Kapitel 1 Ein unspektakulärer Aufstieg
Der Lebensweg des Werner Teske ist – sieht man vom Finale ab – kaum außergewöhnlich für DDR-Biografien. Teske gehörte einer Generation an, die, noch in der Kriegszeit geboren, ihre Schulzeit in der Aufbauphase eines neuen, sozialistischen Deutschlands verbrachte. Die jungen Menschen wuchsen in einer Trümmerlandschaft auf, und Lebensmittelkarten steuerten die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Die Eltern organisierten mit viel Kraft und Zeit den Alltag. Dank einer ambitionierten Bildungspolitik in der DDR gelang es vielen Menschen dieser Generation, aus dem traditionellen Arbeitermilieu in die neue Akademikerschicht aufzusteigen.
Werner Teskes Kindheit und Jugendzeit waren von der Nachkriegsatmosphäre geprägt. Durch das Berlin der vier Besatzungsmächte verlief die ideologische Konfliktlinie der Machtblöcke von Straßenzug zu Straßenzug zwischen den drei Westsektoren und dem Ostsektor. Zwischen den Westalliierten einerseits und den Sowjets andererseits brach ab 1948 ein Kalter Krieg aus, durch den die Menschen in dieser Stadt den verfeindeten Lagern zugeordnet wurden. Die politische Spaltung Deutschlands in einen West- und einen Ostteil war in Berlin tagtäglich deutlicher zu spüren als anderswo. Berlin war eine Frontstadt, in der sich zwei grundverschiedene gesellschaftspolitische Systeme vier Jahrzehnte lang unversöhnlich gegenüberstanden.
An der Nahtstelle der Ost-West-Konfrontation tummelten sich die Geheimdienste vieler Staaten. Die unsichtbare Front, titelten im Jahr 2000 die Autoren eines Buches über Geheimdienste im geteilten Berlin.1 James-Bond-Autor Ian Fleming stilisierte gar die Spionage zu einer der wichtigsten »Industrien« West- wie auch Ost-Berlins.2
Die politisch aufgeheizte Atmosphäre beeinflusste auch Werner Teskes Generation. Waren Freundschaften über die Sektorengrenzen hinweg Anfang der 1950er-Jahre noch möglich, schrumpfte der Vorrat an Gemeinsamkeiten dieser Generation rasch. Die Lebenswege der zu Beginn der 1940er-Jahre Geborenen entwickelten sich in Ost und West systembedingt immer weiter auseinander.
Die Eltern Werner Teskes bemühten sich redlich durch die Kriegsjahre. Der Vater Erich, 1902 im brandenburgischen Neuendorf geboren, war Stahlbauschlosser. Aus seiner ersten Ehe mit Berta, geborene Jarrek – sie starb vor Kriegsbeginn –, stammte der 1935 geborene Stiefbruder. Erich Teskes zweite Ehefrau Anna, 1903 im schlesischen Gleiwitz geboren, brachte am 24. April 1942 in Berlin Werner zur Welt. Sie litt damals unter Ernährungsstörungen und musste annähernd neun Monate im Krankenhaus bleiben. Dies und die Luftangriffe der Alliierten auf die Hauptstadt veranlassten die Familie, Werner vorübergehend zu einer Tante nach Potsdam-Babelsberg zu geben.
Von einer unbeschwerten Kindheit kann wohl kaum die Rede sein. Die Familie erlebte das Kriegsende am Hendrichplatz in Lichtenberg. In seinem sechsten Lebensjahr zog sich Werner wegen der schlechten Versorgung mit Lebensmitteln und Heizmaterial eine Paratyphus-Erkrankung mit Lungenentzündung zu. Er war längere Zeit im Krankenhaus. Von 1948 bis 1956 besuchte Werner Teske eine Grundschule in Berlin-Lichtenberg. Im Rückblick charakterisiert er seine Kindheit: »Aufgewachsen bin ich in einer zwar sachlichen, aber gefühlskalten Atmosphäre. Mutteroder Elternliebe kannte ich nicht.«3 Als Jugendlicher sei er mit seinen Problemen statt zu den Eltern lieber zu seinem älteren Stiefbruder gegangen, »weil ich nichts von meinen Eltern zu erwarten gehabt hätte. Ein Vertrauensverhältnis fehlte.«4 Und: »Von der Erziehung meiner Eltern ist bei mir der Hang oder die Pflicht zur Sparsamkeit übrig geblieben.« Aber er fühlte sich durch seine Eltern materiell abgesichert. »Sie handelten nach dem alten Grundsatz der Arbeiter: Die Kinder sollen es mal besser haben«, rekapituliert Werner Teske.
Die achtjährige Grundschule durchlief Werner Teske ohne Probleme. Er sagt von sich: »Das Lernen fiel mir leicht, ich besaß eine gute Auffassungsgabe und ich brauchte nicht viel Fleiß aufwenden, um ständig gute bis sehr gute Leistungen zu erreichen.« Frühzeitig erkannten die Lehrer das Potenzial des Schülers und rieten in der siebten Klasse zum Oberschulbesuch mit dem Ziel, das Abitur zu abzulegen. Allerdings machten sie zugleich deutlich, dass für den Besuch der weiterführenden Schule eine politisch-gesellschaftliche Positionierung erwartet werde: die Mitgliedschaft bei den Jungen Pionieren. Der zwölfjährige Werner trat also in die Pionierorganisation »Ernst Thälmann« ein – ohne Rücksprache mit den Eltern. Er konnte davon ausgehen, dass sie dies kaum befürwortet hätten. Politik war in der Familie kein Thema. So sperrten sich die Eltern auch gegen die in der achten Klasse übliche Jugendweihe und schickten den Sohn stattdessen zum Konfirmandenunterricht in die evangelische Kirchengemeinde. Die Konfirmation erfolgte noch 1956, doch sie sollte für die schulische Entwicklung des Jungen anscheinend keine negativen Folgen haben.
Der heranwachsende Werner Teske kann als idealtypisch für die junge Generation in der Frühphase der DDR gelten, als erste DDR-Aufsteiger-Generation – auch ohne Jugendweihe. In ihrem Selbstverständnis ging es der SED-Führung darum, neue Menschen, sozialistische Persönlichkeiten herauszubilden. Die 1946 gegründete Freie Deutsche Jugend (FDJ) proklamierte Grundrechte für die junge Generation wie das auf Bildung, Arbeit und Erholung. Erst ab 1949 orientierte sie sich ausschließlich an den Zielen der SED und entwickelte sich zur »Kampfreserve der Partei«.
Gegen Ende des siebten Schuljahres überzeugte ein Lehrer Werner Teske, in die FDJ einzutreten. Der Schüler tauschte das weiße Pionierhemd mit dem blauen Halstuch gegen das Blauhemd der Jugendorganisation. Dank guter schulischer Leistungen und FDJ-Zugehörigkeit wechselte er im September 1956 zur Franz-Mehring-Oberschule in Lichtenberg, einer Schule mit neusprachlicher Ausrichtung, also ohne Latein-, aber mit Englisch-und Französischunterricht. Werner Teske bezeichnet sich später selbst als strebsam, aber nicht als Streber. Er habe Gemeinschaften gemocht, boten sie ihm doch mehr menschliche Nähe als sein Elternhaus. Gerade in der Oberschule habe er die Freizeit angesichts der Fülle des Unterrichtsstoffes als begrenzt empfunden. Wichtig war ihm der Handballsport, mit dem er im zehnten Lebensjahr begonnen hatte. Als guter Spieler fand er Anerkennung, engagierte sich für den Aufstieg seiner Mannschaft und durfte 1959/60 als Auswahlkader der Berliner Jugendhandballer sowie der Junioren-Feldhandball-Auswahl am Punktspielbetrieb teilnehmen. Dem Handballsport im Sportclub (SC) Dynamo in Lichtenberg blieb er bis zu seinem Diplom-Studienabschluss verbunden.
Noch während der Oberschulzeit verdiente Werner Teske sein erstes eigenes Geld. Für einen Kohlenhändler in der Nachbarschaft fuhr er mit dem Handwagen Kohlen aus, und an den Wochenenden sammelte er als Balljunge auf einem Tennisplatz die Bälle vom Spielfeld auf. Damit finanzierte der Oberschüler seine Kinobesuche. Heimlich besuchte er auch Kinos im Westteil der Stadt. Die West-Berliner Kinos nahe der offenen Sektorengrenze lockten vor dem Mauerbau Besucher aus dem Osten mit ihrem internationalen Filmangebot und Eintrittskarten zu Pfennigbeträgen. Politisch nicht ganz korrekt, traf sich Werner Teske öfter mit einem ehemaligen Schulkameraden, der einige Jahre zuvor mit seinen Eltern nach West-Berlin geflüchtet war. Gelegentlich besuchte er Verwandte im Westsektor der Stadt. Aber er selbst hegte wohl keine Ambitionen, vom Osten in den Westen überzusiedeln.
Die in Berlin unübersehbare politische Systemkonkurrenz gab den Lehrkräften an den Schulen in beiden Stadthälften zumindest bei den oberen Klassen hinreichend Argumentationsmaterial für die Herausbildung des jeweils erwünschten politischen Bewusstseins. Im Ostteil Berlins wesentlich stärker als im Westteil. Das vermittelte Demokratieverständnis unterschied sich deutlich in Ost und West, so auch das politische Engagement der jungen Generation. Teskes gesellschaftspolitisches Interesse und Engagement begannen während der letzten Schuljahre an der Franz-Mehring-Oberschule. Er wurde gefördert, und man übertrug ihm die Funktion des Stellvertreters des FDJ-Gruppensekretärs. »An der Oberschule hat sich bei mir durch den Unterricht in den Fächern Geschichte und Staatsbürgerkunde sowie die FDJ-Arbeit und das Zusammenwirken mit dem Klassenlehrer allmählich eine politische Interessiertheit herausgebildet, die langsam zum aktiven politischen Denken führte, also nicht nur die Wiedergabe geforderten Wissens«, beschreibt Teske seine politische Sozialisation.5 Diese kann als gegenläufig zum politisch abstinenten Elternhaus betrachtet werden. Werner Teskes Eintreten für die Politik der DDR hatte vor allem Differenzen mit der Mutter zur Folge. Ihr habe vor allem missfallen, dass sich der Sohn an FDJ-Demonstrationen und -Flugblattaktionen in West-Berlin beteiligte. FDJ-Aktionen waren im Westteil der Stadt nicht nur unerwünscht, sondern verboten und hatten zuweilen Verhaftungen zur Folge. Werner Teske blieb die Bekanntschaft mit der Politischen Polizei in West-Berlin erspart. Der Umfang der Agitationsaktionen der FDJ in West-Berlin ging ohnehin mit dem Mauerbau im August 1961 rapide zurück.
Während seiner Schulzeit hat Teske nie den Eindruck gehabt, dass die Lehrer ihren Schülern die Staatsideologie eintrichtern wollten. Für ihn war die DDR mit ihrem Gesellschaftssystem alternativlos. Weltanschaulich war er davon überzeugt, dass das Klassenbewusstsein der Arbeiter und der Antifaschismus eine neue sozialistische Gesellschaft hervorbringen würden und dies in Deutschland nur in der DDR möglich sei. Er hat keinen unmittelbaren Zwang gespürt, sich den Massenorganisationen anzuschließen. In Teskes Oberschulklasse waren nur acht von 25 Schülerinnen und Schülern in der FDJ. Der Schüler wuchs im Spannungsfeld zwischen einem politikabstinenten Elternhaus und dem eigenen wachsenden politischen Interesse heran. Die Schuljahre bis zum Abitur verliefen ohne größere Probleme. Teske bestand im Frühsommer 1960 das Abitur mit der Note Gut.
Werner Teske war 18 Jahre alt und nach seit 1950 geltendem DDR-Recht volljährig. Er konnte seinen beruflichen Weg selbst bestimmen. »Mit zunehmendem politischen Verständnis kristallisierte sich gleichfalls mein Studienwunsch heraus, und zwar die Wirtschaftswissenschaften. Der prinzipielle Anstoß dazu kam durch den Staatsbürgerkundeunterricht. […] Jedenfalls führte dies dazu, daß ich von mir aus Literatur über die Wirtschaft der DDR gelesen habe und so meinen Studienwunsch festigte. […] In der 12. Klasse entschied ich mich für ein Studium der Finanzökonomie«, beschreibt Teske später seine Entscheidungsfindung für das Studienfach.6
Als Arbeiterkind mit einer guten Abiturnote, dank seines politischen Engagements in der FDJ und als aktiver Sportler waren für ihn die Hürden zu einem Universitätsstudium in der DDR nicht hoch. Er bekam sogar einen Studienplatz an der von ihm favorisierten Humboldt-Universität zu Berlin und nahm im September 1960 das Studium der Finanzökonomie auf. Tatsächlich war der wissbegierige und begabte Werner Teske einer der Adressaten der expansiven Bildungspolitik in der DDR. Mit ihm starteten Anfang der 1960er-Jahre knapp 21 000 Erstsemester im Direktstudium und fast 9000 im Fern- oder Abendstudium.7 Jeder zweite Direktstudierende kam aus einer Arbeiterfamilie;8 in der Bundesrepublik waren es seinerzeit deutlich weniger als zehn Prozent. Bereits in den ersten Wochen seines Studiums wurde Teske von seinen Kommilitonen zum Seminarsekretär, eine Art Sprecher, gewählt, und er übernahm damit auch die Aufgaben des FDJ-Gruppensekretärs. Seine Rolle bezeichnet er rückblickend als »Schaltstation zwischen den Interessen der Studenten und den Forderungen des Lehrkörpers«.9 Dieses Mandat behielt er während seiner Studienzeit. Der »Jugendfreund Werner Teske« gehöre zu den besten Studenten der Seminargruppe, heißt es in einer Beurteilung. In gesellschaftlicher Hinsicht sei Werners Arbeit als vorbildlich zu betrachten. Er erfülle die FDJ-Funktionen sehr verantwortungsvoll. Bei allen Einsätzen zeige er viel Initiative und verstehe es, auch die anderen mitzureißen, heißt es weiter. Er galt als gesellschaftspolitisch engagierter Student, bewege sich ideologisch gefestigt durch das Studium.10 Nicht immer stromlinienförmig: Den Bau der Mauer in Berlin am 13. August 1961 fand er aus ökonomischer Sicht richtig, als politische Maßnahme bewertete er ihn eher skeptisch. Das blieb nicht unwidersprochen. »In einer Prüfung wurde mir mein falscher Standpunkt aufgezeigt und mir die politische Notwendigkeit erläutert«, sagt er später.11 Im Lehrkörper der Universität wurde positiv wahrgenommen, dass er in den Seminaren Probleme aufwarf und damit die Arbeit der Gruppe belebte. Ein methodisch-didaktisches Talent zeichnete sich ab.
Im dritten Studienjahr musste sich der Student der Finanzökonomie zwischen den Fachrichtungen Geld, Finanzen der Industrie einerseits und Staatshaushalt andererseits entscheiden. Er wählte die Fachrichtung Staatshaushalt. Als Werner Teske sein Studium 1964 als Diplomwirtschaftler mit der Gesamtnote Gut abschloss, hatte er durch die Absolventenvermittlung der Humboldt-Universität bereits einen Arbeitsvertrag mit der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in der Tasche. Der damalige Direktor des Instituts für Finanzwesen an der Humboldt-Universität, Professor Erwin Rohde, überzeugte ihn aber von einer Alternative:12 Als Student wie als aktiver FDJler hatte Teske sich im Lehrkörper des Instituts ein gutes Ansehen erworben, sodass man ihm ermöglichen wollte, als wissenschaftlicher Assistent an der Universität zu bleiben. Da er schon von der Oberschule gute Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch und Russisch mitgebracht hatte, vertiefte er diese an der Uni und legte Ende 1964 die Sprachkundigenprüfungen in Französisch und Russisch ab. Bei aller Neigung zu Fremdsprachen faszinierte ihn jedoch die Welt der Zahlen, er begriff sie als ökonomisches Instrument zur praktischen Anwendung in einer sozialistischen Wirtschaftsordnung. Als wissenschaftlicher Assistent blieb er also dem Themengebiet Staatshaushalt verbunden und steckte sich das Ziel, zu diesem Thema zu promovieren.
Für den jungen Wirtschaftswissenschaftler wurde die Universität zu seiner Welt. Sie bot ihm immer wieder neue Herausforderungen, sie spornte ihn an, vermittelte ihm das Gefühl der Anerkennung. Als wissenschaftlicher Assistent betreute er die Seminargruppe des vierten Studienjahres und Diplomarbeiten, arbeitete dem Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus13 zu und beteiligte sich an Untersuchungen im Auftrag des Volkskammerausschusses für Haushalt und Finanzen. »Er erfüllte bereits nach kurzer Einarbeitungszeit voll und ganz die Anforderungen, die an einen Assistenten gestellt werden. Schon im ersten Assistenzjahr konnte er mit der Durchführung bestimmter Spezialseminare beauftragt werden«, heißt es im Antrag der Institutsleitung für eine finanzielle Zuwendung an Teske im Frühjahr 1966.14 Er stieg zum wissenschaftlichen Oberassistenten auf, wurde Mitglied der Geschäftsleitung des Instituts und sein Aufgabenfeld immer breiter: Hinzu kamen Vorlesungen und Vorträge, er wurde Mitglied der Zulassungskommission und reiste mit Delegationen zu Partneruniversitäten in Wrocław (1965), Kraków (1966) und Gdańsk (1967). Selbstverständlich trat er in den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) ein und engagierte sich als gewerkschaftlicher Vertrauensmann in der Prämienkommission der Fakultätsgewerkschaftsleitung.
Institutsdirektor Erwin Rohde sprach sein Nachwuchstalent schon 1965 an, dass er auch politisch gut in das Kollektiv hineingewachsen und die Zeit reif sei, sich der Partei anzuschließen. Als gesellschaftspolitisches i-Tüpfelchen und berufsperspektivisch nur folgerichtig wurde Werner Teske im November 1965 Kandidat und im Oktober 1966 Mitglied der SED. Man attestierte ihm ein gutes politisch fundiertes Wissen. Derart weltanschaulich gefestigt schickte ihn die Partei als Seminarleiter für Wirtschaftsfunktionäre in das Transformatorenwerk Oberschöneweide (TRO). Seine Aufgabe: im Rahmen des Parteilehrjahres zur ideologischen Festigung der Arbeiter in der Produktion beizutragen. Er füllte diese Aufgabe als überzeugender Propagandist der sozialistischen Gesellschaftsordnung aus und erwies sich auch für die Parteiarbeit als methodisch-didaktisch kompetent.
Ohne Zweifel erachtete der junge Werner Teske die DDR als seine politische Heimat, die ihm den Aufstieg ermöglichte. Er bejahte das System des Sozialismus, das ihm eine Berufs- wie Lebensperspektive bot, sah sich als Teil des Ganzen, einer der Zukunft zugewandten sozialistischen Gesellschaft, und strebte nach seiner Promotion eine wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften an. Tatsächlich standen ihm in seiner Fachrichtung Staatshaushalt und dank seiner fremdsprachlichen Qualifikationen viele Türen zu zahlreichen Institutionen der Republik offen. Davon war er überzeugt. In einer Beurteilung der Institutsleitung ist zu lesen: »Herr Teske ist seit zwei Jahren als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Finanzwesen tätig und zählt zu den fähigsten Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses. […] Er besitzt eine gute Auffassungsgabe, ist fleißig und zielstrebig. […] Er übernimmt bereitwillig Aufgaben und erfüllt sie sehr gewissenhaft. Herr Teske ist sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Er findet schnell Verbindung zum Kollektiv. Wir sind überzeugt, daß er seine Verpflichtungen, innerhalb der vorgeschriebenen Assistentenzeit zu promovieren, einhalten wird. Herr Teske setzt sich als Mitglied der SED auch aktiv für die Ziele unseres Staates ein. Wir halten Herrn Teske für durchaus geeignet, nach Abschluß seiner Promotion im Ausland im Bereich des Hochschulwesens eingesetzt zu werden. Er bringt die dafür notwendigen fachlichen und politischen Voraussetzungen mit.«15 Ohne Zweifel ein solides Fundament für Teskes weitere Karriere. Er erwies sich als sattelfester Wirtschaftswissenschaftler mit analytischer Begabung und gehörte insofern zur neuen Garde in der DDR.
Den Staatshaushalt als wichtiges Lenkungsinstrument im Finanzsystem der DDR hatte Werner Teske bereits in seinem Studium erkannt. Das Gestaltungspotenzial auszuloten, mag ihn als wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchskader besonders gereizt haben. Als Doktorand bearbeitete er akribisch sein Promotionsthema zu »Möglichkeiten der Anwendung mathematischstatistischer Methoden bei der Aufstellung des Haushaltsplanes in den örtlichen Organen der Staatsmacht«. Ein vielversprechender Themenzuschnitt, wie die Institutsleitung wohlwollend registrierte, denn sie wollte ihn gern weiterhin als Oberassistent in ihren Reihen wissen. Aber a...