1.1 Rechtzeitige Absicherung des Gläubigers durch Vertragsgestaltung
Gläubiger und Schuldner lernen sich üblicherweise bei vertraglichen Ansprüchen nicht als (spätere) Gegner kennen, sondern als kooperierende Geschäftspartner. In aller Regel wird ein Schuldverhältnis begründet, aufgrund dessen beide Parteien von der anderen Partei eine bestimmte Leistung verlangen können, z. B. kann der Käufer vom Verkäufer gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB die Übergabe und Eigentumsverschaffung der Kaufsache verlangen, während der Käufer gemäß § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, den Kaufpreis zu zahlen und die Kaufsache abzunehmen. Zur Zeit des Abschlusses des Vertrages ist das Verhältnis zwischen den Beteiligten, sofern nicht zu diesem Zeitpunkt eine der Parteien bereits entschlossen ist, ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht zu erfüllen, noch intakt und entspannt, sodass durch vertragliche Regelungen bereits in vielfältiger Weise Vorsorge für den Streitfall getroffen werden kann.
Im Rahmen der Vertragsfreiheit1 – sie bedeutet Freiheit des Vertragsabschlusses und der inhaltlichen Gestaltung – sind folgende Klauseln in Verträgen erlaubt und helfen dem Gläubiger, wenn er sein Geld erstreiten muss:
Musterklausel: Fälligkeit
Der Kaufpreis beträgt … Er ist am 06.03.2021 zur Zahlung fällig.
oder:
Der Kaufpreis beträgt … Er ist sofort nach Lieferung der Ware zur Zahlung fällig. Verzug tritt ohne Mahnung ein.
Hinweis: Diese und die nachfolgenden Musterklauseln finden Sie als Datei bei den digitalen Extras, siehe S. 1.
[20]Vorteil dieser Klauseln: Zum Verzugseintritt ist in beiden Fällen keine Mahnung erforderlich; im ersten Fall nicht, weil die Leistung kalendermäßig bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB), im letzten Fall nicht, weil durch zulässige vertragliche Vereinbarung auf eine Mahnung verzichtet wurde. Letztere Klausel ist allerdings nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen erlaubt (vgl. § 309 Nr. 4 BGB), sondern muss individuell vereinbart werden. Weil in beiden Fällen eine Mahnung entbehrlich ist, entfällt auch der für den Gläubiger nicht immer einfache Nachweis, dass der Schuldner die Mahnung erhalten hat.
Musterklausel: Verzugszinsen
Gerät der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, schuldet er dem Verkäufer für die Dauer des Verzugs Verzugszinsen von 10 % jährlich.
Vorteil dieser Klausel: Der Zinsanspruch wird zwischen Gläubiger und Schuldner außer Streit gestellt, d. h., der Gläubiger braucht in einem etwaigen Rechtsstreit keinen Nachweis bezüglich der Höhe der Verzugszinsen zu führen, weil die Höhe vereinbart ist.
Eine Sonderregelung gilt für Verzugszinsen aus Verbraucherdarlehensverträgen: Nach § 497 Abs. 1 i. V. m. § 288 Abs. 1 BGB wird die Höhe des Verzugszinssatzes auf 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszins der Bundesbank begrenzt. Der Basiszinssatz beträgt seit 01.07.2016 - 0,88 % und wird zum 01.01. und 01.07. eines jeden Jahres von der Deutschen Bundesbank angepasst (§ 247 BGB)2.
Der Verbraucher kann aber auch einen geringeren Verzugsschaden beim Kreditgeber nachweisen, ebenso wie es dem Kreditgeber möglich ist, einen höheren Schaden konkret nachzuweisen. Der Kreditgeber hat nach Eintritt des Verzugs für Hauptforderung und Zinsen jeweils getrennte Konten zu buchen. Die Hauptschuld eines Verbrauchers ist dann nach derzeitigem Stand mit regelmäßig höchstens 4,12 % zu verzinsen. Die anfallenden Verzugszinsen sind auf gesondertem Konto verbucht und mit höchstens 4 % zu verzinsen – also dem gesetzlichen Zinssatz nach § 246 BGB (§ 497 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Musterklausel: Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
Wegen der in der Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtung unterwirft sich Herr X der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen, mit der Maßgabe, dass Vollstreckungsklausel ohne Nachweis und Behauptung der die Fälligkeit begründenden Tatsachen erteilt werden kann.
[21]Vorteil dieser Klausel: Diese Unterwerfungsklausel verschafft dem Gläubiger einen Vollstreckungstitel ohne Einschaltung des Gerichts. Voraussetzung ist allerdings, dass die Urkunde von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar in der vorgeschriebenen Form aufgenommen wurde und einen Anspruch enthält, der die Zahlung einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat. Üblich ist diese Klausel vor allem hinsichtlich des Kaufpreises bei Grundstückskaufverträgen (die ohnehin stets beim Notar abgeschlossen werden müssen) sowie beim materiellen Schuldanerkenntnis (Kap. 1.10).
Musterklausel: Gerichtsstandsvereinbarung für Kaufleute
Für alle Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrag sollen die für den Wohnsitz (bzw. Ort der geschäftlichen Niederlassung) des Verkäufers zuständigen Gerichte örtlich zuständig sein.
oder:
Erfüllungsort für Lieferung und Zahlung sowie Gerichtsstand ist der Wohnsitz des Lieferers.
oder einfach:
Gerichtsstand ist München.
Vorteil dieser Klauseln: Der Gläubiger kann an dem ihm günstig gelegenen Gericht den Rechtsstreit führen. Hierzu kann er sich, soweit erforderlich, seines gewohnten Rechtsanwaltes bedienen, ohne weitere Anwälte an anderen Gerichtsorten zu bemühen. Dies kann einerseits zu einer Verringerung von Kosten führen. Zudem ist dem Gläubiger bzw. seinem Rechtsanwalt meistens die Rechtsprechung dieses Gerichts bekannt.
Bei Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das Gericht erspart er sich ansonsten notwendige Reisekosten.
Diese Gerichtsstandsvereinbarung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn beide Parteien zur Zeit des Vertragsabschlusses Kaufleute sind, dann aber auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen3. Gerichtsstandsvereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind im nichtkaufmännischen Verkehr nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Verstoßes gegen den Grundgedanken des § 38 ZPO (Verbraucherschutz!) unwirksam4. Mit Nichtkaufleuten ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich nach dem Entstehen der Streitigkeit oder für den Fall geschlossen wird, dass der Schuldner nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlegt – wichtig bei Ausländern als Schuldnern, die in ihr Heimatland zurückkehren könnten – oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist (§ 38 Abs. 3 ZPO).
[22]Muster: Gerichtsstandsvereinbarung für Nichtkaufleute
Für den Fall, dass Herr Herbert Mayer, Donaugasse 14 in 93049 Regensburg, nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort im Zeitpunkt einer etwaigen Klageerhebung nicht bekannt ist, vereinbaren die Vertragsschließenden für alle Klagen wegen Streitigkeiten aus dem heute abgeschlossenen Werkvertrag München als Gerichtsstand.
München, den 12.03.2021
Franz Huber
Herbert Mayer, Bauschreinerei
(Unterschrift)
(Unterschrift)
Am Nymphenbad 13
82123 München
Ausnahmsweise darf auch zwischen Nichtkaufleuten von vornherein ein Gerichtsstand vereinbart werden, wenn eine der Parteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat (§ 38 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dies empfiehlt sich sehr mit Ausländern, die im Ausland wohnen. Die Vereinbarung muss aber in jedem Fall schriftlich abgeschlossen oder falls mündlich abgeschlossen, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der vertragsschließenden Parteien einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, so kann nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder bei dem für sie ein besonderer Gerichtsstand begründet ist (vgl. Kap. 2.7.1).
Musterklausel: Schiedsvereinbarung
Alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertrag vom 12.03.2021 betreffend den Einbau einer kompletten Erdgas-Warmwasserheizung in den Neubau München, Perlacher Str. 14, sind unter Ausschluss des Klageverfahrens vor den ordentlichen Gerichten nach den Bestimmungen der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS)5 durch ein Schiedsgericht zu entscheiden. Schiedsrichter soll sein …
Vorteil dieser Klausel: Diese Schiedsvereinbarung, über die, wenn ein Verbraucher beteiligt ist, stets eine gesonderte Vereinbarung zu treffen ist, weil die Urkunde keine anderen Regelungen enthalten darf als solche, die sich auf das schiedsgerichtliche Verfahren beziehen (vgl. § 1031 Abs. 5 ZPO; bei notarieller Beurkundung darf die Urkunde auch andere Vereinbarung neben der Schiedsvereinbarung enthalten), führt zur beschleunigten Streiterledigung unter Ausschaltung der (biswei...