Geruch und Glaube in der Literatur
Selbst und Natur in deutschsprachigen Texten von Brockes bis Handke
- 304 Seiten
- German
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Geruch und Glaube in der Literatur
Selbst und Natur in deutschsprachigen Texten von Brockes bis Handke
Über dieses Buch
Wie werden Gerüche der Natur in der deutschsprachigen Literatur inszeniert? Die Studie von Frank Krause arbeitet den Wandel dieser wichtigen Motive anhand literarischer Werke von der Aufklärung bis zur Gegenwart heraus. Seine Übersicht über epochentypische Spielarten berücksichtigt namenhafte Autorinnen und Autoren der Literaturgeschichte wie Brockes, Kleist, Klopstock, Wieland, Goethe, Eichendorff, Hoffmann, Keller, Hesse, Bobrowski und Handke bis hin zu Rothmann. Dabei schlägt Krause einen spannenden Bogen von Brockes' "Balsam=volle[m] Frühlings=Duft" zu Marion Poschmanns "Moos-Odem" und "Harzgeruch" über der Autobahn. Krauses Beispiele und Analysen belegen, dass in der Geschichte von Darstellungen des Riechens als sinnlicher Welterschließung der Glaube an religiöse, metaphysische oder kosmische Kräfte eine zentrale Rolle spielt.
Zusammenfassend hält Krause fest: "Seit der Aufklärung inszeniert ein gewichtiger Zweig der deutschsprachigen Literatur das Riechen in der Natur als affektiven Höhepunkt sakraler ästhetischer Erfahrungen. Bis zum Sturm und Drang intensivieren einschlägige Gerüche den sinnlichen Genuss einer liebesethisch bedeutsamen Natur, deren heilige Düfte in Spätaufklärung und Klassik als schwärmerische Illusion entlarvt werden. Von der Romantik bis zum Expressionismus steckt das gläubige Riechen in der Natur die Spielräume einer autonomen poetischen Selbstaktualisierung ab, während der Realismus sakrale Atmosphären oft ironisch inszeniert. Seit der Neuen Sachlichkeit wittern Gläubige den Zauber natürlicher Formen, deren Eigensinn in menschlichen Ansprüchen nicht aufgeht; in der Gegenwartsliteratur zeigt sich dieser Geruch auch inmitten des beschädigten Lebens."
Mit seiner Studie schließt Frank Krause eine Lücke in der Literaturgeschichtsschreibung.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Title Page
- Copyright
- Contents
- 1 Einführung, Überblick und Stand der Forschung
- 2 Natur im sakralen Kontext: Wirkungsmächtige Geruchsmotive aus der Literatur von Antike und Mittelalter
- 3 Gerüche im sakralen Kontext: Überlieferte Fehldeutungen aus antiker und mittelalterlicher Literatur
- 4 Barocke Schwellen zur Aufklärung: Liebe, Natur und Geruch bei Johannes Scheffler, Catharina von Greiffenberg und den Pegnitz-Schäfern
- 5 Physiko-Theologie der Gerüche: Barthold Heinrich Brockes
- 6 Fegefeuer-Ängste eines durchteufelten Katholiken: Johann Gottfried Schnabels Wunderliche Fata einiger See-Fahrer (1731)
- 7 Duft, Freundschaft und Liebe: Von Ewald Christian von Kleist zu Friedrich Gottlieb Klopstock
- 8 Entzauberung empfindsamer Geister-Riecher: Christoph Martin Wieland
- 9 Pathogene Schwärmer-Atmosphären: Karl Philipp Moritz
- 10 Bürgerliches Schwelgen im Duft: Johann Heinrich Voß
- 11 Die Lehre der frommen Katze: Johann Wolfgang Goethe
- 12 Duft und Klang im Heiligtum der Natur-Poesie: Friedrich von Hardenberg, Joseph von Eichendorff und E.T.A. Hoffmann
- 13 Profaner Geruch und religiöser Anspruch: Gottfried Keller und Wilhelm Raabe
- 14 Duftende Landschaft im kultischen Artefakt: Von Hugo von Hofmannsthal zu Hermann Hesse
- 15 Geistige Substanz im organischen Prozess: Olfaktorische Diagnosen des Expressionismus
- 16 Natur als eratmetes Geschenk: Wilhelm Lehmann
- 17 Nachwirkende Realpräsenzen: Elisabeth Langgässer und Johannes Bobrowski
- 18 Gerüche erzauberter Spiel-Räume: Peter Handke
- 19 Verzeitlichte Unendlichkeit: Ralf Rothmann und Marion Poschmann
- 20 Gläubiges Riechen im literarhistorischen Befreiungsnarrativ
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