage ihrer Kreditschöpfung benutzen. Als ökonomische Garantie für die private Kommandomacht über Arbeit und Reichtum, mit der sie ihre Schuldner ja immerhin ausstatten, fungiert nunmehr die Staatsgewalt – im Fall des Euro gleich eine ganze Staatengemeinschaft vermittels der EZB – in ihrer „Eigenschaft“ als Kreditgeber und Geldquelle der Geschäftsbanken. Diese verfügen zur Refinanzierung ihrer Ausleihungen, als Fundus für die definitive Einlösung von Forderungen gegen sich und letzte Sicherheit für die Geldqualität der Kreditsummen, mit denen sie das allgemeine Geschäftsleben anstacheln und ausnutzen, über ein Konto bei der staatlichen Zentralbank, das ihnen nach bestimmten Regeln Zugriff auf deren Banknoten eröffnet; dafür, nämlich zur praktischen Beglaubigung der Seriosität ihrer Schuldenwirtschaft, müssen sie umgekehrt einen festgelegten Anteil des Vermögens, das sie auf die Schöpfung fiktiven Kapitals verwenden, hinterlegen. In dem Zentralbankgeld, auf das sie zugreifen dürfen und auf das sie sich beziehen müssen, besteht der gesellschaftliche Geldvorrat, den sie als „Liquiditätsreserve“ vorhalten müssen und als Sicherheit brauchen, wenn sie mit ihrer Kreditvergabe die gesellschaftliche Zahlungsfähigkeit steigern.
Mit dieser Bindung an die Zentralbank sind die Geschäftsbanken von den Grenzen und den Unkosten eines als Reserve notwendigen gesellschaftlichen Vorrats an käuflich zu erwerbender edelmetallischer Geldware befreit, und damit ist ihre Macht zur Kreditschöpfung entscheidend ent-schränkt. Denn dieses Geldvorratslager ist erstens billig und zweitens unerschöpflich: Mit ihrer Geldschöpfung bezieht sich die staatliche Notenbank nicht auf eine von ihren Machwerken unterschiedene Geldware, und ebenso wenig ist sie für die Geltung ihrer Noten auf realisierten Tauschwert angewiesen, weder auf verdientes, beiseite gelegtes und bankmäßig verwahrtes Geld noch auf Rückflüsse aus den Geschäften, die sie mit ihren Banknoten refinanziert. Zwar richtet eine moderne Notenbank ihren Verkehr mit den Geschäftsbanken ganz nach den Regeln des normalen Bankgeschäfts ein: Sie notiert ihre Notenausgabe als „Passivgeschäft“, soweit dann jemand ihre Banknoten hat, als hätte der Betreffende damit eine offene Geldforderung gegen sie in der Hand, und als „Aktivgeschäft“, insofern sie mit ihren Druckerzeugnissen Forderungen gegen Kreditinstitute erwirbt, und führt darüber eine Bilanz.5) Für das Zentralbankgeld, das die Banken für Refinanzierungszwecke abrufen können, müssen sie kommerzielle Wertpapiere bestimmter Güte übereignen oder hinterlegen und Zinsforderungen abtreten oder selber Zinsen zahlen – die „Bank der Banken“ ist nicht dazu da, den Geldkapitalisten ihr Kreditrisiko abzukaufen, sondern soll gelingende Kreditgeschäfte refinanzieren und daran ganz regulär mit verdienen.6) Die Banknoten jedoch, mit denen sie Wertpapiere kauft, diskontiert, beleiht oder die sie sonstwie der Geschäftswelt zugänglich macht, sind weder einlösbare Geldzeichen noch – wie privates Kreditgeld – in zirkulationsfähige Form gebrachte Schulden, die durch gelingende Geschäfte erst noch in gutes Geld zu verwandeln wären, sondern die verbindliche Endstation jeder Nachfrage nach gültiger Vergegenständlichung des abstrakten Reichtums der Gesellschaft. Der Geldschatz, den die Noten der staatlichen Zentralbank repräsentieren, besteht in gar nichts anderem als ihrem öffentlichen Auftrag: in ihrer Autorisierung durch die Staatsgewalt, Banknoten auszugeben.7) Dass die dann alle Geldfunktionen versehen, einschließlich der allerwichtigsten, die definitive Gestalt des gesellschaftlichen Reichtums, nämlich Privateigentum in ökonomisch universell anwendbarer Form zu sein, ist daher auch keine bedingte und erfolgsabhängige Leistung – bedingt durch den verdienten Geldreichtum, den die Bank verwaltet, und abhängig vom durch gute Aktivgeschäfte begründeten Vertrauen in die Solvenz des Instituts –; vielmehr ist die Differenz zwischen Banknote und Geld per Gesetz überhaupt getilgt. Die Einheiten, die der Banknote aufgedruckt sind, sind das gültige Maß des gesellschaftlichen Reichtums, Maßstab aller Einkommen und Preise, so wie früher die aus Gewichtseinheiten eines Edelmetalls abgeleiteten Münzwerte. Und die Banknoten bezeichnen nicht bloß, sie sind das definitive Geld der Gesellschaft, mit dem Zahlungspflichten abschließend zu erfüllen sind.8) Indem sie ihn monopolisiert, vollendet die staatliche Notenbank den Kunstgriff des Kreditgewerbes, statt Geld Schuldpapiere als Zahlungsmittel zirkulieren zu lassen, und stellt ihn zugleich auf den Kopf: Sie stiftet selber das Geld, um dessen Vermehrung es im – mehr denn je mit Krediten und privatem Kreditgeld beschleunigten und ausgeweiteten – Umschlag des Kapitals der Gesellschaft geht.

c)

Diese Leistung: die Schaffung einer verbindlichen papierenen Geldware durch eine gesetzlich dazu ermächtigte Notenbank, kommt – auf der einen Seite – einem offiziellen Eingeständnis nahe, was es mit dem Inbegriff marktwirtschaftlichen Reichtums auf sich hat. Der Staat macht da gewissermaßen ernst mit der – von Marx vergeblich kritisierten – Tatsache, dass das Geld bloß allgemeines Äquivalent und als solches gar kein Teil des wirklichen Wohlstands der Gesellschaft, kein materieller Beitrag zu deren Lebens-, Genuss-, Produktions- oder sonstigen Mitteln ist: Es vergegenständlicht nichts weiter als private Gewalt über die Verwendung gesellschaftlicher Arbeit u...

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort
  2. Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons
  3. Was jedermann geläufige Erfahrungen durchaus lehren könnten: Einige ökonomische Wahrheiten, Ware und Geld betreffend
  4. Geld – das ‚reale Gemeinwesen‘
  5. Deutsch-deutsche Währungsunion – die erstmalige korrekte „Anwendung des Wertgesetzes“ auf dem Boden der DDR: Geld im Systemvergleich
  6. Das Geld des Staates