1. Gott ist kein Kaugummiautomat
Ansage I
Ganz vereinzelt sieht man sie noch, die Kaugummiautomaten. Meist hängen sie vollkommen unbeachtet an der Wand eines alten Hauses. Ihr Lack blättert ab und sie sind offensichtlich nur noch da, weil sich niemand die Mühe machen will, sie abzuhängen.
Kaum jemand scheint sich für sie zu interessieren.
Früher war das anders: Immer wieder standen Kinder vor den Automaten, Münzen in den verschwitzten Händen. Genüsslich malten sie sich aus, wie wohl die verschiedenfarbigen Kaugummis schmecken würden und für wie viele davon ihr bisschen Geld reichen könnte.
Aufgrund dieser kindlichen Kundschaft ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Automaten sehr einfach zu bedienen waren: Geld rein, ein kurzer Dreh am Griff und schon hielt man die begehrte Süßigkeit in den Händen.
Geht es uns mit Gott nicht manchmal ein bisschen ähnlich wie mit einem Kaugummiautomat? Halten wir ihn nicht manchmal auch für eine Art nette Erinnerung aus unserer Kindheit? Eine Erinnerung, die vielleicht ganz schön sein mag, aber für unser Leben heute keine Bedeutung mehr hat?
Gott als eine Art Wunsch-Erfüllungs-Apparat? Eine leicht zu bedienende Maschine, die heute aber längst überholt ist, die keiner mehr wirklich braucht?
Wie ich darauf komme? Ich erkläre es mal so: Er hängt zwar nicht an einer Wand, aber immerhin am Kreuz – also zumindest sein Sohn. Beachten tut ihn heute doch auch kaum noch jemand. Das Haus, wo man ihn hängen sehen kann, also die Kirche, ist auch meistens ziemlich alt.
Außerdem erzählt man uns doch immer, dass auch Gott einfach zu bedienen ist:
Man darf schließlich immer zu ihm kommen.
Man kann ihm alles sagen.
Man kann so mit ihm reden, wie man möchte.
Man kann sicher sein, dass er sich freut, wenn wir uns an ihn wenden. Und um mit ihm in Kontakt zu treten, braucht es noch nicht einmal Kleingeld.
Alles in allem also wirklich pflegeleicht, dieser Gott, oder? Natürlich darf man ihn auch um alles bitten, was man sich wünscht. Dafür hängt er doch schließlich da. Oder nicht?
Wenn dem aber so ist, dann soll er doch bitte auch möglichst alle unsere Wünsche erfüllen. Frei nach dem Motto: Gebet rein, Wunscherfüllung raus!
Allerdings ist es spätestens jetzt vorbei mit der Ähnlichkeit zwischen Gott und einem Kaugummiautomaten. Diese Rechnung geht nämlich nicht auf.
Gott ist eben nicht wie ein Kaugummiautomat, bei dem man Münzen einwirft und die entsprechende Menge Süßigkeiten erhält. Auch der Vergleich mit dem netten Kiosk-Verkäufer, von dem man ab und zu ein Bonbon geschenkt bekommt, passt nicht.
Man sollte Gott auch nicht mit einem Onlineshop verwechseln. Er ist kein himmlischer Lieferdienst, bei dem man gegen entsprechende Gegenleistung, sprich: Bezahlung, praktisch alles erhält – und wo Prime-Kunden gegen Zusatzgebühren extra Service erhalten.
Wenn das alles nämlich so wäre, dann wäre Gott ganz schön berechenbar. Gott wäre dann ja echt eine Art Automat. Eine Maschine, mit der man richtige Deals machen könnte. Man könnte regelrecht Preise mit ihm aushandeln und sich seine Hilfe praktisch verdienen.Gebet gegen Leistung sozusagen.
Gott könnte dann eine Gebets-Preisliste herausgeben, in der wir immer nachschlagen könnten; zum Beispiel: Wie viele Minuten Gebet kostet eine Eins in Mathe? Reichen vier Vaterunser, damit meine Oma wieder gesund wird? Wie oft muss ich in den Gottesdienst gehen, damit meine Eltern aufhören zu streiten?
Wir merken schnell: So einfach ist sie nicht, die Sache mit Gott. Gott sei Dank ist sie nicht so einfach!
Ein Gott, dessen Handeln ich durch meine Gebete bestimmen kann, wäre gar kein Gott. Er wäre dann wirklich eine Art Automat oder ein abgerichtetes Haustier.
Wer möchte schon einen Gott haben, dessen Handlungen er selbst bestimmen kann? Brauchen wir einen Vater im Himmel, der sich genauso verhält wie ein dressiertes Hündchen, das gegen die entsprechende Anzahl Leckerlis alles macht?
Nein! So einen Gott möchte ich nicht haben. Gott ist eben kein Kaugummiautomat. Er hat seinen eigenen Kopf, seinen eigenen Plan. Und das ist auch gut so – schließlich ist sein Plan besser als mein eigener, auch wenn ich das vielleicht nicht immer einsehen kann.
Impulsfragen
- Kannst du dich noch an das vorletzte Weihnachten erinnern?
- Falls ja – was hast du dir damals gewünscht?
- Wenn du dich nicht mehr erinnerst, kannst du gleich zu Frage 5 springen.
- Hast du damals bekommen, was du dir gewünscht hast?
- Egal, ob du es damals bekommen hast oder nicht: Sind dir diese Dinge immer noch so wichtig, wie sie dir damals waren? Oder hast du heute schon ganz and...