Migrationsbedingte Vielfalt in der Kita
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Migrationsbedingte Vielfalt in der Kita

Pädagogische Arbeit mit Eltern, Kindern und im Team

Miriam Morgan

  1. 214 Seiten
  2. German
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Migrationsbedingte Vielfalt in der Kita

Pädagogische Arbeit mit Eltern, Kindern und im Team

Miriam Morgan

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Migrationsbedingte Vielfalt wird mehr und mehr zur Normalität in deutschen Kindertageseinrichtungen. Dennoch wirft sie noch immer viele Fragen auf, führt zu Missverständnissen und Irritationen. Das Buch behandelt Chancen und Herausforderungen migrationsbedingter Vielfalt auf drei Ebenen: 1. Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund, 2. Zusammenarbeit in kulturell diversen Fachkräfteteams und 3. Arbeit mit Kindern in einer diversen Gesellschaft. Die wissenschaftlich fundierten, aber praxisnah aufbereiteten Inhalte werden durch Fallbeispiele, Reflexionsfragen sowie praktische Tipps für den pädagogischen Alltag ergänzt.

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Information

Jahr
2022
ISBN
9783170366749

1

Einleitung

Zwei kleine Jungen, John und Ali1, spielen in der Bauecke. Beide sind erst vor wenigen Wochen mit ihren Familien als Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Ali stammt aus Afghanistan, John aus Nigeria. Während des Spiels fällt der dreijährige Ali etwas ungeschickt auf einen Baustein und beginnt zu weinen. Eine Pädagogin kommt, um ihn zu trösten. Doch der Junge, der noch kaum ein Wort Deutsch spricht, weint weiter. Die Pädagogin nimmt ihn auf den Schoß und redet beruhigend auf ihn ein. Der vierjährige John ist währenddessen eng an die beiden herangerückt und sagt immer wieder: »Sorry, Ali! I’m so sorry.« Die Pädagogin fragt John sichtlich irritiert: »Warum entschuldigst du dich denn? Du warst doch gar nicht schuld!« Doch John lässt sich nicht beirren und wiederholt immer wieder: »Sorry, I’m sorry.« Nach einer Weile ist die Pädagogin sichtlich verärgert, dass neben den anderen spielenden Kindern und dem weinenden Ali nun auch noch John (scheinbar) ihre Aufmerksamkeit einfordern will und gibt ihm schließlich in barschem Ton zu verstehen, dass er woanders spielen und sie nicht weiter stören soll.
In diversen Gesellschaften wie der deutschen kommt es im Kita-Alltag immer wieder zu Situationen dieser Art. Obwohl die Pädagogin keinem der Kinder Unrecht tun will, interpretiert sie Johns Verhalten aufgrund ihres fehlenden Einblicks in sprachliche und kulturelle Unterschiede als unangemessenen Versuch, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. John hingegen möchte in Wirklichkeit lediglich sein Mitgefühl für Ali ausdrücken und zeigt damit ein Handeln, das eigentlich ihre Anerkennung verdient hätte.
Aktuell (Stand 31.12.2019) haben 26 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen einen Migrationshintergrund2. Unter den null- bis fünfjährigen Kindern sind es durchschnittlich 40 Prozent (Statistisches Bundesamt et al., 2021, S. 68), in vielen Einrichtungen der Ballungsräume liegt der Anteil sogar bei rund 80 Prozent. Knapp acht Millionen der Menschen mit Migrationshintergrund sind bereits in Deutschland geboren, etwa 14 Millionen sind erst im Laufe ihres Lebens nach Deutschland immigriert (Statistisches Bundesamt et al., 2021, S. 31). 1,8 Millionen von ihnen sind als Schutzsuchende in Deutschland registriert (Statistisches Bundesamt et al., 2021, S. 42).
Menschen mit Migrationshintergrund tragen jedoch nicht nur durch andere Sprachen, Kulturen und Erfahrungen zur Diversität der deutschen Gesellschaft bei, sondern sind auch innerhalb der Gruppe äußerst divers. Sie haben unterschiedliche Bildungshintergründe3, sprechen verschiedene Sprachen, üben verschiedene Berufe aus, gehören unterschiedlichen Religionen an. Ihr Weg nach Deutschland variiert von einer komfortablen Arbeitsmigration hochqualifizierter Fachkräfte bis hin zu höchst traumatischen Fluchterfahrungen. Es finden sich unterschiedliche Familienformen, Familienkulturen, sexuelle Orientierungen, Fähigkeiten/Beeinträchtigungen und nicht zuletzt Persönlichkeiten.
Die Folge ist eine große Diversität unter den Menschen, mit denen pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen tagtäglich zusammenarbeiten. Diese Diversität birgt viel Potenzial, kann aber auch zu Missverständnissen, Frustration und Konflikten führen. Die Herausforderung besteht daher nicht nur darin, einen neuen Faktor (Migration) in der pädagogischen Arbeit zu beachten, sondern auch darin, mit einer großen Komplexität umzugehen, in der einfache Einordnungen nach dem Schema »Türkische Familien sind so, deutsche Familien sind so« nicht greifen können.
Ziel dieses Buches ist es, eine Einführung zu geben in die Besonderheiten der pädagogischen Arbeit von Kindertageseinrichtungen in einer Migrationsgesellschaft. Dabei wird einerseits relevantes theoretisches Wissen vermittelt, andererseits aber auch mithilfe von Reflexionsfragen, Fallbeispielen sowie konkreten Tipps und Methoden der Weg für den Transfer in die Praxis geebnet. Eine zentrale Frage, die die Ausführungen dieses Buches dabei begleitet, ist die Frage, wie migrationsbedingte (und zum Teil andere) Quellen von Vielfalt in der pädagogischen Arbeit ernst genommen werden können, ohne in ein einfaches Schubladendenken zu verfallen.
Migrationsbedingte Diversität begegnet pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen insbesondere auf drei Ebenen (vgl. Abbildung 1.1):
1.  Die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Eltern mit Migrationshintergrund
2.  Die Zusammenarbeit in (kulturell diversen) Fachkräfteteams
3.  Die Arbeit mit Kindern in einer diversen Gesellschaft
Images
Abb. 1.1: Drei zentrale Ebenen, auf denen kulturelle Diversität im Kita-Alltag relevant wird.
Die Thematisierung dieser drei Ebenen bildet den Kern dieses Buches. Dieser vorangestellt führt Kapitel 2 (
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 Kap. 2) in einige grundlegende Themen und Fragen ein und stellt insofern das Fundament für die weiteren Ausführungen dar. Es befasst sich mit der Frage des Umgangs mit kultureller Diversität in Pädagogik und Gesellschaft, der interkulturellen Kompetenz pädagogischer Fachkräfte sowie dem wichtigen und zugleich schwierigen Begriff der Kultur. Aber auch andere Faktoren, die interkulturelle Situationen beeinflussen können, werden beleuchtet.
Anschließend nimmt Kapitel 3 (
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 Kap. 3) die erste der oben genannten Ebenen in den Blick: die Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund. Eingegangen wird auf das Konzept der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft sowie die speziellen Chancen und Herausforderungen, die sich in der Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund ergeben. Auch Unterschiede zwischen Bildungs- und Erziehungskonzepten von Fachkräften und Eltern werden thematisiert sowie Lösungsansätze für mögliche Missverständnisse und Irritationen aufgezeigt.
Kapitel 4 (
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 Kap. 4) legt den Fokus auf die Zusammenarbeit in kulturell diversen Fachkräfteteams. Diese stellen zunehmend die Realität in deutschen Kindertageseinrichtungen dar, finden in der Literatur bislang aber noch wenig Beachtung. Folglich werden die besondere Situation dieser Gruppe und ihre speziellen Herausforderungen dargelegt, die sich ihr im Berufsalltag stellen. Anschließend werden Chancen und Herausforderungen kulturell diverser Teams beleuchtet. Schließlich wird auch in diesem Kapitel mithilfe von Fallbeispielen für mögliche Irritationen und Missverständnisse sensibilisiert, die auf kulturelle Unterschiede zurückgeführt werden können. Dabei werden auch hier Wege aufgezeigt, wie in diesen und ähnlichen Situationen konstruktiv und diversitätsbewusst agiert werden kann.
Der dritten wichtigen Ebene widmet sich Kapitel 5 (
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 Kap. 5): der Arbeit mit Kindern in einer kulturell diversen Gesellschaft. Im Fokus stehen dabei nicht speziell Kinder mit Migrationshintergrund, sondern vielmehr alle Kinder. Es wird argumentiert, dass die Arbeit mit jungen Kindern die besondere Chance bietet, ihnen bereits in den ersten Lebensjahren eine Wahrnehmung von Diversität im Sinne einer selbstverständlichen Normalität zu vermitteln. Da interkulturelles Lernen in Gesetzen und Bildungsplänen zur frühkindlichen Bildung zwar explizit gefordert wird, aber die vorliegenden Ideen und Konzepte zur konkreten Umsetzung zu einem großen Teil als oberflächlich oder stereotypisierend kritisiert werden können, wird in diesem Buch ein neues Konzept interkulturellen Lernens vorgestellt. Dieses ist speziell auf das frühe Kindesalter zugeschnitten und konzipiert interkulturelles Lernen als die Vermittlung von Vielfaltskompetenz. Nach einem Einblick in die Erkenntnisse zur Entwicklung von Vorurteilen in der frühen Kindheit sowie einem Überblick über vorliegende Ansätze interkulturellen Lernens werden die zentralen Ziele interkulturellen Lernens, im Sinne seines Verständnisses als Vielfaltslernen, vorgestellt. Um die Umsetzung dieser Ideen in der Praxis zu ermöglichen, schließt das Kapitel mit einer umfangreichen Sammlung von Tipps und Methoden für den Kita-Alltag.
Kapitel 6 (
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 Kap. 6) ergänzt die Ausführungen zur Zusammenarbeit mit Eltern, Kindern und im Fachkräfte-Team durch ein Thema, deren Relevanz sich auf alle drei dieser Ebenen erstreckt. Vor dem Hintergrund der großen gesellschaftlichen Diversität, die sich nicht nur durch Migration, sondern auch durch deren Überlappung mit anderen Faktoren ergibt, werden vier konkrete Techniken vorgestellt, die ermöglichen, dieser Diversität in adäquater Weise zu begegnen. Sie zeigen Wege auf, wie mit potenziellen kulturellen Unterschieden in einer hochkomplexen Gesellschaft konstruktiv umgegangen werden kann und ermutigen zu Selbstreflexion und Dialog.
1     Bei dieser Schilderung handelt es sich um eine wahre Begebenheit, die Namen der Kinder wurden jedoch abgeändert.
2     Der Begriff »Migrationshintergrund« findet in der amtlichen Statistik seit 2005 Verwendung. Er »umfasst Menschen, die entweder selbst nicht mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren wurden oder aber mindestens einen Elternteil haben, der nicht mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren wurde. Das betrifft alle Ausländerinnen und Ausländer, alle Eingebürgerten, alle (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler, alle Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft durch Adoption erhalten haben, sowie die mit deutscher Staatsangehörigkeit geborenen Kinder dieser vier Gruppen« (Statistisches Bundesamt et al., 2021, S. 30).
3     Mit ca. 28 Prozent ist der Anteil der 18–24-Jährigen mit (Fach-)Hochschulabschluss zwar ebenso hoch wie unter der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, allerdings ist der Anteil von Menschen ohne Schulabschluss, Erwerbslosen und der armutsgefährdeten Erwerbstätigen in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund deutlich erhöht (Statistisches Bundesamt et al., 2021, S. 36 ff.).

2

Grundlagen

Der Umgang mit migrationsbedingter Diversität wird in Deutschland seit Mitte des 20. Jahrhunderts intensiv und zum Teil auch sehr kontrovers in Wissenschaft und Gesellschaft diskutiert. Bevor in den Kapiteln 3 bis 5 spezifisch auf die verschiedene Personengruppen eingegangen wird, mit denen pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen zusammenarbeiten, werden in diesem folgenden Kapitel einige grundlegende Themen behandelt, die als Basis für die Ausführungen der weiteren Kapitel dienen.
Kapitel 2.1 (
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Kap. 2.1) befasst sich mit der Frage des Umgangs mit kultureller Vielfalt in Pädagogik und Gesellschaft. Es gibt einen historischen Überblick über die Diskussion dieser Frage in der Pädagogik, wodurch auch die heutigen Foki im Umgang mit migrationsbedingter Vielfalt im Bildungsbereich besser verstehbar werden. Anschließend werden die Konzepte der Integration, Inklusion und interkulturellen Öffnung beleuchtet. Kapitel 2.2 (
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Kap. 2.2) diskutiert, welches Wissen und welc...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Grundlagen
  7. 3 Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund
  8. 4 Zusammenarbeit in kulturell diversen Fachkräfte-Teams
  9. 5 Arbeit mit Kindern in einer kulturell diversen Gesellschaft
  10. 6 Techniken zum Umgang mit (potenziellen) kulturellen Unterschieden
  11. 7 Fazit: Migrationssensible Zusammenarbeit mit Eltern, Kindern und im Team
  12. Literatur