Wörterzauber statt Sprachgewalt
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Wörterzauber statt Sprachgewalt

Achtsam sprechen in Kita, Krippe und Kindertagespflege

  1. 96 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Wörterzauber statt Sprachgewalt

Achtsam sprechen in Kita, Krippe und Kindertagespflege

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Lea Wedewardt beschreibt in diesem Buch anhand von ganz konkreten Beispielsituationen, was Worte bewirken können.Es sind Situationen, die jede: r aus dem Kita-Alltag kennt. Die Worte "rutschen einem so raus", unbedacht oder auch ganz bewusst, denn manchmal "muss man auch Klartext reden". Dass Worte einen ganz entscheidenden Einfluss darauf haben, wie sich ein Kind fühlt und welches Bild es langfristig von sich selbst entwickelt, zeigt die Autorin hier deutlich. Dabei schafft sie es, dass man sich regelmäßig wie "ertappt" fühlt und unbedingt wissen möchte, wie es denn anders geht. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger sensibilisiert sie für einen Umgang mit Sprache als "Wörterzauber" statt als "Sprachgewalt". Was macht achtsame Sprache aus und wie gelingt sie im oft hektischen und stressigen Alltag mit den Kindern?

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783451826221

Wie Worte wirken

1Die Macht der Sprache

„Ist doch nicht so schlimm!”, sagt Erzieherin Birgit zum dreijährigen Jonas, der gerade hingefallen ist und weint. Ein kleiner Satz, eben mal gesagt, so nebenbei, fünf aneinandergereihte Worte, wenige Silben, die über Birgits Lippen rutschen. Diese Worte zeigen Wirkung, eine größere, als man zunächst annehmen möchte. Sie senden eine Botschaft, die Jonas unter Umständen für sein Leben prägen kann.
Je nachdem, wie häufig Jonas diesen oder einen ähnlichen Satz hört, trägt die enthaltene Botschaft dazu bei, wie er über sich selbst denkt und was er von sich hält. Die Worte können also großen Einfluss darauf haben, welches Bild sich Jonas letztendlich von sich selbst macht – zum Beispiel:
Das, was du fühlst, ist falsch!
Fühle anders!
So, wie du bist, bist du falsch!
Deinen Empfindungen kannst du nicht trauen!
Weinen ist nicht o.k.!
Auf diese Weise lernt Jonas, dass er falsch ist und falsch empfindet, dass er seine Gefühle lieber nicht zeigen sollte und aushalten muss, was schmerzt. Die damit abgespeicherte Selbstbildkomponente kann sich in negativer Weise auf sein Selbstvertrauen, sein Selbstbewusstsein und auch auf seine sozial-emotionalen Kompetenzen auswirken. Aus der Forschung ist hinlänglich bekannt, dass wenig Selbstvertrauen sowie Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen und im sozialen Miteinander sich auf die emotionale Widerstandskraft (Resilienz) auswirken können (vgl. Wustmann 2004; Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse 2019; Weltzien u.a. 2016).
Wie Menschen miteinander sprechen, beeinflusst also den Selbstwert und das Selbstbild des Kommunikationspartners. Die Familientherapeutin Virginia Satir (2018, S. 39) schreibt: „Kommunikation ist der Maßstab, mit dem zwei Menschen gegenseitig den Grad ihres Selbstwerts messen, und sie ist auch das Werkzeug, mit dem dieser Grad für beide geändert werden kann.”
Pädagogische Fachkräfte haben es neben den Eltern in der Hand, Kinder in positiver wie negativer Weise durch ihre Sprache, ihre Worte zu prägen.
Während der Kita-Zeit sammeln Kinder jede Menge Erfahrungen, was die Kommunikation zwischen Menschen anbelangt. Und in genau dieser Zeit erlangen sie eine Idee darüber, wie sie sich selbst sehen, was sie von anderen erwarten können und was ihnen in der Welt als möglich oder auch als unmöglich erscheint (vgl. ebd.). Pädagogische Fachkräfte sind Teil dieser Erfahrungen, über ihre Kommunikation mit den Kindern können sie eine Spur in deren Selbstbild hinterlassen, die die Kinder fühlen und begreifen lässt: „Ich bin gut!” „Ich kann etwas erreichen!” „Ich bin wertvoll, so wie ich bin!”

1.1Eine gewaltbewusste Sprache

Welche Gewalt Sprache ausüben kann, wird im Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation” deutlich. Der Begründer Marshall Rosenberg zeigt auf, dass sich Gesagtes für das Gegenüber äußerst schmerzhaft und übergriffig anfühlen kann. Er spricht dabei von der sogenannten Wolfssprache, die den Anderen ängstigt, beschämt oder verärgert. Eine gewaltvolle Sprache ist von Herrschaft, Dominanz, Macht, Rechthaberei, Kleinmachen, Beschuldigung und Beschämung geprägt. Sie führt dazu, dass sich Menschen voneinander entfernen statt zueinander zu finden, dass sie sich abschirmen statt sich zu öffnen, einigeln statt weich und zugänglich zu bleiben.
Unbeherrschte Worte wie „Du wirst es nie zu etwas bringen” oder „Du bist ein furchtbares Kind!” sind wie ein Schlag ins Gesicht und führen dazu, dass das Gegenüber schlecht über sich selbst denkt, wütend wird oder sich verletzt zurückzieht. Worte haben Macht! Mit Worten ist es möglich, Grenzen massiv zu übertreten, zu verletzen, kurz: eine psychische Ohrfeige zu verpassen.
„Worte sind Mauern – oder auch Fenster”
(Marshall Rosenberg)
Es ist heute bekannt, dass psychische Gewalt genauso schmerzhaft ist wie körperliche Gewalt. Und eine entscheidende Komponente, über die psychische Gewalt ausgeübt wird, ist die Sprache. Eine Studie an der Universität Michigan konnte zeigen, dass im Gehirn von Menschen bei psychischem und körperlichem Schmerz die gleichen Hirnareale aktiv sind (vgl. Kross u.a. 2011). Auch eine groß angelegte Langzeitstudie mit 2.500 Kindern im Alter zwischen 5 und 15 Jahren der Universität Minnesota kam zu dem Schluss, dass verbale Herabwürdigung, Demütigung und Bewertung ähnliche negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder haben wie körperliche Misshandlungen (vgl. Vachon u.a. 2015).
Umgekehrt kann ein Satz, ja sogar ein einziges kleines Wort dazu beitragen, einander die Hand zu reichen, das Herz zu öffnen, sich zu erfreuen, zu stärken, sich gegenseitig aufzumuntern und zu motivieren. Ein einziger Satz kann wie ein Pfeil schießen oder aber Wunden heilen, wie ein Filter oder wie ein Spiegel der Seele wirken, Kooperation fördern oder Widerstand hervorrufen. Sprache kann so schmerzhaft sein und so heilsam.
In der Gewaltfreien Kommunikation verwendet Marshall Rosenberg im Gegensatz zur Wolfssprache für die gewaltfreie, friedvolle Sprache das Bild der Giraffe – nicht ohne Grund, denn es handelt sich dabei um das Landtier mit dem größten Herzen. Dieses Tier soll die Sprache des Herzens repräsentieren, die geprägt ist von Freundlichkeit, Mitgefühl und Verbindung. Es handelt sich um eine sanfte Sprache, die von Herzen kommt, die etwas über den Sprechenden preisgibt anstatt den anderen zu verurteilen. Sie ist kraftvoll und drückt aus: „Ich verstehe und sehe dich!”

1.2Sprache als wichtiges Element der Kommunikation

Das gesprochene Wort macht nur einen Teil der Kommunikation des Menschen aus. Weitere Komponenten sind im Tonfall, der Tonhöhe, der Mimik, Gestik und im Sprachtempo zu verorten. Neben der rein verbalen Kommunikation gibt es auch die paraverbale Kommunikation und die non-verbale Kommunikation (vgl. Watzlawick u.a. 2003; Maletzke 1996).
Egal, was wir sagen, die Haltung ist entscheidend, so heißt es oft. Das stimmt auch zu weiten Teilen. Wenn ich zu einem Kind liebevoll „Du Dummi!” sage und dabei zugewandt und freundlich bleibe, so kann ich hoffen, dass es den Spaß versteht und meine Worte richtig interpretiert. Und dennoch sollte das gesprochene Wort in seiner Wirkweise nicht unterschätzt werden. Ein Kind wird trotzdem unterschwellig hören: „Ich bin dumm!” Auch hier gilt die altbekannte Weisheit: Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte, achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen …
Bereits seit den 1930er Jahren wurden die Sprache und ihre Auswirkung auf unser Denken untersucht. Die amerikanischen Linguisten Edward Sapir (1884–1939) und Benjamin Lee Whorf (1897–1941) stellten die These auf: Wenn Menschen in unterschiedlichen Ländern grundverschieden sprechen, dann denken sie auch unterschiedlich. Wenngleich ihre Behauptung zunächst ohne Nachweis blieb, kann heute belegt werden, dass ihre Annahme stimmt und Sprache das Denken formt (vgl. Boroditsky 2012). Wie wir sprechen beeinflusst unser Denken, und wie wir denken prägt unsere Wirklichkeit. Unsere Sprache konstruiert also auch unsere Wirklichkeit.
Der Psychologe Lew Wygotski hat sich in den 1970er Jahren der Frage gewidmet, welchen Zusammenhang Sprache und Denken haben (vgl. Wygotski 1974). Er stellte die Behauptung auf, dass das Denken sich nicht nur im Wort wiederfindet, sondern sogar durch das Wort erfolgt (vgl. ebd., S. 303). Sprache kann also als Werkzeug des Denkens verstanden werden. „Sprache ist die Kleidung der Gedanken”, so formulierte es einst der englische Sprachforscher und Journalist Samuel Johnson (1709–1784).
Jeder Satz, der gesprochen wird, macht deutlich, welche Haltung dahintersteht und welches Bild vom Anderen – in diesem Fall, was der jeweilige Erwachsene über das Kind denkt. Wygotski vergleicht Gedanken mit einer hängenden Wolke, die sich erst durch einen Regen von Wört...

Inhaltsverzeichnis

  1. [Haupttitel]
  2. [Impressum]
  3. [Inhalt]
  4. Einleitung
  5. 1 Die Macht der Sprache
  6. 2 Vorurteilsbewusstes Sprechen üben
  7. 3 Von der Androhung zur Empathie
  8. 4 Verbalen Adultismus reflektieren
  9. 5 Geschlechtersensible Sprache nutzen
  10. 6 Manipulation vermeiden
  11. 7 Bewertungen vermeiden
  12. 8 Vom Lob zur Wertschätzung
  13. 9 Gefühlssprache entdecken
  14. 10 Von der negativen zur positiven Sprache
  15. 11 Klare Sprache bevorzugen
  16. 12 Bitten statt Forderungen
  17. 13 Verantwortung übernehmen
  18. 14 Verbale Grenzüberschreitungen bewusst machen
  19. 15 Sprache verändern braucht Zeit
  20. Literatur
  21. Anhang