Kaiserliche Kindheit
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Kaiserliche Kindheit

Aus dem aufgefundenen Tagebuch Erzherzog Carl Ludwigs, eines Bruders von Kaiser Franz Joseph

  1. 256 Seiten
  2. German
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Kaiserliche Kindheit

Aus dem aufgefundenen Tagebuch Erzherzog Carl Ludwigs, eines Bruders von Kaiser Franz Joseph

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Über dieses Buch

Es zählt zu den Sternstunden eines Historikers, wenn er unverhofft auf handschriftliches Material stößt, das interessant ist und noch nicht veröffentlicht wurde. So fand sich unter verschiedenen Dokumenten des österreichischen Kaiserhauses das Tagebuch eines Erzherzogs, das er im Alter von elf Jahren begonnen hatte und zwei Jahre lang führte. Bei dem jugendlichen Autor handelt es sich nicht nur um einen der ranghöchsten Erzherzoge, sondern auch um den zweitältesten Bruder des späteren Kaisers Franz Joseph, der während der Entstehungszeit des Tagebuches bereits als Österreichs nächster Regent feststand. Seine und seiner Brüder späte Kindertage bilden den Inhalt des Buches, aus dem hervorzulesen ist, daß ihnen das Privatleben das Wichtigste war. Die überraschendste Entdeckung dabei: Der kaiserliche Alltag hätte nicht bürgerlicher und biederer sein können. Das Tagebuch gewährt Einblick in einen sehr privaten Lebensbereich der kaiserlichen Familie. Denn abgesehen von der Wiedergabe der Tageserlebnisse und von der Nähe des Erzählers zu den Ersten Personen des Landes entsprang dem Kindermund doch viel Spontanes und Wahrhaftes, das ein erwachsener Schreiber sicherlich unterdrückt hätte.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783902998347
»TAGEBUCH ANGEFANGEN
DEN
13. APRIL 1844«

April .1844.

Samstag
13. Man fürchtet, daß der Franzi Scharlach bekommen. Zur Vorsorge bin ich Nachmittags in den rothen Saal geschickt worden und habe dort geschlafen.
Mit Franzi ist der älteste Bruder Erzherzog Carl Ludwigs gemeint, der damals vierzehnjährige Franz Joseph und spätere Kaiser. Er war tatsächlich an Scharlach erkrankt, doch verlief die Krankheit – wie sich bald herausstellen sollte – für ihn und seine Familie sehr harmlos. Als Vorsichtsmaßnahme war er aber sofort von seinen Brüdern getrennt worden, mit denen er üblicherweise ein Appartement bewohnte. Für Carl Ludwig bedeutete die Krankheit des Bruders zunächst den Auszug in einen ›rothen Saal‹. Später übersiedelte er in ein noch weiter entfernt liegendes Quartier, in dem er in den folgenden Wochen wohnen sollte.
Sonntag
14. Heute hat sich der Scharlach entschieden ausgesprochen. Wir sind in der Früh mit dem kleinen Ludwig in den ersten Stock gezogen und bleiben nun von der Mama geschieden. Der Maxi geht zwar Früh und Abends zur Mama, weil er den Scharlach schon überstanden und folglich keine Ansteckung mehr zu fürchten hat; aber ich darf die Mama nur im Prater und auf dem Gang von Weitem sehen.
Bei den »Übersiedlern« handelt es sich um die drei Brüder Ferdinand Maximilian (›Maxi‹), Carl Ludwig und den ›kleinen Ludwig‹ (Victor). Daß die drei gesunden Kinder – und nicht das kranke – von der Mutter getrennt wurden, war unüblich für die Zeit. Denn Erzherzogin Sophie pflegte – im Unterschied zu den meisten Frauen der obersten Gesellschaftsschichten – die kranken Familienmitglieder selbst. Im Fall von ansteckenden Krankheiten – wie dem Scharlach, der damals bei mehr als einem Viertel der Bevölkerung tödlich endete – begab sie sich mit dem Betroffenen in Quarantäne. Sie übernahm meist alle Tag- und Nachtdienste und ließ sich nur selten von Pflegern unterstützen. Als im Jahr 1840 ihre einzige Tochter Maria Anna im Alter von knapp viereinhalb Jahren an einer schweren Krankheit litt (an deren Folgen sie auch verstarb), war sie keinen Augenblick lang von ihrer Seite gewichen und hatte das Kind bis zu seinem Tod ununterbrochen betreut.
Die Bemerkung, daß Carl Ludwig seine Mutter ›nur im Prater‹ und ›auf dem Gang von Weitem sehen‹ durfte, bezieht sich auf die Trennung von ihr, die den scharlachkranken Sohn Franz Joseph versorgte. Treffen durfte er sie nur auf den Gängen der Hofburg und bei Spaziergängen im Prater, wo keine Ansteckung zu befürchten war. Der Wiener Prater hatte ursprünglich zu den kaiserlichen Jagdrevieren gehört, seit 1766 war er der Öffentlichkeit zugänglich. Dorthin führten – solange man in der Hofburg wohnte – viele Spaziergänge der kaiserlichen Familie. Die elegante Welt Wiens fand sich allnachmittäglich im Prater ein, und Erzherzog Carl Ludwig sollte die Spaziergänge dorthin bis ins Alter pflegen. Als Erwachsener marschierte er meist die gesamte Strecke von der Innenstadt bis in den Prater und zurück (das dauerte je nach Route zwei bis drei Stunden), wohin er sich von einem Mann seines Gefolges oder von einem Verwandten begleiten ließ.
Montag
15. Heute hat uns der Franzi durch den Baron Gorizzutti einen Brief schreiben lassen. Heute begegneten wir der Mama und dem kleinen Ludwig. Ich bin zur Toilette zum kleinen Ludwig gegangen. Abends kamen die Bombelles.
Baron Franz Gorizzutti, einer der Kammerherren Erzherzog Franz Carls und Erzieher seiner drei älteren Söhne – Franz Joseph, Ferdinand Maximilian und Carl Ludwig – hatte sich offensichtlich mit dem Scharlachkranken in Quarantäne begeben.
Daß man die Mama und den kleinen Bruder Ludwig traf, muß bedeuten, daß man beiden – getrennt – begegnete, da Erzherzogin Sophie sicherlich auch mit ihrem zweijährigen Sohn jeden Kontakt vermied.
›Die Bombelles‹ waren Studien- und Spielkameraden der jungen Erzherzoge und Söhne des kaiserlichen Ajos Heinrich Graf Bombelles. Sie hießen Markus (›Marko‹) und Carl (›Charli‹) und entsprachen im Alter den Erzherzogen Franz Joseph und Ferdinand Maximilian.
Dienstag
16. Dem Franzi geht es besser. Ich habe zum ersten Mahle die Urika geritten. Zum ersten Mahl bin ich zum Frühstück vom kleinen Ludwig gegangen.
Der Scharlach Franz Josephs nahm einen schnellen Verlauf. Die Krankheit war am 13. April aufgetreten, und schon bald ging es ihm nach eigenen Angaben wieder ›sehr gut‹. Daraufhin nahmen die Bemerkungen darüber im Tagebuch Carl Ludwigs ab, weshalb die Sensation des Tages dem ersten Ritt auf einem Pferd namens Urika galt.
Der Besuch des kleinen Bruders Ludwig Victor während seines Frühstücks ist einer der vielen Hinweise darauf, daß die Bewohner der verschiedenen Appartements (die drei älteren Brüder Franz Joseph, Ferdinand Maximilian und Carl Ludwig, die Eltern, Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Carl, der kleine Ludwig Victor, das Kaiserpaar usf.) das Morgenmahl getrennt einnahmen. Zu Mittag aßen die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern, worauf ein langes, familiäres Zusammensein folgte.
Mittwoch
17. Heute sind wir mit dem Papa, der Mama und dem kleinen Ludwig in dem Prater zusammengekommen. Abends bin ich allein.
Wegen der Ansteckungsgefahr waren die gemeinsamen Zusammenkünfte der Eltern mit den drei gesunden Brüdern noch immer auf die Praterspaziergänge beschränkt. Der Hinweis auf das abendliche Alleinsein bezog sich ebenfalls auf die Trennung von den Eltern, bedeutete aber ›allein mit einem der Erzieher‹. Sie teilten – vor allem zum Schutz ihrer Zöglinge – das Appartement mit ihnen. Das Abendprogramm mit dem Erzieher oder mit den Eltern war auf das Alter der Kinder abgestimmt. In dieser Epoche wurden meist Geschichten vorgelesen oder andere Unterhaltung gepflogen.
Donnerstag
18. Der Albert, die Marie, der Onkel Carl und der Stephan sind heute angekommen. Wir sind geritten. Der Wittek war Abends allein bei uns.
Mit Albert und Marie sind – streng genommen – ein Onkel und eine Tante zweiten Grades gemeint, die an diesem Tag mit ihrem Vater, Erzherzog Carl (dem ersten Bezwinger Napoleons), – von wo immer – in Wien ankamen. Stephan war ein Neffe Erzherzog Carls, der spätere Palatin von Ungarn.
J. Wittek zählte zu den Erziehern der jungen Erzherzoge. Er unterrichtete Böhmisch (Tschechisch) und war vermutlich ein Verwandter – vielleicht sogar der Vater – Heinrich Ritters von Wittek, des späteren Ministerpräsidenten.
Freitag
19. Heute ist der Geburtstag des Kaisers. Deßwegen ist große Parade; wir waren bei ihm, um zu gratuliren. Der Palatino ist angekommen. Dem Franzi geht es besser. Der Graf Coronini ist angekommen. Heute Abends sind die Bombelles gekommen.
Der Kaiser, dessen 41. Geburtstag man feierte, war Ferdinand I., ein direkter Onkel Carl Ludwigs. Mit dem ›Palatino‹ ist Erzherzog Josef, ein Großonkel, gemeint, der zu diesem Zeitpunkt die Würde des Palatins von Ungarn innehatte und der – wie einen Tag vorher die Familie Erzherzog Carls – vermutlich auch wegen der Geburtstagsfeierlichkeiten zu Ehren des Kaisers angereist war.
Graf Johann Baptist Coronini-Cronberg war einer der Kammerherren Erzherzog Franz Carls und Erzieher der jungen Erzherzoge, der hauptsächlich dem ältesten Sohn, Franz Joseph, zugeteilt war.
Das abendliche Kommen der Brüder Bombelles bedeutete Spiel und Unterhaltung.
Samstag
20. Heute sind wir geritten und haben Visite gemacht. Abends war die Großmama mit der Amie bei uns.
»Visitemachen« gehörte zu den gesellschaftlichen Gepflogenheiten des 19. Jahrhunderts. Ohne sich anzumelden, schaute man bei Bekannten vorbei, um ihnen einen Kurzbesuch abzustatten. Er verlangte dem Besuchten einen Gegenbesuch ab. War er nicht anzutreffen, so hinterließ man die Visitenkarte, die ebenso zum Gegenbesuch verpflichtete.
Beliebte Gesellschafterinnen der jungen Erzherzoge waren die ›Großmama‹ und die ›Amie‹ (ihre ›Freundin‹). Kaiserin Caroline Auguste war eine geborene Prinzessin von Bayern, vierte Ehefrau und Witwe nach Kaiser Franz II./I. Als solche rangierte sie als Großmutter. Da sie aber auch Halbschwester Erzherzogin Sophies, der Mutter Carl Ludwigs, war, stand ihr ebenso die Ansprache ›Tante‹ zu. Erzherzog Franz Joseph hatte für sie den Titel einer Großmutter-Tante entworfen. Ihre ›Freundin‹, Hofdame und Sternkreuzordensdame Baronin Luise Sturmfeder, hatte ursprünglich die Stellung einer Aja (einer Leiterin aller Gefolgsleute der jungen Erzherzoge) bei Franz Joseph und Ferdinand Maximilian inne. Als die beiden das Schulalter erreichten und männliche Erzieher bekamen, wurde sie als Hofdame in das Gefolge Kaiserin Caroline Augustes übernommen. Sie hielt aber mit den jungen Erzherzogen weiter innigen Kontakt, wie auch der folgenden Eintragung zu entnehmen ist.
Sonntag
21. Die Amie hat bei uns gespeist. Vor dem Essen sind wir mit der Mama ausgegangen.
›… bei uns gespeist‹ meint in den Appartements der Kinder, wo während der Krankheit Franz Josephs gegessen wurde und nicht – wie üblich – in den Räumen der Eltern.
Montag
22. Heute sind wir mit der Mama und mit dem kleinen Ludwig in den Prater gegangen. Der Baron Gorizzutti ist zu uns gekommen, der Charli (der junge Graf Bombelles) war Abends bei uns.
Dienstag
23. Wir sahen heute den kleinen Ludwig im Prater. Ich war Abends allein (mit dem Erzieher). Dem Franzi ging es besser.
Mittwoch
24. Heute fing die neue Tagesordnung an. Wir sind mit der Mama im Pratergarten spazieren. Den kleinen Ludwig haben wir (dort) gesehen. Abends war die Großmama mit der Amie bei uns.
Einen Einschnitt im Lern- und Erziehungsprogramm der jungen Erzherzoge bildete die zweimal jährlich wechselnde ›Tagesordnung‹ (im Frühling und im Herbst). Sie bedeutete – wie früher erwähnt – in den wärmeren Monaten verstärkten Unterricht im Freien und längeres Zusammensein mit den Eltern.
Donnerstag
25. Mittags sind wir in der Stadt herumgegangen. Heute ist der Namenstag des Marko (junger Graf Bombelles). Abends bin ich (mit dem Erzieher) allein gewesen (was sich wegen des Scharlachs Franz Josephs noch immer auf die ungewöhnliche Gestaltung der Abendstunden Carl Ludwigs bezieht, die er gewöhnlich beim Spiel mit den Brüdern zubrachte).
Freitag
26. Heute Mittags sind wir in den Augarten gefahren. Nachmittag sind wir mit der Mama in den Prater gegangen. Abends sind die (Spielkameraden) Bombelles gekommen.
Der Augarten und sein Palais (nahe der Inneren Stadt zwischen Donau und Donaukanal gelegen) war wie das ehemalige Jagdrevier im Prater ebenfalls habsburgischer Besitz gewesen. Aber auch ein Großteil dieses Parks war im Jahr 1775 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Samstag
27. Wir fuhren Mittags zum Erzherzog Ferdinand; er war aber nicht zu Hause. Dann sind wir in den Schwarzenbergischen Garten gegangen. Nachmittags sind wir in den Kaisergarten gegangen. Abends kam die Großmama (Kaiserin Caroline Auguste) mit ihrer neuen Hofdame, der Gräfin (Ludovica) Praschma zu uns (vermutlich um sie vorzustellen und einzuführen).
Mit Erzherzog Ferdinand ist ein weitschichtiger Großonkel aus der Linie der Herzoge von Modena gemeint. Er wird sich im – heute im dritten Wiener Gemeindebezirk gelegenen – Familienpalais aufgehalten haben. Das Gebäude fiel eines Tages – wie etliche andere historische Bauten Wiens – einer Beamtenlaune zum Opfer und wurde noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs dem Erdboden gleichgemacht. Die Herzoge von Modena aus dem Haus Habsburg-Lothringen besaßen aber noch ein Palais in Hofburgnähe (das Gebäude des heutigen Innenministeriums in der Herrengasse). Vermutlich diente das Palais im dritten Bezirk als Sommersitz und das im Zentrum gelegene als Winterresidenz.
Einige Gehminuten vom ehemaligen Palais Modena entfernt befindet sich (auch heute noch) das barocke Gartenpalais Schwarze...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Widmung
  4. Impressum
  5. INHALT
  6. Vorwort
  7. »Tagebuch angefangen den 13. April 1844«
  8. Familienverbindungen der im Text besprochenen Habsburger anhand einiger Stammtafeln
  9. Quellenverzeichnis
  10. Suchhilfe zum Personenregister
  11. Personen- und Ortsregister