Hotelgeschichten aus Tunesien
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Hotelgeschichten aus Tunesien

Erzählungen

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Hotelgeschichten aus Tunesien

Erzählungen

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Über dieses Buch

In diesen Erzählungen lässt uns der Autor an Momenten der Freude und des Glücks ebenso teilhaben wie an Augenblicken der Enttäuschung, Verstörtheit und des Abschiednehmens. Mit halluzinatorischer Schärfe blickt er in die menschlichen Abgründe, die der soziale Mikrokosmos Hotel bereithält und entführt uns in die Welt der Freundschaft, des Betrugs, der Süchte und Begierden. Christian Thomas Wolff hält uns den Spiegel vor, unsere Phantasie wird in Gang gesetzt und wir werden zum Nachdenken eingeladen.Ganz nebenbei erhält der Leser tiefe Einblicke in die tunesische Mentalität und Kultur.

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Information

Verlag
tredition
Jahr
2022
ISBN
9783347455054
Annette, Thorsten und Christiane oder lehrreiche Unterhaltungen in entspannter Atmosphäre
Luxemburg ist ein schönes Land und ihre Bewohner zeichnen sich mitunter aus durch eine ungezwungene Lockerheit, eine natürliche Herzlichkeit und ihren liebenswerten Humor. Wer diese Eigenschaften zu schätzen weiß, konnte auf angenehme und heitere Unterhaltungen mit ihnen hoffen.
„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“ Annette schaute kurz auf und erblickte einen sympathisch wirkenden Mann mittleren Alters. Sie erwiderte in freundlichem Ton: „Ja, sicher, meine Freundin kommt noch.“ „Danke.“ Nachdem der Mann sich zu ihr an den Tisch gesetzt hatte, wandte er sich an sie: „Ich habe gehört, dass Sie Deutsch sprechen.“ „Ja, wir reden Deutsch, ja. Jetzt kommt noch meine Freundin, das ist kein Problem, das können Sie ruhig machen“, entgegnete sie, während sie ihre Tasche, welche auf dem Stuhl neben ihr lag, beiseite legte, um Platz zu schaffen. „Sind Sie alleine hier?“ „Ja.“ „Das erste Mal?“ „Also hier in der Anlage – das erste Mal.“ „Ja?“ „Hm.“ Der Mann freute sich über das Interesse, welches ihr die Frau entgegenbrachte und begann mit dem Gespräch fortzufahren: „Ja also, es ist schon schön hier, finde ich.“ „Ich bin auch angenehm überrascht. Es ist sehr gut hier.“ „Ja, finde ich auch; also für vier Sterne - gepflegt alles hier“, meinte er. Sie weilte bereits einige Tage im Hotel und konnte mit einer Beobachtung besonderer Art aufwarten: „Sogar die Matratzen, wenn jemand weggeht – die Matratzen werden raus geholt; das habe ich noch nirgends gesehen -wenn Sie jetzt das Zimmer wechseln.“ Die Urlauberin machte eine kurze Pause. Er horchte auf: „Ja?“ „Da stehen die Matratzen vor der Tür“, bekräftigte sie. „Neein!“
Ihre Neugier war geweckt: „Sind Sie erst angekommen?“ „Nee, ich bin vorgestern Abend, Sonntagabend angekommen.“ „Wir sind Donnerstag, den ganzen Donnerstag..und ja, wie gesagt, es waren noch Leute da – die sind in Hammamet ausgestiegen und ich war ganz durcheinander, bin hinterher gelaufen, sagte zu meiner Freundin: `Wo läufst du denn hin..das ist doch nicht unser Hotel´ - ich bin sehr froh, dass wir hier sind. Hammamet ist zu groß, zu viel Trubel.“ „Zu viel Trubel, ja“, wiederholte der Mann mit einem Lächeln. „Ja, ja, das suchen wir auch, zu Hause – das ist viel Stress. Bei euch sicher auch. Von wo sind Sie aus Deutschland?“ „Bei Karlsruhe, Frankfurt.“ „Frankfurt, oh ja, ja.“ „Und Sie?“ „Luxemburg.“ „Direkt aus Luxemburg-Stadt?“ „Nee, an der französischen Grenze – Esch, wir sind unten.“
Der Kellner brachte einen Thé a la menthe. Sie bedankte sich freundlich und erklärte: „Aber wir lernen auch in der Schule, mit sechs Jahren fängt das an, müssen wir Französisch und Deutsch sprechen.“ „Beides?“ „Ja, beides - is schon gut, wenn man Sprachen kann.“ Beide schauten sich an und fingen an zu lachen. Es war bei ihr, bei einer leicht kratzigen Stimme, ein fettes Lachen. Ihr Gesprächspartner bediente sich eines heiteren, leicht ausladenden Lachens.
Sie richtete ihren Blick suchend zur Poolbar und rief: „Christiane, Christiane!“ und wechselte ins Letzeburgische. Ihre Freundin kam in Begleitung des Kellners, der eine Shisha bei sich trug. „Hallo, ich bin die Christiane.“ „Ich bin der Thorsten.“ „Und ich bin die Annette.“ „Kann ma jetzt ziehen?“, fragte Christiane, die etwas unbeholfen wirkte, in die Runde und an Thorsten gewandt: „Kennen Sie dat auch net?“ „Doch, immer mal kräftig ziehen“, kam die prompte und trockene Antwort des Mannes. Christiane zog mehrmals kräftig an der Shisha. „Ja, geht doch!“, freute sich Thorsten.
Ihm ging die Sprachgewandtheit seiner Urlaubsbekanntschaften nicht aus dem Kopf. Für ihn eine gute Gelegenheit, sein Französisch ein wenig aufzufrischen. Er fragte daher spontan: „Sagt man auf Französisch `Il marche´?“ „Ça marche!“, verbesserte ihn Annette behutsam. Christiane wurde von ihrer Freundin kurz über die Landsmannschaft Thorstens aufgeklärt. Ihm war es ein wenig peinlich, dass sie sich die ganze Zeit mit ihm auf Deutsch unterhielten. Dies konnte er nicht erwarten. Er sah sich daher zu einem Kompliment genötigt: „Sie kommen aus Luxemburg und sprechen so gut Deutsch.“ Er selbst spreche kein Lëtzebuergesch. „Ah, sie schwätze Lëtzebuergesch?!“, rief Annette freudig aus. „Äh, nein, nein - tut mir leid“, meinte Thorsten lachend, wobei ein Unterton der Entschuldigung nicht zu überhören war. Heiterkeit nun auch bei den beiden Frauen. „Das ist auch eine schwierige Sprache“, merkte Annette an, „schwierig“. „Aber schön anzuhören; es hört sich schön an“, musste Thorsten jetzt freimutig gestehen. „Ja?“ „Ich war einmal in Berlin, in einem Hotel, in einem Hotel am Flughafen und da war in meinem Schlafraum – es war ein Mehrbettzimmer - eine Gruppe junger Luxemburger…und die haben sich so unterhalten - es war so schön. Aber ich hab nicht..ein bisschen habe ich verstanden. Das ist so ein Mischmasch aus Eifeldialekt, Rheinländisch, Saarländisch?“ „Ja, die Saarländer verstehen uns ja…dat is so ´n Platt“, versuchte sich jetzt Christiane in die Unterhaltung einzuklinken. Annette ergänzte: „Ja, wir haben ja sogar arabische Wörter, zum Beispiel `schwehjah´, das heißt `schwierig´ auf Arabisch, `ardu´“, Annette musste lachen, „jetzt spreche ich schon Französisch. `Schwehjah!´ heißt auch langsam.“ Thorsten dachte nach und erklärte dann: „Im Deutschen gibt`s das Wort `Lass!´ ..Arabisch `Chlass ´.`Komm!´, `Hör auf!´ `Lass!´“ „Chlass“, sprachen jetzt Annette und Christiane interessiert nach.
Im Hintergrund war die aus überdimensionalen Boxen dringende Musik des steinernen Amphitheaters zu hören. Es war die Zeit der Kindershow, welche allabendlich lautstark mit Gesang und Tanz gestaltet wurde. Die Unterhaltung erforderte daher von allen Beteiligten einige Kraftanstrengungen, was insbesondere ihre Stimmen und das Zuhören anbetraf.
„Von wo bist du in Deutschland , wenn ich fragen darf?“, hakte jetzt Christiane nach. „Zwischen Frankfurt und Karlsruhe.“ „Ah, da war ich auch schon..in Mannheim bin ich auch mit der Straßenbahn und dann bin ich auch mal nach Frankfurt, mit dem Zug..so ne` Stunde.“ „Die sprechen auch einen schönen Dialekt in Mannheim“, entgegnete Thorsten, „Mannheimer Dialekt.“ „Ja, das stimmt auch, ja `Männemerisch´, `Männemerisch´!“, meinte Christiane leicht belehrend, aber mit lachendem Unterton. In den Momenten, in denen die beiden Frauen miteinander sprachen, rutschten sie immer wieder ins Luxemburgische ab - ein Umstand, der für Thorsten völlig in Ordnung war. Er mochte ihre Sprache. Vieles von dem, was sie sagten, verstand er gut.
Unterdessen war Christiane mit dem Shisha rauchen beschäftigt, wobei ihr der Gebrauch der Shisha zunächst einige Probleme bereitete. An ihre Freundin gewandt, beklagte sie sich über die geringe Rauchentwicklung. Die Antwort ihrer Freundin, welche für sie auch in dieser Situation als eine gute Ratgeberin zur Seite stand, folgte umgehend: „Doch, du musst ziehen, Kind!“ Und wieder brach ein heiteres Lachen in der Runde aus. Es folgten kräftige und tiefe Lungenzüge Christianes, welche von herzhaften Lachern Annettes begleitet wurden. Jetzt war ein verstärktes Blubbern aus dem Glasbehälter der Shisha zu hören. „Hast du so etwas schon geraucht?“, wollte jetzt Annette von Thorsten wissen. „Ja.“ Annette: „Das schmeckt sehr gut.“ „Ja was is dat denn für`n Geschmack?“, wollte Christiane wissen. Wieder einmal war es Annette, die ihre Freundin mit sicherer Stimme aufklären konnte: „Minz.“ Es folgte eine kurze Zeit des Nachdenkens. „Also, man muss natürlich aufpassen - da ist ja das Kohlenmonoxid – manche werden davon bewusstlos - im schlimmsten Falle“, war Thorstens nüchterne Analyse des Shisharauchens. „Ja? Nee!!“ „Aber du sitzt ja noch auf dem Stuhl“, merkte Thorsten süffisant und mit seinem unvergleichlich trockenen Humor an. Alle mussten lachen, wobei Annettes fettes Lachen besonders hervorstach und sie damit alle anderen anzustecken vermochte.
Annette fiel rasch Gefallen an Thorstens bisweilen flapsigen, und doch so humorvollen, Art, - seiner unterschwelligen Ironie. Es war eine heitere Gesellschaft, die sich an jenem Abend gefunden hatte. „Wir wollten das probieren mal, hier“, murmelte Annette an Thorsten gerichtet. Es war besonders Christiane, die am Shisha rauchen rasch Gefallen fand und neugierig fragte: „Und wie lange dauert dat denn ungefähr?“ „Ach, also..halb Stündsche?“, erklärte Annette. „Viertel, halbe Stunde..ja, ich denk, bis die Kohle verglüht ist“, ergänzte Thorsten, „ach ja, vielleicht bringt er noch mal ne Kohle.“ „Ohh – da muss ma zahle, hier gibt`s nichts umsonst“, gab Christiane lachend zu bedenken. Wieder setzte jene Heiterkeit ein, welche die Unterhaltung der drei von Anbeginn begleitete. Es war ein, von gegenseitiger Sympathie getragenes, Einvernehmen - ein unsichtbares Band der Zusammengehörigkeit, welches immer deutlicher zu spüren war und welches ihr Beisammensein zu einer angenehmen Angelegenheit erwachsen ließ.
Das Gespräch kreiste um das Shisha rauchen. Plötzlich brach ein wohliges „Ahh, ohh-ohh, komm, gut – so geht et“ aus Christiane hervor. Sie war überwältigt vom wohligen Genuss des hellen Rauchs und befand sich jetzt ganz in ihrem Element. „Ja, sie haben Apfel, Trauben und Minz“, merkte Annette an, „und ich hab g`sagt `Erdbeer´ - haben sie gesagt, `nee, die haben wir nicht´.“ „Wir sagen `du´, gell, du hast ja noch nichts zu trinken, oder?“, trieb Annette das Gespräch weiter voran. Thorsten: „Oh..ich rauche erst mal eine“. Ein langsam einsetzendes und dafür umso heftig ausgefallenes Gelächter war die Folge. „Wir sind du, ja, - Annette und Christiane?!“, stammelte Thorsten jetzt vor sich hin. Er hatte sich ihre Vornamen gleich zu Beginn ihrer Unterhaltung gemerkt. Auch seine korrekte, französische Aussprache ihrer Vornamen war Annette aufgefallen. „Ja, wir sagen `Christiane´“, meinte Annette, wobei sie, ganz der französischen Sprache folgend, die Betonung auf die dritte Silbe legte und die Endung `e´ nicht aussprach. „Ja, ein Deutscher würde sagen `Christiane´. In Deutschland, als ich noch in Deutschland gewohnt hatte, sagens `Christiane´ - die betonen dat anders“, hielt Christiane fest, wobei sie ihren Vornamen mit der typisch deutschen Betonung auf dem `e´ aussprach. „Ja.“ Jetzt wurde auch Annettes Name thematisiert. „Aber es gibt auch welche, in Deutschland, Rolbing – das ist bei Zweibrücken..die hat’s sofort `Annett´, hats g`sagt“, wobei Annette die französische Ausspräche wählte, „weil die anderen sagen `Annette ´ - sagen die Deutschen und die hat sofort `Annett´ g`-sagt…und die Frau…– da war ich sehr überrascht.“
An Christiane gewandt erkundigte sich Annette: „Dat schmaacht gutt?“ Rasch wurde ihnen bewusst, dass sie eine Shisha auch bei sich in Luxemburg erwerben können. „Ja, im Hanfshop“, erinnerte sich Christiane. Annette führte souverän durch die Unterhaltung: „Wie gefällt es dir hier?“ Thorsten: „Gut, sauber…gepflegt.“ „Sehr gepflegt!“, pflichtete ihm Annette bei. „Und die Zimmer sind super, die Betten sind super..oh die Matratze - hab ich so noch nie erlebt“, schwärmte Thorsten. Annette, die ihre Freundin ins Bild setzen wollte: „Nee, und ich hab ihm erzählt, dass hier, wenn das Zimmer geräumt wird, gehen die Matratzen raus - aus den Betten.. also super!“ Annette wurde neugieriger: „Und wie lange bleibst du?“ „Zwei Wochen.“ „Zwei Wochen – oh, das ist gut.“ „Und ihr?“ „Ja, wir bleiben bis nächsten Dienstag.“ „Schön.“ „Freitag fahren wir nach Nabeul zum Markt, zum Souk, weil wir waren hier in Korba; aber das ist traditioneller Markt, das ist nicht so für Touristen irgendwie…“ „Ward ihr heute da?“ „Nein, das war ..ja, Sonntag…Sonntag ist Korba, freitags ist Nabeul“, Annette schwieg einen Augenblick und berichtete von Lachern begleitet, „und wir sind schon Kamel geritten.“ „Dromedar“, verbesserte sie Christiane ebenfalls lachend. „Ja, war gut?“ Eifrig fuhr Christiane fort: „Ja, super..dat war ja auch dat erste Mal, dass ich auch in so nem Land auch bin..sonst immer Italien, Frankreich, Spanien.. aber man ist wirklich positiv überrascht von dem Hotel hier; von der Größe und trotzdem ist man nicht genervt…die Ruhe überall… auch am Strand.“ „Und sauber, sauber!“, pflichteten ihr Annette und Thorsten begeistert und beinahe synchron bei. „Sauber, das Wasser glasklar; da sieht man die Schatten der Fische“, ergänzte Annette begeistert und nach kurzer Pause, „so ein sauberes Wasser habe ich noch nie gesehen. Das Essen ist auch gut; das Essen ist sehr gut.“ „Ja, finde ich auch!“, bestätigte Thorsten. „Sogar die Spagetti sind gut“, merkte Annette trocken an. Lautes, herzhaftes Lachen brauste auf. „ Ja, find ich auch…auch gewürzt, gut gewürzt.“ Annette: „Und man ist auch gut geschützt; man kommt ja nicht so einfach hier rein. Da ist ja das erste Tor und dann kommen ja die Häuser, das sind ja Leute mit Geld, denke ich, das erste Tor und dann das zweite Tor, da kommt nicht jeder rein – das ist super. Und ich finde auch, wenn man jetzt nach Spanien geht, da auf dem Strand, da kommen die dauernd mit den Ketten und so - da wird man genervt. Das gibt es hier gar nicht, weil das privat ist.“ „Ja, stimmt.“
Plötzlich nahm der Lärm, welcher vom Amphitheater kommend den Poolbereich erfüllte, zu. Offenbar wurden die Boxen jetzt erst richtig aufgedreht; es war jetzt „Showtime“ für die Erwachsenen - ein Umstand, der dem fröhlichen Grüppchen nicht verborgen blieb. Beinahe zeitgleich gaben alle ihre ablehnende Haltung kund: „Oh, jetzt geht das wieder los.“ „Ja, viel `bum-bum´!“ Sie verurteilten einhellig diese Art von „Musik“, was Christiane zu einem Vergleich mit ihrer Jugendzeit veranlasste: „Ich weiß nich, du hast ja auch die 70er Jahre erlebt; die Musik, die gibt`s ja heute gar nicht mehr, auch die Gruppen von damals.“ „Du hast dich darin verliebt“, merkte Annette lachend an. „Ja, das war meine Musik“, schwärmte Christiane. „Der Bass!“, stellte Annette nachdenklich fest und dann wieder versöhnlich, „na ja, damit kann man leben…das ist ja Animation, das ist ja meistens für Kinder.“ Jetzt setzte der Bass erst richtig ein. Ein nachdenkliches Schweigen breitete sich aus. Die Unterhaltung wurde nun zunehmend anstrengend. Um sich Gehör zu verschaffen, musste nun deutlich lauter gesprochen werden. Bald kamen sie auf die Party am Strand zu sprechen, welche am Sonntag abgehalten wurde. Nachdem Thorsten berichtete, dass er der Party unbehelligt beiwohnen konnte, setzte ungläubiges Staunen ein. Annette: „Nee?“ „Ich war auch an der Bar; ich wollte mal schauen, was der Champagner kostet.“ „Ja.“ „570 Dinar - das sind so 180 Euro.“ Annette: „Aber uns hat man gesagt, das sei die Tochter vom Chef – das ist ein Amerikaner, der das hier gebaut hat. Das Hotel besteht seit 2011 und uns hat man gesagt, es sei die Tochter und die hat ihre Freunde eingeladen. Ein anderer hat uns gesagt, es sei ein Abschied gewesen und ich weiß nicht, ob die zahlen mussten für den Champagner.“
Thorsten kam bald auf die Wärme in den Zimmern und speziell in den Aufzügen zu sprechen. Christiane erwähnte das Zwitschern der Vögel in den Innenhöfen. Thorsten: „Besonders am Abend, vor Sonnenuntergang.“ „ Und morgens auch“, ergänzte Annette, „ich hab gedacht, wo läuft das Wasser hier im Zimmer, wo läuft das Wasser – dabei waren es die Vögel!“
Nach einer Weile lenkte Annette die Unterhaltung auf ein Thema, das sie ebenfalls bewegte: „Bist du mit TUI gekommen?“ „Nein, mit l`tur.“ „Hast du auch Vollpension, All Inclusive?“ „Nein, Halbpension.“ „Da hast du entweder Mittagessen oder Abendessen?“ „Abendessen, Frühstück und Abendessen - das reicht mir.“ „Ja, wir ham All Inclusive..wat hammer bezahlt, neunhundertund.., ja also rund tausend Euro, mit Flug und allem. Mittags sind wir am Strand.“ „Im Restaurant, was da oben liegt, etwas erhöht, aus Holz gebaut?“ „Ja, das ist das Restaurant für Mittags..das ist super, so schön.“ „Es ist schon ein Vorteil, dass es die Klimaanlage gibt, weil sonst…“ Ihre weiteren Worte gingen im Lärm unter, welches nun aus dem Theater drang, in den Schreien eines Kindes, im Blubbern aus der Shisha und den Stimmen der umliegenden Gäste. Die Unterhaltung war jetzt anstrengender zu führen, als noch zu Beginn.
Annette störte sich nicht weiter am aufkommenden Lärm, nahm die Unterhaltung wieder auf und stellte Thorsten weitere Fragen: „Und du hast auch schon Ausflüge gemacht und so?“ „Ich war heute in Korba.“ „In Korba, ja?“ „Aber ich war enttäuscht, da war nichts.“ „Nee, da ist nichts“, pflichtete ihm Annette bei. „Wir waren am Sonntag dort, da war Markt, aber es war auch heiß, wir waren anderthalb Stunden da und da waren wir froh, als wir wieder hier waren.“
Erneut war ein lang anhaltendes Blubbern aus der Shisha zu hören. Christiane: „Hat dich niemand mal angesprochen im Hotel, denn da war so einer, der alles organisiert. Ich weiß net, wie der heißt.“ Jetzt an Annette gerichtet: “Weiß`e, der alles organisiert, auch mit dem Quad fahren; da ist einer, der ist angestellt im Hotel. Ich dachte, er würde jeden ansprechen.“ „Er hat es versucht, ja…das ist doch der Mann, der sitzt an der Ecke, am Gang. Man kommt an ihm nicht vorbei.“ „Bei dem haben wir Kamele gebucht – das war schön, ich zeig`s dir.“ Annette holte ihr Handy hervor, schaltete es ein und begann die Seiten mit den Fotos aufzurufen. Unterdessen erklärte Thorsten: „Ich mag es nicht so, wenn man einen so anspricht, von der Seite oder von weitem – die Art mag ich nicht. Sie sind bequem oder anders gesagt faul. Sie stehen nicht auf und kommen auf einen zu, sondern von weitem sprechen sie einen an.“ Annette hatte mittlerweile ihre Fotos geöffnet und zeigte sie Thorsten. „Oh, schön.“ „Also, das hat mir sehr gut gefallen, weil es einfach traditionell ist; die Kamele sind auch gut gepflegt.“ „Wie lange ward ihr da?“ „Das ist in den Bergen; wie lange hat die Fahrt gedauert? Fast eine halbe Stunde, Richtung Nabeul und dann rechts hoch in die Berge.“ Annette lachend: „Der hat mich so oft geknipst - das muss ich zu Hause noch mal gucken, da hat er mir einen Turban gemacht. Aber der Mann ist sehr nett und die haben nichts, die haben gar nichts; der Mann hat fünf Kinder. Wie viel Kamele hat er?“ Christiane: „Sieben.“ Annette zeigte und kommentierte weiter ihre sehr zahlreichen Fotos. Es war eine heitere, ausgelassene Atmosphäre und die zahlreichen Umgebungsgeräusche waren rasch vergessen. Annette erklärte die erforderlichen Techniken, welche beim Binden eines Turbans vonnöten waren. Voller Begeisterung verriet sie Thorsten auch die verschiedenen Funktionen, die ein Turban zu erfüllen habe. Thorsten spürte, dass Annette...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrechte
  4. Widmung
  5. Inhalt
  6. Gedanken
  7. Das ungleiche Paar
  8. Herausgerissen aus einer heilen Welt
  9. Der Fahrschullehrer
  10. Annette, Thorsten und Christiane oder lehrreiche Unterhaltungen in entspannter Atmosphäre
  11. Kampfzone
  12. Eine fleischliche Begierde
  13. Bargespräche
  14. Schnee an Silvester
  15. Autorenporträt
  16. Meine Leseempfehlung