Alkohol und Drogen in der Familie
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Alkohol und Drogen in der Familie

Präventionswissen für Eltern und pädagogische Fachkräfte

  1. 248 Seiten
  2. German
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Alkohol und Drogen in der Familie

Präventionswissen für Eltern und pädagogische Fachkräfte

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Suchtmittel Nummer eins ist der Alkohol. Kinder und Jugendliche kommen entsprechend früh mit Alkohol in Berührung, teilweise auch mit anderen Drogen. Dieses Präventionsbuch für Eltern und pädagogisch Tätige vermittelt, wie sie einem übermäßigen Konsum bzw. dem Konsum überhaupt vorbeugen können. Dabei werden die Vorbildfunktion der Eltern und innerfamiliäre Regeln vorgestellt mit Bezug auf das Kommunikationsverhalten zwischen Eltern und Kindern. Auch Risikogruppen stehen im Fokus: Angehörige von Suchterkrankten und Eltern, die eine Suchterkrankung überwunden haben, finden Hilfe für den Alltag. Das Buch arbeitet mit zahlreichen Beispielen sowie Eltern- und ExpertInneninterviews - so wird das Thema Alkohol und Drogen gerade für Eltern lebensnah veranschaulicht.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783170376618

1

Eltern sind nicht allein verantwortlich

Der Konsum von Alkohol, Tabak und anderen Drogen ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Viele gesellschaftliche Anlässe sind geprägt vom Konsum dieser stimulierenden Substanzen. Vorneweg der Alkohol, der wie selbstverständlich z. B. bei festlichen Anlässen im privaten wie im beruflichen Bereich dazugehört und es schon förmlich einer Entschuldigung bedarf, wenn man auf Alkohol verzichten möchte. So ist es auch naheliegend, dass die Verantwortung des Erlernens eines bewussten Umgangs mit Alkohol und anderen Drogen nicht allein bei den Eltern liegen kann. Natürlich kommt den Eltern als direktes Vorbild für ihre Kinder eine zentrale Bedeutung zu, aber die alltägliche Konfrontation unserer Kinder und Jugendlichen damit, verlangt auch eine allgemein gesellschaftliche Verantwortung. Diese zeigt sich in den politischen Entscheidungen für Präventionsmaßnahmen struktureller Art wie z. B. Nichtraucherschutzgesetz und in kommunikativer Form wie z. B. direkter Präventionsangebote in Kita und Schule. Insofern können Eltern sich zwar nicht zurücklehnen in puncto Erziehung zum verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol und Drogen, aber sie sind auch nicht allein gelassen und können Unterstützung einfordern, um sich diesen weitreichenden Aufgaben zu stellen.

1.1 Gesellschaftlicher Umgang mit Alkohol und Drogen

Der Gebrauch von Substanzen erfüllt viele Funktionen wie z. B. Genuss, Zugehörigkeit, Entspannung oder auch Belohnung. Darüber hinaus kann mit dem Konsum auch ein bestimmter Lebensstil ausgedrückt werden, der sich häufig im Jugendalter entwickelt und im Erwachsenenalter manifestiert. Um hier im Sinne eines gesundheitsbewussten Lebensstils die Heranwachsenden zu begleiten, sollten der gesamtgesellschaftliche Einfluss sowie die multifaktoriellen Entstehungsbedingungen von Verhaltensweisen bedacht werden, auf die im Laufe des Buches eingegangen wird.
Der gesellschaftliche Umgang lässt sich anhand aktueller Konsumzahlen sehr gut ablesen. Entsprechend des Drogen- und Suchtberichts der Bundesregierung von 2019 konsumieren in Deutschland 7,8 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitsschädigender Form, ca. 25 % der Erwachsenen sind episodische Rauschtrinker_innen, 1,3 Millionen gelten als alkoholabhängige und 73.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen von Alkoholmissbrauch. Dazu kommen nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich ca. 150.000 Menschen, die vorzeitig an den direkten Folgen des Tabakrauches sterben sowie 3300 an den Folgen des Passivrauchens, während ungefähr ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland raucht. Bezogen auf den übermäßigen Konsum illegaler Drogen werden jährlich 150.000 Menschen stationär behandelt, und im Jahr 2016 starben 1333 Menschen durch illegale Drogen.

1.2 Umgang mit Alkohol

Nahezu täglich werden wir in unserer westeuropäischen Gesellschaft mit dem Alkohol konfrontiert. In vielen sozialen und kulturellen Anlässen ist der Alkoholkonsum so integriert, dass ein abstinentes Verhalten als abweichend erlebt wird und einer besonderen Begründung bedarf. Neben dem Genuss wird der Alkohol auch häufig zum Stressabbau konsumiert und das in allen Bevölkerungsschichten und nicht nur im Jugendalter, sondern gerade auch im höheren Erwachsenenalter. So stellte das Robert Koch-Institut im Jahr 2017 fest, dass insbesondere die Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen regelmäßig zu viel trinkt. Der riskante Alkoholkonsum liegt in dieser Gruppe bei einem Anteil von 19,2 %, während bei den über 65-Jährigen 15 % riskant konsumieren und bei der Gruppe der 33- bis 44-Jährigen 12,3 % regelmäßig zu viel trinken. Diese Zahlen zeigen die Akzeptanz von Alkohol bis ins höhere Alter, trotz der bekannten gesundheitlichen Folgen. Kinder und Jugendliche wachsen also in einer Gesellschaft heran, die den Alkoholkonsum vorlebt. Auch die Alkoholwerbung spricht insbesondere junge Menschen an und »gibt sich betont jugendlich« (Seitz, 2018, S. 111). Nach dem Motto »jung, schön und frei« investierte die Alkoholindustrie allein im Jahr 2015 544 Millionen Euro (ebd., S. 106) und verwendete dabei jugendorientierte Musik, lebhafte Handlungen und effektvolle Farben. Die Gesundheitsrisiken und Gefahren werden dabei komplett ausgeblendet, obwohl zahlreiche Studien darauf hinweisen. Mediziner_innen belegen, dass über 200 Krankheiten durch einen riskanten Alkoholkonsum ausgelöst werden können: von Herz-Kreislauf-Problemen über psychischen Erkrankungen bis zu verschiedenen Arten von Krebs. Allein für Deutschland zeigt die Global Burden-of-Disease-Studie rund 47.000 Todesfälle im Zusammenhang mit Alkohol. Darüber hinaus ist ein Viertel aller Gewaltdelikte von alkoholisierten Täter_innen im Jahr 2018 begangen worden, während 13 % aller Unfälle mit tödlichem Ausgang aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum erfolgten. Entsprechend der Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) liegt die »risikoarme Schwellendosis« für Männer bei 24 Gramm Alkohol pro Tag, das ist ca. ein halber Liter Bier bzw. ein Viertel Liter Wein. Für Frauen gilt die Hälfte, da der Alkohol aufgrund des niedrigen Wasseranteils im Körper der Frau schneller eine höhere Konzentration erreicht und gleichzeitig das für den Alkoholabbau erforderliche Enzym in geringerer Menge produziert wird, d. h. der Alkohol länger im Körper bleibt (ebd., S. 53). Die DHS ergänzt die Angaben für einen risikoarmen Konsum noch mit dem Hinweis, dass man wöchentlich wenigstens zwei alkoholfreie Tage einlegen sollte.
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Aufgrund jahrelanger Arbeit im Bereich der Alkoholprävention ist meine persönliche Empfehlung folgende: Versuche es als »Dunkel- und Wochenendtrinker«! Das bedeutet genussvoller Konsum am Abend und möglichst nur am Wochenende, idealerweise auch nicht jedes Wochenende, sondern am ehesten bei Feierlichkeiten oder besonderen Anlässen. Natürlich gibt es auch mal Ausnahmen wie z. B. im Urlaub. Wobei es wichtig ist, den Unterschied zwischen Genuss und Trunkenheit zu erkennen und zwischendurch auch Wasser zu trinken. Dazu mehr in Kapitel 4 »Weniger Alkohol – mehr Genuss«. Dort wird es dann auch um Jugendliche gehen, denn die Empfehlung hier ist für Erwachsene gedacht (
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Kap. 4).
Einen bewussten Umgang mit Alkohol zu pflegen, bleibt jedem bislang selbst überlassen. Gleichwohl gibt es eine Reihe weiterer Empfehlungen im Sinne der ›Punktnüchternheit‹. Das bedeutet, in folgenden Situationen sollte man ganz auf Alkohol verzichten:
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auf der Arbeit,
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im Straßenverkehr,
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beim Bedienen von Maschinen,
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beim Sport/beim Schwimmen,
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bei Krankheit bzw. bei Einnahme von Medikamenten,
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bei Konfliktgesprächen in der Partner- bzw. Freundschaft,
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während der Schwangerschaft.
Es ist immer wieder überraschend, dass werdende Mütter überhaupt noch Alkohol trinken, obwohl die Risiken für das ungeborene Kind seit Jahrzehnten bekannt sind. Die Gefahr, dass ein Embryo gravierende Entwicklungsstörungen davonträgt, ist sehr hoch und zeigt sich im verzögerten Wachstum, kleinem Kopf, geringerem Geburtsgewicht, verringerten motorischen und geistigen Entwicklungen, Herzfehlern oder später auftretenden Verhaltensstörungen wie auch Epilepsie. Das fötale Alkoholsyndrom (FAS) wird auch als pränataler Minderwuchs bezeichnet und kann sich vom ersten Moment der Befruchtung anfangen auszubilden. D. h. Frauen, die gerne schwanger werden möchten, sollten ab dem Zeitpunkt der aktiven Entscheidung für eine Schwangerschaft auf den Alkohol verzichten. Dabei sollten Frauen, die gewohnt sind, regelmäßig viel zu trinken, versuchen einen ausschleichenden Prozess des Alkoholverzichts zu wählen und sich etwas Zeit lassen, bevor sie mit dem Schwanger-Werden starten.
Bruce Lipton ruft zu einer »bewussten Elternschaft« auf, die sogar schon vor der Befruchtung beginnt. Elternsein ist also von Beginn an mit einer hohen Verantwortung verbunden, bei der die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine große Unterstützung bieten können. Inwieweit die deutsche Politik hier ihren Beitrag leistet, bleibt fraglich. Denn betrachtet man die Vorgabe nach dem von der WHO gesetzten Ziel zur Senkung des Alkoholkonsums um 10 % bis 2025, zeigt es sich als unwahrscheinlich, dass Deutschland das Ziel erreicht. Dabei ist längst bekannt, was die Politik tun könnte. Nach der WHO gelten Steuererhöhungen, Werbeverbote und restriktive Verkaufshürden als wirksame Maßnahmen. Aber mit Forderungen nach strengeren Regeln macht man sich nicht beliebt und die Wirtschaftsinteressen der Alkoholindustrie stehen dem auch entgegen, die ja mit entsprechender Lobby politischen Einfluss nimmt. Nach einer Analyse des Fachmagazins Lancet werden die Vorgaben der WHO beispielsweise von den osteuropäischen Ländern besser umgesetzt. Sie konnten den Alkoholkonsum so deutlich reduzieren. Anders in Deutschland! Nach dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung im Jahr 2019 trinkt jeder sechste Erwachsene zu viel, weshalb der Satz des Suchtforschers Heino Stöver »Wir als Gesellschaft haben eine Alkoholstörung« treffend formuliert ist.

1.3 Umgang mit Tabak

Seit Jahrhunderten wird in unserer Gesellschaft Tabak geraucht, obwohl die gesundheitlichen Schädigungen bekannt sind. Die meisten Menschen erleben beim Erstkonsum einer Zigarette sogar häufig unangenehme Körperreaktionen wie Husten, Übelkeit oder Schwindelgefühl. Da stellt sich natürlicherweise die Frage, weshalb trotzdem geraucht wird. Hier gibt es unterschiedlichste Erklärungsmodelle: von genetischen Prädispositionen, die den Einstieg und das Aufrechterhalten des Rauchens begünstigen, über das Lernen am Modell, bei dem rauchende Eltern oder andere Erwachsene als Modell die angenehme Wirkung des Rauchens vorleben, bis hin zum sozialen Lernen, bei dem schon Kleinkinder das Rauchverhalten imitieren und zigarettenähnliche Gegenstände in den Mund nehmen.
Studien belegen, dass Kinder von rauchenden Eltern häufiger selbst zu Raucher_innen werden, dieser Einfluss wird insbesondere in Kapitel 3.2 genauer beleuchtet (
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Kap. 3.2). Über diesen elterlichen Einfluss hinaus ist auch der Zusammenhang zwischen Tabakkonsum in Kinofilmen und der Initiierung des Rauchens von Jugendlichen nachgewiesen (Morgenstern et al., 2011). Je häufiger die Jugendlichen Tabakrauchereignisse sehen, desto höher ist der Experimentierkonsum. Zielführende Tabakprävention setzt demzufolge auf eine Denormalisierung des Rauchens, indem eine Beeinflussung sozialer Normen erfolgt, die das Rauchen als nicht mehr gesellschaftsfähig darstellen. Die seit 2007 eingeführten Nichtraucherschutzgesetze haben diesbezüglich einen großen Anteil am Imagewandel von Tabakrauchen bewirkt. Die Konsumverbote in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln sowie in Schulen, Krankenhäusern und gastronomischen Betrieben reduzieren die Berührungspunkte mit dem Rauchen und sie senken die Toleranz, sich dem Passivrauchen auszusetzen. Auch das Inkrafttreten des Tabakverbots in Printmedien und im Internet sowie in Rundfunk und Fernsehen reduzieren den Tabakkonsum in der Bevölkerung. Diese und andere Maßnahmen der Tabakkontrollpolitik konnten der KiGGs-Studie zufolge die Rauchquote bei den 11- bis 17-jährigen Jugendlichen bis zum Jahr 2012 von rund 20 % auf 12 % senken. Entsprechend der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) rauchten im Jahr 2015 nur 8 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen. Allerdings zeigt eine altersdifferenzierte Betrachtung, dass der rückläufige Trend beim Rauchen insbesondere bei den jungen Erwachsenen zutrifft, im mittleren und höheren Lebensalter ist dies nicht so ausgeprägt. So bleibt abzuwarten, wie sich der Umgang mit Tabak allgemeingesellschaftlich weiterentwickeln wird, denn die Tabakindustrie hat ja eine Reihe neuerer Produkte auf dem Markt eingeführt wie z. B. E-Zigarette und E-Shisha. Entsprechend der Studie der BZgA haben 12 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen im Jahr 2015 schon mal eine E-Zigarette geraucht, bei den 18- bis 25-Jährigen sogar schon 21 %. Die E-Shishas sind bei Jugendlichen noch mehr i...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Geleitwort
  5. Danksagung
  6. Inhalt
  7. Einleitung
  8. 1 Eltern sind nicht allein verantwortlich
  9. 2 Erziehung ist die beste Prävention
  10. 3 Elternverhalten: Schlechtes Vorbild oder gutes Modell?
  11. 4 Weniger Alkohol – mehr Genuss
  12. 5 Loslassen statt Fallenlassen
  13. 6 Ansprechen statt Schweigen
  14. 7 Chancen für neue Wege
  15. 8 Von Sinnen und Gefühlen im Dialog – Praktische Handlungsempfehlungen für pädagogische Fachkräfte
  16. 9 Schlussworte
  17. Literatur
  18. Abkürzungsverzeichnis