Handbuch Schädelhirntrauma
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Handbuch Schädelhirntrauma

  1. 545 Seiten
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Handbuch Schädelhirntrauma

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Trotz aller Fortschritte in Diagnostik und Therapie ist das Schädelhirntrauma noch immer die Haupttodesursache der unter 45-Jährigen und die Haupttodesursache von Kindern unter fünfzehn Jahren. Das vorliegende Buch bietet eine umfassende Darstellung der Thematik von der Präklinik bis zur Rehabilitation.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783110386394
Auflage
1
Jürgen Piek

1Geschichte der Neurotraumatologie

1.1Vor- und Frühgeschichte

Am Anfang der Entwicklung der Neurochirurgie als Fach stand die Neurotraumatologie. Die operative Behandlung von Kopfverletzungen – oft, aber nicht nur durch tätliche oder kriegerische Auseinandersetzungen hervorgerufen – lässt sich bis in die Vor- und Frühgeschichte zurückverfolgen. Eine der ältesten Kopfverletzungen wurde 2015 aus der „Sima des los Huesos“ nahe Burgos, Spanien, publiziert und als „Cranium 17“ beschrieben. Cranium 17 ist der Schädel eines jüngeren Erwachsenen von etwa 20 Jahren, nahezu vollständig erhalten und weist zwei unverheilte Frakturen im Stirnbereich links auf. Er wurde auf ein Alter von etwa 400.000 bis 430.000 Jahren datiert. Während also Schädelverletzungen seit dieser Zeit immer wieder in archäologischem Fundmaterial auftauchen (Abb. 1.1) [1], lassen sich Zeugnisse ihrer operativen Behandlung deutlich seltener finden. Der Verfasser konnte 2011 einen neolithischen Schädel aus der Zeit um 1950 v. Chr. publizieren, an dem sich eindeutig das gleichzeitige Vorhandensein einer Kopfverletzung (Impressionsfraktur) und eines Heilungsversuchs (Trepanation) nachweisen ließen [2].
Abb. 1.1: Beispiel eines bronzezeitlichen Schädels aus dem Schlachtfeld bei Weltzin (Mecklenburg-Vorpommern) mit ausgedehnter frontaler Impressionsfraktur.

1.2Altertum

Im Papyrus Edwin Smith, bei dem es sich um eine etwa 1700 v. Chr. entstandene Abschrift eines wesentlich älteren Originals (3000 bis 2600 v. Chr.?) handelt, werden insgesamt 48 Krankheitsfälle, beginnend mit dem Kopf in kranio-kaudaler Richtung abgehandelt. Der Papyrus ist unvollständig und bricht mit dem Brustbereich ab. Dies erklärt die Tatsache, dass sich unter diesen 48 Fällen 27 Erkrankungen des Kopfes finden, hiervon 15 Schädelverletzungen. Vor jeder Krankengeschichte steht in roter Schrift die Kapitelüberschrift mit einer summarischen Diagnose, es folgen dem Untersuchungsbefund eine genauere Diagnose, Prognose und therapeutische Vorschläge. Als Beispiel sei der Fall 6 herausgegriffen (zitiert nach [3]): „Anweisung inbetreff einer klaffenden Wunde in seinem Kopfe, die bis zum Knochen durchdringt und das Gehirn bis zum Schädel freilegt“. Folgender Befund wird erhoben: „Bei der Untersuchung sollst du die Wunde mit dem Finger betasten. Findest du die Zerschmetterung seines Schädels, sowie jene Ausscheidungen, welche sich auf geschmolzenem Kupfer bilden und darin etwas, was unter deinen Fingern klopft und flattert wie die schwache Stelle auf dem Scheitel eines kleinen Kindes, bevor sie ganz fest wird, – es ist nämlich das Klopfen und Flattern unter deinen Fingern da, weil das Gehirn seines Schädels freigelegt ist – und er Blut aus beiden Naslöchern absondert und an Steifigkeit seines Nackens leidet, dann sollst du sagen: ein Leiden, das nicht behandelt werden soll. Du sollst die Wunde mit Fett bestreichen. Du sollst sie nicht verbinden; du sollst nicht zwei Streifen darauf befestigen, bis du weißt, dass er einen entscheidenden Punkt erreicht hat.“ Es handelt sich also um den klassischen Fall eines offenen Schädel-Hirn-Traumas mit nachfolgender Meningitis und zur damaligen Zeit infauster Prognose. Zwar wird im Papyrus selbst von keiner Trepanation berichtet, jedoch war diese Methode in Ägypten wohl bekannt [4].
Die klassische Heilkunde beginnt für die Neurotraumatologie mit Hippokrates (460 bis 375 v. Chr.). Dieser schreibt z. B. im 20. Kapitel seiner Schrift „De capitis vulneribus“: „Über die Schädelbohrung muss man folgendes wissen: Man darf den Knochen nicht gleich bis auf die Hirnhaut durchbohren, damit diese nicht Schädigungen ausgesetzt wird. Auch besteht ja die Gefahr, dass man dabei die Hirnhaut verletzen könnte. Man muss vielmehr beim Bohren dann, wenn der Knochenteil beinahe ganz ausgebohrt ist und sich bereits zu bewegen anfängt, mit dem Bohren einhalten und die letzte Knochenlamelle sich von selbst lösen lassen. Dabei darf man auch mithilfe der Sonde die Umlaufbahn des Schädelbohrers untersuchen. Doch gebe man acht, dass man immer an der Stelle, wo der Knochen augenscheinlich am dicksten ist, den Bohrer aufsetzt. Auch mit dem Drillbohrer (trypanon) sehe man sich vor, nicht bis auf die Hirnhaut zu perforieren. Nachdem man den Knochen durch Hin- und Herbewegen entfernt hat, schlage man die Behandlung ein, welche für die Wunde angemessen erscheint“ (zitiert nach [3]). Weitere neurotraumatologische Krankheitsbeschreibungen verdanken wir Herophilos (geb. im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts) und Erasistratos (um 304 bis 250 v. Chr.) sowie Aulus Aurelius Cornelius Celsus (ca. 25 v. Chr. bis 50 n. Chr.). Letzterer beschrieb u. a. als Erster die heute noch gültigen Zeichen der lokalen Entzündung Tumor, Rubor, Calor, Dolor, beschäftigte sich aber auch mit der Neurotraumatologie und verfasste eine umfangreiche Enzyklopädie, von denen sich acht Bücher mit der Medizin beschäftigten. Im fünften Buch, Kapitel 14 aus „De medicinae“ heißt es: „Es fließt Blut durch die Nase ab, bei einigen auch aus den Ohren; meist folgt Erbrechen; bei manchen trübt sich das Sensorium, sie reagieren nicht auf Anruf; bei einigen ist das Gesicht verzerrt, andere verdrehen die Augen …“ (zitiert nach [3]).
Galenos von Pergamon (129 bis 201 n. Chr.) beschrieb Trepanationsinstrumente und empfahl deren gemäßigte Anwendung. Bei einem sorgfältigen Vorgehen (Kapitel 6 aus Buch VI in der „Methodus medendi“) hielt er durch Anwendung des Linsenmessers die Verletzung der Dura bei der Trepanation für vermeidbar und empfahl zur Nachbehandlung warmes Rosenöl und eine Netzhaube als Verband. Oreibasios aus Pergamon (um 325 bis 403 n. Chr.) beschrieb Blutansammlungen unter dem Knochen nach Archigenes von Apamea (um 100 n. Chr.).
Aus dem Übergang vom Altertum zum frühen Mittelalter existiert relativ wenig an Sekundärliteratur zur Neurotraumatologie. An namhaften Chirurgen der damaligen Zeit sollen aber genannt werden: Abu Bakr Muhammad ibn Zakariya ar-Razi (um 850 bis 930), der sich in seinem „Liber ad Almansorem“ für eine Trepanation bei strenger Indikation aussprach, und die verschiedenen, durch Constantinus Africanus (1015 bis 1087) übersetzten arabischen und byzantinischen Schriften, die eine wesentliche Grundlage für die Heilkunde des frühen Mittelalters bildeten. Die sog. Bamberger Chirurgie (ein Kompendium von Schriften aus etwa gleicher Zeit) beschreibt unter dem Titel „Cirologica, in qua est flos medicinae“ in ihren ersten fünf Kapiteln die Behandlung von Kopfwunden.

1.3Mittelalter bis zum Beginn der modernen Neurochirurgie

Über die Geschichte der Trepanation vor dem Zeitalter der modernen Neurochirurgie findet sich eine schöne Literaturzusammenstellung in E. v. Bergmanns „Lehre von den Kopfverletzungen“, einem Klassiker der neurotraumatologischen Literatur [5]. An Chirurgen, die in der Zeit des Mittelalters und später die Neurotraumatologie besonders vorangetrieben haben, sind zu nennen: Guy de Chauliac (1298 bis 1368; Montpellier, Paris, Bologna), Ambroise Paré (1510 bis 1590; Paris), sowie Jean-Louis Petit (1674 bis 1750; Paris), der Erstbeschreiber des freien Intervalls beim Epiduralhämatom und Perzivall Pott (1714 bis 1788; London). Eine schöne Zusammenstellung der im Mittelalter zur Trepanation benötigten Instrumente findet sich bei da Cruce [6] und Seerig [7].
Nach dieser Zeit kamen operative neurotraumatologische Aktivitäten auch in Deutschland weitgehend zum Erliegen, nicht zuletzt durch negative Berichte und Artikel von C. von Textor (1782 bis 1860; u. a. Würzburg, München, Paris) und Johann Friedrich Dieffenbach (1792 bis 1847; u. a. Rostock, Greifswald, Berlin). Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelangte man zu einer wieder aktiveren Vorgehensweise, nicht zuletzt angeregt durch von Bergmanns Zusammenstellung erfolgreicher eigener und fremder Fälle und Fallserien. 1901 schlug Theodor Kocher (1841 bis 1917; Bern) als Erster die Dekompressionstrepanation zur Behandlung des erhöhten Hirndrucks vor [8].
Abb. 1.2: Abbildungen aus einem Votivaltar – gestiftet durch Andreas von Ettling, 1586 – in der Kirche von Tuntenhausen (Bayern) mit der mittelalterlichen Darstellung einer Trepanation ((a), (b), (c)). Dargestellt ist die Behandlung einer Wunde, die dieser sich 1584 „durch ein unversehner Straich auf das Haupt und Hirnschaln“ zuzog [43].

1.4Neurotraumatologie im Ersten und Zweiten Weltkrieg

Mit mehr als 9 Millionen Toten und 4,5 Millionen Verwundeten allein auf deutscher Seite, hiervon schätzungsweise 15% Kopfverletzten, brachte der Erste Weltkrieg unendliches Leid über Europa. Bernhard v. Langenbeck (1810 bis 1887), Ernst von Bergmann (1836 bis 1907), Georg Friedrich Stromeyer (1804 bis 1876), Theodor Billroth (1829 bis 1894), Ferdinand Sauerbruch (1875 bis 1951) und Johann Nepomuk von Nußbaum (1829 bis 1890) prägten durch ihre medizinischen Veröffentlichungen und Kongressbeiträge die deutsche Chirurgie ihrer Zeit. Für die Verletzungsmuster des Ersten Weltkrieges waren ihre Erkenntnisse jedoch denkbar ungeeignet, sodass dieser Krieg die deutsche Militärmedizin relativ unvorbereitet traf. Besonders überrascht war man zu Beginn des Krieges von der hohen Anzahl schwerster infizierter Wunden (Gasbrand, Tetanus) [9, 10].
Mit der Einführung des Stahlhelms (auf deutscher Seite 1916) kam es zum signifikanten Rückgang der Kopfverletzungen. Fortschritte in der Antisepsis (I. Semmelweis, J. Lister, R. von Volkmann) und die Entdeckung der Röntgenstrahlen (W.C. Röntgen) – insbesondere auch die Möglichkeit, durch stereoskopische Aufnahmen diese Fremdkörper im Gewebe zu lokalisieren – trugen zu verbesserten Heilungschancen der Verletzten bei. Dennoch lag deren Letalität auf deutscher Seite bei nahezu 50% [9]. Besondere Zentren zur Versorgung derartig Verletzter bildeten sich in der Folge bei allen Kriegsparteien heraus. Die Strategie der Behandlung bestand auf deutscher Seite in der Anlage eines sterilen Verbandes durch ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Autorenverzeichnis
  7. Verzeichnis der Abkürzungen
  8. 1 Geschichte der Neurotraumatologie
  9. 2 Epidemiologie des Schädel-Hirn-Traumas
  10. 3 Pathologie und rechtsmedizinische Aspekte
  11. 4 Pathophysiologie und Pathobiochemie
  12. 5 Erstuntersuchung, Erstversorgung und Transport
  13. 6 Schädel-Hirn-Trauma und Polytrauma
  14. 7 Radiologische Diagnostik
  15. 8 Akute intrakranielle Hämatome
  16. 9 Grundzüge der intensivmedizinischen Behandlung
  17. 10 Multimodales erweitertes Neuromonitorings nach SHT
  18. 11 Dekompressionskraniektomie
  19. 12 Gerinnungsstörungen im Rahmen des SHT
  20. 13 Besondere Verletzungsformen
  21. 14 Begleitverletzungen im Kopf- und Halsbereich
  22. 15 Spätfolgen, Sekundärerkrankungen
  23. 16 Frührehabilitation und berufliche Wiedereingliederung
  24. 17 Soziale Teilhabe nach Schädel-Hirn-Trauma
  25. 18 Begutachtung
  26. 19 Leitlinien
  27. 20 Neurotraumatologische Definitionen und Scores
  28. 21 Links zu neurotraumatologischen Webseiten
  29. Stichwortverzeichnis