Das rote Erbe der Front
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Das rote Erbe der Front

Der Erste Weltkrieg in der DDR

  1. 395 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfĂŒgbar
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Das rote Erbe der Front

Der Erste Weltkrieg in der DDR

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Über dieses Buch

Der Erste Weltkrieg darf nicht nur als die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gesehen werden, sondern auch als eine fundamentale Grunderfahrung fĂŒr die zukĂŒnftige FĂŒhrungselite der DDR. Der Krieg hat ihren Leib und ihre Weltanschauung geprĂ€gt. Wie relevant war diese Erfahrung fĂŒr die politischen KĂ€mpfe der Weimarer Republik und den Widerstand unter dem Nationalsozialismus?

Dieser Sammelband geht einerseits der Frage nach dem VerhÀltnis zwischen dem Ersten Weltkrieg als "Erfahrungsraum" und "Fronterlebnis" sowie andererseits der DDR als politischem Experiment in Deutschland nach 1945 nach. Wie wurde der Erste Weltkrieg zwischen 1949 und 1989 als Erinnerungsort tradiert? Welche Geschichtsschreibung, welcher Diskurs und welche Vektoren wurden dabei mobilisiert? Inwieweit und wie hat letztendlich dieser Krieg die DDR als Lebenswelt geprÀgt?

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783110710915
Auflage
1
Thema
History

Teil I: Erfahrung und Tradierung – eine biografische Perspektive

Wilhelm Pieck im Krieg

Der Erste Weltkrieg als biografische ZĂ€sur und erinnerungspolitisches Kapital
Marcus Schönewald
Dass er einmal am 1. Mai, dem „Kampftag der Arbeiter“, Worte mit dem preußischen Kronprinzen wechseln wĂŒrde, hĂ€tte sich Wilhelm Pieck (1876 – 1960) als linker Sozialdemokrat in den Vorkriegsjahren sicher nicht trĂ€umen lassen. Doch bei einem Truppenbesuch in Lothringen 1916, fĂŒr den er mit den ĂŒbrigen Soldaten seiner Kompanie in aller FrĂŒhe hatte antreten mĂŒssen, reichte ihm Wilhelm von Preußen (1882 – 1951), Kommandeur der 5. Armee sowie der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, die Hand und fragte ihn nach Alter, Wohnort und dem Befinden seiner Familie. Anschließend verabschiedete er sich. „Auf Kommando mußte noch Hurra geschrien werden. Dann stieg er ins Auto und fort.“1 Die kurze Szene, die Pieck in einem Tagebuch festgehalten hat, wĂ€re kaum weiter bemerkenswert, hĂ€tte er nicht ein Jahr zuvor eine Demonstration gegen den Krieg vor dem Reichstag organisiert, bei der er verhaftet und fĂŒr mehrere Monate in MilitĂ€rgewahrsam genommen worden war. Nun, nach seiner zwangsweisen Rekrutierung nach Frankreich im MĂ€rz 1916, blieb ihm als Ausdruck seiner oppositionellen Haltung nur mehr, den Hohenzollern in wenig schmeichelhaften ZĂŒgen als „hagere Figur mit spindeldĂŒrren Beinen“ und krankhaftem Aussehen darzustellen.2
Piecks Weg von der Antikriegsdemonstration an die Westfront ist ein eindrĂŒckliches Beispiel fĂŒr die gewaltigen VerĂ€nderungen, durch die der Krieg die Welt der linken Sozialdemokraten um Rosa Luxemburg (1871 – 1919) und Franz Mehring (1846 – 1919) aus den Fugen geraten ließ. Über die langfristige Bedeutung des Ersten Weltkrieges fĂŒr das Leben, Denken und Handeln der spĂ€teren GrĂŒndungsmitglieder der KPD herrscht in der historischen Forschung jedoch wenig Klarheit. Zwar ist die Geschichte der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung wĂ€hrend des Krieges ergrĂŒndet und auch die Oppositionsarbeit der Gruppe Internationale und des Spartakusbundes wiederholt thematisiert worden.3 Welche Stellung die Zeit des Krieges in der Erfahrungswelt und Erinnerung der spĂ€teren Kommunisten besaß und welchen Wandlungen sie von der Weimarer Republik bis in die Anfangsjahre der DDR unterworfen war, ist bislang jedoch kaum thematisiert worden.4 Überdies wird die Frage, ob mit der historischen ZĂ€sur des Ersten Weltkrieges ein Umbruch politischer Vorstellungen und Handlungsweisen einherging, bis heute sehr unterschiedlich beantwortet. Auf der einen Seite findet sich die These von der Radikalisierung des linken FlĂŒgels der Sozialdemokratie infolge der Burgfriedenspolitik der Partei- und FraktionsfĂŒhrung, eines enthemmenden Kriegserlebnisses und der russischen Revolutionen von 1917.5 So hat Andreas Wirsching „die mentale Ausgangsdisposition des frĂŒhen Kommunismus“ als „eine Mischung aus Bedrohungsangst und hemmungsloser AggressivitĂ€t“ charakterisiert, „deren Dimension und IntensitĂ€t nur vor dem Hintergrund des sĂ€kularen Weltkriegstraumas und des russischen BĂŒrgerkrieges zu begreifen“ seien.6 Auf der anderen Seite herrscht die schon 1919 von dem sozialdemokratischen Politiker und Publizisten Paul Lensch (1873 – 1927) vertretene Ansicht, „daß im Spartakusbund und bei den UnabhĂ€ngigen im Grunde nichts anderes zum Ausdruck kommt, als die alte Ideologie der Sozialdemokratie aus dem Voraugust“.7 Nach dieser Auffassung waren die Kriegsjahre weder ein tiefer, bewusstseinsprĂ€gender Einschnitt noch ein Motor der Brutalisierung.8
Anhand der Biografie Wilhelm Piecks werde ich im Folgenden einen genaueren Blick auf die Bedeutung des Ersten Weltkrieges fĂŒr die sozialdemokratischen Linken und spĂ€teren Kommunisten um Luxemburg und Mehring werfen und die Perspektive ĂŒber den Parteikommunismus der Weimarer Republik hinaus weiten. Denn Piecks Lebenslauf, der von der kaiserzeitlichen Sozialdemokratie bis in die Anfangsjahre der DDR reicht, erlaubt nicht nur, nach den BrĂŒchen und KontinuitĂ€ten in den politischen Erfahrungen, Anschauungen und Praktiken ĂŒber die Epochenschwelle des Ersten Weltkrieges hinweg zu fahnden. Er ermöglicht auch, das Fort- und Umschreiben der Kriegserfahrungen in der historischen MeistererzĂ€hlung der KPD und SED in das Blickfeld der Forschung zu rĂŒcken und den sich wandelnden Wert der Weltkriegszeit in der kommunistischen Erinnerungskultur am Beispiel des spĂ€teren Parteivorsitzenden und PrĂ€sidenten der DDR nachzuzeichnen.

Schock und Marginalisierung: das andere „Augusterlebnis“

FĂŒr den Kreis um Rosa Luxemburg und Franz Mehring, dem Pieck schon bald nach seiner Übersiedlung von Bremen nach Berlin im Mai 1910 angehört hatte, war nicht der Ausbruch des Krieges, sondern die Nachricht von der Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion die einschneidende Erfahrung des Jahres 1914. WĂ€hrend er – zumindest in der marxistischen Theorie – auf den Krieg als Folge der wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Staaten gefasst war, hatte er die Kreditbewilligung am 4. August nicht fĂŒr möglich gehalten.9 Die Nachricht wirkte daher wie ein Schock.10 Noch am Abend des 4. August kamen Mehring, Julian Marchlewski (1866 – 1925), Ernst Meyer (1887 – 1930), Hermann Duncker (1874 – 1960), Hugo Eberlein (1887 – 1941) und Wilhelm Pieck in der Wohnung Luxemburgs zusammen, um zu beraten, „was in dieser grausigen Situation zu tun sei“.11 Unter dem ersten Eindruck der Kreditbewilligung war auch ein Austritt aus der Partei erwogen worden. Am Ende beschlossen sie jedoch, „den Kampf gegen den Krieg in der Organisation zu fĂŒhren“12 – „eben weil wir die Partei gewinnen wollten“, wie Duncker spĂ€ter erklĂ€rte.13 Sie einigten sich darauf, all jene Genossen im Lande zu sammeln, mit denen sie sich in der Ablehnung der Fraktionspolitik einig wĂ€hnten, und sie zu einer Besprechung nach Berlin zu rufen. Über 300 Telegramme wurden verschickt, doch wie Eberlein schreibt, war das Resultat „katastrophal“. Clara Zetkin (1857 – 1933) sei die einzige gewesen, die ihre Zustimmung gesandt habe.14 Dem Vorschlag eines öffentlichen Protestes gegen das Votum der Reichstagsfraktion begegnete sie allerdings mit großen Bedenken: „[
] er bliebe eine rein persönliche Kundgebung, die jetzt von Niemand verstanden wĂŒrde, nur zeigte, daß wir völlig isoliert in der Luft stehen und wie klein und ohnmĂ€chtig wir sind“.15 Auch Karl Liebknecht (1871 – 1919) lehnte zu dieser Zeit ab, in einer öffentlichen ErklĂ€rung gegen die Kreditbewilligung zu protestieren. Er hatte sich zwar mit einer Minderheit in der Reichstagsfraktion gegen die Bewilligung ausgesprochen, wahrte jedoch nach außen die Parteidisziplin und setzte darauf, dass die Fraktion ihren Kurs bald korrigieren wĂŒrde. Erst Ende August oder Anfang September trat er in eine nĂ€here Verbindung zu Luxemburg.16 So scheint es wenig ĂŒbertrieben, wenn Paul Lensch rĂŒckblickend schreibt, dass es am 5. August 1914 unmöglich gewesen sei, „in Berlin auch nur ein halbes Dutzend Stimmen zum Protest gegen die Kreditbewilligung aufzutreiben“.17 Auf den Schock und die EnttĂ€uschung ĂŒber das Votum der Reichstagsfraktion folgte die Erfahrung der politischen Marginalisierung, die das Selbstbild der Gruppe fortan bestimmen und zu einem festen Bestandteil der GrĂŒndungserzĂ€hlung der spĂ€teren KPD werden s...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Danksagung
  5. Der Erste Weltkrieg und die DDR oder wie man die KontinuitĂ€ten in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts reflektieren kann
  6. Teil I: Erfahrung und Tradierung – eine biografische Perspektive
  7. Teil II: Das „monumentale“ GedĂ€chtnis des Ersten Weltkrieges in der DDR
  8. Teil III: Das „literarische“ GedĂ€chtnis des Ersten Weltkrieges in der DDR
  9. Teil IV: Malerei und Film – eine kĂŒnstlerische Perspektive
  10. Teil V: Der Erste Weltkrieg in der DDR-Geschichtsschreibung
  11. Teil VI: Der Erste Weltkrieg in der DDR-Schule
  12. Autorenliste
  13. Personenregister