Körper in Trance
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Körper in Trance

Dynamische Relaxation, Aktive Tonusregulation und Psychomotorisches Autogenes Training

  1. 103 Seiten
  2. German
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Körper in Trance

Dynamische Relaxation, Aktive Tonusregulation und Psychomotorisches Autogenes Training

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Über dieses Buch

Innere Ruhe wird allgemein mit Passivität verbunden. Dabei ist es oft erst das körperliche Ausagieren, das den Weg in tiefere Entspannung ebnet, etwa im Yoga, Qigong und Tai-Chi. Aber auch zeitgenössische Verfahren, die mit der Hypnose verwandt sind, bauen auf Bewegung auf und schlagen damit eine Brücke zwischen Trance- und Körperarbeit.Der Psychotherapeut und erfahrene Kursleiter Gilles Michaux stellt hier drei dieser Entspannungsverfahren vor: die dynamische Relaxation nach Caycedo, die Aktive Tonusregulation nach Stokvis und die modifizierte Form des Autogenen Trainings nach Abrezol. Alle drei sind darauf ausgerichtet, vom Körper ausgehend den Geist in tranceartige Bewusstseinszustände zu bringen und so psychophysische Beruhigung herbeizuführen. Auf die heutige westliche Lebenswirklichkeit zugeschnitten, eignen sie sich sehr gut zur Integration von Entspannung in den hektischen Alltag. Weil sie die Wahrnehmung des eigenen Körpers fördern, lassen sich die beschriebenen Methoden gut mit embodiment- und achtsamkeitsbasierten Behandlungsansätzen kombinieren.Das Buch enthält genaue Übungsbeschreibungen zum eigenständigen Üben sowie wörtliche Instruktionen zum Anleiten der Übungen für Klient: innen bzw. Patient: innen. Konkrete Fallbeispiele illustrieren den Einsatz der Übungen in der klinischen Praxis und in der Prävention. In zahlreichen Fotos werden alle wichtigen Übungsabläufe und -haltungen anschaulich demonstriert. Die meisten Übungen sind mit einprägsamen Sinnbildern verbunden, die das Verinnerlichen und Behalten der Bewegungsabläufe erleichtern.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783849783761

1 Embodiment, Ideomotorik und Körpertrance

Bereits in den traditionsreichen Ansätzen der Entspannungskultur der asiatischen Versenkungstechniken bilden Körper und Geist eine eng miteinander verwobene Entität, wonach der Körper eine essenzielle Rolle auf dem Weg zur mentalen Beruhigung und Besänftigung spielt, und zwar sowohl auf passiv-statische als auch auf aktiv-dynamische Manier. In diesem Sinne finden sich körperliche Innenschau und Spannungsabfuhr als zentrale Elemente in den Übungen tradierter Entspannungsverfahren wie denen des Yoga, des Tai-Chi und des Qigong wieder (siehe vertiefend Mitzinger 2003 bzw. Scholz 2003). So erkennt auch der Begründer des AT eine deutliche Parallele zwischen der passiven Hinwendung auf neutrale »affektfreie Körpererlebnisse« durch die nach innen gerichtete »Körperschau« des Yoga und seiner sich eben auf diese konzentrierenden und autogenerierenden Entspannungstechnik (Schultz 1932, S. 350 ff.; siehe genauer in Kap. 4). Das Kernprinzip der dynamischen Entspannung des Yoga in Form eines bewussten Einnehmens von und Innehaltens in körperlichen Posituren, den sogenannten Asanas, spiegelt sich tendenziell auch in der Methodik der PR wider, dem kontrollieren Anhalten von muskulärer Spannung. Anders als Schultz distanzierte Jacobson (1963, S. 80; siehe Kap. 7) seine Methode jedoch deutlich vom Yoga, den er aufgrund seiner orientalischen spirituellen Hintergründe als zu mysteriös, sprich »okkult« und somit für Westler nur schwer zugänglich empfand.
Konträr dazu der integrierende Ansatz von Caycedo, dem es mit seiner in den 1960er-Jahren begründeten Dynamischen Relaxation gelang, achtsame Bewegungsübungen aus Tibet, Indien und Japan derart aufzubereiten, dass sie auf leichte, lockere Art und Weise zur psychohygienischen Entspannungsregulation in den westlichen Lebensalltag integrierbar und mit der okzidentalen Weltanschauung vereinbar wurden. Getreu seiner geistigen Wurzeln wählte auch er die Bildersprache für die Bezeichnung seiner Übungspositionen (siehe Kap. 3). Genau wie sich etwa im Yoga die Baumhaltung, die Fisch- und die Kobrapose (siehe Abb. 1) oder im Tai-Chi und Qigong die Bogen- und Kranich-Übungen finden, tragen auch die Übungen der Dynamischen Relaxation bildhafte Namen wie »Marionette« oder »Zielscheibe«. Diese Idee findet sich auch im Psychosomatischen Entspannungstraining (PSE) von Scholz (2001) wieder, dessen Übungen wie etwa die des »Grübelwischers« sich ebenfalls an Tai-Chi und Qigong orientieren. Wollte man eine bewegungsbezogene Metapher verwenden, könnte man auch sagen, dass Caycedo mit seiner Methode »auf den Schultern von Riesen sitzt«. Zu Yoga, Tai-Chi und Qigong liegen mittlerweile vielzählige Wirksamkeitsnachweise in Form von Metaanalysen vor (Pascoe, Thompson a. Ski 2017; Wang et al. 2010; Wang et al. 2013).
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Abb. 1: Fischpose im Yoga
Die bildhaften Bezeichnungen dienen dabei nicht nur als schmückendes Beiwerk oder dazu, dass sich die Übungen besser gemerkt werden können; sie verkörpern auch die beim Üben einzunehmende innere Haltung. So kann sich der Yogi oder die Yogini beim Einnehmen der Fischpose der körperlichen Wendigkeit von Fischen im Wasser bewusst werden und somit auf seine Beweglichkeit achten (siehe Abb. 1). Ebenso kann etwa bei der Marionettenübung der Dynamischen Relaxation die Vorstellung, wie sich eine Marionette mit durchgetrennten Fäden hin- und herbewegt, den Fokus auf körperliches Freisein und Loslassen lenken (siehe Kap. 3.1.4.5 und Abb. 22). Wir finden dieses Prinzip auch im spontanen Kinderspiel wieder, wenn diese etwa ein Flugzeug nachahmen und sich dabei mit seitlich ausgestreckten Armen und hin- und herschwingendem Rumpf fortbewegen. Hierin ist bereits das zeitgenössische kognitionswissenschaftliche Konzept des Embodiment, zu Deutsch Verkörperung, vorweggenommen, wonach der körperliche Ausdruck u. a. mentale Einstellungen und Gemütsbewegungen zu modulieren vermag (siehe bspw. Tschacher u. Storch 2012). Auf diese Weise kann bereits eine neutrale, aber selbstbewusst eingenommene Körperhaltung – ähnlich der Berghaltung beim Yoga – Angstzustände mindern (Weineck et al. 2020). Eine Entsprechung zwischen yogischer Körperhaltung und der Aktiven Tonusregulation erkennen Stokvis und Wiesenhütter (1979, S. 178 ff.), indem sie in ihrem Exkurs zur Yogatechnik die Ähnlichkeit zwischen der auch noch als Totenstellung bezeichneten Entspannungslage beim Yoga und der körperlichen Einleitung des Trancezustands, das heißt hypnotischen Bewusstseinszustands, bei ihrer Form der Entspannungshypnose beschreiben – beide gekennzeichnet durch eine totale Erschlaffung der Muskulatur (siehe Abb. 2 und Kap. 5). Hierbei wird der Trancebegriff seiner eigentlichen wie auch übertragenen Bedeutung gerecht, die auf das lateinische Wort transire zurückgeht und so viel meint wie »hinüberschreiten«.
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Abb. 2: Entspannungslage im Yoga
Aber nicht nur die Körperhaltung kann auf das Mentale wirken. Umgekehrt üben auch gedankliche Ideen einen Einfluss auf den Körper aus, insbesondere auf das Muskelsystem. Dieser als Ideomotorik bezeichnete Zusammenhang wurde erstmals von dem englischen Physiologen William Carpenter beschrieben. Der nach ihm benannte Carpenter-Effekt kann sehr eindrücklich anhand des Chevreulschen Pendelversuchs gezeigt werden, bei dem die Versuchsperson ein Pendel mit zwei Fingern halten soll, ohne es willkürlich zu bewegen, während ihr von außen suggeriert wird, das Pendel kreise oder bewege sich hin und her.2 Auch ohne absichtsvolle Bewegung seitens der Versuchsperson gerät das Pendel durch die »Ideengabe« von außen in Schwingung. Dieser Effekt ist dabei nicht auf das motorische Nervensystem beschränkt, sondern impliziert gleichermaßen auch das vegetative Nervensystem, was als grundlegender Wirkmechanismus des AT sowie der Aktiven Tonusregulation gilt. Ein anderer Weg zur Beeinflussung des Vegetativums führt über die Atmung und soll im Fokus des folgenden Kapitels stehen, bevor wir uns danach den Einzeldarstellungen der hier im Buch zu besprechenden Methoden widmen.
2 Nach dem französischen Naturwissenschaftler Michel-Eugène Chevreul benannt, der sich gegen spiritualistische Erklärungen dieses Phänomens aussprach. Für detailliertere Anleitungen zur Durchführung siehe Kossak (2013, S. 254 f.).

2 Atem-Rhythmisierung oder Wie man die Atmung in Fluss bringt

Der Atmung und ihrer Regulierung kommt bei praktisch allen Entspannungsverfahren eine besondere, oft übergeordnete Bedeutung zu. Dies hat damit zu tun, dass über die Atmung eine Regulation wichtiger Körperfunktionen, insbesondere des körperlichen Stresssystems möglich ist. Deshalb soll hier zunächst auf das grundlegende Prinzip der kontrollierten Atmung, sprich Atem-Rhythmisierung, eingegangen werden.
Die Atemfunktion wird genau wie etwa der Herzschlag und der Blutdruck vom lebenserhaltenden vegetativen Nervensystem völlig autonom geregelt und an den Bedarf angepasst. Das geschieht über die zwei Äste des vegetativen Nervensystems, den aktivierenden Sympathikus und den desaktivierenden Parasympathikus. Anders aber als die kardiovaskulären Prozesse, die nicht willkürlich steuerbar sind, können wir den Rhythmus der Atmung, Atemfrequenz und -tiefe, bis zu einem gewissen Grad auch willentlich beeinflussen, z. B. beim Singen, Spielen eines Blasinstruments oder Kraulschwimmen.
Da die Atmung über verschiedene Nervenschaltungen mit dem Herzkreislauf gekoppelt ist, führt eine bewusste Modulation des Atmens auch zu einer veränderten Herzfrequenz. Das Ausmaß dieses Einklangs zwischen Herzschlag und Atemzug bezeichnet man als Herzkohärenz. Beim Einatmen beschleunigt sich der Herzschlag relativ zur Ausatmung, während derer er sich wieder beruhigt. Auf diese Weise lässt sich durch eine ruhigere und gleichmäßigere Atmung auch eine Ruheeinstellung der Herzschlagrate bewirken. Das Gesagte gilt auch für zentralnervöse Prozesse, das heißt die Gehirnaktivität und ihre Beruhigung. Interessanterweise besteht zwischen einer entspannten mittleren Atemfrequenz von 0,1 Hertz (Hz) mit sechs Atemzügen pro Minute, einer durchschnittlichen Herzschlagfrequenz von 1 Hz mit 60 Schlägen pro Minute und einer entspannten Hirnwellenfrequenz im mittleren Alphawellenbereich von 10 Hz sogar ein perfekter mathematischer Zusammenhang (vgl. Zaccaro et al. 2018).
Im Gegensatz zu passiveren Entspannungsmethoden wird bei der Dynamischen Relaxation nicht ausschließlich eine Verlangsamung der Atmungsrate zu bewirken versucht, sondern auch der bewusste Wechsel zwischen körperlicher Aktivierung und Deaktivierung eingeübt. Nun wird aber nicht nur die Reglung der Atemfrequenz aktiv trainiert, sondern auch die Atemtiefe, wobei der Fokus auf die Zwerchfell- bzw. Bauchatmung gelegt wird. Das Zwerchfell ist ein Atemmuskel, der unter der Lunge in der Bauchhöhle liegt und bei Anspannung dazu führt, dass die Lungenflügel nach unten gezogen werden und somit die Atemluft eingesogen wird. Es ermöglicht zusätzlich zur Brustkorbatmung ein ausgeprägtes und zugleich freieres Einatmen.
So liegt eine Besonderheit der in Kapitel 3 behandelten Dynamischen Relaxation in dem gezielten Atemanhalten bei einigen Übungen, insbesondere den speziellen Atemübungen Nr. 1 bis 4 (siehe Kap. 3.1.2). Hierdurch soll das Pausieren der Atmung zwischen Ein- und Ausatmen eingeübt und auf diese Weise der Lunge Zeit für ihre eigentliche Aufgabe, den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid, gelassen werden. Zugleich soll so ein Hyperventilieren vermieden werden, das heißt ein zu schnelles und übermäßiges Ein- und Nachatmen ohne Atempause, was den Gashaushalt im Körper sensibel stören und zu starker Erregtheit führen kann. Als Nebeneffekt des Atemanhaltens tritt dagegen innere Ruhe auf. Nicht umsonst sagt deswegen der Volksmund »Halt mal die Luft an!«, wenn gewünscht ist, dass jemand sich beruhigt.
Mit dem Atemanhalten ist dabei lediglich eine Atempause ohne jedwedes muskuläre Zutun gemeint, ein ganz sanftes Innehalten beim Atmen, das komplett entkrampft erfolgen sollte. Dabei ist jegliche Form von Pressatmung gerade auch beim Ausatmen zu vermeiden. Der Atem sollte bei der Ausatmung durch Nase oder Mund herausströmen, wie bei einem Luftballon, bei dem die Luft herausgelassen wird. Die Pause sollte nur wenige Sekunden respektive so lang sein, wie es sich angenehm anfühlt. Schließlich trainieren wir mit dem Ziel der Entspannung und nicht fürs Freitauchen. Dennoch sollten Personen, die sich in Rehabilitation etwa nach einem Infarkt befinden, auf die Gefahr einer möglichen Pressatmung hin diese Übungen nur nach sorgfältiger ärztlicher Abklärung durchführen.
Das von Caycedo vorgeschlagene Atmungsprinzip wird im Französischen mit dem Kürzel I. R. T. E. R. zusammengefasst, abkürzend für inspiration, rétention, tension,...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Geleitwort
  6. Dank
  7. Vorwort
  8. 1 Embodiment, Ideomotorik und Körpertrance
  9. 2 Atem-Rhythmisierung oder Wie man die Atmung in Fluss bringt
  10. 3 Die Dynamische Relaxation nach Caycedo
  11. 4 Das Psychomotorische Autogene Training nach Abrezol und Dumont
  12. 5 Die Aktive Tonusregulation nach Stokvis
  13. 6 Kurzformen: Entspannung im Handumdrehen
  14. 7 Exkurs: Suggestive und imaginative Varianten der Progressiven Relaxation
  15. Nachwort
  16. Anhang
  17. Verzeichnis der Abbildungen
  18. Literatur
  19. Über den Autor