Philosophische Anthropologie und Religion
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Philosophische Anthropologie und Religion

Religiöse Erfahrung, soziokulturelle Praxis und die Frage nach dem Menschen

  1. 302 Seiten
  2. German
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Philosophische Anthropologie und Religion

Religiöse Erfahrung, soziokulturelle Praxis und die Frage nach dem Menschen

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Über dieses Buch

Wie kann eine systematische Betrachtung der Religion mit der Frage nach dem Menschen zusammengebracht werden, ohne dass es auf den klassischen Streit hinauslĂ€uft, ob der Mensch "von Natur aus" religiös sei oder nicht? Das ist die Leitfrage dieses Buches. Hierzu werden verschiedene Untersuchungen zu religiösen Erfahrungen bzw. Erfahrungen des Heiligen mit unterschiedlichen Fassungen der Philosophischen Anthropologie in Beziehung gesetzt. Ausgangspunkt sind dabei Versuche, religiöse Erfahrungen und GefĂŒhle phĂ€nomenologisch zu beschreiben und philosophisch oder theologisch auszulegen. Im Anschluss wird die Frage nach der soziokulturellen Artikulation derartiger Erfahrungen, ihrem VerhĂ€ltnis zum Bewusstsein eigener Geschichtlichkeit und zur diskursiven Praxis gestellt. Zuletzt wird diskutiert, ob die Rede von religiösen Werten geeignet ist, den spezifischen Gehalt derartiger Erfahrungen einzufangen, ohne sich auf die Frage nach der Existenz göttlicher EntitĂ€ten einlassen zu mĂŒssen. Insgesamt berĂŒhren alle BeitrĂ€ge die Frage, welche Rolle ReligiositĂ€t im Lebenszusammenhang menschlicher Personen spielen kann.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783110740028

Religiöses Erleben, soziokulturelle Vermittlung und die Frage nach dem Menschen

Systematische Einleitung
Moritz von Kalckreuth

ZugÀnge zu Religion und ReligiositÀt

In seinem Aufsatz ĂŒber die „Idee des Menschen“ weist Max Scheler darauf hin, dass der Mensch nicht ohne weiteres auf eine Definition zu bringen sei: Er sei nicht einfach ‚nur‘ Geistwesen, sondern auch biologische Gattung und Werkzeugwesen – zumal er auch als Geistwesen nicht nur als ‚Vernunftwesen‘, sondern auch als liebendes Wesen, fĂŒhlendes Wesen und als das Hier und Jetzt „transzendierende“ Wesen verstanden werden könne (vgl. Scheler 1955, 186). Entsprechend hĂ€lt Scheler fest: „Er hat zu viele Enden“ (ebd., 175). Mit der Religion scheint es sich grundsĂ€tzlich Ă€hnlich zu verhalten: Religion und religiöse Praxis begegnen uns regelmĂ€ĂŸig in den Nachrichten, in Romanen, Filmen und Musik, in Kirchen oder religiösen Vereinigungen in der eigenen Nachbarschaft, bei FreizeitaktivitĂ€ten wie Meditation oder Yoga, bei Festen wie Weihnachten oder Hochzeiten, als Symbole an Ketten oder gar tĂ€towiert. Obwohl Religion damit in unserer alltĂ€glichen Lebenspraxis nicht gerade unterreprĂ€sentiert ist, fĂ€llt es auch hier keineswegs leicht, die ganze Bandbreite einschlĂ€giger PhĂ€nomene auf eine bĂŒndige Definition von Religion oder ReligiositĂ€t zu bringen. Wie bei vielen anderen philosophischen und wissenschaftlichen Problemen lĂ€sst sich also auch hier sagen, dass sich das SelbstverstĂ€ndliche genauer betrachtet als erstaunlich vielschichtig und kompliziert herausstellt. Entsprechend verwundert es nicht, dass das wissenschaftliche Interesse an Religion und ReligiositĂ€t entgegen des in der Öffentlichkeit gerne konstatierten ‚RĂŒckzugs‘ der Religion aus dem gesellschaftlichen Leben grĂ¶ĂŸer denn je zu sein scheint: So erscheinen jedes Jahr neue Grundlagenwerke, historische Darstellungen und eine kaum zu ĂŒberblickende Anzahl von Arbeiten zu Detailfragen.
Es wĂ€re reichlich viel verlangt, an dieser Stelle wirklich alle möglichen ZugĂ€nge zur Religion darstellen zu wollen. Stattdessen begnĂŒgen wir uns mit einigen Ă€lteren und jĂŒngeren ‚Klassikern‘ und Alternativen. Ein (zumindest im westlichen, monotheistisch geprĂ€gten Kulturkreis) naheliegender Zugang bestĂŒnde zunĂ€chst einmal in der Frage nach Gott und seiner Erkenntnis. In der Tat wurde seit Platon und Aristoteles ĂŒber Thomas von Aquin, Luther, Descartes, Leibniz, Kant, Hegel und Schleiermacher, ferner Nietzsche, Ritschl und Barth bis heute immer wieder ĂŒber begriffliche Bestimmungen Gottes (bzw. des Göttlichen oder Absoluten), sein VerhĂ€ltnis zum Sein der Welt, zum Menschen und zur Geschichte nachgedacht (vgl. Burkert et al. 1974; Zinser et al. 2008). Dabei wurde oftmals angenommen, dass die Vernunft das entscheidende Vermögen zum Begreifen des Göttlichen (und uns Menschen womöglich sogar eben dafĂŒr verliehen) sei.1 Umgekehrt wurden ReligiositĂ€t oder Glauben bis heute immer wieder als bloße Erkenntnisakte aufgefasst und als (ungesichertes) ‚Vermuten‘ oder ‚Meinen‘, dass etwas Göttliches existiere oder existieren könnte, einem gesicherten ‚Wissen‘ gegenĂŒber gestellt.2
Religion und ReligiositĂ€t erschöpfen sich offenkundig nicht in Erkenntnisakten, sondern gehen auch mit sehr unterschiedlen Erlebnissen, Erfahrungen und GefĂŒhlen einher. Entsprechend kann ein Zugang zu dem gesamten Themenkomplex der Religion auch darin bestehen, derartige „religiöse Erfahrungen“ zu beschreiben und auszulegen. Dieser Zugang – der im vorliegenden Band eine herausgehobene Rolle spielt – soll in den weiteren Abschnitten dieser Einleitung noch genauer thematisiert werden. Da sich die Diskussion jedoch auf die im 20. Jahrhundert entwickelten AnsĂ€tze beschrĂ€nken wird, sei an dieser Stelle zumindest angemerkt, dass die Erlebnisdimension von Religion bereits vorher eine Rolle spielte: Abgesehen davon, dass sich Denker wie Rudolf Otto gerne auf Friedrich Schleiermachers Überlegungen zum GefĂŒhl in den Reden Über die Religion oder auch auf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und dessen Begriff des „sensus numinis“ beriefen (Otto 1932, 6), wĂ€re hier an die lange Tradition der Mystik zu erinnern.
Im Laufe des letzten Jahrhunderts sind zu den beiden gerade genannten ZugĂ€ngen zur Religion noch weitere hinzugekommen, die sich auf verschiedene ‚Tatsachen‘ berufen: So gab es insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedeutende Versuche, Religion ausgehend von unserer sozialen und kulturellen Praxis zu thematisieren. Dabei wurden etwa von Émile Durkheim kollektive Praktiken der Ekstase untersucht (Durkheim 1981), Ernst Troeltsch entwickelte in seinen berĂŒhmten Soziallehren eine Typologie sozialer Gruppierungen innerhalb der Kirche (Troeltsch 1912) und Wilhelm Dilthey stellte sich die Frage, inwiefern sich Religionen und Weltanschauungen im geistigen Leben einer Epoche ausdrĂŒcken oder sich auf andere Bereiche des geschichtlichen Lebens auswirken (Dilthey 1911).3 Besonders wirkmĂ€chtig waren auch Max Webers Untersuchungen zu den Wechselwirkungen von Religion einerseits und gesellschaftlichen Prozessen sowie der wirtschaftlichen Ordnung des Kapitalismus andererseits, woraus Kategorien wie „Rationalisierung“, „BĂŒrokratisierung“ und „Entzauberung“ hervorgingen (Weber 1920/1921; Weber 1972).4 Zuletzt haben im Laufe der letzten Jahrzehnte insbesondere die von Karl Jaspers geprĂ€gte Rede von den „Achsenzeit“ (Jaspers 1957, 14‒32) sowie das Narrativ der SĂ€kularisierung Karriere gemacht.5
Obwohl man vermutlich all diesen Denkern und ihren Kategorien bzw. ‚Narrativen‘ heute aus der Perspektive historischer Quellenanalyse oder vergleichender Kulturforschung die eine oder andere Einseitigkeit attestieren kann, ist dabei doch ziemlich unstrittig, dass diese Kategorien nach wie vor einen wichtigen Beitrag zum inter- und transdisziplinĂ€ren Austausch leisten, indem sie Ausgangspunkte anbieten, von denen aus die hoch spezialisierten Disziplinen miteinander ins GesprĂ€ch kommen können.6 ErgĂ€nzt werden die Diskurse rund um die ‚großen‘ Narrative durch Fachdebatten wie beispielsweise die interdisziplinĂ€re Ritualforschung (vgl. Stollberg-Rilinger 2013) – ganz zu schweigen von zahlreichen Einzelstudien aus der Religions- und Kirchengeschichte (vgl. u. a. Angenendt 2004).
Eine weitere Möglichkeit, sich der Religionspraxis ausgehend von ‚Tatsachen‘ zu nĂ€hern, besteht in einer Analyse der Sprache. Hier ließe sich beispielsweise aus der Perspektive einer Sprachphilosophie untersuchen, was sich im Bereich der Religionspraxis oder -theorie sinnvoll sagen lĂ€sst, inwiefern sich die Bedeutungen der AusdrĂŒcke von anderen Formen des Sprechens unterscheiden (z. B. alltĂ€glichen oder wissenschaftlichen) bzw. welche „Sprachspiele“ (mit Wittgenstein gesprochen) vorkommen (Schneider 2008). Ebenso ließe sich aus einer kultur- und sprachwissenschaftl...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Vorbemerkungen und Danksagungen
  5. Religiöses Erleben, soziokulturelle Vermittlung und die Frage nach dem Menschen Systematische Einleitung
  6. Emotionale Tiefe und die Spielarten der affektiven IntentionalitĂ€t Eine Anwendung auf die Philosophie der Religion
  7. PhĂ€nomenologie des religiösen Erlebnisses Die „Aufzeichnungen“ von Adolf Reinach als Entwurf eines glaubenden Denkens
  8. Religion, religiöses GefĂŒhl und artikulierte Religionskultur
  9. Naturalisierung des Heiligen Die Transzendenz-Immanenz-Dichotomie als Gegenstand religionsanthropologischer Forschung
  10. ReligiositĂ€t als Differenzerfahrung Zur Korrelation von Freiheit und Transzendenz bei Kierkegaard und Plessner
  11. Lost in Enlightenment Zur sprachlichen Darstellung von Erwachenserlebnissen in spĂ€tmoderner informeller ReligiositĂ€t
  12. Das Wertproblem und die religiösen Werte – eine Bestandsaufnahme
  13. Lokalisierung und Apologetik Die Bedeutung von Wolfhart Pannenbergs Rezeption der Philosophischen Anthropologie fĂŒr die theologische Anthropologie der Gegenwart
  14. Person und Welt Zum VerhĂ€ltnis philosophischer und theologischer Anthropologie
  15. Eine ‚neue‘ Metaphysik Das VerhĂ€ltnis von Mensch und Gott in Max Schelers SpĂ€tphilosophie
  16. Der lebensphilosophische UnergrĂŒndlichkeitsgedanke und seine Bedeutung fĂŒr die philosophische Anthropologie
  17. Personenverzeichnis
  18. Sachverzeichnis