Einführung in die systemische Sandspieltherapie
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Einführung in die systemische Sandspieltherapie

  1. 126 Seiten
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Einführung in die systemische Sandspieltherapie

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Sandspieltherapie ermöglicht einen Zugang zu Themen, die rein sprachlich nicht erschlossen werden können. Sie eignet sich daher besonders bei Traumatisierung, Trauer, konflikthafter Trennung oder im Umgang mit destruktiv agierenden Ich-Zuständen und psychisch erkrankten Eltern. In vielen therapeutischen und beratenden Berufsfeldern wächst der Wunsch, Sandspiel auch bei der Arbeit mit Eltern, Paaren, Gruppen und Familien einzusetzen und so neue Perspektiven zu erschließen und Ressourcen zu stärken.Diese Einführung zeigt anschaulich und praxisnah, wie Sandspieltherapie systemisch gestaltet werden kann. Das narrative, eng am Spielverlauf orientierte Vorgehen wird anhand von Fallbeispielen vorgestellt, durch Skulpturtechniken ergänzt und übersichtlich zusammengefasst. Viele farbige Abbildungen illustrieren das Vorgehen, erleichtern die Orientierung und vermitteln einen Einblick in die Ausdrucksqualität der Sandspieltherapie.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783849783747

1 Ursprünge der Sandspieltherapie

Margaret Lowenfeld begründete in den 1920er-Jahren die Sandspieltherapie, um Kindern ein Ausdrucksmedium für vorsprachliches Erleben zur Verfügung zu stellen, das von ihnen sonst nicht kommunizierbar sei (Lowenfeld 1935, 1939, 1969). In Sandkästen, mit Wasser und Miniaturfiguren ließ sie Kinder Szenen aus ihrem Alltag errichten, die anschließend im Gespräch reflektiert wurden. Als sich herausstellte, dass »etwas Neues und sehr aufregend Kreatives entstand, sobald die Therapeuten nichts Realistisches mehr erwarteten, keine Vorschläge mehr machten und nicht mehr in das Spiel der Kinder eingriffen« (Andersen 1979, p. 280, zit. nach Mitchell u. Friedman 1997, S. 36), gab Lowenfeld keine Themen mehr vor und ließ die Kinder im Sand frei gestalten. In Abgrenzung zu den stark deutenden analytischen Spieltherapiekonzepten ihrer Zeit war es ihr wichtig, die dabei entstehenden »Welten« der Kinder nicht durch ein therapeutisches Raster zu filtern. Kind und Therapeutin1 verstand sie vielmehr als »miteinander Forschende«, die gemeinsam versuchen, das Dargestellte zu erfassen (Mitchell u. Friedman 1997, S. 34).
Der dialogische, im Verzicht auf Deutungen systemischen Konzepten weit vorausgreifende Ansatz Lowenfelds wurde anschließend nur wenig rezipiert. Bekannter wurde Sandspieltherapie durch Dora Kalff, die das Sandspiel in den 1950er-Jahren mit Theorien Jungs und Elementen des Zen-Buddhismus verband (Kalff 1966, 1979). Kalff betonte die heilsame Rückwirkung, die von den Sandbildern ausgehe. Die Aufgabe der Therapeutin sah sie darin, einen freien und geschützten Raum für die Selbstregulation der Psyche bereitzustellen, die Atmosphäre der Sandbilder in sich aufzunehmen und sich in die Symbole einzufühlen, die von ihr gemäß der Archetypenlehre Jungs gedeutet wurden.
Vor allem angeregt durch Linde von Keyserlingk, langjährige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Sandspieltherapie, entstanden in der Tradition Kalffs später auch Konzepte für das Sandspiel mit Familien, Paaren und Gruppen. Als Lehrtherapeutin für Familien- und Systemtherapie interessierte sie dabei auch ein systemischer Zugang zu Sandbildern:
»Zurzeit gibt es Überlegungen, dass es doch eine ganz eigene Sprache der Sandspieltherapie geben sollte, die nicht deutet, nicht diskutiert, sondern durch sparsames, amplifizierendes, vielleicht auch zirkuläres Fragen Suchverhalten anregt und neue Denk-Wege [so im Orig.] bahnt« (von Keyserlingk 2011, S. 100).
1 Da Sandspieltherapie von Frauen entwickelt wurde und ich mich in der Darstellung auf meine Erfahrungen beziehe, verwende ich hier die weiblichen, sonst zur besseren Lesbarkeit oft die männlichen Endungen. Gemeint sind jeweils alle Geschlechter.

2 Sandbilder in Bewegung bringen

2.1 Narrative Sandspieltherapie im Einzelsetting

In der klassischen Anwendung der Sandspieltherapie bleiben Sandbilder nach dem Aufbau stehen; gegebenenfalls werden sie noch mit der Therapeutin reflektiert. Narrative Sandspieltherapie unterscheidet sich vor allem darin, dass die Sandbilder im therapeutischen Prozess auch verändert werden können. Sandbilder, zu Beginn einer Therapie gebaut, sind geprägt vom Problemerleben der Kinder und Jugendlichen; viele von ihnen wirken wie eingefroren in einer »Problemtrance« (Schmidt 2004). In Anlehnung an narrative Konzepte (White 1989) rege ich an, solche Bilder »weiterzuspielen« und in eine Geschichte überzuführen. Hypnosystemisch betrachtet, entsteht eine Bewegung von einem Problemzustand zu gewünschtem Erleben.
MARIE, 7 JAHRE alt und wegen zahlreicher Ängste in Therapie2, nähert sich dem Sandkasten sehr vorsichtig. Behutsam stellt sie Prinzessinnen an einen Strand, die sich flüsternd unterhalten; später kommen auch Einhörner dazu. Ein kleines Einhorn entfernt sich von den anderen, um mit einem Pinguin zu spielen. Dabei wird es von einem Sturm weggeweht, steht allein am Meer und hat große Angst. Glücklicherweise wird es von einer Frau gefunden und wieder zu den anderen zurückgebracht. Auch ein Reh verläuft sich im Sturm und geht fast verloren.
Während sich das kleine Einhorn und das Reh noch im Sand ausruhen, fliegt ein Schwan zu den Prinzessinnen, der sich beim Landen einen Flügel bricht. Eine Frau und die Feuerwehr kommen, um dem Schwan zu helfen. Sie umstellen ihn mit einem Kreis von Sperren, damit ihm niemand etwas tun und sein Flügel in Ruhe heilen kann; Kinder helfen mit. Marie erklärt das Sandbild für fertig, sodass ich es auf einem Foto festhalte (Abb. 1).
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Abb. 1: Der verletzte Schwan
Die Szene spiegelt Maries Lebenssituation, die nach der Fehlgeburt eines erwarteten Geschwisterchens von Sorgen der Eltern um die Tochter bestimmt ist. Auch von ihr aus ist es zu einer ängstlichen Anbindung an die Eltern gekommen.
Längere Zeit sitzen wir vor dem Sandbild und betrachten es; auch die Prinzessinnen schauen auf den Schwan und scheinen abzuwarten. Schließlich teilt mir Marie mit, dass die Geschichte weitergeht: Kinder bemerken als Erste, dass der Flügel wieder geheilt ist, und sammeln die Sperren ein. Der Schwan freut sich, dass er wieder frei ist und fliegen kann (Abb. 2).
Ein späteres Sandbild Maries thematisiert eine Geburtssituation, die gut endet. Wieder sind Prinzessinnen zusammen am Strand; dort entdecken sie eine Schildkröte, die ein Baby bekommt. Die Mutterschildkröte testet den Panzer der kleinen Schildkröte: Er ist stabil und hält. Einhörner kommen und helfen bei der Geburt, ein Geschenk wird im Sand versteckt.
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Abb. 2: Die Sperren werden entfernt

Begleitung des Sandspiels und Entwicklung von Sandbildgeschichten

Einstimmung auf das Sandspiel

In Sandbildern tauchen häufig Themen auf, die dem Alltagsbewusstsein nicht zugänglich sind. Damit Kontakt zu tieferen Ebenen des Erlebens entstehen kann, ist es bei Kindern3 oft wichtig, zunächst das Spielgeschehen zu entschleunigen. Ich teile dem Kind mit, dass man im Sand etwas »bauen« kann, und stelle in Aussicht, ein Foto zu machen, wenn es damit fertig ist. Damit grenze ich das Sandspiel vom beiläufigen Spiel ab, bei dem ein Kind beispielsweise ein Auto durch den Sand fahren lässt und sich danach wieder etwas anderem zuwendet. Ich lasse die unterschiedlichen Qualitäten von nassem und trockenem Sand erkunden, die in zwei Kästen zur Verfügung stehen, und rege an, mit den Händen Kontakt zum Sand aufzunehmen und ihn zu formen, bevor Figuren hineingestellt werden.

Begleitung des Bauens

Um Tranceprozessen beim Gestalten im Sand Raum zu geben, begleite ich das Entstehen der Sandbilder in der Regel schweigend an der Seite des Sandkastens. Können Kinder Stille schlecht aushalten und sprechen selbst unentwegt, spiegele ich den Gestaltungsprozess und erzeuge eine Art Klangteppich, der ihnen Sicherheit gibt (»Dort ist ein Haus, da fließt ein Fluss …«). Beginnen sie zu spielen, erinnere ich an das Foto und frage, ob sie schon fertig sind. Dies verhilft auch sehr flüchtigen Kindern oft zu einem vertieften Bauen. Findet ein Kind bei der Gestaltung kein Ende, orientiere ich es von der Fülle des Materials im Sandspielregal zurück auf sein Sandbild und frage, welche zwei oder drei Dinge noch fehlen, damit das Bild vollständig ist. Ausnahmen mache ich, wenn es für ein Kind nach früher erlebter Vernachlässigung wichtig ist, die eigenen Figuren umfassend zu versorgen.

Betrachtung und Reflexion des Sandbilds

Ist das Sandbild fertiggestellt, wird es auf einem Foto festgehalten. Ich setzte mich neben das Kind und schlage vor, das Gebaute erst einmal gemeinsam anzuschauen. Dabei achte ich auf nonverbale Reaktionen des Kindes und auch auf Impulse, die bei mir durch das Sandbild entstehen. Anschließend lasse ich mir beschreiben, was im Sand geschieht. Während das Kind erzählt, versuche ich, mich im Sandbild zu orientieren und einen möglichen Bezug zu seiner Lebenssituation zu erfassen. Aus konstruktivistischer Perspektive deute ich die verwendeten Symbole nicht; im Gespräch interessiert mich ihre subjektive Bedeutung für das Kind.
Sandbilder können können »objekt-« und »subjektstufig« betrachtet werden: Sie können Themen aus dem sozialen Umfeld eines Kindes abbilden oder sich auf innere Anteile seines Erlebens beziehen (von Gontard 2007, S. 138 f.; Brächter 2010, S. 57 ff.). Wichtig ist mir, mit meinen Fragen keine Position gegen einzelne Bildelemente zu beziehen, da sie möglicherweise Teile seines »inneren Teams« repräsentieren. So kann ein hungriger Hai, der sich Menschen in einem Boot nähert, eine von außen erlebte Bedrohung widerspiegeln; er kann aber auch als Wunsch eines bisher eher ängstlichen Jungen verstanden werden, eigenen Bedürfnissen endlich Raum zu geben und für sie einzutreten. Hinweise zu einer Einordnung geben die Erzählungen und Körpersignale des Kindes. Erzählt es angeregt-freudig und interessiert, oder gibt es Anzeichen für traumatisches Erleben?4 Ich reflektiere, welche Ich-Zustände des Kindes möglicherweise im Sandbild sichtbar werden und wie sie in einen Ausgleich gebracht werden könnten (Brächter 2014a und c).
In meine Hypothesenbildung beziehe ich auch die räumliche Gestaltung des Sandbilds ein. Dabei orientiere ich mich an raumsymbolischen Deutungsmustern aus der Sandspieltheorie, die unter anderem von einer Entwicklungsrichtung aus der Vergangenheit (links) in die Zukunft (rechts) ausgehen. Diese Zukunftsrichtung kann im Sandbild blockiert sein, etwa durch Mauern oder ein Gebirge. Figuren können auch im Spannungsfeld von Polen stehen, die in entgegengesetzten Ecken des Sandbilds angeordnet sind. Für die Weiterarbeit mit dem Sandbild stellt sich dann oft die Frage, wie die Hindernisse überwunden werden können und welcher Weg aus dem Konfliktfeld hinausführt (Brächter 2010, S. 57 ff.).
Im Anhang findet sich eine Übersicht zur Orientierung in Sandbildern. Ich empfehle, sie heranzuziehen und Sandbilder im Anschluss an Therapiestunden entsprechend auszuwerten, um mit der Zeit einen schnelleren Zugang zu ihnen gewinnen zu können.
Zeigt sich im Sandbild eine Problemsituation, versuche ich die vom Kind gewünschte Lösungsrichtung zu erfassen und Suchprozesse anzuregen. Außer für die Handlungsebene interessiere ich mich dabei für Gefühle und Bedürfnisse der Figuren: »Was würdest du den Figuren wünschen? Wer könnte zur Hilfe kommen?«
Hypnotherapeutisch betrachtet, versetzt das...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einleitung
  6. 1 Ursprünge der Sandspieltherapie
  7. 2 Sandbilder in Bewegung bringen
  8. 3 Systemische Arbeit mit Sandbildskulpturen
  9. 4 Systemisches Sandspiel in besonderen Anwendungsfeldern
  10. 5 Wenn kein gutes Ende zu finden ist
  11. 6 Sandspieltherapie mit Gruppen
  12. 7 Häufige Fragen beim Einstieg in das Sandspiel
  13. Anhang: Orientierung in Sandbildern
  14. Literatur
  15. Über die Autorin