Zwangsstörung
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Zwangsstörung

Grundlagen - Formen - Interventionen

  1. 280 Seiten
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Zwangsstörung

Grundlagen - Formen - Interventionen

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

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The disorders that are categorized under the term?obsessive-compulsive= are mistakenly regarded as being rare forms of mental illness. In fact, more than 3% of the population suffer from obsessive-compulsive disorders. In addition to the severe sense of shame that those affected experience, which causes acute psychological stress, the disorder is often not recognized, or recognized incorrectly. In addition, there is a persistent misconception among experts that obsessive-compulsive disorders are difficult to treat. This practice-oriented standard work deals with the broad spectrum of this often bizarre condition, which is difficult to understand for outsiders, in accordance with the latest state of knowledge about it. Numerous renowned experts provide well-founded explanations of the background, special features, and methods of treating obsessive-compulsive disorder.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783170387348

Teil IV Behandlung

15 Evidenzbasierte Behandlung der Zwangsstörung

Charles Benoy

15.1 Einleitung

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) zählt die Zwangsstörung zu den Zehn am meisten beeinträchtigenden psychischen Krankheiten (WHO 1999). Die Belastungen und Beeinträchtigungen, die mit einer Zwangsstörung einhergehen, werden oftmals – auch von Fachpersonen – unterschätzt. Dabei sind Zwangsstörungen nicht seltene, schwere und in den überwiegenden Fällen chronifizierende psychische Krankheiten. Die Scham von Betroffenen ist meist sehr ausgeprägt, was einerseits dazu führt, dass eine Behandlung erst sehr spät aufgesucht wird, und andererseits, dass Betroffene die Symptomatik nicht in ganzer Ausprägung erläutern und zum Teil selber bagatellisieren. In vielen Fällen trägt auch dies dazu bei, dass die Zwangsstörung in der Behandlungspraxis nicht adäquat und nach dem aktuellen Wissenstand behandelt wird. Zudem gelten Zwänge auch unter psychotherapeutischen und psychiatrischen Fachpersonen oft als seltene und schwer zu behandelnde Krankheit, so dass Betroffene in vielen Fällen keine leitlinienkonforme und evidenzbasierte Behandlung erhalten und die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. Zwangsstörungen lassen sich nämlich, entgegen verbreiteter Annahmen, nach aktuellem Wissensstand erfolgreich behandeln und es gibt klare Leitlinien, die evidenzbasierte Therapiemethoden vorgeben. Für den deutschsprachigen Raum ist hier die S3- Leitlinie Zwangsstörungen, die im Auftrag der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und in Zusammenarbeit weiterer relevanter Fachgruppen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum (u. a. störungs- und fachspezifische Bereiche) erstellt wurde, relevant (DGPPN 2013). Diese deutschsprachige Leitlinie baut auf die britische Leitlinie für Zwangsstörungen auf (NICE 2005) und wurde durch weitere systematische Literaturaufarbeitungen ergänzt. Sie wurde nach den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) erstellt und im Jahr 2013 veröffentlicht. Die für 2018 geplante Überprüfung der Leitlinie ist aktuell noch nicht veröffentlicht und befindet sich aktuell wohl im Arbeitsprozess. Für den deutschsprachigen Raum zu erwähnen sind an dieser Stelle ebenfalls die schweizerischen Behandlungsempfehlungen für Zwangsstörungen (Keck et al. 2013). Diese sind in Zusammenarbeit aller relevanten großen schweizerischen Fachgesellschaften entstanden, und basieren ebenfalls auf den erwähnten NICE-Guidelines, sowie auf den Leitlinien der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) aufbauen. Die schweizerischen Behandlungsempfehlungen sind inhaltlich im Kern mit der S3-Leitlinie vergleichbar, weshalb im vorliegenden Kapitel vor allem die etwas ausführlicheren S3-Leitlinien beschrieben werden. Diese gelten für den gesamten deutschsprachigen Raum, und decken sich mit dem internationalen Konsens. Im vorliegenden Beitrag werden Letztere zudem durch aktuellere Studienbeiträge ergänzt.

15.2 Behandlungsbausteine und -setting

Bevor auf die eigentlichen therapeutischen Behandlungsmethoden und -verfahren eingegangen wird, werden an dieser Stelle vorerst übergreifende Aspekte besprochen, die sich als relevant erwiesen haben. Diese sollten unabhängig der spezifischen Therapiemethode von Behandlern beachtet werden.
Die Patientenaufklärung und störungsspezifische Wissensvermittlung ist ein sehr wichtiger Baustein in der Behandlung von Zwangsstörungen, gerade weil Betroffene hier oftmals ausgeprägte Schamgefühle und eine große Furcht vor Stigmatisierung haben. Auch wenn die erste Aufklärung oftmals vor der eigentlichen Behandlung beginnt und zum Beispiel durch Betroffenenverbände (Deutsche Gesellschaft Zwangsstörungen e. V. [DGZ] und Schweizerische Gesellschaft für Zwangsstörungen [SGZ] sind hier als Beispiele genannt), Selbsthilfezentren, Angehörigenanlaufstellen, Hausärzte und Hausärztinnen oder andere Fachpersonen erfolgt, spielt sie auch in der ersten Phase jeder eigentlichen Behandlung eine wichtige Rolle und hat eine wichtige Funktion. So sollen Betroffene »Experten ihrer Krankheit« werden, die Compliance verbessert werden und eine gute therapeutische Beziehung auf Augenhöhe aufgebaut werden. Die S3-Leitlinie unterstreicht ebenfalls die Bedeutung der störungsspezifischen Psychoedukation und empfiehlt in psychoedukative Interventionen folgende Aspekte einzubeziehen (DGPPN 2013, S. 90):
• Aufklärung über das Störungsbild der Zwangsstörung (einschließlich Früherkennung)
• Wissensvermittlung hinsichtlich Ursachen, Bedingungen und Komorbiditäten sowie deren Einordnung in ein multifaktorielles Bedingungsgefüge
• Aufklärung über alle möglichen Behandlungsoptionen
• Aufklärung über Langzeitprognose (und wenn nötig Erarbeitung eines selbstständigen langfristigen Umgangs mit Restsymptomen und psychosozialen Behinderungen)
An dieser Stelle soll nochmal darauf hingewiesen werden, dass eine sorgfältige Diagnosestellung mittels fundierter Diagnostik als Baustein einer evidenzbasierten Behandlung unabdingbar ist. Spezifische Angaben hierzu sind dem
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Kap. 7 zu entnehmen. Die Diagnostik erfolgt meist parallel zu psychoedukativen Aspekten, oder ist diesen in unklaren Fällen vorgeschaltet. Die Ergebnisse diagnostischer Untersuchungen sind den Betroffenen in jedem Fall offen und in verständlicher Sprache zu vermitteln.
Im Sinne einer transparenten Behandlung auf Augenhöhe mit den Betroffenen ist das gemeinsame Festlegen und Überprüfen von Behandlungszielen von großer Bedeutung. Nebst Symptomreduktionen sollten hier auch eine Verbesserung der subjektiven Lebensqualität sowie weitere Aspekte (soziale, interpersonelle Aspekte, globales Funktionsniveau, Handlungsfähigkeit) in die Ausarbeitung von Behandlungszielen einfließen. In der Leitlinie wird explizit das Shared Decision Making genannt und als klinischer Konsens darauf hingewiesen, dass Betroffene möglichst aktiv in alle diagnostischen und therapeutischen Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollten (DGPPN 2013). Aus der klinischen Praxis kann dieser Konsenspunkt nur unterstrichen werden. Möglicherweise ist dieser Aspekt in der Behandlung von Zwangsstörungen noch von größerer Bedeutung als bei anderen psychischen Krankheiten, da ein erhöhtes Kontrollbedürfnis meist Bestandteil von Zwangserkrankungen ist.
Zwangsstörungen sind in den meisten Fällen auch für das direkte Umfeld der Betroffenen einschränkend und belastend. Oft sind Angehörige in Zwangssysteme involviert. Sofern die Betroffenen zustimmen, sollten Angehörige daher möglichst in den therapeutischen Prozess integriert werden. Hier sind vor allem psychoedukative Aspekte von großer Bedeutung. Auch in den S3-Leitlinien besteht ein klinischer Konsens darüber, dass Angehörige in die Therapie einbezogen werden sollen (DGPPN 2013). Ausführliche Informationen über den Einbezug von Angehörigen sind dem
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Kap. 22 zu entnehmen.
Wie bereits beschrieben, vergeht u. a. aufgrund der ausgeprägten Scham von Betroffenen oftmals viel Zeit, bis eine adäquate Behandlung aufgesucht wird. Daher ist das Format der Selbsthilfe bei Zwangsstörungen von zunehmender Bedeutung. Diese ist entweder also Bibliotherapie in Form von klassischen Büchern, oder internet- oder computerbasiert verfügbar und vermittelt zusätzlich zu wichtigen psychoedukativen Aspekten ebenfalls therapeutische Anleitungen zu störungsspezifischen Verhaltensveränderungen. Eine systematische und metaanalytische Literaturaufbereitung konnte zeigen, dass auch positive Effekte mittels Selbsthilfe-Angeboten bei Zwangsstörungen erzielt werden können, diese scheinen jedoch vor allem in Zusammenhang mit (reduzierten) therapeutischen Kontakten erwünschte stärkere Effekte zu erzielen (Pearcy et al. 2016). Aus der klinischen Praxis kann diesem Forschungsergebnis zugestimmt werden und eine zusätzliche Abgabe von störungsspezifischen Selbsthilfebüchern ergänzte die Behandlung meist sehr positiv. So können Betroffene psychoedukative Aspekte und Therapierationale nochmals nachlesen und bringen sich oftmals durch die persönliche Lektüre zwischen den Therapiesitzungen noch aktiver in die Behandlung ein.
Schon seit einigen Jahren befasst sich die psychotherapeutische Forschung mit Möglichkeiten von internetbasierten Therapieangeboten. Diesbezügliche Untersuchungen konnten nun nachweisen, dass die leitlinienkonforme Behandlung ebenfalls über das Internet durchgeführt werden können. Hier konnten hohe und anhaltende Effekte von kognitiver Verhaltenstherapie (KVT, inkl. Expositionsübungen mit Reaktionsverhinderung) mit ausschließlichem internetbasiertem Kontakt zwischen Behandelnden und Behandelten nachgewiesen werden (Herbst et al. 2014). Ein kürzlich publiziertes Review bestätigt dieses Forschungsergebnis und kommt zum Schluss, dass online durchgeführte KVT-Behandlungen von spezifisch ausgebildeten Therapeuten zu klinisch bedeutsamen Abnahmen von Zwangssymptomen führen und somit als evidenzbasiert angesehen werden können (Hirschtritt et al. 2017). Dies ist vor allem für die Behandlung von Zwangsstörungen von großer Relevanz, da das Verlassen der eigenen Wohnung und das Aufsuchen einer Behandlungspraxis für einen bedeutsamen Anteil der Betroffenen von Zwangsstörungen zu Beginn der Therapie nicht möglich ist. Wenngleich damals deutlich weniger Studien vorlagen, wies die S3-Leitlinie bereits im Jahr 2013 darauf hin, dass medienbasierte KVT wirksam sein kann, und bei begrenztem Behandlungsangebot, zur Überbrückung von Wartezeiten oder als Nachbetreuung verfügbar gemacht werden sollte (DGPPN 2013). Der Einsatz neuer Technologien in der Behandlung von Zwangsstörungen sind ausführlich in
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Kap. 21 beschrieben.
Ein stationäres Therapiesetting hat laut S3-Leitlinie zu erfolgen, wenn entweder Gefährdungsaspekte bestehen, bei schwerer Vernachlässigung oder Verwahrlosung, wenn eine leitlinienkonforme ambulante Behandlung nicht möglich bzw. verfügbar ist oder versagt, wenn die Zwangssymptomatik einen einigermaßen normalen Alltag (inkl. Wahrnehmung der ambulanten Behandlung) nicht mehr ermöglicht, und wenn der Leidensdruck und die psychosoziale Funktionsfähigkeit stark eingeschränkt sind (DGPPN 2013). Auch bei ausgeprägten Verhaltensexzessen oder Handlungsdefiziten, oder zur Entlastung des sozialen Umfelds kann eine stationäre Behandlung in Erwägung gezogen werden (Benoy und Schumann 2015). Intensive stationäre Behandlungen von schweren Zwangsstörungen haben sich in Untersuchungen als wirksam erwiesen, wenngleich ihr langfristiger Effekt noch nicht hinreichend untersucht worden ist (Veale et al. 2016; Benoy et al. 2019).
Neuere Behandlungsansätze aus Norwegen mittels intensiven Kurztherapien über vier bis acht Tage zeigen positive Effekte mit hohen Responderraten und könnten in Zukunft die bestehenden Behandlungsangebote auch in anderen Versorgungssystemen ergänzen (Kvale et al. 2018). Sollte in Zukunft die Zeit zwischen Behandlungsbeginn und Erstmanifestation der Zwangsstörung reduziert werden können, und somit dem Anteil an Chronifizierten oder ausgeprägten Krankheitsbildern reduziert werden können, könnten solche kurze und intensive Behandlungen eine wertvolle Ergänzung der aktuellen Behandlungsangebote darstellen.
Für die Durchführung einer evidenzbasierten Behandlung sollten folgende übergeordnete Aspekte berücksichtigt und angewandt werden:
• fundierte Diagnostik
• ausführliche Psychoedukation (Störungsmodell inkl. Ursachen, Bedingungen, Komorbiditäten, Behandlungsoptionen)
• aktiver Einbezug von Angehörigen
• gemeinsame Festlegung und Überprüfung von Behandlungszielen
• zusätzliche medienbasierte oder selbsthilfebezogene Angebote können ergänzend zugezogen werden
• bei Gefährdungsaspekten, Vernachlässigung oder Verwahrlosung, sehr ausgeprägter Belastung oder Beeinträchtigung des globalen Funktionsniveaus, oder Aspekten, die eine ambulante Behandlung nicht ermöglichen (oder bei Versagen Letzterer), ist eine stationäre Behandlung zu erwägen

15.3 Psychotherapeutische Behandlung

Bis he...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
  5. Geleitwort
  6. Vorwort
  7. Teil I Grundlagen
  8. Teil II Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Komorbidität
  9. Teil III Spezifische Perspektiven
  10. Teil IV Behandlung
  11. Sachwortregister